In der Bundesliga spielte Roman Neustädter (33) für Mainz 05, Borussia Mönchengladbach und Schalke 04. Über Fenerbahce Istanbul zog es ihn 2019 nach Russland zu Dynamo Moskau. Dort läuft sein Vertrag Ende Juni aus.
Im Gespräch mit SPOX und Goal spricht der 13-malige russische Nationalspieler, der vor seiner Einbürgerung nach Russland auch zwei Länderspiele für die DFB-Elf absolvierte, vor dem heutigen Spiel der Russen gegen Finnland (15 Uhr im LIVETICKER) über seine sportliche Zukunft, die Nicht-Nominierung zur EM, die Erwartungshaltung gegenüber der Sbornaja und mögliche Folgen bei einem Aus in der Gruppenphase.
Außerdem spricht Roman Neustädter darüber, wieso er froh ist, dass er nicht beim Trainingsauftakt seines Klubs Dynamo Moskau dabei sein musste.
Roman Neustädter über...
... Stimmungsunterschiede bei der WM 2018 und EM in Russland: "Im Vorfeld der WM kam aufgrund des schlechten Abschneidens bei der EM 2016 [Russland schied als Gruppenletzter aus, Anm. d. Red.] viel negative Stimmung aus. Es kam ein neuer Trainer, die Mannschaft wurde nahezu komplett ausgetauscht. Keiner wusste so recht, woran er sich festhalten kann. Wenn man bei der WM ins Viertelfinale kommt und sich hinter Belgien souverän für die EM qualifiziert, muss man den Anspruch haben, weit zu kommen. Das Potenzial ist durchaus vorhanden, nur sind die Leistungen zu inkonstant im Vergleich zu den großen Nationen."
... drohende Reaktionen auf ein mögliches Gruppenaus der Russen: "Extreme Fanwut erwarte ich für den Fall eher nicht, ein Aus in der Gruppenphase wäre aber eine große Enttäuschung. Aber in Russland herrschte nach den Entwicklungen seit der WM eine höhere Erwartungshaltung gegenüber der Auswahl, der Spieler und auch der Vereine. Spieler wie Aleksandr Golovin, der nach der WM nach Monaco gewechselt ist, oder Aleksey Miranchuk, der seit Sommer bei Atalanta Bergamo spielt, haben gezeigt, dass die Jungs bereit für den Schritt nach Europa sind. Man merkt, dass sich der Fußball weiterentwickelt und viele junge Spieler nachkommen. Ich traue ihnen das Weiterkommen weiter zu. Viel Zeit zum Trauern würde es aber nicht geben, weil die Saison in Russland bereits im Juli beginnt und auch die WM-Qualifikation vor der Tür steht."
... mögliche Unterschiedsspieler im russischen Kader: "Von Golovin und Miranchuk, die beide sehr gute Fußballer sind, kann man sicherlich noch mehr erwarten. Das nächste Spiel gegen Finnland könnte ihr Spiel werden, weil die Finnen nicht so viel Wert auf Ballkontrolle legen wie die Belgier. Dadurch können die Russen eher ihr Kombinationsspiel aufziehen."
Roman Neustädter: Seine Karrierestationen
Jahre | Klub | Spiele (Tore) |
2008-2009 | 1. FSV Mainz 05 | 19 (0) |
2009-2012 | Borussia Mönchengladbach | 68 (1) |
2012-2016 | FC Schalke 04 | 161 (8) |
2016-2019 | Fenerbahce Istanbul | 108 (7) |
seit 2019 | Dynamo Moskau | 38 (1) |
Neustädter: "Nicht-Nominierung interpretiere ich als Zeichen"
... seine Nicht-Nominierung und damit zusammenhängende Perspektive in der Nationalmannschaft: "Ich habe mir natürlich Hoffnungen gemacht und wollte unbedingt dabei sein. Nationaltrainer Stanislav Cherchesov hat seine Achse im Zentrum mit Georgiy Dzhikiya und Andrey Semenov. Die Nicht-Nominierung interpretiere ich als Zeichen. Allerdings hängt vieles auch davon ab, wie die EM läuft. Dass er statt mir zwei junge Innenverteidiger mitnimmt, um sie an das Gefüge heranzuführen, kann ich allerdings nachvollziehen. Wenn du jetzt keine jungen Spieler heranziehst, sondern stattdessen einen 33-Jährigen auf die Bank mitnimmst, wäre es das falsche Signal."
... die Entscheidung pro Russland und gegen den DFB: "Rückblickend ist man natürlich immer schlauer. Ich denke, dass es damals richtig war, den Schritt zu gehen und ich bereue es auch nicht. Aber ich bin in Kirgisistan bei meinen Großeltern aufgewachsen und habe davor nie in Russland gelebt. So war es für mich eine komplett neue Erfahrung bei der Nationalmannschaft und in Moskau. Es war nicht so, dass ich mich direkt wie zu Hause wohlgefühlt habe."
... seine sportliche Zukunft: "Mein Vertrag in Moskau endet jetzt und bislang hat noch niemand mit mir gesprochen. Ich wurde auch nicht verabschiedet. Aktuell ist dort Trainingsauftakt, aber ich bin ehrlich gesagt froh, dass ich nicht dort bin. Ich weiß, dass ich gewissen Vereinen noch helfen kann. Ich bin keiner, der sich gerne auf die Bank setzt und die Jungs von draußen motiviert und führt, damit fühle ich mich nicht wohl. Es stehen in Kürze Gespräche mit meinem Berater an. Eine Rückkehr nach Deutschland wäre ebenfalls eine Option, wenn es am Ende Sinn ergibt."