Seit seinem hervorragenden sechsten Platz bei der PGA Championship im August hat Martin Kaymer aufgrund eines Unfalls auf einer Kartbahn kein Turnier mehr spielen können. In dieser Woche feiert der 24-Jährige beim Castello Masters in Spanien sein Comeback. Im SPOX-Interview spricht Kaymer über schnelle Autos, seine Beziehung zu Geld und Taxifahrten in Asien. Außerdem verrät er, wo er sein erstes Major gewinnen könnte.
SPOX: Herr Kaymer, seit der PGA Championship haben Sie wegen Ihrer Fußverletzung kein Turnier mehr bestreiten können. Wie geht es Ihnen?
Martin Kaymer: Danke, mir geht es ganz gut. Ich kann mich wieder gut bewegen und trainieren. Ich habe schon wieder normale Schuhe an und Einlagen bekommen, die das Ganze am Anfang stabilisieren werden. Ich kann noch nicht wieder joggen und humple noch ein wenig, aber ich denke, dass ich für mein Comeback bereit bin.
SPOX: Wie ist der Unfall beim Kartfahren eigentlich genau passiert?
Kaymer: Ich war auf einer Geraden unterwegs, nach der eine Rechtskurve kommt, die man normalerweise mit Vollgas fährt. Vor mir waren zwei Leute: Der Erste hat gebremst und sich quergestellt und der Zweite hat sich dann als Folge daraus auch quergestellt. Ich wollte auf die Bremse steigen und innen vorbeiziehen, aber in dem Augenblick, als ich bremsen wollte, wurde ich von meinem Hintermann angeschoben und bin mit Vollgas in meinen Vordermann reingekracht.
SPOX: Haben Sie gleich gewusst, dass etwas Schlimmeres passiert ist?
Kaymer: Ja, ich habe direkt einen Schmerz gespürt. Zuerst dachte ich, ich hätte mich vielleicht am Knie verletzt, aber dann hat sich herausgestellt, dass drei Zehen gebrochen waren. Ich bin vielleicht von einem Zeh ausgegangen, das war schon heftig.
SPOX: Sie müssen sich unglaublich geärgert haben, dass Sie wegen eines so unglücklichen Unfalls operiert werden mussten und jetzt so lange ausgefallen sind.
Kaymer: Natürlich habe ich mich geärgert, dass ich so lange aussetzen musste und dass ich vor allem nicht mehr Erster im Race to Dubai bin, aber ich kann mit 24 Jahren nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen. Ein bisschen Spaß muss auch sein. In nächster Zeit werde ich riskante Sachen vermeiden, aber es wäre nicht angebracht zu sagen, dass ich nie mehr zum Kart- oder Skifahren gehe. Solche Sachen passieren einfach, das Leben geht weiter.
SPOX: Sie fahren gerne Kart, insgesamt haben Sie einen Faible für schnelle Autos. Wäre eine Formel-1-Karrriere auch etwas für Sie gewesen?
Kaymer: Das ist schwer zu sagen. Ich war früher in einem Go-Kart-Verein, das hat mir großen Spaß gemacht. Ich schaue mir die Formel-1-Rennen auch gerne an und wäre gerne mal live dabei. BMW hat mich schon ein paar Mal eingeladen, es hat nur nie in meinen Turnierplan gepasst. Ich fahre selber gerne schnell und schnelle Autos, und ich habe schon einige Fahrertrainings mitgemacht. Da kann man richtig Autofahren lernen, das macht wirklich großen Spaß. Aber wenn ich nicht Golfer geworden wäre, hätte es mich doch eher zum Fußball gezogen.
SPOX: Sie haben schon angesprochen, dass Sie Ihre Führung im Race to Dubai veloren haben. Rory McIlroy und letzte Woche auch noch Lee Westwood sind vorbeigezogen.
Kaymer: Es ist auf jeden Fall mein Ziel, am Ende des Jahres wieder ganz oben zu stehen. Wenn man einmal an der Spitze war, will man die Rangliste auch gewinnen. Mein Rückstand auf die Spitze ist auch nicht zu groß, wobei ich sagen muss, dass gerade Rory ein toller Spieler ist. Er spielt unglaublich konstant und ist auch noch ein netter Typ - aber Platz eins will ich trotzdem wieder haben (lacht).
SPOX: Tiger Woods hat für den Sieg im FedEx-Cup zehn Millionen Dollar bekommen, die Dubai World Championship ist mit 7,5 Millionen Dollar auch hoch dotiert. Was sagen Sie zu solchen Summen?
Kaymer: Ob das jetzt zehn Millionen oder 7,5 Millionen sind, das ist so unglaublich viel Geld, dass es außerhalb meiner Vorstellungskraft liegt. Das ist so viel Kohle, da möchte man sich gar nicht groß Gedanken darüber machen.
SPOX: Dennoch macht die Wirtschaftskrise auch keinen Bogen um den Golfsport. Einige Turniere sterben, das Preisgeld geht teilweise zurück. Was merken Sie davon?
Kaymer: Speziell auf der European Tour merkt man es am meisten, dass es schwierig ist, Sponsoren zu finden. Einige Turniere wird es nicht mehr geben, auch in Köln ist die Situation leider Gottes schlecht. Dann haben wir nächstes Jahr nur noch ein Turnier in Deutschland, was natürlich sehr schade ist. Außerdem gibt es Gerüchte, dass es das Race to Dubai in der jetzigen Form nur noch ein oder zwei Jahre geben wird, weil auch da das Geld ausgeht.
SPOX: Welches Verhältnis haben Sie ganz persönlich zu Geld?
Kaymer: Es wäre gelogen und Schwachsinn zu sagen, dass mich Geld nicht interessiert. Jeden interessiert Geld. Aber ich bin Golfprofi geworden, weil ich Turniere gewinnen will und weil es meine Leidenschaft ist. Trotz der Krise verdienen wir im Golf immer noch extrem viel Geld - deshalb ist es für mich das Wichtigste, dass man die Relation nie verliert.
SPOX: Nicht alle denken so vernünftig wie Sie.
Kaymer: Ich habe in den letzten Jahren viele Menschen kennengelernt, die nicht jeden Cent zweimal umdrehen müssen und da ist mir aufgefallen, dass viele Leute den Bezug zum Geld komplett verloren haben.
SPOX: Ein paar Dinge darf man sich dennoch leisten. In Düsseldorf haben Sie eine schöne Wohnung, die bis vor kurzem aber noch recht leer war, wie man hörte. Ist die jetzt endlich mal schön eingerichtet?
Kaymer: (lacht) Schön eingerichtet würde ich nicht sagen. Wobei ich mir gerade erst einen Couch-Tisch abgeholt habe. Ich bin nicht so der große Einrichter, aber es wird schon. Ich fühle mich wohl hier.
Im zweiten Teil spricht Martin Kaymer über seine Major-Ambitionen
SPOX: Kommen wir zu Ihrer Saison 2009. Zwei Siege in Frankreich und Schottland, dazu viele weitere Top-Resultate, es gibt keinen Grund zu meckern, oder?
Kaymer: Nein, überhaupt nicht. Ich bin super zufrieden. Die zwei Siege waren sehr wichtig für mich, weil ich bis dahin nicht so überragend gespielt habe. Es war okay, aber nicht mehr. Die zwei Siege haben mich dann weit nach vorne gebracht. In der Weltrangliste stehe ich aktuell auf Rang zwölf, das ist sehr akzeptabel. Wenn ich jetzt in Europa noch zwei Ränge hoch rutschen würde, wäre es schön.
SPOX: Auch bei den Majors haben Sie sich im Vergleich zum letzten Jahr gesteigert, der sechste Platz bei der PGA Championship war stark. Wie sehr hat Sie das gepusht?
Kaymer: Das gute Ergebnis bei der PGA Championship war sehr wichtig für mich, weil ich mir bewiesen habe, dass ich auch in einem Major in die Top 10 kommen kann. Im letzten Jahr habe ich bei den Majors nicht auf einem so hohen Niveau gespielt, vor allem am Wochenende ist es nicht so gut gelaufen. Ich würde den sechsten Rang nicht ganz mit einem Sieg gleichstellen, aber er hat sich sehr gut angefühlt. Und er wird mir Selbstvertrauen für 2010 geben.
SPOX: So viel Selbstvertrauen, dass Sie 2010 ein Major gewinnen können?
Kaymer: Wenn man sich die Major-Sieger in diesem Jahr anschaut, dann waren die schon sehr ungewöhnlich. Ich denke, dass ich auf jeden Fall wieder in die Top 10 kommen kann, aber ob ich soweit bin, um ein Major zu gewinnen, weiß ich nicht. Ich hoffe aber natürlich, dass ich früher oder später in meiner Karriere ein paar Majors gewinnen werde.
SPOX: Wenn Sie ein Major gewinnen, wo wäre es denn am wahrscheinlichsten?
Kaymer: Wenn es um meinen ersten Major-Sieg geht, würde ich ehrlich gesagt auf die British Open tippen. Von den Wetter- und Platzverhältnissen ist es das Turnier, das am besten zu mir passt. Vor allem auch deshalb, weil ich bei schlechtem Wetter gut spielen kann. Die British Open könnten mein Turnier sein.
SPOX: Wenn man sich Ihre Karriere genau anschaut, fällt auf, dass es nach einem kometenhaften Aufstieg immer peu a peu weiter nach oben geht. Haben Sie das Gefühl, dass alles im richtigen Tempo passiert?
Kaymer: Die ersten zweieinhalb Jahre mit dem Aufstieg über die EPD Tour waren sehr rasant, aber seitdem geht es tatsächlich immer Schritt für Schritt weiter. Ich habe sehr konstant gespielt, mit einigen Höhepunkten, und ich fühle mich von Jahr zu Jahr sicherer. Ich bin auf beiden Touren akzeptiert. So wie es gelaufen ist, habe ich mir es vorgestellt, auch wenn man das nicht planen kann. Man kann nur sein Bestes geben. Ich hoffe, dass jedes Jahr etwas mehr auf das Häufchen draufkommt und ich noch entspannter die Turniere spielen kann.
SPOX: In der Anfangszeit waren Sie nicht immer so entspannt. Ihr Bruder Philip hat im SPOX-Interview von der schweren Zeit in Asien erzählt. Können Sie sich daran auch noch so gut erinnern?
Kaymer: Ja, das war wirklich alles nicht so einfach. Ich bin zwar vorher auf der Challenge Tour und mit der Nationalmannschaft auch schon viel herumgekommen und mit 21 Jahren ist man ja alt genug, um in der Welt herumzufliegen, aber es war dennoch nicht leicht. In Asien ist es nicht so gut organisiert wie in Europa und ich habe noch nicht gewusst, wie alles abläuft. Wenn du zum Beispiel im Taxi vom Flughafen ins Hotel sitzt und dich versteht keiner, so dass du es mit Zetteln versuchen musst, ist es keine komfortable Situation. Ich kannte auch wenige Leute. Dass mein Bruder mich dann unterstützt hat, war ganz wichtig für mich. Ich weiß nicht, ob ohne meinen Bruder alles so gut gelaufen wäre.
Im dritten Teil spricht Martin Kaymer über den Ryder Cup und seine Zukunft in Europa
SPOX: Es läuft inzwischen so gut, dass praktisch jeder Experte davon ausgeht, dass Sie im nächsten Jahr im Ryder-Cup-Team stehen werden. Welche Bedeutung hat die Qualifikation für das Team von Colin Montgomerie für Sie?
Kaymer: Der Ryder Cup ist 2010 mein Hauptziel, ich werde meinen Spielplan gezielt darauf ausrichten. Es hört sich zwar komisch an, aber im Nachhinein bin ich ganz froh, dass ich im letzten Jahr noch nicht als Spieler dabei war.
SPOX: Warum das denn?
Kaymer: Im letzten Jahr ist vieles Neues auf mich zugekommen, es wäre zu früh gewesen. Ich habe als Gast einen perfekten Einblick bekommen. Aus Sicht des Captains, der Spieler, der Caddies, der Zuschauer - ich war überall dabei und konnte mit meinen Augen stehlen. Die Erfahrung hat mir unheimlich viel gebracht, sogar mehr, als wenn ich als Spieler dort gewesen wäre. Jetzt weiß ich, was auf mich zukommt und dass ich im nächsten Jahr unbedingt dabei sein will.
SPOX: Was macht denn genau die Faszination Ryder Cup für Sie aus?
Kaymer: Das ist ganz schwer zu beschreiben. Wenn das Team am Abend, bevor es losgeht, zusammensitzt und von Legenden wie Nick Faldo oder Jose Maria Olazabal Reden gehalten werden, ist das sehr beeindruckend. Zu beobachten, wie die einzelnen Spieler sich untereinander verhalten, mit so großen Spielern wie Faldo und Olazabal zu plaudern, das war schon cool. Das Gleiche gilt für die Atmosphäre am Sonntagnachmittag, wenn es um die Entscheidung geht. Irre - das muss man live vor Ort erleben, sonst kann man es nicht nachvollziehen.
SPOX: Im nächsten Jahr könnten Sie ja vielleicht auch zusammen mit Bernhard Langer im Team stehen. Monty hat gesagt, dass er ihn als Kandidat für eine Wildcard ansieht. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Kaymer: Das wäre natürlich eine schöne Sache für mich, wenn Bernhard Langer und ich beide im Team wären. Ich denke, dass wir abwarten müssen, wie Bernhard in der nächsten Saison spielt. Klar ist, dass er immer noch sehr sehr gutes Golf spielt.
SPOX: Bernhard Langer ist auch der Hauptgrund, warum Deutschland gute Chancen hat, 2018 den Ryder Cup auszutragen.
Kaymer: Ich bekomme von der Ryder-Cup-Bewerbung eine Menge mit, weil ich ja ein schwedisches Management habe und Schweden sich auch bewirbt. Das wird ein heißes Duell. Wenn ich etwas dazu beitragen kann, dass wir den Ryder Cup bekommen, würde ich das natürlich sofort tun. Ich glaube, dass Deutschland - eben wegen Bernhard Langer - gute Chancen hat.
SPOX: Neben dem Ryder Cup gibt es ab 2016 noch ein Riesenevent im Golf: Olympia in Rio.
Kaymer: Ich finde es klasse, dass Golf jetzt auch olympisch ist. Ich würde alles dafür tun, um in Rio dabei sein zu können. Im Olympischen Dorf andere Sportler kennenzulernen, eine Goldmedaille zu gewinnen und bei der Siegerehrung die Nationalhymne zu hören, wäre etwas ganz Großes für mich.
SPOX: Hätte eine Olympiamedaille im Golf wirklich eine so große Bedeutung? Im Tennis hat sie auch nicht annähernd den Stellenwert wie ein Grand-Slam-Sieg.
Kaymer: Das hängt meiner Meinung nach ganz individuell von jedem Sportler ab. Ich bin mir sicher, dass alle Topstars in Rio dabei sein werden. Auch Tiger.
SPOX: Wenn wir schon bei Tiger sind. Er hat in diesem Jahr kein Major gewonnen, dafür aber unzählige andere Turniere. Ein gutes Jahr für ihn oder doch ein schlechtes?
Kaymer: Klar zählen für ihn in erster Linie die Majors, aber auch ohne Major-Titel hat er auf jeden Fall ein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich. Ich bin mir nach wie vor sicher, dass er den Rekord von Jack Nicklaus mit 18 Major-Siegen in seiner Karriere noch knacken wird.
SPOX: Tiger ist unter anderem dafür bekannt, dass er immer unglaublich früh aufsteht und seine Proberunden spielt. Bei Ihnen ist das ähnlich. Keine Lust zum Ausschlafen?
Kaymer: Wenn ich Ferien habe, schlafe ich schon aus, aber bei den Turnieren mache ich es wie Tiger. Es ist einfach viel weniger los, es sind weniger Spieler auf dem Platz und ich kann mein eigenes Ding machen, ohne groß warten zu müssen. Ich bin ein schneller Spieler und wenn dann in der Gruppe vor einem 35 Bälle aufs Grün gechippt werden und die Runde sechs oder sieben Stunde dauert, dann muss ich mir das nicht antun. Da spiele ich lieber früh, trainiere danach noch ein bisschen und habe dann am Nachmittag noch Zeit, um etwas anderes zu machen.
SPOX: Viele deutsche Spieler, mit denen Sie Ihre Proberunden spielen können, gibt es leider nicht. Marcel Siem hat viel Talent, musste aber erneut lange um seine Tourkarte kämpfen. Mit Christoph Günther, Florian Fritsch und Stephan Gross könnten aber vielleicht drei Jungs nachrücken. Wie sehen Sie die Chancen?
Kaymer: Christoph Günther kenne ich sehr wenig, deshalb kann ich nicht viel zu ihm sagen. Florian Fritsch kenne ich schon lange aus der Nationalmannschaft. Er hat ohne Frage das Potenzial, das hat man bei seinen Auftritten auf der Challenge Tour in diesem Jahr ja gesehen. Was ich nicht verstanden habe, ist, dass er dann einige Turniere ausgelassen hat, und zum Beispiel dafür in Köln mitgespielt hat. Aber das muss er entscheiden. Stephan Gross kenne ich auch sehr lange, er hat in Phoenix studiert und mit ihm habe ich schon einiges unternommen, ein sehr netter Typ. Bei ihm wird es nicht lange dauern, bis er auf der European Tour spielt, da bin ich mir sicher. Er hat sehr gute Chancen.
SPOX: Wenn es Stephan Gross auf die European Tour schafft, sind Sie dann noch da? Oder sind Sie doch schon auf der US PGA Tour?
Kaymer: Ich werde im nächsten Jahr auf jeden Fall noch auf der European Tour spielen und auch nicht versuchen, mir die Karte für die US-Tour zu erspielen. Ich kann mir auch schwer vorstellen, dass ich 2011 ausschließlich in den USA spielen werde. Ich werde ein Mix aus Europa- und US-Tour spielen, das hat mir in den letzten Jahren gut gefallen. Europa wird meine Heimattour bleiben, weil ich auch gerne andere Länder oder neue Städte sehe. Dazu kommt die Kultur. In Amerika ist das alles ein bisschen anders. Meine Meinung kann sich zwar ändern, aber ich denke nicht, dass ich in den nächsten fünf Jahren komplett auf die US-Tour wechseln werde.
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