Geschäftsführer Jörg Schmadtke muss einen neuen Trainer für den VfL Wolfsburg suchen - das könnte aber gar nicht so leicht werden. Wie Bayer Leverkusens Gerardo Seoane das Spiel in Köln aus der Hand gab und warum FCA-Kapitän Jeffrey Gouweleeuw eine Denkpause bräuchte: Die Thesen zum 9. Spieltag klären auf.
Wolfsburg: Wer kann es Jörg Schmadtke recht machen?
Die sportliche Bilanz von Jörg Schmadtke in der Bundesliga ist bemerkenswert gut: Mit Hannover schaffte er fast schon sensationell den Sprung in den UEFA-Cup, gleiches gelang Jahre später mit dem 1. FC Köln. Wolfsburg führte Schmadtke als sportlich Verantwortlicher nach zwei Beinahe-Abstiegen wieder zurück nach Europa und sogar in die Königsklasse.
Aber bei jeder seiner Stationen war Jörg Schmadtke auch immer derjenige, an dem sich die Trainer aufrieben, die Probleme schleichend immer größer wurden und am Ende dann die Fußballlehrer - früher oder später - gehen mussten oder wollten. Mirko Slomka, Peter Stöger, Bruno Labbadia und zuletzt Oliver Glasner eckten bei Schmadtke an.
Glasner verabschiedete sich trotz der Teilnahme an der Königsklasse aus Wolfsburg, weil es wie davor mit Slomka, Stöger, Labbadia letztlich nur noch eine Zweck-Ehe war, die den Klub tragen sollte. Und auf Dauer ist das immer eine denkbar schlechte Basis.
Mark van Bommel war Schmadtkes Wunschlösung und ein Fehler. Auch wenn die Gründe für seine Entlassung ganz klar rein sportliche waren, bleibt auch für die anstehende Suche nach einem Nachfolger die Frage: Welcher Trainer kann es Jörg Schmadtke überhaupt recht machen? Vorerst wird jedenfalls der bisherige Co-Trainer Michael Frontzeck bei den Wölfen als Interimstrainer übernehmen.
Wie Gerardo Seoane das Spiel in Köln aus der Hand gab
Im Derby überrannte Bayer Leverkusen den 1. FC Köln in der ersten halben Stunde förmlich, hatte vier, fünf Überzahlkonter und gleich mehrere Male die Chance, die Partie schon früh zu entscheiden. Das war Bayer-Fußball in seiner reinsten Kultur und rein gar nichts deutete auf eine Wende in diesem einseitigen Spiel hin.
Spätestens Mitte der zweiten Halbzeit machte sich aber die Unerfahrenheit der Gäste bemerkbar und dass Bayer mit seiner sehr jungen Mannschaft, die zwar immer spielen und auch ein wenig zocken will, aber ein Spiel nicht killen kann, immer fahriger wurde. In der Offensive machte sich das durch zahlreiche verschlampte Konterchancen bemerkbar, in der Defensive fehlte es an hohen Balleroberungen, die Gäste zogen sich immer weiter zurück und warteten förmlich auf ihr Schicksal.
Womöglich befeuert von Trainer Gerardo Seoane und dessen Wechsel: Erst brachte Seoane die vergleichsweise unerfahrenen Amine Adli und Mitchel Bakker, dann nahm der Trainer in Florian Wirtz und Moussa Diaby beide Umschaltspieler aus dem Team und ersetzte sie durch den defensiven Mittelfeldspieler Exequiel Palacios und Innenverteidiger Edmond Tapsoba. Vielleicht war das ein falsches Signal an die eigene Mannschaft - und eine Einladung an den Gegner.
Augsburg: Gouweleeuw ist Teil des Problems
Vier Spieler sind beim FC Augsburg unumstritten, wenn sie fit sind: Rafal Gikiewicz, Niklas Dorsch, Daniel Caligiuri und Jeffrey Gouweleeuw. Der soll als Innenverteidiger Tore verhindern und als Kapitän seine Mannschaft führen. Aber in beiden Disziplinen hinkt der Niederländer seit Wochen seinem eigenen Anspruch weit hinterher.
Gouweleeuw führt seine Mannschaft nicht, er wirkt nicht (positiv) auf sie ein, wie das ein Kapitän tun sollte. Stattdessen gehört der 30-Jährige zu jenen Spielern, die schnell hadern und verbal und mit entsprechenden Gesten nicht eben für eine positive Grundstimmung sorgen. Der eine oder andere Fehler oder ein überflüssiges Foul runden das schwache Gesamtbild ab, das Gouweleeuw derzeit abgibt und damit stellvertretend steht für den FC Augsburg und seine bräsige Spielweise.
Gouweleeuws weite Diagonalbälle verpuffen so schnell wie sein Einfluss auf seine Mannschaft und bringen die spielerische Malaise der Mannschaft auf den Punkt. Jeffrey Gouweleeuw ist deshalb momentan eher ein Teil des Problems, als ein Versprechen auf eine Lösung und damit eigentlich reif für eine Denkpause auf der Bank. Das Problem: Weil Felix Uduokhai immer noch verletzt ist und zuletzt schon Mittelfeldspieler Tobias Strobl in der Abwehr aushelfen musste, hat Trainer Markus Weinzierl gar keine Alternative zu seinem schwächelnden Kapitän.
Hertha: Bobics Personalauswahl doch nicht so krumm
Wenn sich die Spieler mehrmals im Jahr auf den Weg zu ihren Nationalmannschaften machen, finden die Trainer der Bundesliga das in der Regel alles andere als amüsant. Hertha-Coach Pal Dardai aber machte aus der Not eine Tugend und nutzte die zehn Tage, um seiner völlig desorientiert agierenden Mannschaft ein paar grundsätzliche Dinge zu vermitteln. Rennen, kratzen, beißen, mehr investieren als der Gegner - dann sind auch spielerisch deutlich bessere Teams wie nun Borussia Mönchengladbach zu schlagen.
Schön oder fußballerisch wertvoll ist das zwar immer noch nicht, aber für die Mannschaft und ihren Trainer zählen mehr denn je nur die Ergebnisse. Und die passen plötzlich wieder - weil auch die Personalauswahl von Sportchef Fredi Bobic nun gar nicht mehr so krumm und schief daherkommt.
Elf Tore hat die Hertha jetzt erzielt. Und weil das nicht besonders viel ist, fällt jeder einzelne Treffer gefühlt noch mehr ins Gewicht. Da passt es ganz gut, dass acht der elf Tore bisher von Spielern erzielt wurden, die Bobic in diesem Sommer frisch nach Berlin geholt hatte.
Mainz' Stefan Bell: Wie die Wiedergeburt seines Trainers
In der abgelaufenen Saison dauerte es fast eine komplette Halbserie, bis Stefan Bell endlich wieder für Mainz auf dem Rasen stehen durfte. 15 Spiele lang wurde der Routinier von verschiedenen Trainer geflissentlich übergangen, schaffte es überhaupt nur zwei Mal in den Speiltagskader.
Dann kam Bo Svenssson zurück nach Mainz und alles wurde anders - auch für Bell. Von den 27 Bundesligaspielen absolvierte Bell seitdem 24, nur gegen die Bayern und Dortmund in der letzten Saison durfte der 30-Jährige nicht mehr ran. In dieser Saison hat Bell alle neun Saisonspiele von Beginn an absolviert. Als mittleres Glied der Dreierkette wurde Bell vom Auslaufmodell zum Organisator der Abwehr und Stabilisator der ganzen Mannschaft.
Der Spieler ist etwas überspitzt formuliert das, was Svensson in seiner Zeit als Spieler für die jeweiligen Trainer war: Der verlängerte Arm, ein erster Ansprechpartner - und derzeit der heimliche Star einer stabilisierten Mainzer Mannschaft.
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