FC Bayern vs. FC Salzburg - Torhüter Philipp Köhn im Interview: "Wir können Bayern mehr als nur ärgern"

Johannes Ohr
08. März 202211:53
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Vor einem Jahr hat Philipp Köhn noch in der 2. Liga in der Schweiz gespielt, jetzt ist er beim FC Salzburg die Nummer 1. Im Interview mit SPOX und GOAL spricht der 23-jährige Torhüter über seinen rasanten Aufstieg und eine Gartenparty mit Manuel Neuer.

Außerdem äußert sich Köhn vor dem Achtelfinal-Rückspiel der Champions League in München (21 Uhr im LIVETICKER) zu seiner Zukunft und der Entscheidung gegen den DFB.

Herr Köhn, Salzburg hatte Bayern im Hinspiel am Rande einer Niederlage, kassierte kurz vor Schluss aber doch noch den Ausgleich. Hand aufs Herz: Was überwog? Stolz über die Leistung oder Enttäuschung über die knapp verpasste Sensation?

Philipp Köhn: Schon der Stolz. Weil wir wirklich lange gut verteidigt und auch versucht haben, unsere Akzente zu setzen. Wir hatten ja sogar noch die Chance auf das 2:0, die wir leider verpasst haben. Man muss natürlich sagen, dass die Bayern auch ihre Chancen hatten, wo ich mich dann auch ein paar Mal auszeichnen konnte, was mich extrem gefreut hat. Ein bisschen Enttäuschung war schon da, aber der Stolz über die Leistung überwiegt.

Welche Lehren ziehen Sie aus dem Hinspiel?

Köhn: Wir haben gesehen, dass wir Bayern mehr als nur ärgern können. Wir versuchen so in das Spiel zu gehen wie im Hinspiel auch.

Im Februar 2021 spielten Sie noch für den FC Wil in der 2. Liga der Schweiz. Rund 12 Monate später stehen Sie sich im Champions-League-Achtelfinale plötzlich dem FC Bayern gegenüber. Müssen Sie sich manchmal zwicken?

Köhn: Das ist wirklich krass und macht natürlich extrem Spaß - auch die Arbeit mit der Truppe und die Tatsache, dass wir uns erstmals für das Achtelfinale qualifiziert haben. Wenn man die ganze Saison betrachtet, ist meine Entwicklung echt rasant gewesen. Aber eigentlich war ja das genau die Idee dahinter, dass ich mir in Wil Spielpraxis hole und gestärkt zurückkomme. Klar kann man sagen, dass das Niveau vielleicht etwas niedriger war. Aber für mich als Torwart war das in allen Belangen extrem wichtig, auf und neben dem Platz. Es war mein Ziel, nach meiner Rückkehr auch in Salzburg zu spielen. Dass es dann so rasant ging und wir uns auch als Mannschaft so stark entwickeln, ist natürlich schon sehr cool.

Philipp Köhn hielt Salzburg im Hinspiel gegen Bayern mit starken Paraden im Spiel.getty

Sie sind im Ruhrgebiet in Dinslaken aufgewachsen. Gibt es etwas, das sie aus der Heimat vermissen?

Köhn: Nein, nicht speziell. Klar wird das Ruhrgebiet immer meine Heimat bleiben, aber ich bin jetzt schon eine Weile weg und fühle mich von allen Stationen bisher in Salzburg am wohlsten. Die Rahmenbedingungen sind super, meine Freundin und der Hund sind hier, meine Familie kommt oft zu Besuch. Aktuell vermisse ich nichts.

Sie haben erst in Duisburg, dann auf Schalke gespielt. Wie haben Sie den Abstieg des Vereins erlebt?

Köhn: Klar verfolgt man das. In Duisburg war ich in der U8 und U9, auf Schalke dann fünf Jahre. Dem Verein ist man so ein Stück weit mehr verbunden. Schalke ist ein extrem großer, cooler Verein. Der Abstieg ist natürlich schade. Ich hoffe, dass sie wieder aufsteigen.

Können Sie sich vorstellen, irgendwann zu Schalke zurückzukehren?

Köhn (lacht): Da habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. In dem Verein passiert gerade sehr viel, bei mir aktuell ja auch. Ich lebe derzeit nur den Moment. Es geht Schlag auf Schlag, dazu haben wir das Highlight-Spiel in München. Da freuen wir uns darauf.

Über Stuttgart und Leipzig wechselten Sie nach Salzburg. Dort waren Sie anfangs nur die Nummer 2. Wie sind Sie damit umgegangen?

Köhn: Natürlich war der Stammplatz mein Ziel. Aber es war nicht von Beginn an klar, dass ich hier spiele. Ich kam ohne viel Spielpraxis aus Leipzig, musste mich erst beweisen und im Verein ankommen. Ich habe versucht, mich reinzukämpfen - über den Kooperationsklub in Liefering, bin über die Leihe in Wil auch raus aus der Komfortzone. Es gehört Glück dazu und du brauchst als Torwart auch Geduld. Es kann ja immer nur einer spielen. Ich denke, das habe ich gut gemeistert.

Sie haben Ihren Vertrag in Salzburg bis 2025 verlängert. Gab es auch Angebote aus Deutschland?

Köhn: Nein, ein Angebot aus Deutschland gab es noch nicht. Es konnte aber auch keiner voraussehen, dass es mit meiner Entwicklung jetzt so schnell vorangeht. Für mich war es extrem schön, dass wir es hinbekommen haben, bis 2025 zu verlängern. Ich fühle mich wie gesagt wohl und mir macht es Spaß, als Nummer 1 jedes Wochenende im Tor zu stehen. Ich schaue gar nicht, welche Angebote reinflattern, sondern will einfach nur weiter Gas geben und meine Leistung bringen.

Viele Salzburger Spieler wechseln nach England oder Leipzig. Sehen wir Sie irgendwann mal als Nachfolger von Peter Gulacsi in der Bundesliga?

Köhn: Was die Zukunft bringt, weiß ich nicht. Ein paar Spieler sind gewechselt, aber ich glaube, das war vereinsunabhängig.

Ihr Vater ist Deutscher, Ihre Mutter Schweizerin. Bis zur U18 haben Sie für Deutschland gespielt, danach wechselten Sie zum Schweizer Verband. Warum?

Köhn: Ich hatte jahrelang Kontakt mit Patrick Foletti, dem Torwarttrainer der Schweizer Nationalmannschaft. Letztendlich hat sich die Schweiz sehr um mich bemüht. Das Interesse war da, dass ich auch wirklich spiele. Ich war jetzt bei der A-Nationalmannschaft dabei. Auch das ist ein Grund, warum es mit meiner Entwicklung so rasant vorangeht.

Wie war denn der Kontakt zum DFB?

Köhn: Ganz normal. Wie intensiv der Kontakt ist, ist immer auch ein bisschen abhängig vom jeweiligen Verband. Deutschland ist größer als die Schweiz, da hat man mehr Spieler auf dem Schirm. Ich war damals auch noch nicht der Torhüter, der ich heute bin. Für mich war die Perspektive entscheidend, die habe ich in der Schweiz aufgezeigt bekommen. Bis heute war das die richtige Entscheidung für mich.

Wie sieht Ihre Perspektive aus?

Köhn: Die WM steht vor der Tür und mein Ziel ist es, auch dabei zu sein. Das funktioniert natürlich nur mit Leistung über den Verein. Ich denke, ich mache meine Sache im Moment sehr gut und werde versuchen, das so fortzuführen. In der Schweiz haben wir sehr gute Torhüter. Ich will mich aufdrängen - am Ende ist natürlich aber der Trainer der Entscheidungsträger.

Weil Sie das gerade ansprechen: In Deutschland sucht man nach Manuel Neuer und Marc-Andre ter Stegen das nächste Torhüter-Toptalent. Ist die Konkurrenz in der Schweiz mit Yann Sommer, Gregor Kobel, Jonas Omlin und Co. auf Sicht nicht größer?

Köhn: Die Qualität ist in beiden Ländern enorm hoch. Am Ende muss man sich immer durchsetzen, egal wo. Wenn meine Entwicklung so weitergeht, stehen alle Türen offen. Deswegen schaue ich gar nicht, wo es jetzt vielleicht leichter sein könnte.

Matthias Jaissle ist seit dieser Saison Cheftrainer in Salzburg.getty

Was macht die Schweiz in der Ausbildung der Torhüter anders als Deutschland?

Köhn: Es gibt schon deutliche Unterschiede. In der Schweiz legt man zum Beispiel sehr viel Wert auf den kognitiven Bereich. Die Torhüter-Schule ist aber in beiden Ländern extrem gut. Ich wurde ja in Deutschland ausgebildet, habe dort mein Handwerk gelernt. Ich habe also von beiden Seiten etwas. Dass die Schweiz so gute Torhüter hat, spricht natürlich auch für sich.

Sie sind in der gleichen Agentur wie Manuel Neuer. Stehen Sie in Kontakt? Gibt er Ihnen auch mal Tipps?

Köhn: Nein, Kontakt haben wir keinen. Als er noch auf Schalke gespielt hat, haben wir uns mal auf einer Gartenparty getroffen. Ein Torwarttrainer aus der Jugend, Christof Osigus, hat seinen Abschied gefeiert. Dann haben wir bei uns zuhause eine Grillparty gemacht, mit allen Torhütern aus der Jugend. Manuel Neuer war dann auch da. Seitdem gab es aber keinen Kontakt mehr. Ich freue mich natürlich, wenn wir uns im Rückspiel persönlich sehen.

Stimmt es, dass Sie fußballerisch kein spezielles Vorbild haben?

Köhn: Ja. Wenn ich Fußball schaue, dann gucke ich mir aber schon die Besten an. Da gehört Manuel Neuer natürlich dazu. Wenn man die Weltspitze anguckt, sind jetzt noch einige andere dazugekommen. Ich achte auf Aktionen, bei denen man denkt: 'Oh ja, das habe ich jetzt noch nicht gesehen'. Das schaue ich mir dann gerne ab.

Philipp Köhn im Steckbrief

Name:Philipp Francois Köhn
Geburtstag:02. April 1998
Geburtsort:Dinslaken
Nationalität:Schweiz, Deutschland
Position:Tor
Größe:1,90 Meter
Vereine:SuS Dinslaken, MSV Duisburg, FC Schalke 04, VfB Stuttgart, RB Leipzig, RB Salzburg, FC Wil,