Auch das vierte Rennen bringt eine Heldengeschichte: Hannes Aigner hat die märchenhaften Tage der deutschen Slalom-Kanuten in Tokio mit einem weiteren Höhepunkt abgeschlossen. Der Olympiadritte von London drehte nach schwachem Start im unteren Streckenabschnitt noch auf, holte Bronze im Kajak - und wird wie Ricarda Funk, Sideris Tasiadis und Andrea Herzog mit einer Medaille nach Hause fliegen.
In den Minuten vor seinem Bronze-Ritt spielte bei Hannes Aigner plötzlich der Körper verrückt. Muskelkrämpfe bereiteten dem Slalom-Kanuten unmittelbar vor dem Finale "große Sorgen", der Augsburger war sich keineswegs sicher, "ob ich es überhaupt bis ins Ziel schaffe, weil meine Arme sich zum Teil selbstständig gemacht haben". Doch sein Kampf gegen die Schmerzen wurde belohnt.
Aigner paddelte nicht nur zum zweiten Mal in seiner Karriere bei Olympischen Spielen aufs Podest, mit der vierten Erfolgsgeschichte im vierten Rennen krönte der Augsburger auch die märchenhaften Tage der deutschen Slalom-Kanuten in Tokio. Seinen Erfolg nahm Aigner im Zielraum nahezu regungslos zur Kenntnis, immer wieder hockte er erschöpft auf dem Boden.
"Ich war erstmal fix und fertig, weil die Krämpfe ganz schön unangenehm waren", sagte der sichtlich angeschlagene Aigner, aber er sei froh, "dass es geklappt hat". Er sei "absolut fassungslos" gewesen, dass mir so etwas passiert", sagte Aigner und gab zu, dass er kurzzeitig schon den Gedanken gefasst hatte, "dass es auf jeden Fall nichts mehr wird".
Bestes Abschneiden seit 49 Jahren
Im Endlauf sei ihm aufgrund der "Zuckungen" sogar ein großer Fahrfehler unterlaufen, erklärte Aigner. Die Hitze, die hohe Luftfeuchtigkeit und dazu das warme Wasser im Kasai Canoe Slalom Center - die Bedingungen sorgten wohl für seine körperlichen Probleme. "Das hatte ich in den dreieinhalb Wochen hier noch nie", sagte der Olympia-Dritte von London.
Dennoch schaffte es der 32-Jährige im Kajak hinter Jiri Prskavec (Tschechien) und dem Slowaken Jakub Grigar aufs Podest. Aigner wird wie Olympiasiegerin Ricarda Funk, Sideris Tasiadis und Andrea Herzog mit einer Medaille nach Hause fliegen. "Das war so wichtig für den Hannes, dass der mir da nicht ohne Medaille rausgeht als Einziger", sagte Cheftrainer Klaus Pohlen: "Ich habe ihm das so gegönnt."
Aigner machte die Nullnummer der Slalom-Kanuten in Rio endgültig vergessen. "Ich kann nur jedem in der Mannschaft ein Kompliment machen", sagte Pohlen. Er freue sich "riesig" über das beste Abschneiden seit 49 Jahren. Erstmals seit der olympischen Premiere im Kanuslalom 1972 in München gewannen die deutschen Athleten in jedem Wettkampf eine Medaille.
Im Olympischen Dorf wollte Aigner am Abend noch einmal auf die Erfolge anstoßen, ehe es am Sonntag zurück in die Heimat geht. Sehnsüchtig freut er sich auf seinen fast zweijährigen Sohn. Im Fernsehen "hat er mich hoffentlich erkannt im Boot mit Helm", sagte Aigner: "Vor allem hoffe ich aber, dass er mich wieder erkennt, wenn ich zurückkomme."