Mit einem einmaligen Bravourstück hat Europas Tischtennis-König Timo Boll (Düsseldorf) seine dreifache Regentschaft um ein Jahr bis zu der Heim-EM 2009 in Stuttgart verlängert.
Timo "der Große" krönte seine Glanzauftritte in der Zarenstadt St. Petersburg mit einem 4:2-Finalsieg gegen Wladimir Samsonow (Weißrussland) und gewann zum dritten Mal nach 2002 und 2007 den Einzel-Titel.
Zuvor hatte der erfolgreichste Teilnehmer auch EM-Gold im Team und im Doppel mit Christian Süß geholt. Damit wiederholte Boll sein fantastisches Titel-Triple aus dem Vorjahr. Das hatte zuvor kein Profi in der 50-jährigen EM-Geschichte geschafft.
"Immer auf die Zähne gebissen"
"Ich bin ein Odenwälder Kämpfer und habe immer auf die Zähne gebissen", kommentierte der Hesse seinen Kraftakt. Sieben Wochen nach Olympia in Peking fehlte dem Spiel des Weltranglisten-7. zwar der spielerische Glanz.
Doch das machte der 27 Jahre alte Linkshänder durch unbeugsamen Willen und unermüdlichen Einsatz wett. "Unsere Herren haben in kurzer Zeit zweimal das Maximum abgerufen.
Timo hat herausragend gespielt", lobte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig den Ausnahmespieler und nunmehr achtmaligen Europameister.
Zu früher Rückflug
Beim historischen Triumph saßen die meisten Aktiven und die Führung des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) mit Präsident Thomas Weikert an der Spitze bereits im Flugzeug.
Der DTTB hatte die Rückflüge vor einer Änderung des EM-Zeitplans gebucht. Dabei zeigte Boll am Schlusstag gegen Werner Schlager (Österreich/4:0) und in der Neuauflage des 2007-Endspiels gegen seinen Dauerrivalen Samsonow sein bestes Tischtennis. Gegen beide hatte er im Teamwettbewerb verloren.
"Diesmal habe ich die Aufschläge besser retourniert. Ich bin normalerweise einer der weltbesten Rückschläger", erklärte Boll. "Das war frisch, schnell und mit flinken Beinen gespielt", lobte Herren-Bundestrainer Richard Prause die beeindruckende Leistung.
Deutsches Doppel dreht Rückstand
Im Doppel bestätigte das deutsche Parade-Duo Boll/Süß, das im Viertelfinale vier Matchbälle abwehrte und im Finale bereits 1:3 zurücklag, durch ein knappes 4:3 gegen Werner Schlager/Trinko Keen (Österreich/Niederlande) die Favoritenrolle.
"Wir haben uns nach einem Hänger gefangen. Man muss immer an sich glauben", sagte der 23- jährige Süß. Nach seinem schwachen Einzel-Auftritt bildete für ihn die Titelverteidigung ein versöhnliches EM-Ende.
Im Damen-Einzel siegte Ruta Paskauskiene und im Damen-Doppel Krisztina Toth/Georgina Pota (Ungarn). Die neue Kleberegel und das nicht ausgereifte Kontrollverfahren der Schläger verunsicherte die Aktiven.
Veränderte Regeln verwirren
"Das war für viele Spieler ein großes Problem. Hier muss und wird sich etwas tun. In Stuttgart werden wir spielerisch bessere Partien sehen", sagte Schimmelpfennig. Trotz der veränderten Materialregel setzten sich vor allem im Herren-Turnier die Favoriten durch. "Gut bleibt eben gut", meinte Prause.
Bereits von diesen Montag an beginnt für Boll und Co. im sogenannten Top-Team des DTTB die langfristige Vorbereitung auf Olympia 2012 in London.
Kampf gegen China
Neben dem Pekinger Silbertrio mit Boll, Süß und Dimitrij Ovtcharov gehört auch Bastian Steger (Frickenhausen) dazu. "Er hat ein grandioses Turnier gespielt", sagte der DTTB- Sportdirektor Schimmelpfennig. Auch Assistenztrainer Jörg Roßkopf zählt zum Top Team. Er soll neue Reize im Kampf gegen China setzen.
Alles andere als grandios war das Abschneiden der DTTB-Damen. Nach Platz zehn im Team schaffte erstmals seit 50 Jahren keine deutsche Spielerin den Einzug in das Achtelfinale.
Die Zufallskombination Amelie Solja/Tatjana Kostromina (Saarlouis/Weißrussland) rettete mit dem Viertelfinale im Doppel die Bilanz nicht. "Die Tendenz ist fallend, das Ergebnis schwach", stellte Schimmelpfennig fest.
Fehlende EM-Atmosphäre
Als Steilvorlage für die Europameisterschaft vom 13. bis 20. September 2009 in Stuttgart bewertete DTTB-Präsident Weikert die Boll-Gala. "Für den Marketing-Bereich ist das super", sagte Weikert.
Nur die wenigen Zuschauer und die fehlende EM-Atmosphäre in St. Petersburg missfielen ihm: "Wir wollen in Stuttgart neue Standards setzen und eine attraktivere EM organisieren."
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