Streli Mamba kickte noch vor drei Jahren in der Oberliga, seine Freude rieten ihm dazu, den Traum Fußball-Profi endlich zu begraben. Heute spielt Mamba nach einem märchenhaften Aufstieg beim SC Paderborn in der Bundesliga. Im Interview mit SPOX und Goal spricht der 25-Jährige vor dem Spiel beim BVB (20.30 Uhr live auf DAZN und im LIVE-TICKER) über eine selbst gesetzte Deadline, sein Vorbild Pierre-Emerick Aubameyang, den Traum Premier League und die Entstehung seines Schlangenjubels.
Außerdem blickt Mamba zurück auf seine prägende Zeit in Cottbus, in der er eine neue Heimat fand, einen Trainer, der ihn formte, aber auch mit Rassismus konfrontiert wurde.
Herr Mamba, Ihr Weg in die Bundesliga ist zweifellos einer der spannendsten im Profi-Geschäft. Nehmen Sie uns mal mit an die Anfänge. Sie sind wie Jürgen Klinsmann in Göppingen geboren. Wie sind Sie überhaupt zum Fußball gekommen?
Streli Mamba: Ich weiß noch genau, dass ich bei einem Freund zuhause war und dort gesehen habe, dass er ganz viele Medaillen hatte. Ich war total fasziniert und habe zu ihm gesagt: "Ich will auch solche Medaillen haben." Er hat mich dann zum Training mitgenommen, so hat alles angefangen.
Was war Ihr erstes Trikot?
Mamba: Das war ein Arsenal-Trikot von Thierry Henry, das mir mein Vater geschenkt hat. Henry war früher mein großes Idol, ich wollte wegen ihm auch lange Zeit immer nur die Nummer 14 oder 12 haben. Heute bin ich ein großer Fan von Pierre-Emerick Aubameyang. Ich liebe seine Coolness. Und wir ähneln uns ein bisschen in der Art und Weise, wie wir spielen. In Sachen Torgefährlichkeit hat er mir natürlich einiges voraus. (lacht) Der beste Stürmer der Welt ist aktuell für mich aber Robert Lewandowski. Seine Kaltschnäuzigkeit beeindruckt mich enorm. Die ganze Art und Weise, wie er Fußball spielt, mit und gegen den Ball, ist herausragend.
Sie sind der Gegenentwurf zu einem Profi, der einen linearen Weg durch ein NLZ gegangen ist. Warum sind Sie in der Jugend beim VfB Stuttgart oder Karlsruher SC durchs Raster gefallen?
Mamba: Bundesliga? "Es ist schon sehr krass"
Mamba: Ich hatte in der Jugend einfach noch nicht den nötigen Hunger. Wenn ich damals schon den heutigen Ehrgeiz gehabt hätte, wäre es sicher anders gelaufen. So musste ich zusehen, wie Mitspieler von mir wie Timo Werner durchstarten und ich in der Oberliga gekickt habe. Das tat weh, aber dennoch habe ich das Ziel Profifußball nie aus den Augen verloren. Für mich kam nie etwas anderes infrage. Ich habe mir dann selbst eine Deadline gesetzt, dass ich es bis 25 in den bezahlten Fußball schaffen muss, sonst muss ich mich doch mal nach einer Alternative umschauen.
Es gab aber schon Zweifel.
Mamba: Klar, ich habe zwischendurch auch daran gezweifelt, ob ich es wirklich packe. Aber ich bin immer drangeblieben, weil ich mir nicht einmal später vorwerfen lassen wollte, nicht alles dafür getan zu haben. Ich wollte meinen Traum nicht aufgeben. Viele Freunde haben mir damals geraten, dass ich doch lieber eine Ausbildung machen solle. Dass ich es akzeptieren solle, dass der Fußballtraum nicht in Erfüllung gehen wird. Aber ich habe ihnen immer gesagt: "Ich werde Fußball-Profi! Euch werde ich es schon beweisen!" Ich bin stolz darauf, dass ich es so durchgezogen habe und meinen Weg gegangen bin.
Und jetzt spielen Sie mit Paderborn in der Bundesliga.
Mamba: Es ist schon sehr krass. Wenn mir das einer vor drei Jahren gesagt hätte, hätte ich ihm wahrscheinlich eine Ohrfeige gegeben und gesagt: "Was erzählst Du da?" Ich muss sagen, dass ich dann auch das Glück gehabt habe, zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort zu kommen.
gettySie spielen auf den Wechsel nach Cottbus in die Regionalliga an.
Mamba: Genau. Pele Wollitz hat damals Mut bewiesen und mir eine Chance gegeben. Er kannte meinen Berater sehr gut und hatte ihn gefragt, ob er einen schnellen Stürmer für ihn hat, der über die Außen kommen kann. So wurde ich zum Probetraining eingeladen. Dort hat Pele Wollitz zum Glück etwas in mir gesehen und mich dabehalten. Er wusste, wie er mit mir umgehen muss und hat mich immer wieder gebracht, auch wenn es im ersten Jahr noch gar nicht so gut lief. Cottbus war entscheidend für mich. Ich wusste: Wenn ich es dort nicht packe, ist Sendepause.
Gab es einen Moment, bei dem Sie gemerkt haben, dass Sie es wirklich packen können?
Mamba: Der Knoten ist bei einem Spiel gegen Jena geplatzt. Da bin ich kurz vor Schluss reingekommen und habe das 3:1 geschossen. Das war der Startschuss für mich. Danach habe ich fast in jedem Spiel getroffen und habe mich im zweiten Jahr in Cottbus sprunghaft weiterentwickelt.
Mamba über Cottbus und rassistische Beleidigungen
Wie würden Sie die Zeit in Cottbus generell beschreiben?
Mamba: Es war definitiv eine traumhafte Zeit. Natürlich war es am Anfang ein kleiner Kulturschock für mich, ich hatte ein paar Schwierigkeiten, mit der Mentalität im Osten klarzukommen. Aber mit der Zeit ist es immer besser geworden. Mein Sohn ist in Cottbus geboren, die Zeit dort hat mich geprägt und wird für immer ein wichtiger Teil von mir bleiben. Cottbus ist auch ein Stück Heimat geworden.
Wie haben Sie den Osten kennengelernt? Haben Sie negative Erfahrungen gemacht?
Mamba: Ich bin ab und zu auf der Straße rassistisch beleidigt worden, aber meist waren es ältere Menschen, denen ich das ehrlich gesagt gar nicht so übelgenommen habe. Es hat mich viel mehr enttäuscht, wenn es im Supermarkt dumme Sprüche von Jugendlichen gab. Da habe ich mir immer gedacht: "Jungs, wir sind im 21. Jahrhundert und Ihr checkt es einfach immer noch nicht." Aber ich muss auch sagen, dass die positiven Erfahrungen klar überwogen haben. Cottbus ist eine bunte Stadt mit Menschen aus ganz vielen verschiedenen Ländern und Kulturkreisen, in der ich mich sehr wohlgefühlt habe.
Was man bei Ihnen ja wirklich betonen muss: Sie sind ein echter Schwabe.
Mamba: Das stimmt. Gerade wenn ich bei den Eltern meiner Freundin bin, fange ich manchmal an, hart Schwäbisch zu sprechen. Meine Freundin schaut mich dann immer ganz schief an. Es ist witzig, wenn ich mit Leuten telefoniere, die mich nicht kennen und die keine Ahnung haben, dass da eine dunkelhäutige Mamba am anderen Ende der Leitung ist. Wenn wir uns persönlich sehen, fragen sie mich oft: "Wir haben telefoniert? Ja, wir haben telefoniert." (lacht)
Mamba über Paderborn und sein märchenhaftes Debüt
Sie wurden für Ihre guten Leistungen dann mit dem Wechsel nach Paderborn belohnt. Aber eigentlich dachten Sie, Sie wechseln in Liga 2.
Mamba: Ich war am letzten Spieltag in Dresden sogar im Stadion, um live zu verfolgen, ob Paderborn den Aufstieg schafft. Ich weiß noch, dass es sehr warm war an diesem Tag und ich wohl mehr geschwitzt habe als die Spieler auf dem Platz. Die Vorstellung, dass ich vielleicht bald Bundesliga spiele, hat mich total umgehauen. Es war für mich nicht realisierbar. Umso geflashter war ich jetzt an den ersten Spieltagen. Die Stadien, die Lichter, das ganze Drumherum - es ist schon was anderes als in der 3. Liga. Ich genieße seitdem jeden Moment. Ich weiß ganz genau, wo ich herkomme.
Ihr Bundesliga-Debüt ist ja auch zu einem echten Märchen geworden, Sie haben sofort getroffen.
Mamba: Ich habe mich wirklich wie im Märchen gefühlt. Ich bin mit der Einstellung in die Saison gegangen, erstmal ganz kleine Brötchen zu backen, und dann treffe ich an den ersten beiden Spieltagen sofort. Ich habe mich gefragt, wann das aufhört? Meine Freunde habe mir einen Screenshot geschickt, auf dem ich gleichauf mit Lewandowski und Alcacer war. Den Screenshot habe ich heute noch. Aber ich wusste, dass es nur eine Momentaufnahme ist. Ich habe dann sehr schnell gelernt, dass es auch anders laufen kann, plötzlich ging der Ball nicht mehr rein, plötzlich saß ich wieder draußen. Aber ich bin erst 25, es ist mein erstes Jahr Bundesliga, ich habe so viel zu lernen und muss dieses Jahr nutzen, um Erfahrungen zu sammeln.
gettyZweimal konnten Sie Ihren neuen Schlangenjubel schon zeigen. Wie ist der Jubel entstanden?
Mamba: Nach dem Aufstieg haben mir alle gesagt, dass ich irgendetwas brauche, was mich auszeichnet. Ich habe lange überlegt, was ich denn machen könnte. Eines Tages stand ich vor dem Spiegel und habe den Schlangenjubel zum ersten Mal ausprobiert. Es sah ein bisschen merkwürdig aus, aber ich dachte mir: Hey, das hat noch keiner gemacht, es passt zu mir, ich schaue mal, wie es ankommt. Hoffentlich kann ich ihn bald mal wieder auspacken.
Vielleicht ja jetzt vor 80.000 Fans in Dortmund.
Mamba: Das wäre krass. Ich war schon ein paar Mal in Dortmund im Stadion, aber jetzt werde ich zum ersten Mal da unten auf dem Feld stehen. Ich freue mich tierisch darauf. Klar ist aber auch, dass es nicht nur ein Abenteuer für uns wird, wir wollen auch in Dortmund bestehen und etwas mitnehmen. Wir wissen, wie schwer es wird, wir sind wie immer der Underdog, aber wir werden nicht nur Spalier stehen.
Mamba: "Ich lebe jetzt total für den Fußball"
Viele haben Paderborn vor der Saison als Absteiger Nummer eins getippt und sehen sich jetzt bestätigt. Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass erst vier Pünktchen auf dem Konto stehen?
Mamba: Wir sprechen hier von Nuancen. Wir haben gezeigt, dass wir auch gegen große Teams mutig nach vorne spielen, wir machen es teilweise auch sehr gut. Das reicht aber aktuell noch nicht. Wir müssen es schaffen, über 90 Minuten unsere Leistung auf den Platz zu bringen. Wir müssen auch unsere Fehler minimieren. Wenn wir das in den Griff bekommen, werden wir auch unsere Punkte holen.
Sie sind jetzt mittendrin im Bundesliga-Business. Was haben Sie persönlich gelernt?
Mamba: Ich habe gelernt, dass man immer zu hundert Prozent bei der Sache sein muss. Lässt du auch nur einen Hauch nach, dann fällst du in diesem Geschäft zurück. Der kleine Hype, der Anfang der Saison um mich entstanden ist, interessiert heute keinen Menschen mehr. Ich lebe jetzt wirklich total für den Fußball. Ist ein Spiel vorbei, beginnt sofort die Vorbereitung auf das nächste.
Sie leben Ihren Traum Bundesliga, gibt es noch einen größeren Traum?
Mamba: Es wäre ein Traum, in der Premier League zu spielen.
Sie würden mit Ihrer Spielweise perfekt nach England passen.
Mamba: Das sagt jeder, ich sage das auch, insofern wird da wohl etwas dran sein. (lacht) Ich will in meinem Leben auf jeden Fall mal in England spielen. Ob es mir gelingt, werden wir sehen.
Gibt es auch einen Traum abseits vom Fußball?
Mamba: Ich würde sehr gerne eines Tages in den Kongo reisen und das Land meiner Vorfahren erkunden. Leider war ich bis jetzt nie da und kenne es nur aus den Erzählungen meiner Eltern. Ich will meine Großeltern besuchen und hautnah erfahren, wie die Menschen dort leben.
In diesem Zusammenhang: Gab es bereits Kontakte zur Nationalmannschaft?
Mamba: Ich hatte Kontakt zum Nationaltrainer, zu dem Zeitpunkt habe ich hier aber nicht so viel gespielt. Ich weiß, dass er mich auf dem Schirm hat. Wenn ich eine Einladung bekommen sollte, müsste ich nicht lange zögern, ich wäre sofort dabei. Es wäre eine Herzensangelegenheit für mich.