Handball-WM - DHB vs. Frankreich: SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen

Felix Götz
15. Januar 201917:08
Deutschland bekommt es am Dienstagabend mit Frankreich zu tun.getty
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Im WM-Knaller zwischen Deutschland und Frankreich (20.30 Uhr im LIVETICKER) geht es für das DHB-Team um sehr viel. Was ist mit Nikola Karabatic? Wie ist die Ausgangslage? Und was könnte sich personell ändern?

SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen vor dem womöglich vorentscheidenden Spiel.

1. Warum spielt Nikola Karabatic nicht?

Der Eiertanz um einen möglichen Einsatz von Nikola Karabatic gegen das DHB-Team zog sich bis zur letzten Minute hin.

"Ganz einfache Antwort: Das wissen wir am Dienstagmorgen", sagte der französische Nationaltrainer Didier Dinart am späten Montagabend auf die Frage, ob der Superstar denn nun im Kader stehen wird oder nicht?

Viele deutsche und französische Journalisten dachten, dass der französische Verband am Dienstagmorgen fristgerecht die Änderung im Kader beim Weltverband IHF einreichen würde - doch es geschah nichts.

"Wir waren alle heute Morgen um 8 Uhr wach und haben auf die Mail gewartet, dass Karabatic spielt", sagte ein französischer Kollege: "Doch die ganze Aufregung war umsonst."

Psychologische Kriegsführung der Franzosen

Womöglich wollten die Franzosen die deutsche Mannschaft möglichst lange im Unklaren lassen, um die Vorbereitung von Bundestrainer Christian Prokop zu stören. Denkbar, dass es sich dabei um eine Art psychologische Kriegsführung handelt.

Theoretisch hätte Karabatic nämlich wohl spielen können. "So wie wir das bislang gesehen haben, ist er fit und bereit", sagte der frühere Hamburger Guillaume Gille, der gemeinsam mit Dinart den amtierenden Weltmeister betreut: "Wir wissen nur noch nicht genau, wann wir ihn einsetzen werden."

Im weiteren Verlauf der WM wird der Spielmacher von Paris Saint-Germain also sehr wahrscheinlich noch zum Einsatz kommen und damit nach drei Monaten sein Comeback auf dem Spielfeld geben. Dabei war noch im Oktober vom Verband Karabatic' WM-Aus verkündet worden. Er hatte sich aufgrund einer schmerzhaften Schiefstellung des großen Zehs einer Operation unterziehen müssen.

2. Um was geht es in diesem Spiel für das DHB-Team?

Schon vor der WM war klar, dass das Spiel gegen Frankreich im Kampf um das Halbfinale ein ganz wichtiges sein würde. Der Grund: Jedes Team nimmt nur die Punkte mit in die Hauptrunde, die es gegen Mannschaften holt, die ebenfalls in die nächste Runde einziehen.

Um in den drei Hauptrundenspielen eine realistische Chance auf den Einzug ins Halbfinale zu haben, sollte man also mindestens zwei Zähler mitnehmen, besser drei oder vier. Davon hängt je nach Konstellation ab, ob man in der Hauptrunde, in der es gegen Europameister Spanien, Kroatien und Mazedonien oder Island gehen würde, zwei oder gar alle drei Partien gewinnen muss.

Für Deutschland hat sich die Situation durch das 22:22 gegen Russland deutlich verschlechtert - zumindest bis zum Dienstagnachmittag. Denn dann schlug Brasilien die Russen mit 25:23 und half damit den Deutschen extrem weiter. Sollten die Südamerikaner auch ihr letztes Match gegen Korea gewinnen, wären sie weiter. Das DHB-Team könnte sich damit - wenn das letzte Spiel gegen Serbien gewonnen wird - sogar eine Pleite gegen Frankreich erlauben und würde trotzdem mit zwei Zählern in die Hauptrunde einziehen.

Handball-WM: Die Tabelle der Gruppe A mit Deutschland

PlatzTeamTorePunkte
1Frankreich90:666
2Deutschland86:625
3Russland86:794
4Brasilien67:802
5Serbien73:861
6Korea69:980

Gegen Frankreich muss mindestens ein Punkt her

Das DHB-Team sollte gegen Frankreich natürlich dennoch mindestens einen, besser zwei Zähler holen. In diesem Fall wäre die Ausgangslage plötzlich wieder sehr gut.

Allerdings gibt es noch eine Möglichkeit, an die man gar nicht denken möchte. Deutschland könnte bei Pleiten gegen Frankreich und Serbien im eigenen Land die Hauptrunde sogar noch komplett verpassen. Das wäre ohne Zweifel das schlimmste Desaster in der Geschichte des deutschen Handballs.

3. Wie kann Deutschland die Franzosen schlagen?

"Wir müssen mit viel Biss, mit viel Einsatz und mit viel Leidenschaft spielen", sagte Prokop vor dem Spiel gegen Frankreich. Das ist die Basis, um gegen den Champion etwas ausrichten zu können.

Ein Muss ist außerdem das funktionierende Zusammenspiel aus Abwehr und Torhüter. Andreas Wolff oder Silvio Heinevetter brauchen einen Sahnetag, zudem müssen Patrick Wiencek, Hendrik Pekeler und Finn Lemke im Mittelblock Beton anrühren.

Vor der deutschen Abwehr, die in den vergangenen Wochen meistens stark gespielt hat, haben die Franzosen Respekt. "Wir müssen uns etwas gegen diese großen und beweglichen Spieler in der deutschen Deckung einfallen lassen", meinte beispielsweise Kentin Mahe, der 18 Jahre lang in Deutschland gespielt hat.

DHB-Team mit schwacher Chancenverwertung

Der wahrscheinlich wichtigste Punkt ist ein Problem, das sich wie ein roter Faden durch die Vorbereitung und die ersten drei WM-Spiele gezogen hat. Das DHB-Team lässt zu viele Möglichkeiten aus, die Chancenverwertung reicht momentan nicht, um gegen absolute Topnationen zu bestehen.

Grundsätzlich gilt: Einen Totalausfall darf sich der Europameister von 2016 auf keiner Position erlauben. Kommen aber wenigstens die meisten Akteure nah an ihr höchstes Leistungsvermögen ran, ist ein Sieg drin. Schließlich hat auch Frankreich zuletzt - beispielsweise gegen Brasilien oder Korea - nicht immer überzeugt.

4. Was könnte Prokop verändern?

"Wir müssen uns taktisch ein paar Sachen anders überlegen", kündigte Prokop direkt nach dem Remis gegen die Russen an. Wahrscheinlich ist, dass der gegen Russland schwache Martin Strobel diesmal keine ganz große Rolle spielen wird.

Fabian Wiede und Paul Drux kommen für den Spielaufbau in Frage. Womöglich versucht es der Bundestrainer größtenteils mit Drux oder Steffen Fäth im linken Rückraum, Wiede auf der Mitte und Steffen Weinhold im rechten Rückraum. Vom Einzelkönnen her ist dieses Quartett das Beste, was der DHB-Rückraum aktuell hergibt.

Bekommt Lemke mehr Spielanteile?

Am Kreis könnte Jannik Kohlbacher eine größere Rolle als bislang spielen. Der 23-Jährige von den Rhein-Neckar Löwen sollte mit seinem massiven Körper in der Lage sein, Lücken in die französische Deckung zu reißen.

Eine weitere Änderung könnte es im Mittelblock geben, zumindest mehr Wechsel. Wahrscheinlich werden Wiencek und Pekeler starten. Lemke, der gegen Russland überhaupt nicht zum Zug kam, dürfte aber auch seine Chance erhalten.

5. Warum spielt Silvio Heinevetter bislang nicht?

Zunächst einmal fällt auf, dass Prokop auf allen Positionen bisher insgesamt weit weniger wechselt, als er das bei der EM in Kroatien getan hat. Und das ist grundsätzlich auch erst einmal gut so.

Im vergangenen Jahr verzieh der Bundestrainer seinen Spielern kaum einen Fehler. Warf beispielsweise Fäth zwei Fahrkarten, konnte er sich sicher sein, sofort wieder auf der Bank zu landen. Diese Vorgehensweise führte in manchen Partien zu einem wilden Dauerrotieren und zu Verunsicherung bei den Spielern.

Heinevetter trotz Glanzleistungen außen vor

Nun aber zu Torhüter Silvio Heinevetter. Der Berliner kommt in erster Linie deshalb bislang kaum zum Zug, weil Prokop sich vor der WM klar für Andreas Wolff als Nummer 1 ausgesprochen hat und dieser auch gute Leistungen zeigt.

Allerdings hatte auch Wolff schon längere Phasen, in denen er kaum einen Ball zu packen bekam. Da der Kieler vor Selbstbewusstsein nur so strotzt und deshalb ein paar Minuten auf der Bank mental locker verkraften würde, und gleichzeitig Heinevetter im Dezember grandios hielt (Spieler des Monats in der HBL), könnte man durchaus über mehr Einsatzzeiten für Heinevetter nachdenken.

Sicher ist: Sollte Wolff gegen Frankreich nicht von Beginn an im Spiel drin sein, wird der Füchse-Keeper seine Chance bekommen.