Nach einem bärenstarken Start sind die Golden State Warriors inzwischen nur noch Dritter im Westen und durchlaufen im Moment ihre schwierigste Phase der Saison. Was sind die Gründe dafür und welche Auswirkungen hat dies auf die Championship-Ambitionen der Dubs?
Wenn Steve Kerr sich in den Medien beschwert, dann hat dies meist einen Grund. Der Warriors-Coach lernte bei Phil Jackson und Gregg Popovich, entsprechend kennt der 56-Jährige alle Tricks. Nach der Pleite gegen die Lakers wurden so weniger die Probleme des Teams adressiert, sondern stattdessen darüber refereriert, wie unfair die NBA das Nachholspiel gegen Denver terminierte.
Dies war natürlich völliger Humbug, schließlich ist der Spielplan so eng getaktet, dass sich Back-to-backs in solchen Situationen kaum vermeiden lassen. Und die Nuggets? Die hatten so sogar vier Spiele in fünf Tagen. Aus der Mile High City war dagegen weniger zu vernehmen, was kaum verwundert, schließlich sind sie eines der heißesten Teams der Liga.
Golden State läuft auf der Gegenseite Gefahr, nach neun Pleiten aus zwölf Spielen sogar den Heimvorteil zu verspielen. Der Sieg gegen die Clippers brachte einen Tag später etwas Entlastung. Nach dem brandheißen Start sind die Warriors dennoch nur noch Dritter im Westen, selbst Utah (3 Spiele Rückstand) und Dallas (3,5) sind noch in Reichweite.
Was ist also mit dem Team passiert, welches mit 17-2 startete, die Suns an Weihnachten in deren eigener Halle vorführte und von nicht wenigen als Favorit auf den Meistertitel angesehen wurde? Wir werfen einen Blick auf die Problemfelder der Dubs in den vergangenen Wochen und Monaten.
1. Warriors vermissen weiter Draymond Green
Wenn die vergangenen Wochen eines deutlich gemacht haben, dann, dass Green nicht zu ersetzen ist. Stephen Curry mag das Gesicht des Teams sein, aber der Forward ist Herz und Seele der Franchise und hat beinahe die gleiche Wertigkeit wie der beste Schütze aller Zeiten. Seit Anfang Januar fehlt der Forward nun, in diesem Zeitraum verbuchten die Dubs eine Bilanz von 15-14, also biederer Durchschnitt.
Ex-Mitspieler Festus Ezeli brachte es in einem Radio-Interview mit Sirius XM zuletzt treffend auf den Punkt: "Er ist nicht der beste Spieler im Team, aber der Wichtigste (...) Ohne ihn ist der Small Ball nicht umsetzbar." Vor seiner Verletzung galt Green als Favorit für seinen zweiten Defense-Player-of-the-Year-Award, der 32-Jährige wirkte so spritzig wie zuletzt in den Championship-Jahren.
Green sagt alle defensiven Plays an, er kann alle Positionen verteidigen, er leitet den Fastbreak an. Es war kein Zufall, dass Golden State bis zu seinem Ausfall die mit Abstand beste Defense der NBA stellte (Defensiv-Rating: 103,2). Green mag nicht der elitäre Shotblocker sein, sein IQ ist aber so hoch, dass er immer Wege findet, um gegnerische Angriffe zu stören.
Dies macht den Impact manchmal schwer messbar, gleiches gilt für den Angriff. 8 Punkte und 8 Assists im Schnitt klingen wenig, doch Green ist Golden States bester Playmaker und Screener in einem. Den Warriors fehlen abgesehen von Curry Spieler, die konstant Würfe für sich selbst kreieren können, umso mehr macht sich die Absenz von Green bemerkbar, der mit seiner Kreativität dies ein wenig ausmerzen konnte.
Die letzte Schwächephase nur an Green auszumachen, wäre aber zu einfach. Zwischenzeitlich gelangen auch neun Siege am Stück, darunter Erfolge gegen Utah, Dallas und Minnesota. Immerhin hat das Warten auf den Forward bald ein Ende, am 14. März will der All-Star beim Heimspiel gegen die Wizards wieder eingreifen.
2. Warriors treffen zu schlecht von draußen
Über die Probleme des Kreieren haben wir bereits gesprochen, aber auch das Verwandeln von Würfen stellt ein Problem dar. Das fängt bereits bei den großen Namen an. Stephen Curry (wir zählen die 5 Spiele 2019/20 nicht) und Klay Thompson treffen so schlecht wie noch nie aus der Distanz. Die Splash Brothers hatten vor der Saison noch nie unter 40 Prozent von Downtown in einer Spielzeit verwandelt, für den Moment stehen sie bei jeweils 37 Prozent.
Besonders Curry findet 2022 seinen Rhythmus überhaupt nicht mehr. 35 Prozent sind für ihn katastrophal und einer der Gründe, warum sich der Guard inzwischen aus der MVP-Diskussion verabschiedet hat. Von den Rotationsspielern trifft in diesem Kalenderjahr nur Rookie Moses Moody über 40 Prozent, als Team sind es gerade einmal knapp 36.
Aufsteigende Form zeigte zumindest Jordan Poole, der vor der All-Star-Pause in einem fetten Slump steckte und sich seither wieder etwas Selbstvertrauen holte. Es war der Nebeneffekt der Thompson-Rückkehr. Poole musste zurück auf die Bank und dieser gab unumwunden zu, dass dies eine Umstellung für ihn darstellte.
3. Andrew Wiggins hat abgebaut
Apropos Slump, in einem solchen steckt auch Andrew Wiggins. Seitdem der Kanadier überraschend zum All-Star gewählt wurde, ist es merklich still um den Forward geworden. Seit Februar legt Wiggins gerade einmal 14 Punkte bei nur 41 Prozent aus dem Feld auf und erinnert wieder mehr an Minnesota-Wiggins als an die perfekte dritte Option, die er für Golden State in den ersten Saisonmonaten war.
Wiggins wirkt oft passiv und sucht kaum noch den Weg zum Korb, was bei seiner Athletik und seinen Skills unverständlich ist (nur 1,9 Freiwürfe pro Spiel seit 1. Februar). Womöglich ist es aber auch Kopfsache, denn die Freebies gehen nicht rein. Wiggins war nie ein starker Freiwerfer (Karriere: 72 Prozent), aber unter 40 Prozent Erfolgsquote sind dann schon fast Ben-Simmons-in-den-Playoffs-Niveau.
Es fehlt aber nicht nur Wiggins' Scoring, auch seine Qualitäten am hinteren Ende des Courts kommen nicht mehr wie gewünscht zur Geltung. Der Kanadier ist Abend für Abend für die besten Perimeter-Spieler des Gegners zuständig und sah nun mehrfach schlecht aus. Luka Doncic machte gegen Wiggins, was er wollte, zudem war es kein Zufall, dass LeBron James mal eben 56 Punkte gegen Golden State auflegte.
Andrew Wiggins: Seine Splits
/ | PTS | FG% | 3P% | FTA | FT% | Rebounds | Assists |
bis 31.1. | 18,3 | 48,7 | 41,6 | 3,4 | 67,1 | 4,3 | 2,1 |
seit 1.2. | 13,9 | 41,4 | 36,9 | 1,9 | 39,1 | 4,0 | 2,8 |
4. Warriors und die Schattenseiten des Small Balls
So richtig öffentlich begann diese Diskussion kurz vor dem All-Star-Break, als die Warriors Hassan Whiteside in Utah (17 Rebounds, 7 Blocks) wie einen All-NBA-Center aussehen ließen. "Wir sahen heute klein aus", stöhnte Coach Kerr im Anschluss und ärgerte sich über die fehlenden Fundamentals seiner Mannen.
"Wenn wir weiter klein spielen wollen, dann ist es unumgänglich, dass jeder seinen Teil beiträgt und ausboxt", führte Kerr aus. Es ist ein Umstand, der die Warriors verfolgen wird. Mit Kevon Looney haben die Dubs nur einen echten (fitten) Center. Dass der frühere Nr.2-Pick James Wiseman, der immer noch kein Spiel in dieser Saison gemacht hat, in irgendeiner Form in den Playoffs helfen wird, ist unwahrscheinlich.
Die Warriors haben sich dem Small Ball verschrieben und müssen das nun auch durchziehen. Abende wie in Utah wird es immer mal wieder geben, doch bisher war die Größe nur vereinzelt problematisch. In Sachen Defensiv-Rebounds sind die Dubs Top-10, dazu zählen sie weiter zu den besten Teams, die den eigenen Korb beschützen.
Die Frage wird sein, ob dies auch in den Playoffs der Fall ist. Mit Ausnahme von Dallas (Dwight Powell zählt nicht!) haben die Top-10 im Westen alle einen großen, klassischen Center, Teams wie Memphis oder Minnesota starten sogar zwei echte Bigs. Kann Golden State einen Nikola Jokic oder einen Karl Towns beständig ärgern? Was ist mit elitären Reboundern wie Steven Adams, Jarred Vanderbilt oder Ivica Zubac?
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein guter Big nicht zwingend notwendig ist, damit man um die Meisterschaft spielt, aber in gewissen Matchups könnte die fehlende Größe tatsächlich ein Problem werden.
Golden State Warriors sind weiter heißer Titelkandidat
All das sind für den Moment temporäre Schwierigkeiten, gerade Green sollte viele der angesprochenen Punkte mit seiner Präsenz lösen. Schwache Phasen haben alle Teams, auch Championship-Kandidaten. Und ein solcher sind die Warriors in Bestform definitiv.
Der heiße Start (mit einem leichten Programm) hat womöglich ein wenig geblendet und der Westen ist gerade in der Spitze in den vergangenen Monaten wieder stärker geworden, dennoch müssen die Warriors in sieben Spielen erst einmal geschlagen werden.
Die Verletzungen hatten schließlich auch positive Nebeneffekte. Jonathan Kuminga bekam mehr Spielzeit und entpuppt sich als echte Alternative, gleiches gilt für Rookie-Kollegen Moody, der, wie bereits angesprochen, ein guter Schütze ist. Ob sie letztlich ein Faktor in der Postseason sein werden, ist nicht klar, dafür sind die Warriors auf dem Papier einfach zu tief.
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