Gelsenkirchen - Mirko Slomka ist ein harter Hund. Zumindest wollte der Trainer des FC Schalke 04 wie einer klingen, als er nach dem 0:1-Offenbarungseid in Cottbus diese Worte diktierte: "Einige haben die Chance verpasst, so ein tolles Spiel gegen Chelsea auf dem Platz zu erleben."
Klarer Fall von "Ätsch, das habt ihr davon". Immerhin ließen seine Spieler in der Lausitz erneut etliches vermissen, was eine Mannschaft gehobenen Anspruchs ausmacht und blieb im fünften Spiel in Folge sieglos.
Vor dem Aufeinandertreffen mit den Blues aus London am 4. Champions-League-Spieltag (20.45 Uhr im LIVE-TICKER und bei Premiere) ist von Slomkas Bissigkeit jedoch nicht mehr viel übrig.
Der zuletzt wegen eines nächtlichen Discobesuchs gemaßregelte Kevin Kuranyi, Christian Pander und vier weitere Spieler verletzt, der Einsatz des erkälteten Fabian Ernst und von Gerald Asamoah (Kniereizung) fraglich: "Ich habe wenig Möglichkeiten, auf einzelne Spieler Druck auszuüben", so Slomka kleinlaut.
Vom angekündigten Radikalschritt hat sich der 40-Jährige daher verabschiedet. Und überhaupt: Ob ein solcher etwas gebracht hätte, ist fraglich - zu übermächtig erscheint der Kontrahent.
Hamann ratlos
"Im Moment spielt Chelsea so gut wie seit Jahren nicht mehr", sagt Dietmar Hamann zu SPOX.com. Mit dem Premier-League-Dritten Manchester City ging der ehemalige deutsche Auswahlspieler vor einer Woche mit 0:6 bei den Blues unter. Hamann: "Schalke ist der absolute Außenseiter. Mir fällt nichts ein, wie man Chelsea knacken könnte."
Ähnlich sieht es England-Experte Wolff Fuss. "Es bringt nichts, in der derzeitigen Verfassung nach Schwachpunkten bei Chelsea zu suchen", sagt der Premiere-Kommentator. "Auch wenn ein John Terry fehlt: Chelsea ist eine andere Kragenweite als Schalke."
Damit hat also der letzte Leser verstanden, dass S04 in allen Belangen unterlegen ist. Dennoch hat SPOX.com frei nach Che Guevaras Motto "Du hast keine Chance, nutze sie!" drei Argumente gefunden, warum es vielleicht doch klappen könnte.
1. Hoffnungsschimmer:
Überraschungseffekt
Lincoln mag launisch gewesen sein, je nach Gemütslage war er jedoch in der Lage, für das Quäntchen Unberechenbarkeit zu sorgen. Genau das, was den Schalkern diese Saison mangelt. Zwei Tore in den letzten fünf Partien als Beleg.
Warum also am starren 4-4-2-System mit Raute oder dem wenig ergiebigen 4-3-3 festhalten? Warum nicht mal etwas wagen, in dem man etwa im Mittelfeld Carlos Grossmüller sowie die zugegeben formschwachen Ivan Rakitic und Mesut Özil gleichzeitig hinter Stoßstürmer Larsen aufbietet?
Sicherlich: Das Trio betrachtet Defensivaufgaben als lästige Pflicht. Aber unter dem Strich bleibt ihr fußballerisches Können.
Jeder für sich wäre mit der Spieleröffnung überfordert, immerhin heißen die Gegenspieler voraussichtlich Michael Essien und Claude Makelele. Gemeinsam könnte es jedoch funktionieren - zumal der taktische Überraschungseffekt auf Seiten der Schalker wäre.
2. Hoffnungsschimmer:
Ein dreckiges 1:0
Sollte sich Slomka doch für eine konventionelle Aufstellung entscheiden, besteht kaum Hoffnung, aus dem Spiel heraus ein Tor gegen Chelseas kompakte Defensive zu erzielen.
"Ich gehe nicht davon aus, dass Chelsea Schalke an die Wand spielt. Aber wenn Schalke in Rückstand gerät, wird es unheimlich schwer, zurückzukommen", sagt Hamann.
Daher die einzige Option: Selbst in Führung gehen, am besten mit einer Standardsituation. Ein abgefälschter Freistoß aus 25 Metern oder ein halbwegs platzierter Eckball, den Marcelo Bordon, Heiko Westermann, Mladen Krstajic oder Sören Larsen irgendwie über die Linie wurschteln. Danach wird mit elf Mann und 54.000 Zuschauern im Rücken verteidigt, als ob es um die Eintracht-Frankfurt-Gedächtnismedaille gehen würde.
"Schalke muss es so machen wie Schottland in Frankreich. Versuchen, irgendwie das 1:0 zu erzielen und bis zum Ende Gas geben. Dann besteht eine minimale Chance", sagt Fuss.
3. Hoffnungsschimmer:
Was die Geschichte lehrt
Die Bayern mal ausgenommen, treten deutsche Klubs immer als Außenseiter an, wenn es gegen ein Topteam aus den großen drei Ligen geht.
Ungeachtete dessen erzielten Bundesligisten in den letzten Jahren das eine oder andere vorzeigbare Ergebnis.
2003/04: Stuttgarts 2:1 gegen Manchester United
2005/06: Schalkes 2:2 gegen AC Milan
2005/06: Bremens 3:2 gegen Juventus Turin
2006/07: Bremens 1:0 gegen Chelsea
Und 2007/08? "Energie Cottbus hat uns gezeigt, wie eine Mannschaft, die unterschätzt wird, mit kämpferischen Mitteln einen überlegenen Gegner schlagen kann", sagt Kuranyi. "Das sollte uns Mut machen für das Spiel gegen Chelsea."
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Schalke: Neuer - Rafinha, Bordon, Krstajic, Westermann - Ernst (Bajramovic) - Jones, Grossmüller - Rakitic - Larsen, Asamoah (Lövenkrands)
Chelsea: Cech - Belletti, Carvalho, Alex, Bridge - Makelele, Lampard, Essien - J. Cole, Drogba, Malouda
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