RB Leipzig bleibt weiter hinter den Erwartungen und langsam rückt der Trainer dabei in den Fokus. In Gladbach sitzt ein Nationalspieler nur noch auf der Bank, während der Bayern-Bezwinger-Fluch schon wieder Eintracht Frankfurt trifft.
Jesse Marsch verwässert Leipzigs Identität
Eigentlich wurde Jesse Marsch aus der Dependance in Salzburg ja auch deshalb geholt, weil der Trainer dort den ureigenen Red-Bull-Fußball spielen ließ. Mit Viererkette, zwei Sechsern, mal zwei Zehnern und zwei Angreifern davor, mal auch in der Raute im Mittelfeld. Aber immer stringent, immer aktiv, immer aggressiv im Spiel gegen den Ball.
Im Spiel gegen eine zugegeben wieder einmal bärenstarke Freiburger Mannschaft wich Marschs Mannschaft aber immer noch weiter von ihren Grundprinzipien ab und wartete am Ende förmlich auf das zweite Gegentor und damit die nächste Niederlage. Ein guter Peter Gulasci und jede Menge Glück verhinderten die vierte Pleite im achten Spiel.
So langsam zeichnet sich ab, dass Leipzig mehr als nur ein paar Anlaufschwierigkeiten hat. Wozu auch der Trainer einen großen Teil beiträgt. Marsch probiert immer mal wieder etwas Neues, geht bisweilen weg von der heiligen Viererkette. Das bringt im besten Fall Variabilität und eine gewisse Unberechenbarkeit.
Die einzigen, die tatsächlich damit wenig klarkommen, sind aber Leipzigs Spieler selbst. Denn im besten Fall erscheint zu viel Probieren als Schwäche und als fehlendes Vertrauen in die eigenen Stärken. Eine Halbzeit wie die zweite in Freiburg jedenfalls ist nun schon zu oft passiert, als dass es sich dabei um einen Ausrutscher handeln könnte. Da liegt der Fehler im System.
Union Berlin bleibt ein Mysterium
Abseits des Platzes macht sich der FC Union weiter wenige Freunde, die fragwürdige Rhetorik von Präsident Dirk Zingler in Bezug auf die Anwendung der 3G-Regel vor dem Spiel gegen Wolfsburg goss jedenfalls noch einmal ordentlich Öl ins Feuer.
Auf dem Platz bleibt Union aber eine kaum zu bezwingende Maschine. Dass die Eisernen seit jeher richtig eklig zu bespielen sind, dürfte sich herumgesprochen haben. Dass Union in dieser Saison aber kaum Torchancen benötigt, um Punkte einzufahren und mit einer ungeheuren Effizienz besticht, erreicht eine neue Qualität.
Gegen Wolfsburg schafften es die Berliner eine Halbzeit lang gar nicht, aufs gegnerische Tor zu zielen. Am Ende der Partie waren es drei Schüsse aufs Tor - und zwei davon waren drin. Unions Wert bei den so genannten Expected Goals liegt mit rund 11 im Mittelfeld der Liga, in der wahren Tabelle liegen die Berliner aber schon auf Rang fünf.
Zur fast schon traditionellen Stärke bei Standards kommt nun in Taiwo Awoniyi auch ein echter Torjäger dazu. Der hat nach seinem sechsten Saisontor jetzt schon mehr Treffer erzielt als in der gesamten letzten Saison. Awoniyi führt damit hinter den großen Drei Lewandowski, Haaland und Schick die Torjägerliste des Rests der Liga an.
Frankfurt und der anhaltende Bayern-Bezwinger-Fluch
Was haben Borussia Mönchengladbach, 1899 Hoffenheim, Mainz 05 und Eintracht Frankfurt gemeinsam? Sie sind exklusive Mitglieder im Klub der Bayern-Bezwinger, die an ihrem Überraschungscoup gegen die Übermannschaft der Liga nur kurz Freude hatten.
Die letzten sechs Bayern-Bezwinger - Frankfurt und Gladbach schafften das Kunststück zuletzt gleich doppelt - scheiterten in der Partie nach dem Bayern-Spiel daran, einen weiteren Sieg einzufahren. Frankfurt verlor nach dem Highlight sogar sein Heimspiel gegen die Hertha.
Die Eintracht hat sich blenden lassen von einem ungewöhnlichen Spiel, das mit einem unglaublichen Kevin Trapp und jeder Menge Glück gewonnen wurde. Denn verbessert hat sich im Grunde immer noch nichts. Frankfurt fällt die Transformation vom Hütter-Fußball zum Glasner-Fußball weiter unheimlich schwer.
Der neue Trainer echauffierte sich nach dem Spiel gegen Berlin furchtbar über die Nachlässigkeiten in der Offensive, der wichtigste seiner Sätze in einer langen Tirade war aber jener: "Wir müssen uns einfach besser durchsetzen, mal ein Eins-gegen-eins gewinnen, schneller spielen!"
Allerdings geht das nur, wenn die Spieler auch rechtzeitig zur Stelle sind, um Zweikämpfe zu führen. Und das ist die Eintracht viel zu selten. Die Umstellung vom immer aggressiven Nach-vorne-Verteidigen unter Hütter hin zum etwas dosierten Spiel gegen den Ball unter Hütter lässt die Spieler gefühlt immer einen kleinen Tick zögern - und dann ist es oft schon zu spät. Dann fehlt das Timing, dann fehlen die Ballgewinne und damit auch die Torchancen im Umschalten. Und ganz am Ende die Ergebnisse.
Neuhaus ist ein Opfer des Gladbacher Strukturwandels
Die letzten drei Ligaspiele von Florian Neuhaus in Zahlen: zweimal ohne Einsatz im Kader, gegen Stuttgart vier Minuten Spielzeit. Sechs Ballkontakte, vier Pässe. Das war's.
Neuhaus war Gladbachs Vielspieler der letzten Jahre, verpasste kaum eine Begegnung und findet sich jetzt trotzdem auf der Bank wieder. Stattdessen setzt Trainer Adi Hütter auf Manu Kone auf der Doppel-Sechs neben Denis Zakaria.
"Wenn ich heute das Spiel sehe, wenn man sieht, wie Manu Kone spielt - dann wissen viele, warum er spielt. Florian Neuhaus ist ein super Spieler. Ich wünsche mir, dass er sich zurückkämpft", sagte Hütter bei Sky und legte nach: "Florian hat die Leistungen nicht so gebracht, wie wir uns das vorgestellt haben - und er auch nicht."
Der Österreicher benötigt derzeit im Zentrum des Spiels für seinen Fußball körperlich robuste Spieler und da hat Kone die Nase vor dem eher feinen Neuhaus deutlich vorn. Für Neuhaus ist das eine sehr ungewohnte Situation und ein erstes Tief in seiner zuletzt rasant verlaufenen Karriere.
Van Bommels riskanter Plan mit Weghorst
Erstmals seit über einem Jahr saß Wout Weghorst nur auf der Bank. Der mit Abstand erfolgreichste Wolfsburger Angreifer der letzten Jahre "büßte" seine Ladehemmung der letzten Wochen mit einer zumindest kurzzeitigen Verbannung.
Ein gewagtes Manöver von Trainer Mark van Bommel, der sich von Lukas Nmecha an Stelle von Weghorst in Wolfsburgs Startelf mehr versprach. Was auch durchaus hätte klappen können, wenn die Gäste in Berlin eine ihrer beiden Großchancen hätten verwerten können. Besonders der Fehlschuss von Dodi Lukebakio bleibt im Gedächtnis und dessen Nichtleistung beim Verteidigen des eigenen Tores beim vorentscheidenden zweiten Berliner Treffer.
Lukebakio, der bei anderen Stationen in der Bundesliga schon durch seinen Wankelmut und eine bisweilen eher laxe Einstellung aufgefallen ist, durfte spielen. Weghorst, das Vorbild an Einsatz, Kampf und Willen aber nicht. Vielleicht wollte Van Bommel bei seinem Stürmer ein paar Reize setzen, ihn kitzeln und hofft nun auf eine entsprechende Reaktion.
Einen unzufriedenen Weghorst kann Wolfsburg derzeit aber auch nicht gebrauchen. Der schöne Saisonstart hat sich nach drei Niederlagen in Serie in einen durchwachsenen Auftakt verwandelt.