Brian Williams galt in den 90ern als talentierter Forward, der aber nie sein Potenzial ausschöpfen konnte. Mit Michael Jordans Chicago Bulls gewann er 1997 einen Titel, bevor er zwei Jahre später mit 30 Jahren seine Karriere beendete. Der Big Man litt unter Depressionen, fand aber unter einem neuen Namen nach dem Basketball sein Glück - bevor eine Tragödie in der Südsee sein Leben abrupt beendete.
Nicht wenige Basketballer kommen aus einem schwierigen Umfeld, aus einem Haushalt voller Geldsorgen, Gewalt oder anderer tragischer Schicksale. Auch auf Brian Williams treffen einige dieser Punkte zu, auch er wurde immer wieder von seinem Umfeld eingeholt.
Im Gegensatz zu anderen war Basketball aber nie die große Liebe, er spielte es, um seine Träume zu verwirklichen. Und Williams war nebenbei auch noch richtig gut darin. 1997 spielte er als Backup von Luc Longley eine essenzielle Rolle in MJs fünftem Titel-Run. Es sollte Williams' Karriere-Höhepunkt gewesen sein, inzwischen ist er seit fast 18 Jahren tot.
Im Sommer 2002 stach der damals bereits zurückgetretene Center mit seiner Freundin, seinem Bruder und einem französischen Kapitän von Tahiti in See, das anvisierte Ziel Honululu sollte er niemals erreichen ...
Zu diesem Zeitpunkt war Brian Williams nicht mehr Brian Williams. Nach den gewonnenen Finals hatte er sich zu Ehren seiner indianischen und afrikanischen Abstammung den Namen Bison Dele verpasst. Williams war schon da nicht der klassische NBA-Spieler, stattdessen hatte er zahlreiche andere Interessen. Basketball war eher der Mittel zum Zweck, mit diesem Geld wollte er seine weiteren Träume verwirklichen.
imago imagesBrian Williams: Zum Basketballer geboren
Erst in der zehnten Klasse spielte Williams organsierten Basketball, zuvor war der Sohn eines Soul-Musikers als großes Leichtathletik-Talent aufgefallen. Seinen Vater bekam Williams aber nur selten zu Gesicht, seine Eltern trennten sich bereits, als Brian noch ein Baby war. Stattdessen wuchs Williams mit einem strengen Stiefvater auf, der den Haushalt stets dominierte.
Auch Bruder Kevin soll ein talentierter Sportler gewesen sein, sein starkes Asthma verhinderte jedoch eine Karriere. Stattdessen schmiss Kevin die Uni, litt unter Jähzorn und entwickelte über die Jahre eine Alkoholsucht. Die Beziehung der beiden Brüder sollte immer schwierig bleiben.
Für Brian lief es zunächst besser, er wurde für das renommierte McDonald's Game ausgewählt und beendete seine College-Karriere in Arizona, nachdem er zuvor ein Jahr in Maryland gespielt hatte.
Auch Michael Jordan war 1997 vom leichtfüßigen Center begeistert, Steve Kerr nannte Williams einen körperlich gesegneten Spieler. Die Bulls hatten Williams kurz vor den Playoffs geholt, nachdem dieser sich vor der Saison nicht mit den Los Angeles Clippers auf einen neuen Vertrag geeinigt hatte. Williams fand zudem kein neues Team, da er sich beim Skydiving verletzt hatte und monatelang Reha machen musste. Als Starter für die Clippers hatte Williams 16 Punkte und 8 Rebounds im Schnitt aufgelegt, nachdem er zuvor in Orlando und Denver nur Backup war.
Brian Williams: Depressionen und zwei Suizid-Versuche
Die Magic zogen Williams 1991 mit dem zehnten Pick, doch wirklich heimisch fühlte sich Williams, der in Fresno/Kalifornien aufwuchs, nicht. Auch die Familie machte Ärger, die Williams mit seinem NBA-Gehalt unterstützte. Vater Eugene war inzwischen kokainabhängig, Bruder Kevin trank weiter und auch Brian selbst entwickelte Depressionen. Einen Abend schluckte er 15 Schlaftabletten, ein anderes Mal fuhr er mit seinem Auto gegen eine Laterne.
Williams war fremd in der NBA-Welt und fand in einer Liga, dominiert von Alphatieren kaum Freunde, er wollte es vermutlich auch nicht. "Er war ein Künstler", erinnerte sich der heutige Wizards-GM Tommy Sheppard, der mit Williams in Denver spielte. Demnach wollte sich Williams nicht durch Basketball definieren, stattdessen las er ein Buch nach dem anderen, während seine Kollegen ihr Geld beim Kartenspielen verloren.
"Sein Talent war gegeben, aber er wollte nicht die nötige Arbeit investieren", befand ein ehemaliger Collegespieler später bei ESPN. "Er hätte einer der besten Spieler seiner Ära werden können, wenn er seinen Fokus voll auf Basketball gelegt hätte"
Brian Williams aka Bison Dele: Seine Statistiken in der NBA
Saison | Team | Spiele | Minuten | Punkte | FG% | Rebounds | Blocks |
1991/92 | Magic | 48 | 18,9 | 9,1 | 52,8 | 5,7 | 1,1 |
1992/93 | Magic | 21 | 11,4 | 4,6 | 51,3 | 2,7 | 0,8 |
1993/94 | Nuggets | 80 | 18,8 | 8,0 | 54,1 | 5,6 | 1,1 |
1994/95 | Nuggets | 63 | 20,0 | 7,9 | 58,9 | 4,7 | 0,7 |
1995/96 | Clippers | 65 | 33,2 | 15,8 | 54,3 | 7,6 | 0,8 |
1996/97 | Bulls | 9 | 15,3 | 7,0 | 41,3 | 3,7 | 0,6 |
1997/98 | Pistons | 78 | 33,6 | 16,2 | 51,1 | 8,9 | 0,7 |
1998/99 | Pistons | 49 | 24,0 | 10,5 | 50,1 | 5,6 | 0,8 |
Brian Willams: Titel mit den Chicago Bulls bringt den großen Zahltag
Für die alternden Bulls war es ein Glücksfall, Williams brachte Energie von der Bank und hob vor allem die Qualität. Der Center konnte etwas mit dem Ball anfangen, dazu war er für seine butterweichen Hakenwürfe bekannt.
Für die Bulls war dies eine enorme Hilfe, da Dennis Rodman (2,3 Punkte, 7,7 Rebounds), Toni Kukoc (40 Prozent aus dem Feld) und Ron Harper offensiv kaum Faktoren waren. Williams war dagegen mit durchschnittlich 6,8 Punkten in 20 Minuten schon der viertbeste Scorer der Bulls in den Finals. "Ohne Brian Williams hätten wir es nicht geschafft", frohlockte Owner Jerry Reinsdorf anschließend.
Es brachte Williams einen großen Zahltag, im Sommer unterschrieb der Big Man einen Siebenjahresvertrag über 50 Millionen Dollar bei den Detroit Pistons und wurde prompt zum bestbezahlten Spieler des Teams. Sein Glück fand er aber auch dort nicht, angeblich versuchte er einmal während eines Fluges über den Notausgang herauszuspringen, bevor ihn seine Mitspieler daran hinderten.
Wie schon in den Jahren zuvor schwankten seine Leistungen, Pistons-Star Grant Hill nannte ihn darum öffentlich ein "Weichei." Und auch Dele, wie er nun hieß, sorgte immer wieder für kuriose Aussagen in den Medien.
Brian Williams wird zu Bison Dele
Einmal wollte er nach einer Niederlage kein Statement abgeben, weswegen er folgendes sagte: "Wir sind moderne Gladiatoren. Soweit ich weiß, wurden unterlegende Gladiatoren damals nicht befragt." Als der Reporter dann anmerkte, dass solche Gladiatoren gestorben seien, antwortete Dele: "Das ist genau mein Punkt."
In Deles zweitem Jahr wurden die Depressionen wieder schlimmer, die Pistons engagierten gleich mehrere Psychiater, unter anderem weil der Top-Verdiener im Team nur noch flüstern wollte. Basketball machte ihn nicht glücklich, sodass er im Sommer 1999 seine Karriere beendete und freiwillig auf die noch ausstehenden 35 Millionen verzichtete.
Dele fand schließlich seinen Frieden, er lebte im Libanon, er machte Rucksack-Touren durch Europa, er lief mit den Bullen in Pamplona, hatte eine Affäre mit Madonna (wie Dennis Rodman) und verliebte sich in das australische Outback.
Er kaufte sich ein Boot und nannte es Hakuna Matata (zu Deutsch: Kein Problem), mit diesem wollte er in jenen Sommer 2002 von der Südsee-Insel Tahiti durch den Pazifischen Ozean gen Hawaii segeln.
imago imagesBison Dele: Was passierte auf dem Meer?
Etwas überraschend kreuzte in diesem Sommer Deles Bruder (auch er hatte inzwischen einen anderen Namen angenommen, Miles Dabord) in Tahiti auf. Dabord hatte sich über die Jahre mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten, die beiden Brüder hatten jedoch wenig Kontakt.
Am 6. Juli stach die Crew in See, am 8. Juli kehrte das Boot zurück, allerdings nur mit Miles Dabord an Bord. Seiner Freundin erzählte er, dass sein Bruder auf einer anderen Insel weilt, sie schöpfte keinen Verdacht. Fahrt nahm die Sache erst wieder auf, als sich am 5. September ein Mann in Phoenix bei einer Bank als Brian Williams ausgab und für eine halbe Million Dollar Goldmünzen kaufen wollte.
Letztlich handelte die Bank den Mann auf 152.000 Dollar herunter, informierte aber Deles Finanzberater. Dieser fand schnell heraus, dass es sich um Deles Bruder handelte.
Bison Dele: Familien-Drama mit schlimmen Folgen
Dabord flüchtete in die Bay Area und traf sich dort wieder mit seiner Freundin, um ihr die wahre Geschichte zu erzählen. So kam es auf dem Boot zu einem Streit zwischen den Brüdern, den Deles Geliebte unterbinden wollte. Dele stieß sie jedoch weg, sie knallte mit dem Kopf auf das Deck und erlag wenig später ihren Verletzungen.
Der Kapitän riet den weiter streitenden Brüdern, dass sie sofort umkehren sollten, um das den Behörden zu melden, woraufhin Dele laut seines Bruders den Kapitän ebenfalls tötete. Dabord berichtete seiner Freundin weiter, dass er Angst bekommen und seinen Bruder deshalb aus Notwehr erschossen hätte. Die drei Leichen warf er dann über Bord und kehrte nach Tahiti zurück.
Das ist zumindest die Version von Miles Dabord. Ob sie so stimmt, wird unklar bleiben. Dabord flüchtete aus Angst vor dem FBI nach seiner Beichte über die mexikanische Grenze und wurde am Morgen des 15. Septembers bewusstlos an einem Strand in Tijuana, Mexiko aufgefunden. Die Ärzte diagnostizierten eine Überdosis Insulin, nach zwei Wochen im künstlichen Koma schalteten die Ärzte die Maschinen ab.
Bison Dele: Verschollen im Pazifischen Ozean
Fakt ist, dass Dabord nach seiner Rückkehr auf Tahiti versuchte, Beweise zu vertuschen. Er nannte das Boot um, vermeintliche Einschusslöcher wurden repariert. Zumindest wurden später Blutspuren gefunden, die Behörden aus Tahiti gehen weiterhin davon aus, dass Schüsse auf dem Boot fielen.
"Wenn man alle Teile zusammenfügt, müssen wir davon ausgehen, dass es Mord war", sagte Staatsanwalt Michel Marotte, der die Ermittlungen führte, gegenüber der Associated Press. "Vermutlich wurde eine Handwaffe abgefeuert."
Über die Gründe des Streits kann nur spekuliert werden. Deles Berater vermutet, dass Dabord erneut Geld brauchte und Dele das diesmal ablehnte. Am 12. Oktober fand schließlich in Los Angeles eine Gedenkfeier für beide Brüder statt. "Die beiden waren unterschiedlich wie die zwei Seiten einer Münze", sagte ein gemeinsamer Freund der New York Times über die beiden.
Und so wird es auch für immer bleiben. Während Miles Dabord anständig bestattet wurde, wurde die Leiche in den Tiefen des Pazifischen Ozeans niemals gefunden.