NBA Draft 2020 - Gewinner und Verlierer: Drei Fliegen mit einer Klappe

Philipp Jakob
19. November 202011:23
Der NBA Draft 2020 ist Geschichte, wer sind die Gewinner und Verlierer des Abends?twitter.com/NBA
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Der NBA Draft 2020 ist Geschichte, Anthony Edwards ist der Nr.1-Pick! So richtig glücklich sind die Minnesota Timberwolves mit diesem Pick wohl nicht, dennoch gehören sie zu den Gewinnern des Drafts. Ein Titelanwärter wirft derweil Fragen auf und die Golden State Warriors sind vom Pech verfolgt. Hier gibt es die gesamte Draft-Nacht zum Nachlesen!

NBA Draft 2020: Die Gewinner

Draft-Gewinner: Minnesota Timberwolves

Wer sich für alle Zeiten Nr.1-Pick des NBA Drafts 2020 schimpfen lassen darf, der ist ein Gewinner, keine Frage. Ob sich die Timberwolves mit Anthony Edwards als Top-Pick aber selbst in diese Kategorie einordnen, darf angezweifelt werden. Um 20.01 Uhr Ortszeit twitterte Adrian Wojnarowski (ESPN), dass sich die Wolves weiterhin in Trade-Gesprächen um den Nr.1-Pick befinden. Da waren sie offiziell schon "on the clock".

Ein Trade kam trotz der zahlreichen Spekulationen im Vorfeld nicht zustande und so ergibt der Edwards-Pick noch am meisten Sinn. James Wiseman oder LaMelo Ball hätten wohl nicht zum Kern der Wolves um Karl-Anthony Towns und D'Angelo Russell gepasst, der Georgia-Guard bringt zumindest auf dem Papier einige vielversprechende Attribute als athletischer Scorer und dem Potenzial als Verteidiger mit.

In die Riege der Gewinner des Drafts katapultierten sich Teampräsident Gersson Rosas und sein Front Office aber erst im Verlauf des Abends, vor allem mit dem Trade für Ricky Rubio. Der Point Guard kam gemeinsam mit den Picks Nr. 25 und 28 aus Oklahoma City (für Nr.17), die münzte Minnesota nach einem weiteren Deal mit den Knicks in Leandro Bolmaro und Jaden McDaniels um.

Mal ganz abgesehen davon, dass sich die Wolves so weitere vielversprechende Talente gegen Ende der ersten Runde sicherte, mit Rubio kommt zudem ein gestandener Veteran, der seine Mitspieler besser macht und als Mentor von D-Lo sowie Edwards den beiden Jungspunden ein paar Tipps mit auf den Weg gibt.

Damit hat Rosas bei der Zusammenstellung seines Kaders gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen - drei, um genau zu sein. Denn Rubio war nach dem Trade von Phoenix nach OKC alles andere als glücklich und ließ gegenüber AZ Central verlauten: "Das schmeckt mir überhaupt nicht. Du gibst alles und bei der ersten Gelegenheit muss du gehen."

Laut The Athletic habe sich der Spanier dagegen sehr schnell mit der Aussicht auf eine Rückkehr an alte Wirkungsstätte angefreundet. In Minny verbrachte er seine ersten sechs Jahre in der NBA, ohne dabei Postseason-Luft zu schnuppern. Nun will er den Wolves dabei helfen, endlich wieder einen Angriff auf die Playoffs zu starten.

Draft-Gewinner: Philadelphia 76ers

Die Probleme der Sixers in der vergangenen Saison umfassten unter anderem das nicht vorhandene Shooting, das Fehlen eines weiteren Playmakers auf den Guard-Positionen und - um es kurz zu fassen - Al Horford. Alle drei Probleme hat der umtriebige neue Teampräsident Daryl Morey am Draft-Tag adressiert.

Der Big Man wurde nach OKC verfrachtet für Danny Green, einen Shooter, und Terrance Ferguson. Im Draft nutzte Philly seine zwei Picks dann für Tyrese Maxey (Nr.21), einen guten Playmaker und Scorer aus dem Pick'n'Roll, sowie Isaiah Joe (Nr.49), der in zwei Jahren am College 37,8 Prozent seiner Dreier bei 9,1 Versuchen pro Partie durch die Reuse hämmerte.

Und zu guter Letzt fädelte Morey auch noch einen Trade mit den Mavs ein, der Josh Richardson und den Nr.36-Pick für Seth Curry eintauschte - noch ein Shooter, der aber gleich auch zu den besten der Liga gehört und der auch für sich und die Teamkollegen kreieren kann. Die Sixers haben ihren Kader um das Superstar-Duo Joel Embiid und Ben Simmons sinnvoll verstärkt und sind gleichzeitig zwei Besserverdiener losgeworden. Keine schlechte Ausbeute, auch wenn sie dafür selbst Picks abgeben mussten.

Draft-Gewinner: Washington Wizards und Sacramento Kings

Dass Deni Avdija an Position neun und Tyrese Haliburton an Position zwölf zu haben sein würden, schien vor dem Draft fast ausgeschlossen. Beide wurden deutlich höher gehandelt und fielen am Ende doch den Wizards (Avdija) und Kings (Haliburton) in die Hände. Haliburton, der durch seinen Anzug allein schon zu den Gewinnern zählte, wird in Sacramento sofort beim Kampf um die Playoffs helfen können, sowohl als Backup für De'Aaron Fox oder auch neben Buddy Hield - sofern der unzufriedene Guard nicht noch getradet wird.

Avdija derweil ist ein guter Fit auf dem nicht gerade üppig besetzten Flügel der Wizards, der neben John Wall und Bradley Beal zusätzliches Playmaking liefern kann oder auch abseits des Balls mit seinen Cuts Gefahr ausstrahlt. Und immerhin ein wenig Defense liefert. Obwohl er entgegen der Erwartungen bis auf Position neun gefallen ist gehört der Israeli ebenfalls zu den Gewinnern des Abends. Allein schon aufgrund seiner Party-Location ...

Draft-Gewinner: Oklahoma City Thunder

Diese Überleitung führt uns direkt zu Aleksej Pokusevski, der sich mit seinem nächsten NBA-Gehalt vielleicht als allererstes einen Eventplaner zulegen sollte, falls es irgendwann mal wieder etwas zu feiern gibt. So sah das am eigenen Wohnzimmertisch doch etwas traurig aus.

Dagegen gibt es eigentlich Grund zur Freude im Hause Pokusevski, denn als Nr.17-Pick der Thunder wird er in Oklahoma City sicherlich genügend Zeit bekommen, sich zu entwickeln. Druck gibt es in OKC ohnehin keinen, der Rebuild ist in vollem Gange.

Mit dem Horford-Trade sicherte sich GM Sam Presti den 16. Erstrundenpick bis 2026. So hatte er auch kein Problem damit hochzutraden, um sich den serbischen Big zu sichern. In der zweiten Runde schlug OKC ebenfalls in Europa zu mit Theo Maledon (Nr.34) und Vit Krejci (Nr. 37).

Draft-Gewinner: Obi Toppin

Der 22-Jährige bekam kaum ein Wort raus bei seinem Interview mit ESPN, zu sehr überwältigten ihn die Emotionen. "Ich komme aus New York. Dass ich meine Stadt repräsentieren darf, ist unglaublich", stotterte Toppin dann doch noch unter Tränen zusammen.

Für Dunk-Maschine und College Player of the Year Toppin lief damit der Draft-Abend perfekt, auch die Knicks dürften ziemlich glücklich sein. Schließlich war schon im Vorfeld bekannt, dass sich Teampräsident Leon Rose den Big Man sehr gut im Madison Square Garden vorstellen konnte. Immerhin musste er nicht nach oben traden und Assets abgeben, um ihn zu bekommen.

Toppin bringt Talent und die Aussicht, die Fans zu begeistern, mit - und sicherlich genauso viele Fragezeichen zum Beispiel in der Defense. Die Probleme auf der Guard-Position hat man in New York ebenfalls nicht adressiert. Perfekt lief der Draft für die Knicks deshalb definitiv nicht. Für Toppin aber schon.

NBA Draft 2020: Die Verlierer

Draft-Verlierer: Milwaukee Bucks

Die merkwürdigste Story des Abends entwickelte sich schon wenige Stunden vor dem ersten Auftritt von Commissioner Adam Silver in den ESPN-Studios, wo der virtuelle Draft abgehalten wurde. Es ging um die Bucks und deren Fall von einem der frühen Gewinner der Offseason zur Lachnummer.

Was war passiert? Vor wenigen Tagen sickerte durch, dass Milwaukee Restricted Free Agent Bogdan Bogdanovic per Sign-and-Trade in die Bierstadt gelockt hätte. Das Problem dabei war jedoch, dass offenbar niemand diesen Plan mit dem Serben selbst abgesprochen hat. Und so war am späten Mittwochabend zu vernehmen, dass der Deal geplatzt sei und Bogdanovic plane, am Freitag in die Restricted Free Agency zu starten, um sich selbst nach Angeboten oder Sign-and-Trade-Szenarien umzuhören.

Brian Windhorst (ESPN), der schon seit 18 Jahren im NBA-Zirkus dabei ist, habe eigener Aussage zufolge so eine Situation auch noch nie erlebt. Mitunter ist das alles aber nur Schwindel. Wie Windhorst spekuliert, könnten die Bucks dies alles nur als Ablenkungsmanöver an die Medien gespielt haben, um so zu verhindern, dass der Deal wegen Tampering von der NBA gecancelt wird. Denn eigentlich sind Verhandlungen erst ab Freitag erlaubt, rivalisierende Executives sollen außer sich gewesen sein, als sie von dem angeblich fixen Sign-and-Trade erfahren haben.

So oder so: Die Bucks kommen in dieser Eskapade nicht gut weg.

Bogdan Bogdanovic steht angeblich kurz vor einem Wechsel zu den Milwaukee Bucks - oder doch nicht?getty

Draft-Verlierer: Golden State Warriors

Genau wie im Falle der Bucks hat auch bei den Warriors der Draft an sich nichts damit zu tun, warum Golden State in der Verlierer-Kategorie landet. Letztlich sind alle Fans der NBA Verlierer bei der News, die in der Nacht die Runde machte: Klay Thompson hat sich wohl erneut schwerer verletzt.

Der Splash Brother soll sich bei einem Workout mit anderen aktuellen und ehemaligen NBA-Stars in Los Angeles verletzt haben, womöglich an der rechten Achillessehne. Chris Haynes von Yahoo! Sports sprach von einer "signifikanten" Verletzung, laut GM Bob Myers sei man bei den Warriors "gleichzeitig hoffnungsvoll und besorgt". Am Donnerstag soll eine MRT-Untersuchung mehr Klarheit schaffen.

Eigentlich wurden die Dubs bereits im Favoritenkreis der NBA fest eingeplant. Ein fitter Thompson, der die vergangene Saison mit einem Kreuzbandriss komplett aussetzte, ein fitter Stephen Curry, ein ausgeruhter Draymond Green und dazu ein hoher Draft-Pick - die Voraussetzungen, das Übergangsjahr mit dem letzten Platz im Westen schnell vergessen zu machen, waren gegeben.

Nun finden sich hinter der Saison der Dubs neue Fragezeichen. Dass Golden State mit James Wiseman an Position zwei im Draft ein hoffnungsvolles Talent als Brücke für eine neue Warriors-Ära verpflichtet hat oder mit Nico Mannion (Nr.48) womöglich ein Steal gelang, rückte in Angesicht der Klay-News in den Hintergrund.

Draft-Verlierer: Boston Celtics

Danny Ainge wollte unbedingt einen der vorderen Picks haben, dafür soll er sogar alle drei Erstrundenpicks der Kelten (Nr.14, Nr. 26 und Nr. 30) im Vorfeld des Drafts auf den Tisch gelegt haben. Nur wollte niemand anbeißen, wieder einmal. Das Thema mit dem erfolglosen Versuch, nach oben zu traden, kennt man mittlerweile in Beantown.

Letztlich musste man sich mit Aaron Nesmith, Payton Pritchard und einem Trade mit den Grizzlies für den 30. Pick zufriedengeben. Zwar sollte vor allem Nesmith als hervorragender Shooter gut zu den Celtics passen, dennoch hat man sich wohl etwas mehr erhofft. Vielleicht hat Ainge ja bei einem potenziellen Gordon-Hayward-Trade mehr Glück.

Apropos Trade: Von der an mancher Stelle erwarteten Flut an Deals war die ersten eineinhalb Stunden lang nichts zu sehen. Erst nach der Lottery nahm das Trade-Karussell dann mit Rubio, dem Deal um Landry Shamet zu den Nets und später den Mavs so richtig an Fahrt auf.

Draft-Verlierer: R.J. Hampton

Die Nuggets hoffen in R.J. Hampton auf einen Steal, mit Michael Porter Jr. haben sie in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie keine Angst vor langfristigen Projekten im Draft haben. Der über-athletische Combo-Guard, der an seinem Wurf und Playmaking schrauben muss, könnte in Denver die perfekte Situation vorfinden, um sich in Ruhe zu entwickeln.

Im Gesichtsausdruck des 19-Jährigen war dies aber nicht erkennbar. Hampton, der 2019/20 genau wie LaMelo in der australischen NBL spielte und nur bedingt überzeugte, nahm die Nachricht fast regungslos auf. Schließlich galt er vor gut einem Jahr als potenzieller Top-10-Pick, nun landete auf Position 24. Die Bucks-Cappie flog zwischenzeitlich durch den Raum, wie gut, dass der Trade zu den Pels und weiter zu den Nuggets vorher schon feststand.

Draft-Verlierer: Phoenix Suns

Der Pick von Jalen Smith sorgte für Stirnrunzeln unter den Draft-Experten. John Hollinger (The Athletic) hatte den Big von Maryland zum Beispiel auf Position 31 in seinem Board geführt, bei The Ringer wurde er auf Platz 17 geführt, ebenso bei Chad Ford. Kurzum: Smith wäre auch weiter unten noch zu haben gewesen.

Aber gut, was die Suns von Draft Boards der Experten halten, stellten sie bereits 2019 unter Beweis, als sie die Beobachter mit Cameron Johnson als Nr.11-Pick schockten. Was in diesem Fall aber zusätzlich stört: Smith wird als Stretch-Big nicht an Deandre Ayton vorbeikommen und wohl eher nicht sofort beim Playoff-Push der Suns helfen können. 3-and-D-Spezialisten wie Devin Vassel oder ein Shooter wie Aaron Nesmith wären noch zu haben gewesen.

NBA Draft: Alle Picks aus der Lottery im Überblick

PickTeamPick
1Minnesota TimberwolvesAnthony Edwards
2Golden State WarriorsJames Wiseman
3Charlotte HornetsLaMelo Ball
4Chicago BullsPatrick Williams
5Cleveland CavaliersIsaac Okoro
6Atlanta HawksOnyeka Okongwu
7Detroit PistonsKillian Hayes
8New York KnicksObi Toppin
9Washington WizardsDeni Avdija
10Phoenix SunsJalen Smith
11San Antonio SpursDevin Vassell
12Sacramento KingsTyrese Haliburton
13New Orleans PelicansKira Lewis Jr.
14Boston Celtics (von Memphis)Aaron Nesmith