Real Madrid in der Kaderanalyse: "Operacion Salida" statt Einkaufstour - Rätsel um Bale und Jovic

Kerry Hau
28. Juli 202011:39
James und Co. vor dem Abschied? Bei Real Madrid bahnen sich in erster Linie Verkäufe statt Einkäufe an.imago images / ZUMA Press
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Real Madrid plant in diesem Transfer-Sommer keine weitreichenden Kader-Veränderungen, was mehr an den Auswirkungen der Corona-Pandemie als an dem Gewinn der 34. Meisterschaft liegt. Im Vordergrund steht die "Operacion Salida", der Verkauf sogenannter "Altlasten". Unter Umständen könnte sich in der Defensive aber etwas in Sachen Zugänge tun.

TOR

  • Personal: Thibaut Courtois (Vertrag bis 2024), Andriy Lunin (Vertrag bis 2024), Alphonse Areola (Vertrag bis 2020)
  • Fragezeichen: Areola
  • Kandidaten: Diego Altube (Real Madrid Castilla), Moha Ramos (Real Madrid Castilla)

Situation:

  • Nach anfänglichen Zweifeln führt zwischen den königlichen Pfosten kein Weg mehr an Thibaut Courtois vorbei. Der 28-jährige Belgier rechtfertigte vor allem in der Rückrunde das Vertrauen von Trainer Zinedine Zidane und erwies sich mit einigen Glanzparaden als einer der Schlüssel zum Gewinn des 34. Meistertitels. Die Belohnung: Courtois gewann die "Trofeo Zamora" für den Torhüter mit den wenigsten Gegentoren in Spaniens höchster Spielklasse - nur 20 in 34 Einsätzen.
  • Offiziell ist es noch nicht, aber Courtois' Herausforderer Alphonse Areola soll nach seiner einjährigen Leihe nicht fest verpflichtet werden und stattdessen wieder zu seinem Stammklub Paris Saint-Germain zurückkehren. Der französische Nationalkeeper benötigt vor der EM im kommenden Jahr ausreichend Spielpraxis, die Zidane ihm nicht garantieren kann. Heißt auch: Real braucht eine neue Nummer zwei.
  • Nachdem der Vertrag von Zidanes zweitältestem Sohn Luca ausgelaufen ist, schickt sich Andriy Lunin an, in die Rolle des Courtois-Konkurrenten zu schlüpfen. Der 21-jährige Ukrainer gilt trotz drei weniger erfolgreicher Leihen (Leganes, Valladolid, Oviedo) nach wie vor als großes Versprechen. Ihm werden besondere Stärken auf der Linie attestiert, in der Luft soll er aber noch große Probleme haben. Hinzu kommen Kommunikationsschwierigkeiten. Lunin spricht weder besonders gut Englisch noch Spanisch, was seine Integration erschwert. Fraglich, ob ein weiteres Jahr mit wenigen Einsätzen das Richtige für den U20-Weltmeister wäre. Immerhin dürfen Reals B-Keeper in der Regel in der Copa del Rey spielen.
  • Als Alternativen kommen nach Angaben der Sportzeitung Marca zwei Eigengewächse in Frage: Diego Altube (20), aktuell Torhüter der Reservemannschaft Castilla, sowie Moha Ramos (20), zuletzt auf Leihbasis bei Birmingham City.

Real Madrid: Ergebnisse seit dem LaLiga-Restart

SpieltagGegnerErgebnis
28SD Eibar3:1
29FC Valencia3:0
30Real Sociedad2:1
31RCD Mallorca2:0
32Espanyol Barcelona1:0
33FC Getafe1:0
34Athletic Bilbao1:0
35Deportivo Alaves2:0
36FC Granada2:1
37FC Villarreal2:1
38CD Leganes2:2

ABWEHR

  • Personal: Raphael Varane (Vertrag bis 2022), Eder Militao (Vertrag bis 2025), Sergio Ramos (Vertrag bis 2021), Nacho Fernandez (Vertrag bis 2022), Jesus Vallejo (Vertrag bis 2021), Ferland Mendy (Vertrag bis 2025), Sergio Reguilon (Vertrag bis 2023), Marcelo (Vertrag bis 2022), Dani Carvajal (Vertrag bis 2022), Alvaro Odriozola (Vertrag bis 2024)
  • Fragezeichen: Vallejo, Reguilon, Odriozola
  • Kandidaten: Dayot Upamecano (RB Leipzig), Youcef Atal (OGC Nizza), Sergio Lopez (Real Madrid Castilla)

Situation:

  • Der zuletzt dauerhaft verliehene Ex-Frankfurter Jesus Vallejo soll weg, ansonsten herrscht im Abwehrzentrum kein kurzfristiger Handlungsbedarf. Sergio Ramos ist auch mit seinen 34 Jahren noch der absolute Anführer, Reals Präsident Florentino Perez will ihn zeitnah mit einem Vertrag auf Lebenszeit ausstatten. An Ramos' Seite gesetzt: Weltmeister Raphael Varane, der mit 27 im besten Alter ist. Mit Eder Militao und Nacho Fernandez hat Zidane zwei zuverlässige Backups, allerdings bewegen sich beide nicht ansatzweise auf dem Niveau von Ramos und Varane.
  • Von Militao, so heißt es, hätten sich die Verantwortlichen mehr erwartet, weshalb immer wieder Gerüchte kursieren, wonach Real an dem französischen Top-Talent Dayot Upamecano von RB Leipzig interessiert sein soll. Jedoch soll Upamecano mittlerweile vor einer Verlängerung in Leipzig stehen.
  • Perez schloss große Transfers in Zeiten von Corona aus. "Ich kann das nicht machen, wenn ich unseren Spielern erklären muss, dass sie auf Gehalt verzichten müssen", so der 73-Jährige.
Der noch beim FC Bayern geparkte Alvaro Odriozola gilt als einer der Wackelkandidaten bei Real Madrid.imago images / Poolfoto

Real Madrid: Bleibt Odriozola? Macht Reguilon den Hakimi?

  • Auf den Außenverteidiger-Positionen könnte mehr Bewegung reinkommen. Ex-BVB-Leihspieler Achraf Hakimi (21) verabschiedete sich bereits endgültig aus Madrid und heuerte für 40 Millionen Euro bei Inter Mailand an. Stellt sich die Frage: Wer macht Stamm-Rechtsverteidiger Dani Carvajal (28) künftig Konkurrenz? Alvaro Odriozola (24) konnte sich während seines halbjährigen "Erasmusstudiums" in München kaum empfehlen, weshalb ein Verkauf des Basken nicht als unwahrscheinlich gilt.
  • Sollte Odriozola gehen, könnte noch ein Rechtsverteidiger kommen. In Frankreich kursieren Gerüchte, wonach Zidane den algerischen Nationalspieler Youcef Atal (24) von der OGC Nizza im Blick habe. Als interne Lösung stünde Sergio Lopez (21) parat. Das Eigengewächs macht in der Castilla positiv auf sich aufmerksam. Außerdem testete Zidane zuletzt auch Rechtsaußen Lucas Vazquez (29) auf der Carvajal-Position - wenn auch mit weniger Erfolg, da sich Vazquez in vielen Defensivzweikämpfen unklug anstellte.
  • Links hinten ist hingegen alles klar: Ferland Mendy (25) hat sich gerade nach dem Re-Start festgespielt. Als Ersatz steht Routinier Marcelo (32) parat, der zwar nicht mehr der schnellste und fitteste zu sein scheint, aber immer noch mit einem hervorragenden Skillset ausgestattet ist. Außerdem zählt er zu Zidanes Lieblingen und verantwortet maßgeblich die Stimmung in der Kabine.
  • Für Sergio Reguilon (23), noch so einem Top-Talent aus der eigenen Jugend, dürfte daher kein Platz im Kader sein. Reals Plan: Er soll entweder noch einmal verliehen oder wie Hakimi endgültig zu Geld gemacht werden. Der FC Sevilla, für den Reguilon in dieser Saison schon auf Leihbasis erfolgreich spielte, gilt als heißester möglicher Abnehmer.

MITTELFELD

  • Personal: Casemiro (Vertrag bis 2023), Fede Valverde (Vertrag bis 2025), Toni Kroos (Vertrag bis 2023), Luka Modric (Vertrag bis 2021), Dani Ceballos (Vertrag bis 2023), Martin Ödegaard (Vertrag bis 2023), Isco (Vertrag bis 2022), James Rodriguez (Vertrag bis 2021), Reinier Jesus (Vertrag bis 2026), Oscar Rodriguez (Vertrag bis 2023), Brahim Diaz (Vertrag bis 2025), Takefusa Kubo (Vertrag bis 2025)
  • Fragezeichen: Ceballos, Ödegaard, James, Reinier, Oscar, Brahim
  • Kandidaten: Eduardo Camavinga (Stade Rennes)

Situation:

  • Real hat ein Überangebot an zentralen Mittelfeldspielern. Da sich der Dreizack Casemiro-Kroos-Modric nach wie vor bewährt und der 34 Jahre alte Kroate Modric nach vielen starken Leistungen seit dem Re-Start keinerlei Anstalten macht, den Verein in diesem Sommer zu verlassen, dürfte den sich aufdrängenden Talente Martin Ödegaard (21), Brahim Diaz (20), Reinier Jesus (18) und Takefusa Kubo (19) nicht genügend Spielpraxis bieten. Sie alle sollen verliehen werden. Ödegaard wohl wieder an Real Sociedad, Brahim gen Getafe, Reinier möglicherweise nach Deutschland und Kubo innerhalb der spanischen Liga.
  • Oscar Rodriguez (22), der im Team von Absteiger CD Leganes durchaus zu überzeugen wusste, könnte verkauft werden. Keine Zukunft im Zidane-Team hat auch der beim FC Arsenal geparkte Dani Ceballos (23), dem auch persönliche Probleme mit dem Real-Coach nachgesagt werden. Neben einer dauerhaften Anstellung bei den Gunners machen auch Gerüchte um eine Rückkehr zu seinem Ex-Klub Betis die Runde.
Neues Mittelfeld-Juwel? Eduardo Camavinga soll schon mit Real Madrid einig sein.imago images / PanoramiC

Real Madrid: Bei Talent Camavinga steht Real in der Schlange

  • Schon länger auf dem Abstellgleis befindet sich zudem James Rodriguez (29), der nach seiner Rückkehr aus München nur 728 Minuten zum Einsatz kam und Zidane sogar zuletzt darum bat, ihn nicht mehr in den Kader zu berufen. An Interessenten wird es dem Kolumbianer gewiss nicht mangeln. Im vergangenen Jahr scheiterte ein Wechsel zu Atletico Madrid. Durch die Corona-Krise dürfte er für einen Schnäppchenpreis von etwa 20 Millionen Euro zu haben sein, schreibt die Sportzeitung AS.
  • Neuzugänge sind nicht unbedingt zu erwarten. In dem Uruguayer Fede Valverde (22) steht ein Ersatz für Kroos und Modric parat, der sich bereits in dieser Saison ins Team kämpfte und viele gute Spiele machte. Und für die kreativen Momente kann immer noch Isco (28) sorgen. Einzig Bedarf herrscht auf der Position des Sechsers, die Casemiro (28) bekleidet. Für den Brasilianer hat Zidane keinen Eins-zu-Eins-Backup.
  • Und hier kommt der Name Eduardo Camavinga ins Spiel. Der erst 17 Jahre junge Rohdiamant von Stade Rennes, mit und ohne Ball erstaunlich weit für sein Alter, steht hoch im Kurs bei den Königlichen. Jedoch angeblich auch beim FC Bayern und PSG. So oder so: Eine weitere Saison in der Ligue 1 würde seiner Entwicklung wohl kaum schaden.

STURM

  • Personal: Eden Hazard (Vertrag bis 2024), Vinicius Junior (Vertrag bis 2025), Rodrygo (Vertrag bis 2025), Marco Asensio (Vertrag bis 2023), Gareth Bale (Vertrag bis 2022), Lucas Vazquez (Vertrag bis 2021), Jorge de Frutos (Vertrag bis 2021), Karim Benzema (Vertrag bis 2022), Luka Jovic (Vertrag bis 2025), Mariano Diaz (Vertrag bis 2023), Borja Mayoral (Vertrag bis 2021)
  • Fragezeichen: Bale, de Frutos, Jovic, Mariano, Mayoral
  • Kandidaten: keine

Situation:

  • Speziell auf den Außenbahnen hat Zidane die Qual der Wahl - und immer noch Gareth Bale (31) an der Backe. Der Waliser steht seit einem Jahr auf der Verkaufsliste, allerdings ist nach wie vor kein Abnehmer für ihn in Sicht. Angesichts seines üppigen Netto-Jahresgehalts von 17 Millionen Euro scheint er auch nicht unbedingt auf einen Abgang zu drängen, eine Leihe kommt nach Angaben seines Beraters für ihn nicht in Frage. Wie die Saga ausgeht, ist völlig offen.
  • Mit erfahrenen Spielern wie Karim Benzema (32) und Eden Hazard (29) sowie jungen Spielern wie Vinicius Junior (19), Rodrygo (19) oder Marco Asensio (23) wirkt die Real-Offensive gut ausbalanciert. Deshalb braucht es aktuell auch kein frisches Blut. Auf lange Sicht hin aber muss Fixpunkt Benzema ersetzt werden. Mariano Diaz (26) konnte die Erwartungen nicht erfüllen und auch Luka Jovic (22) lieferte in seinem Premierenjahr kein Bewerbungsschreiben für das Benzema-Erbe ab.
  • Daher machten sich die Real-Bosse vor der Corona-Krise ernsthafte Gedanken, neue Impulse an vorderster Front zu setzen. BVB-Torjäger Erling Haaland (20) war jedoch ebenso wenig zu bekommen wie PSG-Star Kylian Mbappe (21) und für Leverkusens Top-Talent Kai Havertz (21), wie Benzema als "mitspielender Neuner" einsetzbar, wollte Perez nach dem Ausbruch der Pandemie nicht mitbieten.

Real Madrid: Gerüchte um Jovic-Abgang reißen nicht ab

  • Dennoch mehren sich Spekulationen, wonach neben Mariano auch Jovic verkauft werden könnte. Zidane dementierte dies zwar und stellte klar, dem früheren Frankfurter eine zweite Saison geben zu wollen. Ob er bei dieser Version bleibt, sollte ein hohes Angebot für den Serben eintrudeln? Der Marca zufolge gibt es einige Klubs, die Jovic gerne verpflichten oder zumindest ausleihen würden. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Real ohne Backup für Benzema in die neue Saison geht.
  • Klar ist: Borja Mayoral (23) wird es nicht. Der ehemalige Wolfsburger (zuletzt UD Levante) soll endgültig verkauft werden. Auch für Jorge de Frutos (23), einen Außenstürmer aus dem eigenen Nachwuchs, ist ob der hohen Konkurrenz kein Platz.