Im TD Garden von Boston, Massachusetts stieg vergangene Nacht der letzte WWE-PPV 2017. Im Main Event des SmackDown-exklusiven Events verteidigte AJ Styles seine WWE Championship gegen Jinder Mahal. Zuvor ging es beim Tag Team Match Randy Orton & Shinsuke Nakamura vs. Kevin Owens & Sami Zayn um die Karrieren der beiden letztgenannten. Darüber entschieden mit Shane McMahon und Daniel Bryan gleich zwei Special Guest Referees.
Zack Ryder vs. Mojo Rawley (Kickoff Match)
Sieger: Mojo Rawley per Running Forearm Smash.Rawley dominierte das Match von Anfang an, Ryder gelang nur kurz vor Ende ein kurzzeitiges Comeback. Der Sieg für Mojo war die einzig logische Wahl, da man mit ihm offenkundig noch Pläne hat, während das Ende der Hype Bros für den Long Island Iced Z wohl den endgültigen Absturz in die Bedeutungslosigkeit nach sich ziehen dürfte - was nicht bedeuten soll, dass das Team irgendeine Relevanz gehabt hätte.
Rawley betrieb nach Matchende zwar noch etwas Trash Talking, zu einem weiteren Beatdown kam es aber nicht, so dass diese Fehde tatsächlich schon zu Ende sein könnte. Sollte dem so sein, benötigt Rawley schnellstmöglich eine Anschlussfehde, um ihn als Heel zu etablieren, denn ansonsten wird auch er, wie schon während Ryders Verletzung, wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
United States Champion Baron Corbin vs. Bobby Roode vs. Dolph Ziggler (Triple Threat Match)
Sieger & neuer United States Champion: Dolph Ziggler per Zig Zag an Corbin. Dolph ist einfach ein Phänomen. Immer wenn man glaubt, der Mann sei nach zig Jahren katastrophalen Bookings und Jobbens am Ende seiner WWE-Karriere angekommen, gewinnt er aus dem Nichts mal wieder einen Midcard-Titel. Vergangene Nacht bildet da keinerlei Ausnahme, denn nach der Entrances-Storyline, die scheinbar nur gefahren wurde, damit er sich für Roode hinlegen konnte, schien Ziggler endgültig am Ende und sein Abgang beim baldigen Vertragsende beschlossene Sache.
Doch aus heiterem Himmel gewinnt er mal wieder den US-Titel und es würde wohl niemanden wundern, wenn in den kommenden Tagen einmal mehr eine Vertragsverlängerung bekannt gegeben würde. Der Sinn dieser Entscheidung erschließt sich derweil vermutlich niemandem, denn sowohl Roode - seit dem Call-up von NXT irrelevant - als insbesondere auch der Lone Wolf, dessen Main Eventer-Karriere seit dem verloreneren Money in the Bank Cash-in am seidenen Faden hängt, hätten diesen Sieg bedeutend dringender gebraucht.
Nun hat der Showoff also den Titel, um zu zeigen, dass in der WWE immer alles passieren kann. Er wird ihn bald schon wieder abgeben, im Zweifel an einen seiner beiden Gegner. Gewonnen hat durch diese Booking-Entscheidung letztlich niemand.
SmackDown Tag Team Champions The Usos vs. The New Day vs. Shelton Benjamin & Chad Gable vs. Rusev & Aiden English (Fatal 4-Way Match)
Sieger & weiterhin SmackDown Tag Team Champions: The Usos per Superfly Splash gegen Gable. Die vier Teams zeigten in einem äußerst unterhaltsamen Match, dass die SmackDown Tag Team Division auf einem guten Weg ist. Monatelang von den beiden Top-Teams Usos und New Day dominiert, durften zuletzt auch Rusev & English und, mit Abstrichen, Gable & Benjamin glänzen.
Nach mehreren Niederlagen in den letzten Wochen und dem erneut genommenen Pin von Gable sollten letztere nun aber dringend wieder ein paar Siege einfahren, falls man ihnen nicht jegliches durch den angedeuteten Heelturn entstandene Momentum wieder komplett nehmen will. Rusev & English, oder besser gesagt Rusev, ist unglaublich over und entsprechend dürfte das Duo nun eine Fehde gegen die Usos um die Titel erhalten. Der New Day könnte parallel Gable & Benjamin beschäftigen oder sich den Bludgeon Brothers stellen.
Die Titelverteidigung der Usos macht absolut Sinn, da sie seit geraumer Zeit das heißeste Team der WWE sind. Gleichzeitig war diese Ansetzung aber auch eine gute Gelegenheit, die Titel wechseln zu lassen, ohne sie zu schwächen. Da man diese nicht genutzt hat, ist davon auszugehen, dass Jimmy & Jey das Gold noch eine Weile behalten werden.
SmackDown Women's Champion Charlotte Flair vs. Natalya (Lumberjack Match)
Siegerin & weiterhin SmackDown Women's Champion: Charlotte per Figure Eight. Das Match verlief wie erwartet: Es begann als ordentliches Wrestling-Match, bei dem Charlotte und Natalya sich zwischendurch gegenseitig aus dem Ring schickten, damit die Lumberjacks attackieren konnten. Nachdem die Riott Squad später auf Charlotte losging, brach der obligatorische Brawl zwischen den Lumberjacks am und schließlich im Ring aus, bevor Charlotte sich aus einem Sharpshooter befreite und im Gegenzug mit ihrem Finisher Natty zur Aufgabe zwang.
Es war eine logische Titelverteidigung für die Top-Frau im Kader, die den Gürtel im Zweifel noch eine Weile halten wird. Das Überraschende passierte im Anschluss: Natalya wurde von Kayla Braxton interviewt und brach dabei in Tränen aus. Sie betonte, den Fans zehn Jahre lang alles gegeben zu haben, doch diese hätten ihr den Rücken zugekehrt. Deshalb werde sie nun im Gegenzug das Gleiche tun - sprach sie, ließ das Mikro fallen und verließ unter Tränen die Halle. Bei SmackDown wird sich zeigen, ob es sich dabei lediglich um eine Storyline handelt, oder ob sie tatsächlich die WWE verlässt.
Breezango vs. The Bludgeon Brothers
Sieger: The Bludgeon Brothers per Double Crucifix Powerbomb gegen Fandango. Es war das erwartete Squash-Match, die neu verpackten Harper & Rowan machten mit den Fashion Cops kurzen Prozess. Das Ergebnis war nur logisch, da man nach ihrem Re-Debüt die ehemaligen Wyatts über Squashes möglichst dominant darstellen will.
Ob sie sich aber tatsächlich endlich längerfristig als relevantes Tag Team etablieren dürfen, erscheint nach den gescheiterten letzten Versuchen mehr als fraglich. Gleichzeitig macht dieses Booking auch deutlich, was die WWE-Verantwortlichen in Breezango sehen: einen Comedy-Act, der etwas Air-Time in den TV-Shows und - zukünftig verstärkt - auf YouTube erhält, weil sie viele Fans haben. Hoffnung auf Erfolg oder zumindest eine ordentliche Darstellung im Ring sollte sich allerdings niemand (mehr) machen.
Randy Orton & Shinsuke Nakamura vs. Kevin Owens & Sami Zayn (Shane McMahon & Daniel Bryan as special guest referees)
Sieger: Kevin Owens & Sami Zayn per Roll-up von Zayn an Orton. Shane und Daniel arbeiteten als Co-Referees lange zusammen, bevor kurz vor Match-Ende erwartungsgemäß Chaos eintrat. Owens schaltete Nakamura mit einem spektakulären Frog Splash von einem Kommentatorenpult durch das andere aus, wenig später schubste er nach einem RKO an Sami Bryan gegen Shane, so dass die beiden Aushilfsringrichter aneinandergerieten.
In der Folge stritten sie sich ausgiebig, Orton verteilte RKOs, um auch ja als eigentlicher Sieger dargestellt zu werden, doch am Ende nutzte Zayn die Verwirrung. Bryan zählte daraufhin einen Fast Count, während Shane noch versuchte, ihn daran zu hindern. Während die Heels unter "Yep"-Chants die Halle verließen und Bryan ihnen von der Rampe aus nachblickte, blieb Shane im Ring bei den Faces. Klar ist, dass diese Fehde weitergehen und sich die Differenzen zwischen den beiden Verantwortlichen ab kommendem Dienstag konstant weiter verstärken werden.
Owens & Zayn haben prinzipiell einen wichtigen Sieg eingefahren, müssen nun aber weiterhin als relevanter Teil in diese Fehde eingebunden bleiben. Läuft das Ganze darauf hinaus, dass nur McMahon und Bryan im Fokus stehen, hat hier leider niemand gewonnen und man hat einmal mehr vergessen, um wen es eigentlich gehen sollte: nämlich um die aktiven Wrestler.
WWE Champion AJ Styles vs. Jinder Mahal
Sieger & weiterhin WWE Champion: AJ Styles per Calf Crusher. Es wurde ein langes Match, in dem man wohl zeigen wollte, dass Jinder im Ring mithalten kann. Die Singhs griffen, wie gewohnt, ein und man erfand das sprichwörtliche Rad der Jinder-Mahal-Matches nicht gerade neu. Styles war der einzig sinnvolle Sieger, denn er ist derzeit nicht nur objektiv betrachtet einer der besten Wrestler auf diesem Planeten, sondern auch nach wie vor unfassbar over.
Attribute, die Mahal bei aller Mühe, die er sich gibt, leider nicht für sich beanspruchen kann und wohl auch niemals können wird. Nach der Titelverteidigung wäre es an der Zeit, den Modern Day Maharaja aus dem Main Event Picture zu nehmen und ihm endlich das zu geben, was er eigentlich schon vor seinem Titelgewinn dringend benötigt hätte: relevante Midcard-Fehden, um ihn für einen möglichen Run im Main Event aufzubauen.
Man kann davon ausgehen, dass er aus Frust bei SmackDown erneut die Singh Brothers attackieren wird, doch was danach kommt, wird für seine weitere Karriere entscheidend sein. Da die Zwillinge für jeden seiner bisherigen Erfolge entscheidend verantwortlich waren, müsste man ihn nun dringend von ihnen lösen und eigenständig stark darstellen. Ein US-Titel-Gewinn würde perspektivisch Sinn machen und zu seinem Anti-USA-Gimmick selbstverständlich passen.
Der WWE-Titel ist derweil wieder bei einem Mann, der sich wie ein echter Main Eventer anfühlt und dem Gold Prestige zurückbringt. Styles sollte sich nun neuen Gegnern widmen; doch die Frage, wer sich dafür anböte, erscheint schwierig zu beantworten, da er im Rahmen seines USC-Runs bereits mit naheliegenden Rivalen, wie Owens oder Corbin, ausgiebig gefehdet hat.
Fazit
Mit Clash of Champions beendet SmackDown ein bestenfalls als durchwachsen zu bezeichnendes Jahr 2017. Geprägt durch einen katastrophal schwach gebookten WWE Championship-Run Mahals, enttäuschte der im Vorjahr 2016 noch regelmäßig begeisternde Blue Brand seit dem Roster Shakeup im April überwiegend.
Blickt man auf die letzten achteinhalb Monate zurück, wurde praktisch niemand - inklusive Mahal - signifikant weiterentwickelt. Stattdessen prägten schwaches, planloses Booking und die Verschwendung des Momentums diverser ehemaliger NXT-Superstars (allen voran Nakamura und Roode) das Gesamtbild. Im Hinblick darauf stellt Clash of Champions einen versöhnlichen Abschluss dar, denn immerhin geht man mit drei starken Champs (Styles, Usos, Charlotte) in das neue Jahr.
Der Titelgewinn für Ziggler hingegen ist typisch für die Planlosigkeit der WWE, denn damit hat man Corbin und Roode unnötig weiter geschwächt, während auch der allerletzte Hardcore Dolph-Mark sicher nicht mehr daran glaubt, dass die WWE ihn nun tatsächlich endlich einmal ordentlich booken wird. Dieser Titelwechsel sollte schlichtweg einen Schocker in einem ansonsten überraschungsfreien PPV bieten, was das Ganze umso trauriger macht.
Die Bludgeon Brothers und Mojo Rawley haben für sie relevante Siege in ansonsten irrelevanten Matches eingefahren und müssen nun zwingend weiter aufgebaut werden, falls man aus ihnen zumindest Midcarder machen will. Das wichtigste Match des Abends schließlich war eindeutig Owens & Zayn vs. Orton & Nakamura - auch wenn die Faces hier eigentlich nur als Statisten dienten. Mit Owens und Zayn hat man zwei Top Heels, die over sind und den Brand über Jahre hinweg tragen könnten. Um das zu schaffen, müssten sie allerdings nun auch längerfristig im Fokus stehen und nicht - wie zu befürchten - ebenfalls nur Statisten in einer Fehde zwischen Shane und Bryan sein, die im Zweifel nicht einmal auf ein 1-1-Match hinauslaufen wird.
Das US-Match außen vorgelassen, war das Booking bei Clash of Champions zwar alles andere als innovativ, aber absolut sinnvoll. Mit dem Tag Team 4-Way hatte man zudem ein starkes Match, das noch einmal zeigte, wieviel Potential in dieser Division steckt, wenn man die Leute machen lässt. Doch im Jahr 2018 muss bei SmackDown deutlich mehr kommen, um die Show wieder relevant und sehenswert zu machen. Das Potential dafür hat der Kader ohne jede Frage - bei den "Kreativen" hingegen muss man dies leider anzweifeln.