Der THW Kiel hat die erste titellose Saison seit 13 Jahren hinter sich. Entsprechend hungrig sind die Zebras darauf, den Trophäenschrank wieder aufzufüllen. Im Interview mit SPOX spricht Geschäftsführer Thorsten Storm über den Umbruch, erlittene Schmerzen und die Personalie Aron Palmarsson. Zudem schiebt der 51-Jährige der SG Flensburg-Handewitt die Favoritenrolle in die Schuhe.
SPOX: Herr Storm, in der Liga hat der THW bei vier Siegen eine überraschende Niederlage in Wetzlar kassiert, in der Champions League gelang zum Auftakt ein Sieg gegen Paris. Wie fällt bislang Ihr Fazit aus?
Thorsten Storm: Wir haben vier junge, neue Spieler und einen alten Rückkehrer mit Christian Zeitz im Team. Wir hatten durch Olympia nur eine einzige Woche Zeit, im Training zusammenzufinden. Also war uns allen klar, dass es am Anfang schwierig werden wird. Wir hatten alleine neun Spieler in Rio im Einsatz. Unsere Mannschaft ist aber top besetzt, und ich bin mir sicher, dass wir alle gemeinsam auf dem richtigen Weg sind.
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SPOX: Lassen Sie uns kurz einen Blick in die Vergangenheit werfen. Wie sehr hat die erste Saison ohne Titel seit 13 Jahren das Selbstverständnis des THW gestört?
Storm: Kurzfristig tut das immer weh, das ist doch klar. Ansonsten wäre man im Sport doch auch verkehrt. Nur muss man sehen, dass es in den vergangenen drei Jahren doch auch schon knapp war. Nun waren andere eben einmal besser. Nach den vielen Titeln der letzten Jahre war das ungewohnt, aber es gab auch Gründe dafür. Das Verletzungspech war zum Beispiel enorm. Trotzdem muss dieser Schmerz anspornen und dazu führen, dass wir noch kreativer, aggressiver und egoistischer mit den Zielen des THW Kiel umgehen. Mittel- und langfristig wird der THW wieder seine sportlichen Ziele erreichen.
SPOX: Kann man - wenn man die Transferpolitik im Sommer berücksichtigt - von einem Umbruch oder Kurswechsel sprechen? Insofern, dass mit jungen Spielern wieder ein Stück mehr Hunger ins Team geholt wurde?
Storm: Wir sind im Prinzip im zweiten Jahr unseres großen Umbruchs, haben jetzt eine Mannschaft für die Zukunft, die wir nun formen und zusammenhalten wollen. Mittlerweile haben wir gut 60 Prozent deutsche Spieler im Kader, was sicher auch der Nationalmannschaft helfen wird. Andere Vereine werden diesen Umbruch noch vor sich haben, deswegen sehe ich uns sehr gut aufgestellt.
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SPOX: Was erwarten Sie von den Youngsters Nikola Bilyk und Lukas Nilsson, die als absolute Top-Talente gelten?
Storm: Alle, die jetzt in Kiel sind, sind heiß darauf, hier zu spielen. Sie alle wollen in Kiel Titel gewinnen. Andreas Wolff, Raul Santos, Nikola Bilyk oder Lukas Nilsson - diese Spieler haben alle noch zehn oder 15 Jahre Handball vor sich und spielen bereits heute auf einem sehr hohen Niveau. Wir haben uns rechtzeitig für sie entschieden und die Jungs für den THW.
SPOX: Alfred Gislason spricht von der Hoffnung, mit der Zeit ein ähnlich charakterstarkes Team wie damals mit Stefan Lövgren, Marcus Ahlm, Filip Jicha und Thierry Omeyer zu haben. Sehen Sie das genauso und was ist für das Gelingen dieses Vorhabens entscheidend?
Storm: Eine harmonierende Mannschaft organisiert man nicht von heute auf morgen. Da steckt für unsere Trainer viel, viel Arbeit drin. Dass Alfred diesen Weg mit jungen Talenten geht, ist klasse. Tolle, passende Spieler muss man erst finden. Nochmal: Die Spieler, die wir jetzt haben, haben sich ganz bewusst für den THW Kiel und eine Stadt entschieden, in der der Handball gelebt wird.
SPOX: Sie haben bereits angekündigt, dass der THW wieder Titel holen wird. Wer ist aus dem Trio Flensburg, den Rhein-Neckar Löwen und Kiel der Topfavorit auf die Meisterschaft und trauen Sie auch den Füchsen zu, ganz vorne mit reinzustoßen?
Storm: Die Flensburger waren schon im vergangenen Jahr mit ihrer eingespielten Mannschaft der große Titelfavorit. Das hat sich nicht geändert. Es wird ein Dreikampf mit den Flensburgern, den Löwen und uns, in den weitere Mannschaften - wie die Füchse - entscheidend eingreifen können.
SPOX: Was müsste passieren, damit Sie die Saison als Erfolg verbuchen?
Storm: Wir haben unsere Ziele, und die sind in jedem Jahr die gleichen: Wir wollen Deutscher Meister werden und im Pokal und in der Champions League das Final Four erreichen. Ich bin mir sicher, wenn uns nun nicht noch einmal eine solche Verletzungs-Seuche wie in der vergangenen Saison ereilt, dann werden wir im zweiten Jahr unseres Umbruchs sehr viel Freude an dieser Mannschaft haben.
SPOX: Zu der womöglich noch Aron Palmarsson stoßen könnte. Seit Monaten gibt es Gerüchte um diese Personalie. Was ist denn nun der Stand der Dinge?
Storm: Natürlich würde Aron Palmarsson jeder Mannschaft der Welt helfen, auch dem THW Kiel. Fakt ist aber auch, dass er und sein damaliges Umfeld sich für einen Drei-Jahres-Vertrag in Veszprem entschieden haben. Klar ist aber auch: Wenn er zurück will, würden wir ihn natürlich nehmen! Das weiß Aron auch.
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