Bereits vor dem Aufbruch in das Trainingslager in China hat Schalke-Sportvorstand Christian Heidel fünf königsblaue Neuverpflichtungen unter Vertrag genommen und die S04-Kaderplanung damit nahezu abgeschlossen. Für teilweise deutlich unter den Marktwerten liegende Ablösesummen darf sich der Vizemeister über einen deutlichen Zuwachs an Qualität freuen.
Hätte Christian Heidel und Trainer Domenico Tedesco nicht am Vortag die Meldung von Amine Harits Autounfall in der marokkanischen Heimat erreicht, hätte auf der Pressekonferenz zum Trainingsstart am 1. Juli vermutlich eine noch größere Tiefenentspannheit als ohnehin bei den beiden Verantwortungsträgern schon geherrscht.
"Stand heute planen wir keine weiteren Zugänge. Wir haben bereits sehr früh vorgearbeitet", erklärte Heidel die königsblauen Transferpläne quasi für beendet, obwohl das Wechselfenster mit dem 1. Juli gerade erst offiziell geöffnet hatte. Da die Wechselperiode noch bis 31. August laufe, wisse man aber natürlich nie "was noch passiert. Wie immer halten wir die Augen und Ohren offen."
Sollten die Knappen aber nicht noch millionenschwere Einnahmen für abwanderungswillige Spieler erhalten, geht die Mannschaft wohl tatsächlich ohne weiteren Neuzugang in die Spielzeit 2018/19. Mit aller Ruhe und ohne jeglichen Handlungsdruck werden die beiden Schalker Verantwortlichen das Gebaren auf dem sommerlichen Spielerbasar verfolgen können.
Mit Salif Sane, Omar Mascarell, Mark Uth, Suat Serdar und Steven Skrzybski gelangen Heidel für vergleichsweise überschaubare 31,5 Millionen Euro noch vor Trainingsstart gleich mehrere viel beachtete Transfercoups, die sicherlich auch manch einen der Konkurrenten um das internationale Geschäft aufhorchen ließen.
Vor allem Serdar und Skrzybski rechtfertigten beim 3:3-Remis im Testspiel gegen den FC Southampton mit ihren Premierentreffern direkt die Schalker Unaufgeregtheit auf dem bis Ende August geöffneten Transfermarkt.
"Dass es mit Neuverpflichtungen so gut läuft, und auch, dass sie bereits beim Trainingsstart feststehen, habe ich bisher noch nicht allzu häufig erlebt", zeigte sich Heidel vor dem Abflug nach China fast schon überrascht von seinem eigenen erfolgreichen Wirken und der frühzeitigen Realisierung der Schalker Transferpläne.
Schalkes Neuzugänge zur Saison 2018/19 im Überblick
Spieler | Position | kommt von | Ablösesumme in Mio. Euro |
Salif Sane | Abwehr | Hannover 96 | 7 |
Benedikt Höwedes | Abwehr | Juventus Turin (Leih-Ende) | - |
Omar Mascarell | Mittelfeld | Real Madrid | 10 |
Suat Serdar | Mittelfeld | 1. FSV Mainz 05 | 11 |
Johannes Geis | Mittelfeld | FC Sevilla (Leih-Ende) | - |
Mark Uth | Angriff | TSG 1899 Hoffenheim | ablösefrei |
Steven Skrzybski | Angriff | Union Berlin | 3,5 |
Trotz der ablösefreien Abgänge von Leon Goretzka und Max Meyer, die keine millionenschweren Einnahmen in die Vereinskasse spülten wie noch vor zwei Jahren der Verkauf von Leroy Sane, konnte Schalke durch die frühzeitige Planung die Qualität in der Spitze des Kaders nochmals deutlich anheben.
Abwehr: Sane als zweiter Naldo?
- Neuzugang: Salif Sane (für sieben Millionen von Hannover 96), Benedikt Höwedes (Leih-Ende)
- Abgang: Coke (für 1,5 Millionen Euro zu UD Levante)
- möglicher Abgang: Benedikt Höwedes
Rund einen Monat vor dem Ende der Bundesligaspielzeit 2017/18 gab Schalke die Verpflichtung von Hannovers Salif Sane bekannt. Dank einer festgeschriebenen Ausstiegsklausel mussten die Gelsenkirchener für den flexibel einsetzbaren Defensivspieler lediglich kolportierte sieben Millionen Euro nach Niedersachsen überweisen.
"Wir haben mit Salif Sane, zumindest nach Quote, den zweitbesten Zweikämpfer der Bundesliga - der beste war Naldo", stellte Heidel die Qualitäten des Neuzugangs heraus.
Tatsächlich liegt der Mainzer Alexander Hack laut opta-Daten mit einer Quote von 71,43 Prozent gewonnenen Zweikämpfen noch zwischen den beiden Schalkern. Dennoch darf sich Heidel zu Recht auf einen unbestreitbaren Qualitätszuwachs für die ohnehin schon starke Abwehrreihe freuen, welche in der letzten Saison mit 37 Gegentreffern die drittwenigsten aller Bundesligisten zuließ.
Mit dem Senegalesen erhält Schalke neben Abwehrchef Naldo einen weiteren Abwehrakteur, welcher vor allem in der Luft nahezu unüberwindbar scheint und im Verbund mit dem torgefährlichen Brasilianer eine weitere Waffe bei eigenen Standards darstellen könnte. Sollte sich der 35-jährige Brasilianer zudem tatsächlich langsam auf seinen Karriereabend zubewegen, stünde mit Sane gleich ein passender Nachfolger mit ähnlichen Qualitäten zur Verfügung.
Bis dahin dürften aber beide Akteure in der königsblauen Abwehrzentrale gesetzt sein, wobei Sane dank seiner Vielseitigkeit auch als Abräumer im Mittelfeld eingesetzt werden kann. Einzig Sanes verlängerter Urlaub nach dessen WM-Teilnahme mit dem Senegal steht einer raschen Integration in Schalkes Abwehrverbund im Weg.
Sollte Tedesco die zuletzt favorisierte Dreierkette weiter bevorzugen, wäre an der Seite von Naldo und Sane ein weiterer Abwehrplatz zu vergeben. Ex-Kapitän Benedikt Höwedes wird diese Position nach seiner Rückkehr von einer einjährigen Ausleihe zu Juventus Turin aber kaum zugesprochen werden.
"Mit Sane haben wir noch einen Spieler auf der Position verpflichtet, das macht es für Benni nicht leichter", wollte Tedesco dem Weltmeister von 2014 direkt zum Trainingsstart keine falschen Hoffnungen machen. Aufgrund der geringen Einsatzchancen trat Höwedes die Vorbereitungstour nach China gar nicht erst an, um sich stattdessen nach einem neuen Arbeitgeber umzusehen. Hannover 96 und Galatasaray sollen Interesse an einer Verpflichtung signalisiert haben.
Schalkes Abwehrspieler zum Vorbereitungsstart
Spieler | im Profikader seit | Vertrag bis |
Thilo Kehrer | 2015/16 | Juni 2019 |
Salif Sane | 2018/19 | Juni 2022 |
Matija Nastasic | 2015/16 | Juni 2022 |
Benedikt Höwedes | 2007/08 | Juni 2020 |
Benjamin Stambouli | 2016/17 | Juni 2020 |
Pablo Insua | 2017/18 | Juni 2021 |
Naldo | 2016/17 | Juni 2019 |
Abdul Rahman Baba | 2017/18 | Juni 2019 |
Bastian Oczipka | 2017/18 | Juni 2020 |
Sascha Riether | 2017/18 | Juni 2019 |
Ähnlich geringe Chancen auf regelmäßige Einsätze in der Abwehrkette dürfte Pablo Insua besitzen, der erst im vergangenen Sommer von Deportivo La Coruna nach Gelsenkrichen kam.
Aufgrund einer langwierigen Herzbeutelentzündung kam der Verteidiger in der vergangenen Saison nur zu 26 Minuten Einsatzzeit und startet hinter Naldo, Sane, Thilo Kehrer, dem verletzten Matija Nastasic und dem umfunktionierten Benjamin Stambouli als Innenverteidiger Nummer sechs in die Saison. Bei einem entsprechenden Angebot würden die Knappen dem Spanier eine Luftveränderung wohl nicht streitig machen.
Deutlich weiter hinsichtlich seiner Zukunftsplanung ist hingegen Rechtsverteidiger Coke, der sich nach einer halbjährigen Ausleihe zu UD Levante bis 2022 an den spanischen Erstligisten band. Einem Bericht der Marca zu Folge fließen für den ebenfalls lange verletzten Coke rund 1,5 Millionen Euro nach Gelsenkirchen.
Mittelfeld: Neues Duo als Ersatz für Meyer/Goretzka
- Zugänge: Omar Mascarell (für zehn Millionen von Real Madrid), Suat Serdar (für elf Millionen vom FSV Mainz 05), Johannes Geis (Leih-Ende)
- Abgänge: Leon Goretzka (ablösefrei zum FC Bayern), Max Meyer (ablösefrei, Ziel unbekannt)
- mögliche Abgänge: Johannes Geis
Mit den ablösefreien Abgängen von Leon Goretzka und Max Meyer hatte Schalke im Mittelfeldzentrum den größten Aderlass zu verkraften, welcher durch die Verpflichtungen von Omar Mascarell und Suat Serdar aufgefangen werden soll.
Vor allem mit dem Zugang des Ex-Frankfurters setzte Heidel ein echtes Ausrufezeichen und drehte einigen namhaften Konkurrenten eine lange Nase.
Zugute kam Schalke sicherlich, dass Real Madrid die Transferrechte an dem ballsicheren Spanier innehatte und Mascarell für deutlich unter dem Marktwert liegende zehn Millionen Euro veräußerte. Eine Summe, bei der Frankfurts Fredi Bobic angesichts Mascarells exponierten Stellenwert im Frankfurter Spiel wohl nicht einmal mit der Wimper gezuckt hätte.
gettyMascarell ist als neuer Fixpunkt und Herzstück des Schalker Spiels vorgesehen und dürfte in die Fußstapfen von Meyer treten, der vor seiner Degradierung aufgrund des Vertragsstreits aus der defensiven Mittelfeldzentrale heraus das königsblaue Aufbauspiel lenkte. Noch mehr als Meyer nach dessen Umschulung weiß Mascarell sich zudem im defensiven Zweikampf zu behaupten und kann dem Gegner auf dem Weg in den königsblauen Strafraum auch mal unsanft ein Stop-Schild setzen.
Aus seiner Frankfurter Zeit sind Mascarell zudem die beiden ihm zugedachten Rollen als alleiniger Sechser im 3-3-2-2 oder mit einem offensiveren Partner auf der Doppelsechs im 3-4-3 bestens vertraut.
Noch eine Million mehr als den Ex-Frankfurter ließ sich Schalke die Dienste von Suat Serdar kosten, der mit elf Millionen Euro bislang der kostspieligste Neuzugang des Sommers ist. Wie bei Sane zog S04 auch bei dem U21-Nationalspieler die Ausstiegsklausel, wobei Heidel hier sicherlich auch von seiner eigenen Mainzer Vergangenheit profitierte.
Anders als bei Sane oder Mascarell, die beide als sofortige Leistungsträger vorgesehen sind, wird Serdar angesichts seiner 21 Jahre zunächst eine gewisse Eingewöhnungszeit eingestanden. "Er ist ein junger Spieler, wo wir glauben, wo Domenico glaubt, dass der noch lange nicht da ist, wo er hinkommen kann", stellte Heidel die Entwicklungsmöglichkeit Serdars als entscheidendes Kriterium für den Transfer heraus. Tedesco werde den Spieler besser machen und entwickeln, ist sich Heidel sicher.
Gegen Southampton deutete Serdar an der Seite von Mascarell gleich an, dass die Eingewöhnungszeit kürzer als gedacht ausfallen könnte und erntete vom Trainer ein Extralob. Realistisch betrachtet wird Serdar indes, ähnlich wie der abgewanderte Goretzka zu seiner Anfangszeit bei S04, erst mit der Zeit in eine tragende Rolle im königsblauen Mittelfeld hineinwachsen müssen.
Hinter dem wohl gesetzten Nabil Bentaleb werden die Vereinsverantwortlichen aber ähnlich wie auch beim 19-jährigen Weston McKennie beim Mainzer Neuzugang die notwendige Geduld mitbringen.
Schalkes Mittelfeldspieler zum Vorbereitungsstart
Spieler | im Verein seit | Vertrag bis |
Nabil Bentaleb | 2017/18 | Juni 2021 |
Omas Mascarell | 2018/19 | Juni 2022 |
Johannes Geis | 2015/16 | Juni 2019 |
Suat Serdar | 2018/19 | Juni 2022 |
Weston McKennie | 2017/18 | Juni 2022 |
Daniel Caliguiri | 2016/17 | Juni 2020 |
Alessandro Schöpf | 2015/16 | Juni 2021 |
Amine Harit | 2017/18 | Juni 2021 |
Unklar erscheint dagegen, wie viel Geduld Johannes Geis noch entgegengebracht wird, der von seiner Leihe zum FC Sevilla zurückgekehrt ist. Im Gegensatz zu Höwedes darf sich Geis aber im chinesischen Trainingslager beweisen und scheint den Konkurrenzkampf annehmen zu wollen.
Sowohl ein Verbleib als Rotationsspieler in der dünn besetzten Mittelfeldzentrale als auch ein endgültiger Wechsel des Ex-Mainzers bis Ende August scheinen denkbar.
Angriff: Mehr Variabilität mit Uth?
- Zugänge: Mark Uth (ablösefrei von der TSG Hoffenheim), Steven Skrzybski (für 3,5 Millionen von Union Berlin)
- Abgang: Marko Pjaca (Leih-Ende)
- möglicher Abgang: Franco Di Santo
Weit vor den Verpflichtungen von Mascarell oder Sane fädelte Heidel bereits im Januar seinen neben Mascarell wohl größten Erfolg auf der Suche nach Verstärkungen für den Champions-League-Teilnehmer ein. Hoffenheims Mark Uth entschied sich noch vor Beginn der Rückrunde 2017/18, sich ablösefrei dem S04 anzuschließen.
Uth kommt mit 14 Treffern und acht Vorlagen als zweitbester deutscher Scorer der abgelaufenen Saison in die Veltins-Arena und soll das gelegentlich uninspiriert wirkende Schalker Angriffsspiel entscheidend beleben.
In der vergangenen Saison verzeichnete Schalke trotz des Vizemeistertitels mit 53 Treffern lediglich die sechsmeisten Treffer, hinter Stürmer Guido Burgstaller folgte bereits Innenverteidiger Naldo mit sieben Treffern auf dem zweiten Platz der internen Torschützenliste.
Mit dem laut Heidel "vielleicht umworbensten deutschen Spieler (...), der auf dem Markt zu haben war", erhält Schalke nun an der Seite von Burgstaller einen zweiten verlässlichen Torschützen.
gettyAuch dank seiner Vielseitigkeit soll Uth eine neue, zuvor oftmals vermisste Variabilität in das Schalker Angriffsspiel bringen. Der gebürtige Kölner findet sich sowohl auf dem offensiven Flügel, als hängende Spitze wie auch als zentraler Stoßstürmer zu Recht und dürfte damit in den von Tedesco präferierten 3-3-2-2- und 3-4-3-Anordnungen seinen festen Platz finden.
Eher als Investition in die Breite des Kaders können dagegen die 3,5 Millionen Euro aufgefasst werden, die Heidel für Steven Skrzybski an Union Berlin überwies.
Ähnlich wie Winterneuzugang Cedric Teuchert wird sich der Ex-Eiserne über gelegentliche Teilzeiteinsätze für höhere Aufgaben empfehlen müssen und kann ohne großen Druck seinen Traum von der Bundesliga verwirklichen.
Gewiss werden die Schalker Verantwortlichen aber auch nichts dagegen haben, wenn Skrzybski eine ähnliche schnelle Akklimatisierung an die höhere Spielklasse gelingt wie einst Burgstaller oder Alessandro Schöpf. Die beiden ehemaligen Nürnberger etablierten sich nach ihren Wechseln aus der 2. Liga in kürzester Zeit in der Stammelf.
In dieser dürfte Franco Di Santo in Zukunft eher nicht mehr auftauchen. In der vergangenen Saison kam der Argentinier zwar trotz durchwachsener Leistungen und überschaubarer drei Treffer noch zu 30 Ligaeinsätzen, doch nach den Neuverpflichtungen im Offensivbereich dürfte Di Santos Stellenwert bei Tedesco deutlich gesunken sein.
Schalkes Angreifer zum Vorbereitungsstart
Spieler | im Verein seit | Vertrag bis |
Yevhen Konoplyanka | 2017/18 | Juni 2020 |
Steven Skrzybski | 2018/19 | Juni 2021 |
Bernard Tekpetey | 2016/17 | Juni 2020 |
Donis Avdijaj | 2014/15 | Juni 2019 |
Mark Uth | 2018/19 | Juni 2022 |
Breel Embolo | 2016/17 | Juni 2021 |
Guido Burgstaller | 2016/17 | Juni 2020 |
Franco Di Santo | 2015/16 | Juni 2019 |
Cedric Teuchert | 2017/18 | Juni 2021 |
Haji Wright | 2017/18 | Juni 2020 |
Da der 30-Jährige zudem zu den Großverdienern im Kader zählt, wäre Schalke einem Abgang dem Vernehmen nach nicht abgeneigt. Zuletzt brachte Globo Esporte den FC Santos als möglichen neuen Arbeitgeber des ehemaligen Nationalspielers ins Gespräch.
Bereits Gelsenkirchen den Rücken gekehrt hat Marko Pjaca, der trotz vielversprechender Ansätze während seiner halbjährigen Ausleihe von Juventus Turin nicht über den Status des Ersatzspielers hinaus kam.