Die 0:1-Niederlage des FC Bayern München beim FC Villarreal hat gezeigt, dass die drei Führungsspieler Robert Lewandowski, Manuel Neuer und Thomas Müller nicht unfehlbar sind. Villarreal-Trainer Unai Emery wird in Europa verkannt. Und: Die Spanier werden die ausgelassenen Chancen auf einen höheren Sieg noch bereuen. Die Thesen zum Spiel.
1. Neuer, Müller und Lewandowski sollten nicht zu hoch pokern
Mehr als stets bemüht war nicht drin. Manuel Neuer, Thomas Müller und Robert Lewandowski gingen bei der Pleite in Villarreal nicht nur mit unter, alle drei fielen angesichts ihrer Leistungen in einer ohnehin schwachen Mannschaft sogar noch negativ auf.
Allen voran Neuer. In der ersten Halbzeit verschätzte er sich bei einer abgerutschten Flanke komplett, hatte Glück, dass der Treffer wegen einer Abseitsstellung nicht zählte. Im zweiten Durchgang spielte er dann Gerard Moreno einen Ball unbedrängt in den Fuß - ein dicker Patzer, der eigentlich das 2:0 hätte sein müssen.
Während Neuer hinten wackelte, fanden Müller und Lewandowski vorne praktisch nicht statt - in einem Spiel, in dem doch eigentlich gerade die Führungsspieler vorangehen sollten. Klar, Villarreal machte es Bayerns Offensive mit einem steinhart verdichteten Abwehrzentrum extrem schwer. Doch dass Müller und Lewandowski zu keiner nennenswert gefährlichen Aktion kamen zeigt eben auch, dass sie wie Neuer nicht unfehlbar und durchaus zu stoppen sind.
2023 enden die Verträge der Oldies, der FC Bayern will mit dem Trio verlängern. Werbung für eine Vertragsverlängerung um mehr als zwei Jahre inklusive möglicher Gehaltserhöhung machten Neuer, Lewandowski und Müller gegen die Spanier aber nicht. Ein möglicher Fingerzeig, dass sie in den Gesprächen mit den Bossen um Kahn und Salihamidzic nicht zu hoch pokern sollten.
2. Unai Emery wird verkannt
Am Ende war es irgendwie auch ein Sieg von Unai Emery. Der spanische Trainer, der bei den schillernden Großstadtklubs Paris Saint-Germain (2016-2018) und Arsenal London (2018-2019) letztendlich scheiterte, glänzte gegen die Bayern als gewiefter Taktiker.
Villarreal präsentierte sich als taktisch extrem variabel, presste mal hoch, parkte dann wieder den Bus vor dem eigenen Tor. Mal kombinierten sie sich von hinten nach vorne, mal ging es überfallartig mit drei, vier Mann im Vollsprint in den gegnerischen Sechzehner - beim Führungstreffer durch Danjuma (8.) verschmolzen die beiden Ansätze schließlich zu einem wunderbaren Spielzug.
Egal was Julian Nagelsmann an diesem Abend versuchte, ob er von Mittelfeld- auf Angriffspressing umstellte oder mehr über die Flügel spielen ließ - sein Matchplan ging nicht auf. Weil Unai Emery ihm mit seiner Mannschaft stets einen Schritt voraus war, Villarreal auf alles eine Antwort hatte.
"In erster Linie lag es an unserer Herangehensweise. Besonders in der ersten Halbzeit waren wir nicht da, bevor wir in der zweiten Hälfte etwas präsenter waren", gab Joshua Kimmich die taktische Überlegenheit der Spanier hinterher bei DAZN zerknirscht zu. "Am Ende sind wir mit 0:1 gut bedient."
imago imagesUnd Thomas Müller ergänzte: "Sie haben uns nicht hoch angelaufen und unsere Außen freigelassen. Unsere Flanken und Überzahlsituationen auf dem Flügel sind häufig verpufft, wir haben oft auch die falschen Entscheidungen getroffen. Wir wollten, aber konnten nicht so wirklich. Vielleicht hat die Spritzigkeit auch ein wenig gefehlt."
Unai Emery hat gezeigt, dass er es nicht nur in der Europa League (drei Mal Sieger mit dem FC Sevilla, einmal mit Villarreal) kann, sondern auch auf der ganz großen Bühne Champions League. Übrigens: Das letzte Mal, dass der FC Bayern ein Auswärtsspiel in der Königsklasse verlor, war bis zum Mittwoch rund viereinhalb Jahre her. Gegnerischer Trainer beim 0:3 in Paris am 27. September 2017: Unai Emery.
3. Villarreal wird die vergebenen Chancen noch bereuen
So kurios es klingt: Die 0:1-Niederlage könnte sich für den FC Bayern angesichts der Fülle an Chancen der Gastgeber rückblickend noch wie ein Sieg anfühlen. Gleich mehrmals verpasste es das gelbe U-Boot, den Rekordmeister vollends zu versenken. Entweder erkannte der Schiedsrichter (zurecht) eine Abseitsstellung, oder der Pfosten stand im Weg, oder ein Stürmer zielte nicht genau genug.
"Wir nehmen das 0:1 mit, wenn es blöd läuft, hätte es auch höher ausgehen können", sagte Thomas Müller fast schon dankbar nach dem Spiel. "Dem Gegner muss man Respekt zollen und wir müssen uns auf das Rückspiel vorbereiten." Das steigt schon nächsten Dienstag (12. April) in München.
Und natürlich ist es den Bayern zuzutrauen, den knappen Rückstand in der heimischen Arena in einen Halbfinal-Einzug umzuwandeln. "Dadurch, dass es nur 0:1 steht, lebt die Zuversicht für das Rückspiel", schaltete Nagelsmann noch in den Katakomben in Villarreal auf Angriffsmodus. Seine Mannschaft werde ein anderes Gesicht zeigen. "Weil wir es müssen, weil wir es können. Wir werden definitiv anders auftreten als heute."
Bringt Nagelsmann die Offensive auch nur annähernd so in Schwung wie beim 7:1 gegen Salzburg, wird Villarreal die vergebenen Chancen noch mehr bereuen als aktuell wohl ohnehin schon.