Nach dem Gewinn ihres 18. Meistertitels wollen die Handballer des THW Kiel als erste deutsche Mannschaft das Triple verteidigen. Doch das beste Vereinsteam der Welt droht seine Vorherrschaft zu verlieren.
Partymuffel Alfred Gislason schaute seinen Spielern eine Weile zu, dann verschwand er mit Taktiktafel unterm Arm in den Katakomben. "Es war wichtig, den Titel jetzt schon zu holen, um etwas mehr Vorbereitungszeit auf Köln zu haben", sagte - oder eher grummelte - der erfolgsbesessene Trainer des THW Kiel.
Dass seine Mannschaft gerade die achte Meisterschaft in den vergangenen neun Jahren gewonnen hatte, war für den perfektionistischen Isländer kein Anlass für ausgelassene Jubelstürme. Der "Matthias Sammer von der Förde" machte mit seinem Verhalten unmissverständlich klar, dass seine Mission mit dem Gewinn des achten Doubles der Vereinsgeschichte noch nicht beendet ist. Beim Final Four der Champions League Anfang Juni in Köln soll erneut das Triple her.
Meisterfeiern als Routine
Natürlich wurde der 15. Meistertitel der letzten 20 Jahre in der Kieler Arena ausgiebig gefeiert. Die Spieler besudelten sich mit Bier, vom Hallendach regnete es Konfetti, die Fans stimmten die üblichen Erfolgshymnen an. Doch eine gewisse Routine überschattete den Kieler Meisterzauber. Keine 30 Minuten nach dem Schlusspfiff der Partie gegen die chancenlosen Rhein-Neckar Löwen (31:25) war die Halle leergefegt.
"Wir sind noch nicht fertig", sagte Klaus Ellwardt nüchtern. Auch der THW-Geschäftsführer machte keinen Hehl daraus, dass die Kieler vor dem bevorstehenden Umbruch im Sommer noch einmal alles abräumen wollen. Die erfolgreiche Verteidigung der Meisterschale war da nur ein fest eingeplanter Zwischenstopp. "Es wäre großartig, die Leute mit einem Titel in Köln zu verabschieden", sagte Gislason.
"Konkurrenz schadet nicht"
Der 53 Jahre alte Tüftler weiß, dass den Kielern das Ende ihrer Vormachtstellung im Welthandball droht. Kapitän Marcus Ahlm, Welthandballer Daniel Narcisse, Torhüter Thierry Omeyer und Rückraum-Riese Momir Ilic, vier absolute Leistungsträger, werden den Klub am Saisonende verlassen.
"Das ist eine Chance für die Liga. Die Konkurrenz wird deutlich größer sein als zuletzt", sagte Bundestrainer Martin Heuberger dem "SID": "Aber man hat auch im Fußball gesehen, dass den Bayern die Dortmunder Konkurrenz nicht geschadet hat." Im Gegensatz zur vergangenen Serie, als der THW ohne Minuspunkt durch die Liga spazierte, gab es auch in der aktuellen Spielzeit schon ein paar "Schönheitsfehler" zu bemängeln. So hielten insbesondere die Löwen das Rennen um den Titel lange Zeit spannend, doch die Kieler Dominanz konnten sie am Ende nicht brechen.
Knüppelharte Saison
Gislason rechnet mit einer neuen Situation. "Ich weiß, dass eine sehr schwierige Saison auf uns zukommt. Deswegen war es wichtig, Meister zu werden. Das wird knüppelhart nächste Saison. Es wird noch enger zugehen als zuletzt", sagte der Kieler Meistermacher.
Doch vorher plant der THW noch den ganz großen Coup in Köln. "Es ist gut, jetzt schon Meister zu sein, so können wir uns konzentriert auf das Final Four vorbereiten", sagte Torwart Omeyer, "das ist der schönste, aber auch der schwierigste Titel. Wir fahren dahin, um zu gewinnen."
Im Halbfinale des Final Four der Königsklasse trifft Kiel Anfang Juni auf den HSV Hamburg. Den DHB-Pokal hatte der THW bereits im April gewonnen. Bei der offiziellen Saisonabschlussfeier am 8. Juni auf dem Kieler Rathausplatz sollen den Kieler Fans jedenfalls nicht nur die Meisterschale und der DHB-Pokal präsentiert werden. Vielleicht wird Partymuffel Gislason dann ja auch zum Feierbiest.
Die Tabelle der HBL
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