Der FC Arsenal überzeugt in dieser Saison mit Ballbesitz orientiertem und flexiblem Fußball. In der Champions League trifft man mit dem FC Bayern München (Mi., 20.30 Uhr im LIVE-TICKER) unter Pep Guardiola auf einen Gegner mit ähnlicher Spielanlage.
Der FC Arsenal war lange Zeit das Team der Stunde der Premier League. Nach einer Auftaktniederlage ging es von Sieg zu Sieg, vom fünften bis zum 16. Spieltag gab man nicht einziges Mal die Tabellenführung aus der Hand. Seit September 2013 belegen die Gunners konstant einen der ersten beiden Ränge in der heimischen Liga.
Doch gerade gegen die direkte Konkurrenz musste das Team von Arsene Wenger zuletzt Rückschläge hinnehmen. Elf Ohrfeigen von Manchester City und dem FC Liverpool, eine Niederlage gegen das kriselnde Manchester United und ein torloses Remis gegen den FC Chelsea. Ein Image, das der Mannschaft von Arsene Wenger schon lange anhaftet.
Auch deshalb gehen die Blicke schon ein wenig Richtung Champions-League-Achtelfinale, wo man auf den FC Bayern München trifft. Gerade im Duell mit Pep Guardiola könnte die Mannschaft von Arsene Wenger auf die Probe gestellt werden, trifft man doch auf eine Mannschaft mit ähnlichem Grundgedanken.
Flexibilität und Ballbesitz
So vermittelt Wenger, genau wie sein spanischer Kollege, die Idee eines ballbesitzorientiertes Fußballs. Flexibilität, situative Positionswechsel und eine riskante Spielweise in der Defensive vereinen beide Trainer. Auch die Gunners formieren sich gewöhnlich in einem 4-1-4-1. Mikel Arteta oder wahlweise Mathieu Flamini sichern hinter einer nahezu freibeweglichen Viererkette ab, im Sturmzentrum gibt meist Olivier Giroud einen klassischen Stürmer.
Unabhängig von der personellen Besetzung ist die Marschroute immer gleich. Mit viel Ballbesitz und einem flüssigen Kombinationsspiel will man durch die Zentrale zum Abschluss kommen. In Ballnähe soll Überzahl hergestellt werden. Dabei macht sich Wenger die Flexibilität seiner Spieler zu nutze.
Großes Ziel: Mittelfelddominanz
Er gibt seinen Spielern in der Offensive kaum feste Positionen mit auf den Weg. Die offensive Viererreihe ist somit frei beweglich, Positionsrochaden jederzeit möglich.
Dennoch gibt es Vorschriften. So tendiert stets ein Mittelfeldspieler von der Seite nach innen und beteiligt sich am Kombinationsspiel. In der Zentrale wird es dadurch, und dank des weit mit aufrückenden Sechsers sehr eng. Die Gunners können aber auch einfach Dreiecke bilden und mit kurzen Pässen das Spiel dominieren.
So entstehen teils merkwürdig anmutende Spielsituationen mit überfülltem Mittelfeld. Denn die gegnerischen Trainer reagieren auf die immer gleiche Weise: Sie ziehen ihre Spieler ebenfalls sehr eng zusammen, um nicht in situative Unterzahl zu geraten.
Beispiel: FC Arsenal - Crystal Palace (2:0): Die Spieler beider Mannschaften häufen sich im Mittelfeld. Tony Pulis musste sogar einen seiner beiden Innenverteidiger weit aus der Viererkette rücken lassen, um den Kampf um die Mittelfeldherrschaft nicht komplett aus der Hand zu geben.
Offene Flügel entscheidend
Dies führt zu wenig bis gar keinem Mehrwert bei Ballbesitz. Beide Mannschaften neutralisieren sich gegenseitig, auch wenn die Gunners in der Regel den Ball halten. Dies führt jedoch zum Erreichen des ersten Zwischenziels von Wenger. Die Außenbahnen sind weitestgehend frei, weshalb die Außenverteidiger seiner Mannschaft weit aufrücken können und so ihre Gegenspieler in Eins-gegen-Eins-Situationen zwingen.
Unterstützt wird dies durch die Asymmetrie des englischen Tabellenzweiten im Angriff. Während ein Spieler der offensiven Viererkette nach innen tendiert, hält der andere seine Position auf dem Flügel. Dort bietet er sich nicht nur als Anspielstation an, sondern erzeugt auch Überzahlsituationen auf einem Flügel, um von dort zu Torchancen zu kommen.
So beispielsweise geschehen im Spiel gegen Crystal Palace: Während Cazorla von rechts nach innen tendierte, hielt Lukas Podolski in der Regel die Breite auf der linken Seite.
Dadurch, dass mit Nacho Monreal der Linksverteidiger hinter ihm ebenfalls weit mitaufrückte, war Rechtsverteidiger James Ward gegen zwei auf sich alleine gestellt. Nebenmann Daniel Gabbidon erkannte dies und rückte seinerseits weiter Richtung Podolski. Damit war eine Lücke geschaffen, die ein aus der Zentrale startender Mittelfeldspieler leicht nutzen konnte: Oxlade-Chamberlain traf zweimal aus dem linken Halbraum heraus und entschied die Partie.
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Seite 4: Das Spiel mit dem Feuer
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Die Rolle von Olivier Giroud
Noch verstärkt wird das Herausspielen von Chancen über die Halbräume durch Giroud. Dieser spielt beinahe eine klassische Rolle als moderner Mittelstürmer und unterscheidet sich damit klar zum gelegentlichen 4-1-4-1 des FC Bayern mit falscher Neun. Dennoch gibt es einen Zusatz. Der Franzose lässt sich oft weit zurück fallen und agiert dann als Wandspieler.
Beispiel: FC Arsenal - FC Fulham 2:0: Giroud spielte in der Partie gegen Fulham beinahe im Zehnerraum. Dabei agierte er jedoch keineswegs aus der Zentrale und spielt Lückenpässe auf seine startenden Mitspieler, sondern konzentrierte sich beinahe nur auf Quer -und Rückpässe.
Der Franzose bringt sehr gute Fähigkeiten in der Ballannahme mit sich und setzt seinen Körper dabei geschickt ein, um ihn zu behaupten. Dabei agiert er die größte Zeit des Spiels mit dem Rücken zum Tor und hat das Spielfeld Richtung eigenem Torwart im Blick. So sieht er seine aus dem Mittelfeld startenden Mitspieler und kann für sie ab -oder auflegen, um sich dann selbst von seinem Gegenspieler zu lösen und in die Spitze zu ziehen.
Dies hat den Vorteil, dass er stets von einem Mann in seinem Rücken verfolgt werden muss, soll er nicht ungestört die Bälle verarbeiten können. Wird er also von einem Innenverteidiger verfolgt, öffnen sich entsprechende Räume in der Viererkette des Gegners, die wiederum für die nachrückenden Spieler offen stehen. Aus dem fluiden Mittelfeld wird dann nach vorne gestoßen - kein Wunder also, dass vier Mittelfeldspieler unter den fünf besten Torschützen der Gunners zu finden sind.
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Spielmacher aus dem Halbraum
Unter diesen Spielern findet sich auch Mesut Özil, dabei ist dessen Hauptfunktion bei weitem nicht das Toreschießen. Viel mehr ist er Spielmacher und Taktgeber zugleich. Während er bei Real Madrid noch der Fixpunkt im Angriff war und die Bewegungen seiner Mitspieler koordinierte, hat er diese Aufgabe bei den Gunners an seine Hintermänner abgegeben. Viel mehr sucht er nun freie Räume und zieht das Offensivspiel anschließend aus den Halbräumen heraus auf. Er könnte deshalb entscheidend werden, um Lücken aufzureißen.
Bereits bei den Königlichen war er des Öfteren auf dem Flügel zu finden, suchte dann aber den Weg nach innen. Bei den Gunners steht er allerdings öfter ballferner, als noch in Spanien und gibt so die Seite vor, über die attackiert wird. Bespielt man gerade den rechten Halbraum, kann Özil entweder entgegen kommen, um eine Überzahlsituation auszuspielen oder auf die linke Seite ausweichen, um dort einen schnellen Angriff zu initiieren.
Beispiel: Aston Villa - FC Arsenal 1:2: Mesut Özil war gegen Aston Villa kaum in seinem eigentlichen Wirkungsbereich als nomineller Zehner zu finden. Viel mehr nutzte er die flexiblen Bewegungen seiner Mitspieler aus und rückte in die frei gewordenen Halbräume ein. Dort stellte er im Zusammenspiel mit den Außenverteidigern (40 Pässe zwischen Sagna, Monreal und Özil) Überzahlsituationen her.
Özil Passgeber - Götze Dribbler
Dies unterscheidet ihn klar von seinem Nationalmannschaftskollegen Mario Götze. Der junge Offensivspieler der Bayern hält sich größtenteils in Nähe des Balles auf, sucht selbst das Eins-gegen-Eins und geht deutlich öfter ins Dribbling, als sein Nationalmannschaftskollege. Während Özil bevorzugt aus der Mitte auf die Flügel ausweicht, geht Götze den anderen Weg.
Er kommt von der Seite in die Mitte, um dort Chancen herauszuspielen. Dementsprechend selten sind Kombinationen mit den Außenverteidigern (14 Pässe zwischen Alaba, Lahm und Götze gegen Hoffenheim). Insgesamt nimmt Götze deutlich seltener am Kombinationsspiel teil, als sein Pendant. Während die Bayern im Schnitt etwa 628 Pässe verbuchen und Götze auf 90 Minuten umgerechnet auf etwa 57 Pässe pro Spiel kommt, spielt Mesut Özil 69 von 484 Pässen des FC Arsenal. Und das, obwohl er nur selten im Zentrum zu finden ist.
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Spiel mit dem Feuer
Jedoch könnte gerade Götze Arsenal gefährlich werden. Denn so unbequem das Spiel der Gunners auch für den Gegner sein mag, birgt es doch einige Risiken. Wenger merkte nach der Niederlage gegen Liverpool (1:5) an, die "defensive Ordnung" sei nicht gegeben gewesen. Bereits nach gut 20 Minuten hatte man an der Anfiel Road vier Gegentreffer hinnehmen müssen, dabei legten die Treffer zum 3:0 und 4:0 die Schwächen Arsenals gnadenlos offen.
Nach Balleroberungen im Mittelfeld erwischte man die Gunners im Rückwärtsgang unsortiert und spielte Bälle in die Schnittstelle zwischen Innenverteidiger und Außenverteidiger. Dort fanden Daniel Sturridge und Raheem Sterling viel Platz vor und konnten sich dank ihrer Explosivität mit Leichtigkeit gegen das vergleichsweise langsame Duo aus Per Mertesacker und Laurent Koscielny durchsetzen. Denn die hochstehenden Außenverteidiger lassen hinter sich große Lücken offen.
Hektische Defensivarbeit
So geht Wenger ein großes Risiko und vertraut alleine auf das schnelle Umschalten seiner Mannschaft sowie auf Zweikampfstärke und Spielintelligenz seiner beiden Innenverteidiger.
Diese stehen extrem hoch und sollen sofort Druck ausüben, wenn der Ball verloren geht. Gelingt dies nicht, arbeitet die Mannschaft im Kollektiv mit nach hinten und versucht durch eine nahezu hektische Defensivarbeit einen Abschluss zu verhindern. So hatte der eigentlich offensive Santi Cazorla gegen Manchester United (0:0) mehr Tackles als jeder Abwehrspieler der Viererkette.
Eine Taktik, die speziell gegen technisch starke Teams ein großes Risiko birgt, kann ein hektisches und aggressives Rückwärtspressing doch schnell ausgespielt werden. Ein Indiz für die Schwäche Arsenals in den großen Spielen.
Die Möglichkeit, die Guardiola gegen dieses Problem beim FC Bayern einsetzt, ist allerdings für den Arsenal-Coach keine Alternative. Er kann seine Außenverteidiger nicht wie der FCB weit in die Mitte rücken lassen, sonst fehlen im durch die nach innen ziehenden Mittelfeldspieler Anspielstationen auf der Seite.
Auch eine abkippende Sechs ist keine Alternative, will man doch die Überzahl im Mittelfeld aufrechterhalten. Zu abhängig ist er von beiden Flügelspielern, um die nötige Breite und Gefahr im Offensivspiel zu halten. So muss er sich auf eine hohe Passgenauigkeit (im Schnitt mehr als 85 Prozent) und wenige Fehler in der Vorwärtsbewegung verlassen und fordert von seinen Spielern schnelles und aggressives Nachsetzen nach Ballverlusten. Punkte, die wieder beide Trainer verfolgen.
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Die große Defensive als Alternative?
Ebenso vertreten beide Trainer eine grundsätzliche Meinung: Eigener Ballbesitz fördert sowohl die Offensive, als auch die Defensive. Beide Mannschaften lassen gerne Ball und Gegner laufen, wenn man selbst in Führung liegt. Solange man selbst im Mittelfeld kombiniert, ist die Gefahr eines gegnerischen Konters gering.
Doch Wenger greift bisweilen auch auf Mittel zurück, die man so von Guardiola nicht kennt. Der Franzose weiß genau um die Stärken seiner Mannschaft und kann so auch eine Kontermannschaft zusammenstellen. Populärstes Beispiel dürften die beiden Spiele in der Champions League gegen den FC Bayern München 2011 (2:0) und 2011 den FC Barcelona (2:1) sein, als man beiden Teams die einzige Niederlage der CL-Saison beibrachte.
Nach dem knappen Triumph über die Katalanen erklärte Wenger damals: "Ich respektiere Barcelona sehr und glaube immer noch daran, dass sie das beste Team der Welt sind. Aber wir haben nie jemanden kopiert, wir versuchen unseren eigenen Fußball zu spielen."
Dieser Fußball hatte es mit einer Mischung aus hohem Mittelfeldpressing und schnellem Umschaltspiel zweimal vollbracht, eine ballbesitzorientierte Mannschaft zu schlagen. Die Gunners zogen sich im neutralen Drittel des Spielfelds eng zusammen, die Abwehrkette stand hoch, davor formierte sich eine weitere Viererkette mit den schnellen Nasri und Walcott auf den Seiten.
Beide Teams ballten sich im Mittelfeld, was zu mehreren Ballverlusten führte, die wiederum schnell auf die Seiten verteilt wurden.
Die 4-2-3-1-Grundordnung wurde dabei variabel zu einem 4-4-2 oder einem 4-3-3, um das Kombinationsspiel durch die Mitte zu unterbinden und gleichzeitig auf den Flügeln doppelt präsent zu sein.
Es ist durchaus möglich, dass sich Arsenal nicht auf ein offenes Duell um den Ballbesitz einlässt, sondern versuchten wird, durch schnelle, aus der Mitte ausgelöste, Angriffe Profit aus der hohen Abwehrreihe des Gegners zu schlagen.
Auch dann wären erneut die Halbräume entscheidend. Die extrem schnellen Oxlade-Chamberlain, Serge Gnabry oder auch der verletzte Theo Walcott finden nach Balleroberungen in der Mitte einen freien Raum zwischen Innen -und Außenbahn. Sollten sie mit Tempo in diese Räume stoßen können und dadurch beide Innenverteidiger der Münchner in direkte Duell zwingen, ginge der Plan Wengers voll auf. Auch wenn er sich dann von seiner gewohnten Spielweise entfernen müsste.
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Der Kader des FC Arsenal
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