Reinhard Grindel ist wie erwartet als DFB-Präsident zurückgetreten. Ein Ex-Nationalspieler könnte sein Nachfolger werden, allerdings zu anderen Bedingungen.
Am Ende ging es ganz schnell: Fast genau drei Jahre nach seiner erstmaligen Wahl zum DFB-Präsidenten zieht sich Reinhard Grindel von der DFB-Spitze zurück. Entsprechende Informationen von SPOX und Goal bestätigte der DFB am Dienstag um 14.24 Uhr per Pressemitteilung.
Die Amtsgeschäfte werden wie schon nach dem Rücktritt von Grindels Vorgänger Wolfgang Niersbach im November 2015 die beiden ersten Vizepräsidenten Reinhard Rauball (Profis) und Rainer Koch (Amateure) übernehmen. Grindel behält dagegen seine Ämter im FIFA-Council und im UEFA-Exekutivkomitee.
"Ich trete vom Amt des DFB-Präsidenten zurück. Ich entschuldige mich dafür, dass ich durch mein wenig vorbildliches Handeln in Zusammenhang mit der Annahme einer Uhr Vorurteile gegenüber haupt- oder ehrenamtlich Tätigen im Fußball bestätigt habe", schrieb Grindel in einer persönlichen Erklärung.
Grindels Rücktritt: Annahme einer Luxus-Uhr der letzte Auslöser
Die nicht dem DFB gemeldete Annahme eines Luxusuhren-Geschenks durch den ukrainischen Oligarchen und Funktionär Grigori Surkis, über den die Bild-Zeitung zuerst berichtet hatte, war nach einer Serie an Pleiten und Pannen der letzte Auslöser für Grindels Aus.
"Ich bin tief erschüttert, dass ich wegen eines solchen Vorgangs meine Funktion als DFB-Präsident aufgeben muss, die ich gerne ausgeübt habe, vor allem um dem Amateurfußball in Deutschland Impulse zu geben", erklärte der 57-Jährige dazu.
"Dass ich wegen eines solchen Vorgangs öffentlich so dastehe, macht mich fassungslos und traurig, und ich bitte einfach um eine faire Beurteilung meiner am Ende leider nur dreijährigen Amtszeit."
Koch: "Sind Grindel dankbar und haben großen Respekt"
Zumindest von seinen Stellvertretern bekam er warme Worte zum Abschied. "Reinhard Grindel hat sich mit hohem persönlichem Engagement für den DFB eingebracht und nicht nur in der Bewerbung um die EURO 2024 viel für den Verband getan. Wir sind ihm dafür sehr dankbar und haben großen Respekt vor seiner Entscheidung", sagte Koch.
"Unser Ziel ist es jetzt, einen gemeinsamen Kandidaten von DFB und DFL außerhalb des Präsidiums zu finden, der die Anliegen des Amateurfußballs ebenso im Blick hat wie den Spitzenfußball."
Ähnlich äußerte sich Rauball: "Mit Respekt und Verständnis nehme ich den Rücktritt von Reinhard Grindel zur Kenntnis. Der Druck auf seine Person ist in den vergangenen Wochen auf unterschiedlichen Ebenen permanent gestiegen. Es ist daher im Sinne des deutschen Fußballs und seiner Handlungsfähigkeit, den Weg für einen personellen, aber auch strukturellen Neuanfang innerhalb des DFB freizumachen. Amateur- und Profivertreter sind nun gemeinsam gefordert, bis zum kommenden DFB-Bundestag die Weichen für die Zukunft zu stellen."
Da weder Rauball, der im Sommer als DFL-Präsident aufhört, noch Koch Ambitionen auf das Präsidentenamt haben, muss bis spätestens zum DFB-Bundestag im September ein neuer Verbandsboss gefunden werden. Hier steht die Suche noch relativ am Anfang.
Alle DFB-Präsidenten seit 1900
Präsident | Amtszeit |
Ferdinand Hueppe | 1900 bis 1904 |
Friedlich Wilhelm Nohe | 1904 bis 1905 |
Gottfried Hinze | 1905 bis 1925 |
Felix Linnemann | 1925 bis 1945 |
Peco Bauwens | 1950 bis 1962 |
Hermann Gösmann | 1962 bis 1975 |
Hermann Neuberger | 1975 bis 1992 |
Egidius Braun | 1992 bis 2001 |
Gerhard Mayer-Vorfelder | 2001 bis 2004 |
Gerhard Mayer-Vorfelder/Theo Zwanziger | 23.10.2004 bis 07.09.2006 |
Theo Zwanziger | 08.09.2006 bis 01.03.2012 |
Wolfgang Niersbach | 02.03.2012 bis 09.11.2015 |
Rainer Koch/Reinhard Rauball (interimsweise) | 10.11.2015 bis 14.04.2016 |
Reinhard Grindel | 15.04.2016 bis 02.04.2019 |
Reinhard Rauball/Rainer Koch (interimsweise bis 27. September 2019) | seit 02.04.2019 |
DFB-Präsident: Metzelder interessiert an Grindel-Nachfolge
Allerdings kristallisiert sich der ehemalige Nationalspieler Christoph Metzelder als Favorit heraus. Zwar hatte es bis zum Grindel-Rückzug noch keinen offiziellen Kontakt gegeben, doch der 38-Jährige ist nach Informationen von SPOX und Goal gesprächsbereit.
Metzelder wäre das frische Gesicht für den dringend benötigten Neuanfang, nachdem sich zuletzt Pleiten und Pannen im DFB gehäuft hatten. Trotz seines jungen Alters ist der gebürtige Westfale aufgrund seines Werdegangs sowohl bei Profis als auch Amateuren vermittelbar.
Der Ex-Profi von Borussia Dortmund, Real Madrid und Schalke 04, WM-Zweiter 2002 und WM-Dritter 2006, hat beste Kontakte zum DFB, der sportlichen Leitung der Nationalmannschaft und den Bundesligisten.
Darüber hinaus hat Metzelder seit dem Karriereende 2013 Erfahrung als TV-Experte gesammelt, ist Mitinhaber einer Sportmarketingagentur, Aufsichtsratsmitglied bei Drittligist Preußen Münster und 1. Vorsitzender seines Heimatvereins TuS Haltern. Zudem ist er Vizepräsident der Vereinigung der Vertragsfußballer und engagiert sich bei mehreren sozialen Initiativen, unter anderem in seiner eigenen Stiftung und der DFL-Stiftung.
Allerdings würde Metzelder den Job als DFB-Boss nicht ehrenamtlich oder für eine Aufwandsentschädigung in Höhe des Salärs von Grindel (14.400 Euro im Monat) antreten. Vielmehr müsste der Verband wohl seine Statuten ändern und Metzelder einen Posten als hauptamtlichem Vorstandsvorsitzenden anbieten.
Metzelder auch bei Schalke als Sportchef im Gespräch
Darüber hinaus könnte eine Zusammenarbeit auch am Interesse von Schalke 04 scheitern, das sich den früheren Profi offenbar als neuen Sportdirektor vorstellen kann. Während Sportvorstand Jochen Schneider das Interesse gegenüber SPOX und Goal nicht bestätigen wollte ("Ich kommentiere keine Namen"), zeigte sich Aufsichtsratschef Clemens Tönnies gegenüber der Bild offener.
"Metzelder ist eine Persönlichkeit des deutschen Fußballs und ein guter Sportsmann. Jedoch will ich nicht bewerten, ob er jetzt schon passt oder etwa nicht zu jung ist. Mit dem DFB stehen wir nicht im Wettbewerb. Allein er trifft seine Entscheidung", erklärte Tönnies, der sich bereits mit dem Kandidaten getroffen haben soll.
Bierhoff und Curtius ebenfalls im Gespräch - Lahm will nicht
Entscheidet sich Metzelder gegen den DFB, kämen die naheliegenden Anwärter aus der Zentrale: Generalsekretär Friedrich Curtius, der schon Büroleiter von Niersbach war, und Oliver Bierhoff, aktuell als Sportdirektor der starke Mann im Verband. Ein echter Neuanfang wäre das allerdings nicht.
Dieses Kriterium würde hingegen auf Philipp Lahm zutreffen, der als Chef des Organisationskomitees der EM 2024 ohnehin ins Präsidium einziehen sollte. Doch der WM-Kapitän von 2014 will die neu gewonnene Freiheit nach dem Ende seiner Profikarriere vorerst nicht mit einem Fulltime-Funktionärsjob tauschen.
"Ich habe überhaupt keine Ambitionen", erklärte Lahm am Montagabend am Rande der Hall-of-Fame-Gala im deutschen Fußballmuseum in Dortmund.