LeBron James feiert am 30. Dezember seinen 37. Geburtstag und durfte sich als verfrühtes Geburtstagsgeschenk auf einer komplett neuen Position versuchen. Diese aus der Not geborene Aktion trägt ihre Früchte und wirft die Frage auf, ob wir den King von nun an öfters in ungewohnter Rolle erleben werden.
Als LeBron James am Dienstagabend in Houston den Court des Toyota Centers betrat, war eigentlich alles wie in seinen 1.331 Spielen als Starter zuvor. Zugegeben, Mitspieler hat er in seinen 19 Jahren in der Association schon unzählige gesehen und seine Trikotfarben haben sich im Laufe der Jahre auch schon öfters geändert.
Dass die Fans reihenweise ausflippen und er der beste Spieler seines Team sein muss, ist dagegen nicht neu. Erst recht nicht mit seinen nun 37 Jahren. Neu war allerdings die Ankündigung des Hallensprechers wenige Minuten zuvor. "Starting Center, LeBron James."
Diese vier Wörter hatte noch nie ein Ansager in einer NBA-Halle über die Lippen gebracht, genauso wenig wie in irgendeiner anderen Halle in dieser Welt. "Ich bin noch nie in meinem Leben als Center gestartet", bestätigte James im Anschluss.
Es scheint nahezu unglaublich, dass LeBron, der in seiner Karriere alles gesehen und gewonnen hat, nun auf einer für ihn neuen Position aufläuft. Er muss auf einmal nicht mehr der beste, sondern auch noch der größte Spieler seines Teams sein. Diese Maßnahme mutete nach zuletzt fünf Niederlagen in Serie wie eine Verzweiflungstat an, könnte sich jedoch zu einer Win-Win-Situation entwickeln.
LeBron James und die Lakers in der Krise
Um die Hintergedanken dieser Maßnahme nachvollziehen zu können, müssen wir etwas tiefer in die derzeitige Situation der Lakers eintauchen. Die bisherige Saison ist aus ihrer Sicht eine ziemliche Katastrophe. Nichts anderes als die Championship war das erklärte Ziel der Offseason, davon ist das Team derzeit meilenweit entfernt.
Talen Horton-Tucker verpasste aufgrund Verletzungen und Leistungsschwankungen den erhofften nächsten Schritt, Anthony Davis fehlt erneut verletzungsbedingt, Star-Neuzugang Russell Westbrook passt bisher nicht ins System und viele Spieler landen immer wieder im Corona-Protokoll. Dazu kommt aktuell Platz 7 im Westen bei einer negativen Bilanz.
Nach einem schlimmen Saisonstart hatte sich das Team kurzzeitig gefangen, seit der Verletzung von AD hagelte es aber fünf Niederlagen in Serie. LeBron spielte zwar auf All-NBA-Niveau, Hilfe bekam er aber offensiv sowie defensiv viel zu wenig.
Lakers: Die Fehler liegt nicht bei LeBron
Als James noch vor wenigen Jahren zwei Cavs-Rumpftruppen in Folge in die Finals führte, war die Devise recht klar: LeBron + drei vernünftige Shooter + Tristan Thompson, der immerhin eine Maschine an den Brettern war, und ab geht die Post.
Bei den Lakers funktioniert das so nicht. Die beiden Big Men DeAndre Jordan und Dwight Howard sind bei weitem nicht mehr die Athleten früherer Tage, Westbrook ist der vielleicht schlechteste Shooting-Point-Guard der Geschichte und auch sonst wird viel und gerne daneben geworfen (Platz 17 bei der Dreierquote).
Um dieser Misere entgegenzuwirken, entschied Coach Frank Vogel von der heimischen Couch aus (Corona-Protokoll), seinen Star von Beginn an auf der Fünf starten zu lassen, nachdem er dieses Stilmittel in der bisherigen Saison schon einige Male über vereinzelte Stretches erfolgreich eingesetzt hatte.
Lebron James als Center der Lakers
"Die Jungs taten so, als wäre das keine große Sache gewesen, also sagte ich zu ihnen: 'Ich glaube nicht, dass ihr versteht, was dieser Typ da gerade getan hat. Er hat vier Viertel lang auf der Fünf gespielt und dort dominiert, während er eigentlich Point Guard war'. Dieser Typ ist unglaublich", sagte Interims-Coach David Fizdale nach dem Sieg über die Rockets, dem einzigen aus den letzten sieben Spielen.
Tatsächlich trug die Umstellung merklich Früchte. Ohne einen Non-Shooter auf der Fünf waren die Lakers deutlich variabler, erarbeiteten sich viele gute Würfe (auch wenn sie wie gewohnt einige liegen ließen) und trafen ihre Dreier (41,2 Prozent). Vor allem Westbrook profitierte von der Umstellung, er hatte schlichtweg viel mehr Platz für seine Drives, die ihn einst zu einem Superstar gemacht haben.
Für LeBron selbst war die Umstellung nicht dramatisch. "Ich kann jede Art von Basketball spielen. Das ist mein 19. Jahr und ich war meine gesamte Karriere über erfolgreich in der Offensive. Wenn wir groß spielen, bin ich erfolgreich, und wenn wir klein spielen, bin ich erfolgreich. Mein Spiel ist nicht eindimensional", sagte er.
LeBron James: Der schlaksige Junge ist Geschichte
Auf der Fünf kann er seine Stärken teilweise sogar besser ausspielen, wenn er auf das richtige Matchup trifft. Seine Passer-Qualitäten kann er im Jokic-Style aus dem Post oder von der Birne aus blendend einsetzen und auch seine unterschätzten Qualitäten als Roll-Man kommen besser zum Tragen. Laut nba.com/stats ist er mit 1,64 Punkten pro Possession der beste Roll-Man der Liga, normalerweise läuft er dieses Play aber eben als Ballhandler.
Zugleich könnte die Fünf auch LeBrons Alter entgegen kommen. Die Liga ist nicht mehr dieselbe wie bei seinem Debüt vor über 18 Jahren. Die Old-School-Center, die unermüdlich in der Zone wühlten, sind Raritäten geworden. Der moderne Center ist athletischer geworden und kann das Feld breit machen. Zugleich wird vielmehr auf Small Ball gesetzt, sodass James auf der Fünf gar nicht so klein wirkt.
"Ich war früher ein dünner, schlaksiger Junge und nie einer von den größeren Jungs", sagte James. Der dünne, schlaksige Junge von damals ist wahrlich Geschichte, mit 2,06 Meter und einem Kampfgewicht von 113 Kilogramm kann ihn niemand so einfach in der Zone umherschieben. Laut thehoopsgeek.com liegt die Durchschnittsgröße auf der Center-Position derzeit bei 2,10 Meter.
Die Frage, die sich in Anbetracht dessen stellt, ist doch, warum James nicht schon länger Center spielt. Dafür gibt es unzählige Gründe, der Hauptgrund ist aber, dass er es selbst nie wollte. Und das hat nicht zuletzt mit dem hohen Energieaufwand zu tun, den der designierte Center vor allem defensiv betreiben muss.
LeBron als Center: Das Problem ist die Defense
Seit Jahren ist der einst elitäre On-Ball-Verteidiger James defensiv oft mit eher schwachen Offensivspielern des Gegners beschäftigt. Einerseits, um Energie zu sparen, andererseits, um seine Spielintelligenz als Roamer zu nutzen, der des Öfteren mal aus dem Nichts einen Pass abfängt oder einen Wurf von der Weakside blockt. Es bot auch die Möglichkeit, ihn mal für einige Plays defensiv zu verstecken.
Ohne Big an seiner Seite ist LeBron nun jedoch gleichzeitig der Ringbeschützer seines Teams, der nicht versteckt werden kann. Es steht dann keiner neben ihm, um seine Fehler oder die der anderen Flügelspieler zu beheben. 123 kassierte Punkte von den Rockets (sechstschlechteste Offense der Liga) sind dann eben der Preis für freiere Passwege in der Offensive, und diese Rechnung ist kein Einzelfall.
Die LeBron-als-Center-Lineups müssen in der jetzigen Version offensiv den Unterschied ausmachen. Laut Cleaning the Glass gelingt das recht oft: Lineups mit LeBron ohne einen der drei echten Bigs erzielen 116 Punkte pro 100 Ballbesitzen, 9 Punkte über ihrem Saisonschnitt. Die Defense ist angreifbar (108,9), aber konkurrenzfähig und sogar auch knapp besser als der Saisonschnitt (110,1).
LeBron James und das Rezept seines Erfolgs
Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass LeBron auf Dauer auf der Fünf starten wird. Bereits bei der Niederlage gegen die Grizzlies kehrte Howard zurück ins Starting Lineup, auch wenn er nur 16 Minuten spielte und James somit wieder viel Zeit ohne Center auf dem Court verbringen durfte.
LeBron wird dennoch nicht auf einmal zum Mann fürs Grobe. Er spielte in seiner Karriere oft neben flexiblen Power Forwards (Chris Bosh, Kevin Love und Anthony Davis) und eher klassischen Centern. Im Laufe des Spiels wurden die Lineups in der Regel kleiner und die Vierer rutschten auf die Fünf. Nach diesem Rezept gewann er seine Titel mit den Heat, Cavs und auch mit den Lakers vor zwei Jahren.
Wenn Davis wieder zurückkehrt, wird er vermehrt auf der Fünf starten. Es ist kein Geheimnis, dass die Lakers besser sind, wenn sie kleiner spielen. Das war 2020 schon so und das ist auch in diesem Jahr so, auch wenn die klassischen Center Howard und Jordan nicht beide komplett aus der Rotation fallen werden.
Es ist dennoch gut zu wissen, dass die Lakers diese Trumpfkarte in der Hinterhand haben. Mal sehen, ob sie ihre Saison so weit in den Griff bekommen, dass die neueste Version des nun 37-Jährigen auch noch auf einer größeren Bühne ausprobiert werden kann. Oder ob seine individuell einmal mehr spektakuläre Saison am Ende untergeht.
LeBron James' Statistiken 2021/22
Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Steals | Blocks | FG% | 3FG% | Turnover |
24 | 37,2 | 28 | 7,2 | 6,8 | 1,7 | 1,1 | 52 | 36,9 | 3,6 |
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