Simon Rolfes ist seit Jahren Kapitän von Bayer Leverkusen - und wurde erneut bestätigt. Im Interview spricht der 30-Jährige über seine Ansprüche, die Angebote für Lars Bender oder Andre Schürrle, Bayers Erfolg unter Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski und eine schier endlose Diskussion.
SPOX: Herr Rolfes, wie viel sind Sie eigentlich wert?
Simon Rolfes: (lacht) Keine Ahnung, das sollen andere beurteilen. Was ich selbst wert bin, ist mir auch überhaupt nicht wichtig.
SPOX: Und wie sieht es bei Ihren Kollegen aus? Für Lars Bender und Andre Schürrle gab es kürzlich Angebote, die bei oder sogar über 20 Millionen Euro lagen. Was haben Sie gedacht, als Sie von diesen Zahlen erfahren haben?
Rolfes: Das war natürlich schon eine Hausnummer, ohne Frage. Was die Angebote generell zeigen: Deutsche Spieler kosten inzwischen auch internationale Preise. Mesut Özil ist 2010 noch für rund 15 Millionen Euro zu Real Madrid gegangen. Dafür würden die ihn jetzt nicht mehr kriegen. In den letzten Jahren war Deutschland im Vergleich zu England oder Spanien noch ein vergleichsweise günstiger Markt. Das hat sich mittlerweile geändert.
SPOX: Warum?
Rolfes: Ich denke, es liegt vor allem daran, dass Deutschland nun einfach eine höhere Anzahl an klasse Spielern hat und ausländische Top-Klubs deshalb intensiver auf den deutschen Markt schauen. Daran hat die Nationalmannschaft einen Anteil, aber auch Top-Spieler wie Mesut Özil und Sami Khedira. Ausländische Klubs schätzen deutsche Spieler nun wohl auch anders ein. Früher hat man sich lieber in anderen Ländern für viel Geld bedient, obwohl man die gleiche Qualität viel günstiger in Deutschland bekommen hätte. Jetzt sucht man auch bei deutschen Klubs. Und weil die Nachfrage größer ist, können die deutschen Vereine natürlich auch höhere Preise aufrufen.
SPOX: Anders herum betrachtet: Lars Bender und Andre Schürrle haben erst ein Jahr als Stammspieler bei Bayer Leverkusen hinter sich. Wären da Bayern und Chelsea nicht noch eine Nummer zu groß?
Rolfes: So pauschal kann man das nicht sagen. Man muss das von Fall zu Fall beurteilen. Wenn man bei dem neuen Klub die Chance bekommt und die Konkurrenz nicht zu groß ist, kann das schon nach einem Jahr die richtige Entscheidung sein. Ich bin damals auch aus der zweiten Mannschaft in Bremen nach Aachen und dann nach nur einem Jahr weiter nach Leverkusen, zu einem Bundesliga-Topklub. Das war damals für mich die richtige Entscheidung. Bei anderen macht es dagegen Sinn, nochmal ein Jahr zu warten.
SPOX: Und wie ist es bei Lars Bender und Andre Schürrle?
Rolfes: Da will ich mich hier jetzt mal nicht festlegen. (schmunzelt)
SPOX: Nachdem Michael Ballack und Rene Adler den Verein verlassen haben, sind Sie nun eigentlich der Führungsspieler schlechthin bei Bayer.
Rolfes: Naja, ich weiß nicht, ob ich nun der Führungsspieler schlechthin bin in Leverkusen. Aber natürlich sehe ich mich in der Verantwortung, ich war ja jetzt auch einige Jahre Kapitän. Ich würde es mal so sagen: Ich sehe mich als Wortführer.
SPOX: Wie definieren Sie diese Rolle des Wortführers?
Rolfes: Auf der einen Seite kommt dir ein wichtiger Part im Auftreten nach außen zu. Aber intern ist mir noch viel wichtiger, das ist entscheidend. Es geht um Dinge wie einen guten Mannschaftsgeist, um eine gute Einstellung im Training. Deshalb sehe ich es als meine Aufgabe an, die Trainer zu unterstützen, dass immer so gut wie möglich trainiert werden kann.
SPOX: Wie machen Sie das?
Rolfes: Man muss zum einen ein Vorbild für die anderen sein. Und zum anderen muss man versuchen, auf die Stimmung einzuwirken. Ganz grundsätzlich hat das natürlich auch immer mit der Mentalität einer Mannschaft zu tun, also: Neigt die Mannschaft eher dazu, immer an die Grenze gehen zu wollen oder eher dazu, es plätschern zu lassen?
spoxSPOX: Wie steht es um die Mentalität der aktuellen Bayer-Mannschaft?
Rolfes: Bei uns ist die Mentalität natürlich sehr gut. (lacht) Im Ernst: Bislang funktioniert das, darauf achten auch unsere beiden Trainer. Ich habe noch nicht festgestellt, dass man da groß nachhelfen müsste.
SPOX: Mit Sascha Lewandowski und Sami Hyypiä gibt es seit Ende letzter Saison zwei neue Verantwortliche im sportlichen Bereich. Es schien, als habe diese Entscheidung besonders Sie beflügelt. Täuscht dieser Eindruck?
Rolfes: Ohne Frage gab es in der letzten Saison Veränderungen, die mir gut getan haben. Es war für mich mit Sicherheit nicht negativ. Und wir sind ja auch mit der Mannschaft wieder auf einen guten Weg gekommen. Ich denke, dass es für uns insgesamt jetzt ein erfolgsversprechenderer Weg ist.
SPOX: Welchen Einfluss hat man als Kapitän und Wortführer auf solch personelle Entscheidungen?
Rolfes: Natürlich entscheiden das in erster Linie die Verantwortlichen im Verein. Aber es ist schon auch so, dass Wolfgang Holzhäuser und Rudi Völler in die Mannschaft reinhören und Feedback haben wollen. Ich glaube aber, dass wir das bestmögliche Feedback auf dem Platz gegeben haben. Mit Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski haben wir von sechs Spielen vier gewonnen und zwei unentschieden gespielt. Davor haben wir sechs Pflichtspiele in Folge verloren. Dadurch war ja erkennbar, dass die Mannschaft mit diesem Trainer-Duo gerne weitermachen würde.
SPOX: Sie haben die Wichtigkeit der internen Abläufe betont. Sie sind niemand, der mal öffentlich auf den Putz haut...
Rolfes: ... kann man so sagen.
SPOX: Auf der anderen Seite wird in der Öffentlichkeit, gerade jetzt wieder nach dem EM-Aus der Nationalmannschaft oder dem verlorenen CL-Finale der Bayern, darüber diskutiert, dass ein echter Führungsspieler auch mal öffentlich extrovertiert auftreten muss. Amüsiert Sie diese Diskussion?
Rolfes: (schmunzelt) Da ist ja immer gerade das richtig, was erfolgreich ist. Gibt's Erfolg mit einer flachen Hierarchie, ist das das Nonplusultra und keiner spricht von diesen Leader-Typen. Ist es andersherum, wird die Diskussion wieder aufgemacht. Hätten die Bayern zum Beispiel die Champions League gewonnen, hätte niemand darüber gesprochen. Aber das ist das Interessante am Fußball, dass es immer wieder Kurskorrekturen gibt und Dinge aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet werden. Welcher Ansatz jetzt da der richtige ist? Meistens liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte.
Simon Rolfes im Steckbrief