NBA Mailbag: Letzte Chance auf den Titel? Diesem Team droht im Sommer der große Knall

Philipp Jakob
25. März 202210:07
Kommt Kawhi Leonard in dieser Saison noch einmal zurück?getty
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In der neuesten Ausgabe des NBA Mailbags liegt der Fokus auf der Western Conference. Welcher Außenseiter kann für Furore sorgen? Werden die Clippers und Nuggets zum Titelanwärter oder bleiben sie in der Warteschlange stecken? Und wer kämpft um seine letzte Chance auf den Titel?

Die Association befindet sich inmitten der heißen Saisonphase, in den kommenden Wochen entscheidet sich, wer die letzten Tickets für die Playoffs bekommt und wer ab Mitte April auf die Couch verbannt wird. SPOX-Redakteur Philipp Jakob wirft im Mailbag schon mal einen Blick voraus auf die Postseason. Neue Fragen für die nächste Ausgabe könnt Ihr schon jetzt via Twitter an ph_jakob senden.

NBA Mailbag: Dieses Team muss in den Playoffs liefern

SPOX-User Yalleeee: Für welche Teams ist diese Saison die vielleicht letzte Chance, in der aktuellen Zusammensetzung um den Titel zu spielen?

Werfen wir doch zunächst einmal einen Blick auf die fünf größten Titelfavoriten 2022. Die Buchmacher in Las Vegas rechnen den Suns, Warriors, Nets, Bucks und Sixers die größten Chancen auf die Larry O'Brien Trophy zu, all diese Teams verfügen über einen Kern, der ihnen auch in der nahen Zukunft einen Platz an der NBA-Spitze garantieren sollte.

In Philly wollen Joel Embiid und James Harden langfristig einen Titelanwärter stellen, bei den Warriors denken Stephen Curry, Klay Thompson und Draymond Green noch lange nicht ans Aufhören. Die Big Three der Bucks um Giannis Antetokounmpo ist noch lange ans Team gebunden, Kevin Durant wird Brooklyn ebenfalls so bald nicht verlassen. Im Falle der Suns muss höchstens die ungewisse Vertragssituation von Deandre Ayton angemerkt werden und Chris Paul wird auch nicht jünger.

Hinter dieser Top 5 zeigt bei den meisten Playoff-Teams der Trend ebenfalls nach oben, Memphis mit Ja Morant, Dallas mit Luka Doncic, Denver mit Nikola Jokic und dem potenziellen Comeback seiner Star-Kollegen oder Boston mit Jayson Tatum sollen hier nur beispielhaft erwähnt werden.

Miami hat zwar einen relativ alten Kern (Jimmy Butler: 32 Jahre, Kyle Lowry: 36) und der Kader wird bald sehr teuer. Doch ein weiterer Anlauf sollte auch nach 2021/22 noch machbar sein, immerhin haben die Heat noch einen Bam Adebayo (24) oder einen Tyler Herro (22). Deutlich mehr Fragezeichen bezüglich der Zukunft und enormen Erfolgsdruck in dieser Spielzeit gibt es aber vor allem bei einem potenziellen Titelanwärter, den Utah Jazz.

Deren Playoff-Bilanz der vergangenen fünf Jahre liest sich mit drei Pleiten in der zweiten und zwei Pleiten in der ersten Runde enttäuschend gemessen an den hohen Erwartungen, die unter anderem eine dominante Regular Season 20/21 mit sich brachte. In der Postseason wurden die Schwächen des Kaders um die beiden Stars Donovan Mitchell, der seit vier Jahren Teil der Franchise ist, und Rudy Gobert aber schonungslos offengelegt - Thema Small-Ball.

Über die Probleme in der aktuellen Spielzeit wurde schon an anderer Stelle geschrieben, sollte es dieses Jahr also erneut nicht mit einem tiefen Playoff-Run klappen, wird in der Offseason unweigerlich diese Frage zum bestimmenden Thema im Mormonenstaat:

SPOX-User hesitation: Muss man das Jazz-Team gegebenenfalls aufbrechen, wenn erneut ein frühes Playoff-Aus droht?

Meiner Meinung nach muss die Antwort auf diese Frage im Sommer "Ja" lauten. Sollten die Conference Finals außer Reichweite sein, muss dieser Nukleus aufgebrochen werden. Für mehr scheint das Playoff-Ceiling mit Mitchell und Gobert dann nicht zu reichen. Mehr Beweise würde es nicht brauchen.

Das Verhältnis zwischen den beiden Franchise-Stars wird ohnehin häufig als eisig beschrieben, bleibt dann auch noch der Postseason-Erfolg aus, kann dies schnell zu Abwanderungsgedanken führen. Zwar stehen beide noch bis 2026 unter Vertrag, doch das heißt in der modernen NBA bekanntlich nicht viel.

Das Team sollte in diesem Fall um Mitchell neu aufgebaut werden, auch wenn ein Trade von Gobert aufgrund dessen üppigen Vertrags (noch 169,7 Mio. Dollar über vier Jahre nach dieser Saison) und seinen Limitationen in der Offense wohl knifflig wäre. Mitchell abzugeben, der deutlich jünger ist (25 zu Goberts 29 Jahren) und noch mehr Potenzial in sich hat, sollte aber nicht der Weg sein.

Genauso wenig wie ein weiterer Anlauf mit marginalen Veränderungen am Kaderrand. Der ergibt nur Sinn, wenn dieses Jahr tatsächlich ein tiefer Playoff-Run gelingt. Die Jazz befinden sich inmitten einer "Finals-or-Bust"-Saison.

NBA: Dieser Außenseiter kann in den Playoffs für Furore sorgen

SPOX-User hesitation: Welches "Nicht-HCA-Team" - also ein Team, das ohne Heimvorteil in die Postseason geht - könnte im richtigen Matchup im Westen einen tiefen Playoff-Run starten?

Wohl aus gutem Grund beschränkt sich die Frage nur auf die Western Conference, denn im Osten wäre die Antwort relativ langweilig, weil eindeutig: Die Brooklyn Nets werden sich zwar erst durchs Play-In schlagen müssen, dann wird aber keiner der Top-Seeds mit diesem Matchup glücklich sein. Dafür sorgt allein schon Kevin Durant, ab Sonntag weiß der Slim Reaper zusätzlich auch in Heimspielen Kyrie Irving an seiner Seite. Damit sind die Nets trotz des fehlenden Heimvorteils ein Anwärter auf die Ost-Krone. Aber nun zum Westen, denn da gibt es gleich mehrere Kandidaten.

Vorweg: Während sich im Osten bereits anbahnt, wie die Top 4 aussehen wird (Heat, Sixers, Bucks, Celtics - nur die Reihenfolge ist noch offen), ist diese Frage im Westen etwas komplizierter. Mit Phoenix, Memphis und Golden State darf man rechnen, obwohl die Warriors nicht unbedingt in Topform sind. Dahinter balgen sich die Jazz und Mavericks um Platz 4 und damit die letzte Chance auf den Heimvorteil. Selbst die Nuggets sind noch nicht komplett aus der Verlosung, aber dazu später mehr.

Aktuell sind Dallas und Utah gleichauf (jeweils 45-28), auf dem Papier liegt der Vorteil in den verbliebenen neun Spielen bei den Texanern. Die Mavs haben ein deutlich leichteres Restprogramm, die Mannen vom Salzsee dagegen das ligaweit sechstschwerste - aber wie gesagt, nur auf dem Papier.

Zwar geht es noch gegen die Top 3 des Westens, doch die angesprochenen Warriors haben gerade keinen Lauf, Grizzlies-Star Ja Morant fehlt mindestens zwei Wochen und Phoenix wartet erst am vorletzten Spieltag, wenn es für die Suns um nichts mehr geht. Besonders viel Bedeutung bekommt im Rennen um den Heimvorteil also das direkte Duell zwischen den Mavs und Jazz in der Nacht auf Montag.

Dallas Mavericks: Das macht die Mavs so gefährlich

Von den bisherigen drei Aufeinandertreffen entschied Utah zwei für sich, sollte es auch in der ersten Playoff-Runde zu diesem Matchup kommen, ist unabhängig vom Heimvorteil aber beiden Teams ein Weiterkommen zuzutrauen. Ich persönlich würde Dallas auch als 5-Seed gute Chancen zurechnen, dann würden in Runde zwei die Suns warten. Phoenix wäre Favorit, doch auch hier könnten die Mavs gefährlich werden.

Warum? Argument Nummer eins: Luka Doncic. Argument Nummer zwei: Dallas stellt seit Jahresbeginn die nach Cleaning the Glass zweitbeste Defense der Liga (109,0 gegnerische Punkte pro 100 Possessions ohne Garbage Time). Zwar gingen alle drei direkten Duell der Mavs gegen den aktuellen West-Primus verloren, doch in allen drei Partien stand noch Kristaps Porzingis auf dem Court. Wenn Doncic eine richtig gute Serie erwischt, wäre eine Überraschung mitunter drin.

Gleichzeitig muss ich betonen, dass Phoenix das stärkere Team ist, für mich sind sie der Topfavorit auf die West-Krone, egal wie die Matchups am Ende aussehen. Für einen tiefen Playoff-Run a la Conference Finals eines niedrigen Seeds sollten wir also vielleicht in den Pfad des West-Brackets schauen, der nicht die Suns enthält. Sollte Dallas auf Platz sechs fallen, wäre das womöglich ein Glücksfall für die Mavs. Doch dahinter schlummern noch zwei andere Wildcards ...

NBA Mailbag: Playoff-Überraschungen oder Warteschlange?

SPOX-User SeSo: Können die Denver Nuggets mit Nikola Jokic in derzeitiger Form und mit den zwei genesenen Stars Jamal Murray und Michael Porter Jr. um den Titel mitspielen?

"In seinen Workouts sieht er prächtig aus!" Monte Morris dürfte mit dieser Aussage über Jamal Murray am Dienstag die Herzen der Nuggets-Fans zum Rasen gebracht haben. Die anderen Äußerungen aus der Mile High City versprühen dagegen weniger Optimismus.

Head Coach Michael Malone erklärte am Wochenende, der 25-Jährige sei nach der langen Pause in Folge seines Kreuzbandrisses im April 2021 noch "nicht nah" an einem Comeback. Joe Vardon (The Athletic) berichtete kurz darauf, dass Murray womöglich gar nicht mehr rechtzeitig zu den Playoffs fit werden könnte.

Dessen Quellen zufolge ist eine Rückkehr von Michael Porter Jr. einen Ticken wahrscheinlicher. Von mittlerweile mehreren Reportern war zuletzt zu hören, dass der Forward nach seiner Rücken-OP Ende November noch in den Saisonendspurt eingreifen könnte. Es sollte aber niemand erwarten, dass er sofort wieder an das starke Niveau aus der zweiten Saisonhälfte im Vorjahr anknüpfen wird.

Beiden Stars sollte genügend Zeit eingeräumt werden, um sich wieder auf dem NBA-Parkett zu akklimatisieren. Das kann dauern, vor allem bei Murray nach fast einem Jahr Pause. Deshalb sehe ich in dieser Saison noch nicht die Rückkehr der Nuggets zum absoluten Contender-Status, dafür sollte aber spätestens 2023 mit diesem Team zu rechnen sein. Der Kern um Nikola Jokic, Murray, MPJ, Aaron Gordon und Monte Morris ist langfristig ans Team gebunden, Will Barton ist 22/23 ebenfalls noch an Bord. Wenn dann Murray und MPJ wieder in Form sind, wird Denver sehr gefährlich.

So aber bleibt das Ceiling vorerst begrenzt. Als Überraschungskandidaten habe ich die Nuggets trotz der Fragezeichen um zwei der drei besten Spieler und trotz des fehlenden Heimvorteils aber dennoch auf dem Zettel. Schließlich hat MVP-Kandidat Jokic die Nuggets bereits im Alleingang auf Platz 6 getragen, bei den potenziellen Erstrundengegnern Memphis (was ist mit Morants Knie?) und Golden State (wann und wie kommt Stephen Curry zurück?) kursieren aktuell kleinere Ungewissheiten. Vielleicht öffnet sich hier eine Mini-Tür, die der Joker eintritt.

Ganz Denver hofft auf ein Comeback von Jamal Murray - müssen sie sich noch bis zur nächsten Saison gedulden?getty

NBA Mailbag - L.A. Clippers: Warten auf Kawhi und George

SPOX-User jonny_danger: Wie realistisch ist es, dass Paul George und Kawhi Leonard zu den Playoffs fit werden und die Clippers dadurch zum ernstzunehmenden Contender werden?

Die Clippers sind die große Wundertüte im Playoff-Bild. Bei Norman Powell stehen die Zeichen laut Chris Haynes (Yahoo Sports und TNT) auf Comeback, kommt Paul George ebenfalls rechtzeitig zu den Playoffs von seiner Ellenbogenverletzung zurück? Dafür stehen die Chancen mittlerweile ganz gut. Und was ist mit Kawhi Leonard? Das weiß niemand, womöglich noch nicht einmal die Clippers selbst.

PG-13 hat am Donnerstag immerhin nach mehr als drei Monaten mal wieder am Teamtraining teilgenommen, laut ESPN versucht er, noch vor dem Play-In-Turnier (12. bis 15. April) zurückzukommen. Coach Ty Lue gab zwar an, dass der 31-Jährige schmerzfrei sei, bislang habe er aber nur mit "minimalem Kontakt" trainiert. Lue mache sich zwar Hoffnungen auf ein George-Comeback, gab aber auch zu: "Von null auf 100 in den Playoffs, das ist hart."

Wohl selbst für jemanden wie Kawhi. Die Clippers halten sich mit Updates bezüglich der Klaue zurück. Eine Entscheidung, ob er nach seiner Kreuzband-OP im vergangenen Sommer diese Saison nochmal aufs Parkett zurückkehrt oder nicht, steht laut Haynes noch aus. ESPN berichtete vor wenigen Tagen, Leonard arbeite hart. Die Tür für ein Comeback stehe weiterhin offen.

Wenn Powell und PG-13 zurückkommen, die Clippers das Play-In-Turnier überleben und sich dann auch noch Leonard in bester Kevin-Nash-Manier aus seinem Rollstuhl erhebt, dann werden auch die Clippers auf einmal zu einem gefährlichen Team, gegen das kein Top-Seed spielen möchte.

Nur: Ich persönlich glaube das erst, wenn ich Kawhi auf dem Court in einem Clippers-Jersey mit einem Ball in der Hand sehe. Die für mich wahrscheinlichste Option ist, dass L.A. Vorsicht walten lässt, vor allem bei Leonard nach fast einem Jahr Pause. Und George alleine hat im Gegensatz zur Nuggets-Situation keinen Spieler von MVP-Kaliber an seiner Seite, der die Last anfangs noch etwas abfedern könnte. Deshalb ergibt es für die Clippers wohl eher Sinn, nichts zu überstürzen und die Kräfte für einen Angriff 2022/23 zu bündeln.

Kawhi Leonard in den Playoffs 2022?

NBA: Minnesota Timberwolves - Der Trend zeigt nach oben

SPOX-User StrengthInNumbers: Timberwolves: Ausreißer nach oben oder Beginn einer stetigen Entwicklung?

In meiner Beurteilung der potenziellen Überraschungskandidaten der Western Conference - und nein, die Lakers gehören nicht dazu - sollen die Wolves nicht zu kurz kommen. Immerhin belegt Minnesota aktuell Rang sieben (42-32) und macht sich berechtigte Hoffnungen, den Nuggets (43-31) noch das direkte Playoff-Ticket wegzuschnappen. Um es kurz zu fassen: Wirkliche Chancen auf einen tiefen Playoff-Run sehe ich allerdings nicht.

Minnesota hat sich eine respektable Defense und Tiefe aufgebaut, doch in der Postseason steht und fällt der Erfolg mit der Big Three. Trotz des sicherlich positiven Einflusses von Veteran Patrick Beverley haben Karl-Anthony Towns, Anthony Edwards und D'Angelo Russell eben noch kaum Playoff-Erfahrung vorzuweisen, ein Abtauchen wie zuletzt im vierten Viertel gegen die Suns (zusammengerechnet 6 Punkte des Trios) dürfen sie sich nicht erlauben. In den Duellen gegen die Top 6 des Westens steht Minnesota bei einer Bilanz von 8-13.

Nichtsdestotrotz dürfen die Wolves die Saison als vollen Erfolg verbuchen, so positiv war die Stimmung im hohen Norden der USA wohl schon lange nicht mehr. Ich glaube auch nicht, dass es sich dabei um einen Ausreißer nach oben handelt. Der Kern des Teams steht, mit 24,2 Jahren gehört der Kader zu den jüngsten der Liga, nur die finanzielle Flexibilität ist etwas eingeschränkt (119,5 Mio. Dollar stehen für 22/23 schon in den Büchern). Potenzial ist aber zweifelsfrei vorhanden, das haben sie bewiesen. Die Wolves werden in den kommenden Jahren im Playoff-Mix dabei sein.