EM 2021 - Corona-Schussel, Ibrahimovics Liebling, Matchwinner: Dejan Kulusevskis starker EM-Auftritt für Schweden

Stanislav Schupp
24. Juni 202115:43
Dejan Kulusevski wurde bei Schwedens Sieg gegen Polen zum Helden.imago images
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In einer defensiv orientierten schwedischen Mannschaft belebte Dejan Kulusevski das Offensivspiel beim 3:2 gegen Polen merklich. Dabei begann das EM-Abenteuer für den Profi von Juventus Turin alles andere als vielversprechend.

Beim zweiten Mal wurden sie schließlich erhört. Genauer gesagt in der 55. Minute des letzten EM-Gruppenspiels der Schweden gegen Polen, nachdem es gegen die Slowakei wenige Tage zuvor nicht von Erfolg gekrönt war.

"Kulu, Kulu Kulu, Kulu Kulu, Kulu Kulu - SEVSKI!", hallte es aus dem gelb-blauen Fanblock in der St. Petersburger Arena im Stile des bekannten Songs über die Toure-Brüder Kolo und Yaya. Die Botschaft war deutlich: Die schwedischen Fans forderten Dejan Kulusevski.

Den bekamen sie schließlich auch - und er zahlte zurück. "Er war fantastisch", lobte Nationaltrainer Janne Andersson im Anschluss an die Partie: "Er hat die Qualitäten, die wir für eine gute Leistung brauchen. Er kam rein und hat einen tollen Job gemacht."

Der 21-jährige Außenstürmer von Juventus drückte dem Spiel beim 3:2-Erfolg nicht nur aufgrund seiner zwei Torvorlagen umgehend seinen Stempel auf.

Stabilität und Effektivität: Kulusevski belebt Schwedens Spiel

1:0 stand es für die Schweden, als Kulusevski für Robin Quaison in die Partie kam. Andersson merkte, dass seine Elf nach steigendem Druck der Polen mehr Entlastung nötig hatte. Zu viele Bälle wurden einfach nur hoch und weit aus dem eigenen Sechzehner gejagt.

Kulusevski belebte das defensiv ausgerichtete Spiel der Tre Kronor merklich. Nur vier Zeigerumdrehungen später bediente er nach einem starken Sololauf aus der eigenen Hälfte Emil Forsberg, der auf 2:0 erhöhte.

Die Skandinavier fokussierten sich gegen Polen wie bereits in den vorherigen Spielen gegen Spanien und die Slowakei vornehmlich auf eine stabile Defensive. Das Ergebnis war ein Ballbesitzwert von 33 Prozent (zuvor 15 Prozent gegen Spanien und 42 Prozent gegen die Slowakei). Vor dem Tor präsentierte sich die Andersson-Elf allerdings mit ihren Kontern brutal effektiv - gerade einmal vier Torschüsse benötigte das Team für drei Treffer.

Das Spiel Schwedens mag vielleicht nicht das Ansehnlichste sein, hievte die Mannschaft jedoch als ungeschlagenen Tabellenführer der Gruppe E noch vor Spanien ins Achtelfinale - und verspricht auch im weiteren Verlauf des Turniers Erfolgspotenzial (nach dem Achtelfinale gegen die Ukraine würde es für die Schweden im Viertelfinale gegen den Sieger des Spiels England gegen Deutschland gehen).

Vor allem, wenn man im Konterspiel auf einen dribbel- und laufstarken Kulusevski setzen kann.

Dejan Kulusevski wurde bei Schwedens Sieg gegen Polen zum Helden.imago images

Zwei Assists in 35 Minuten: Kulusevskis Auftritt gegen Polen

Kulusevski wusste, wann er beschleunigen oder Tempo rausnehmen, kreuzen oder sich fallen lassen musste. Die meisten Angriffe liefen fortan über den Offensivmann.

Dies wurde nicht nur bei Forsbergs zweitem Tor, sondern auch beim späten Siegtreffer in der Nachspielzeit deutlich, nachdem Robert Lewandowski sein Team per Doppelpack zunächst zurück ins Spiel gebracht hatte: Kulusevski behauptete sich erneut gegen zwei Gegenspieler, stoppte kurz und steckte dann perfekt auf den ebenfalls eingewechselten Viktor Claesson in den Strafraum durch.

35 Minuten stand Kulusevski auf dem Platz. Das Ergebnis: 17 Ballkontakte, eine Passquote von 90 Prozent und zwei Assists. Nicht nur mit Blick auf diese Zahlen hätte ihn der schwedische Anhang gerne schon wesentlich früher auf dem Platz gesehen.

Wie groß die Hoffnungen auf den Stürmer der Alten Dame sind, zeigte sich bereits im vergangenen Jahr. Damals hatte sich Zlatan Ibrahimovic höchstpersönlich darüber echauffiert, dass Kulusevski im Nations-League-Spiel gegen Frankreich nur auf der Bank saß. "Ein verdammter Scherz. Nur noch ein Beweis dafür, dass inkompetente Menschen in den falschen Positionen den schwedischen Fußball ersticken", wetterte der 39-Jährige im September 2020 auf Twitter.

Dass der Arbeitstag des Schweden mit nordmazedonischen Wurzeln lediglich etwas mehr als eine halbe Stunde dauerte, basierte jedoch unter anderem auf einer Wissenslücke Kulusevskis.

Zweiter Schock: Kulusevskis folgenschwere "Grundeinstellung"

Wenige Tage vor Schwedens EM-Auftakt gegen Spanien wurde Kulusevski positiv auf das Coronavirus getestet - zum zweiten Mal.

Der Linksfuß hatte sich dem Vernehmen nach auf einer Überraschungsparty angesteckt. Die hatte er während einer viertägigen Pause in der EM-Vorbereitung besucht. Überführt wurde Kulusevski von einem mittlerweile gelöschten Video in den sozialen Medien, auf dem er mit mehreren Personen und ohne Mundschutz in einer Wohnung zu sehen war.

"Ich habe mit Dejan gesprochen. Hintergrund ist, dass er von seiner Schwester und ihrem Freund zum Essen mit seiner Freundin eingeladen wurde. Als sie kamen, waren einige seiner Freunde als Überraschung da. Darüber hat er sich sehr gefreut", erklärte Andersson seinerzeit.

Nachdem Kulusevski bereits im November vergangenen Jahres positiv getestet worden war, sei er sich einer erneuten Infektionsmöglichkeit nicht bewusst gewesen. "Dejans Grundeinstellung war, dass er Corona schon hatte. Er hat sich nicht so viele Sorgen gemacht. Ich gehöre auch dazu, habe mich auch immun gefühlt. Das war seine Haltung. Im Nachhinein hat er festgestellt, dass es nicht gut war", ergänzte der 58-Jährige.

Die Quittung: Beim torlosen Remis gegen den nominell stärksten Kontrahenten Spanien fehlte Kulusevski im Aufgebot. Gegen die Slowaken (1:0) habe der Spielverlauf laut Andersson keine Einwechslung hergegeben - trotz deutlicher Forderung der Fans.

Während Schweden den Sprung in die K.o-Phase geschafft hat, ist Polen ausgeschieden.getty

Kulusevski als X-Faktor gegen die Ukraine?

Gegen Polen war es dann schließlich soweit. "Wir sind froh, dass er zurück ist", sagte Doppelpacker Forsberg auf der anschließenden Pressekonferenz: "Das war ein fantastischer Auftritt. Das zweite Tor hat seine ganze Klasse gezeigt. Er kann das Spiel kontrollieren."

Ob Kulusevski im Achtelfinale gegen die Ukraine (Dienstag, 21 Uhr im LIVETICKER) von Anfang an ran darf, ließ Andersson offen. "Ich denke heute definitiv noch nicht über die Aufstellung für Dienstag nach", versicherte er.

Die Fans werden ihn nach seinem jüngsten Auftritt nun sicherlich erst recht fordern.

EM 2021, Spielplan: Das Achtelfinale im Überblick

DatumUhrzeitTeam 1Team 2Spielort
26.06.202118:00WalesDänemarkAmsterdam
26.06.202121:00ItalienÖsterreichLondon
27.06.202118:00NiederlandeTschechienBudapest
27.06.202121:00BelgienPortugalBilbao
28.06.202118:00KroatienSpanienKopenhagen
28.06.202121:00FrankreichSchweizBukarest
29.06.202118:00EnglandDeutschlandLondon
29.06.202121:00SchwedenUkraineGlasgow