Als Experte amerikanischer Comicfiguren präsentierte sich Fredi Bobic anschließend im Bauch der Stuttgarter Arena nicht mehr. Der Puls des VfB-Sportdirektors hatte nach dem 0:0 gegen den FC Kopenhagen einige Minuten nach Spielende wieder Normalniveau erreicht.
Unmittelbar nach dem Schlusspfiff der Europa-League-Partie am Donnerstag hatte das noch ganz anders ausgesehen. Der 40-Jährige war erzürnt, regelrecht außer sich, und hatte sich wenig freundlich über die Torrichter ausgelassen.
"Da laufen lauter Mickymäuse rum, ich kann sie nicht mehr sehen", schimpfte Bobic, um seine Tirade mit dem Nachsatz zu beenden: "Vergiss es, dieses Geld kann sich die UEFA sparen."
Es ist Europapokal und kein Schwabe geht hin
Die Szene, über die sich der Sportdirektor so echauffierte, ereignete sich in der 48. Minute, der zur Pause eingewechselte Tunay Torun fiel nach einer leichten Berührung mit Kopenhagens Torhüter Johan Wiland im Fünfmeterraum zu Boden.
Statt auf Elfmeter zu entscheiden zeigte der Schiedsrichter Artur Soares dem Stuttgarter Profi, der sich später noch eine Oberschenkelverletzung zuzog, wegen vermeintlicher Schwalbe die Gelbe Karte.
Der VfB erlebte wieder einmal einen Abend in der Europa League zum Vergessen. Es ist Europapokal und kein Schwabe geht hin. Triste Kulisse (15.300 Zuschauer), mutloser Gegner, wenig ansehnliches Spiel.
Auch im dritten Anlauf kein Sieg
Stuttgart bleibt auch nach dem dritten Spiel in der Gruppenphase ohne Sieg, mit nur zwei Punkten liegt der VfB auf dem letzten Platz. Die K.o.-Runde der besten 32 Mannschaften ist weit entfernt, auch wenn der Trainer Bruno Labbadia sich um Zuversicht bemüht und fast trotzig sagte: "Wir glauben fest daran, dass wir die Gruppenphase überstehen."
Kurz vor Mitternacht, als die Spieler aus der Kabine nach kurzen Statements in die kalte Nacht eilten, hatte man den Eindruck gewonnen, als ob Bobic in der Kabine ein Hand-out verteilt hatte, auf dem die exakte Sprachregelung für den Abend stand.
Ausnahmslos alle Stuttgarter benutzten die gleichen Worte. Sie sprachen von einem "klaren Elfmeter", von einem "Türöffner", den sie gebraucht hätten, um das Spiel zu gewinnen.
William Kvist vermisst Gänsehautatmosphäre
Dabei offenbarte sich nach dem müden Kick erneut, dass die internationalen Spiele in Stuttgart nicht angenommen werden. "In Dänemark ist der Europapokal viel größer als die Liga", stellte VfB-Profi William Kvist erstaunt fest. Der frühere Spieler des FC Kopenhagen berichtete von ausverkauften Spielen in der Heimat, von Festtagen, von einer Gänsehautatmosphäre.
Die Stuttgarter kennen das auch, aber nur von Spielen in der Bundesliga. Schon am Sonntag (15.30 Uhr) gegen Eintracht Frankfurt wird sich das Stadion wieder in eine fröhliche Partymeile verwandeln.
Frankfurt "ein ganz anderes Spiel"
"Das wird ein ganz anderes Spiel", sagte Verteidiger Georg Niedermeier. Und das liegt nicht nur am Wiedersehen mit dem in Stuttgart noch immer populären Meistertrainer Armin Veh. "Wir haben leider nicht die großen und attraktiven Namen in der Europa League gezogen", sagte Christian Gentner und hob fast entschuldigend seine Schultern.
Es liegt aber nicht nur am fehlenden Renommee der Teams, warum die Besucher ausbleiben. Den Stuttgartern gelingt es einfach zu selten, gegen destruktive Mannschaften mit konstruktiven Kombinationen zum Erfolg zu kommen.
"Es liegt an uns, dass wir die Fans ins Stadion locken", sagte Gentner dann auch. In der Bundesliga klappt das nach zuletzt drei Spielen ohne Niederlage wieder ganz gut. "Ich hoffe, dass wir im März noch Heimspiele in der Europa League haben werden", fügte der Vizekapitän hinzu. Damit William Kvist auch mal bei internationalen Spielen Festtage in Stuttgart erleben darf.
Stuttgart - Kopenhagen: Daten und Fakten