Das neueste Update im MVP-Ranking hat einige Neuerungen parat. Darunter der Absturz des Stephen Curry, der den schlimmsten Slump seiner Karriere durchmachte, der Aufstieg eines Legenden-Hybrids und der ganz normale Wahnsinn der neuen Nummer 1.
Den Top-5-Snub im letzten MVP-Ranking hat DeMar DeRozan offensichtlich persönlich genommen. Vier Tage später hatte der Bulls-Star zwei Gamewinner mit dem Buzzer in zwei aufeinanderfolgenden Spielen auf dem Konto. Nun kommen aber schlechte Nachrichten für DeRozan und gute für die Bulls-Fans: Der 32-Jährige ist erneut nicht in der SPOX-Top-5. Wir sind gespannt, wie er diesmal reagiert.
Die Bulls-Schwächephase trotz guter individueller DeRozan-Auftritte hat seiner Argumentationskette im Januar nicht geholfen, ein ähnliches Problem plagt den teils verletzten Rudy Gobert und die Sache mit dem Teamerfolg verfolgt LeBron James ohnehin schon die gesamte Saison über.
Zu den weiteren Snubs zählen das wandelnde Spektakel Ja Morant und Point God Chris Paul. Letzterer schaffte es in der letzten Ausgabe noch auf Platz 5, doch im Januar sah er einen Konkurrenten an sich vorbeirauschen. Ohne vorherige Nennung prescht dieser sogar in die Top 3 vor, während ein prominenter Name abstürzt. Hier kommt die Top 5 des aktuellen MVP-Rankings!
PLATZ 5: STEPHEN CURRY (Golden State Warriors)
- Platzierung im Vormonat: 1
- Teambilanz: 36-13, Platz 2 in der Western Conference
- Stats 2021/22: 25,8 Punkte, 5,4 Rebounds und 6,2 Assists bei 41,8 Prozent aus dem Feld und 37,7 Prozent von Downtown (in 45 von 49 Warriors-Spielen)
Fast über die komplette erste Saisonhälfte spuckte Stephen Curry seinen Konkurrenten im MVP-Ranking fleißig ins Süppchen, er ließ sich weder von einem historischen Nikola Jokic noch vom besten KD aller Zeiten aus der Bahn werfen, stand in bisher jedem SPOX-Ranking auf der Spitzenposition. Nach dem schwächsten Shooting-Monat seiner Karriere stürzt Curry aber gewaltig ab.
Diese Schilderung klingt übertrieben? Die Zahlen sind da jedoch eindeutig. Im Januar 2022 legte Curry trotz seiner Erlösung aus dem Slump gegen die Wolves Wurfquoten von 37,6 Prozent aus dem Feld und 31,4 Prozent von Downtown auf, was in einer True Shooting Percentage von 51,6 Prozent kumuliert. In seiner gesamten Karriere, inklusive Playoffs, traf der Splash Brother in einem einzelnen Kalendermonat nie schlechter (mindestens fünf Einsätze).
gettyMonatsübergreifend streift der Shooting-Slump des 33-Jährigen am persönlichen Negativ-Rekord knapp vorbei. Seine Dreierquote in den zwölf Spielen vor der Wolves-Explosion (29,1 Prozent) ist über eine beliebige Spanne von zwölf Einsätzen die drittschlechteste seiner Karriere. Schon die gesamte Saison über schoss Curry quotentechnisch für seine immens hohen Verhältnisse keinerlei Lichter aus, dennoch führte er das MVP-Rennen stets an - unter anderem dank 50-Punkte-Explosionen oder des kurzzeitig besten Punkteschnitts der NBA oder seines Einflusses auf die Warriors-Offense oder deren zwischenzeitlich ligaweit besten Bilanz.
Der Einfluss auf den Dubs-Angriff durch Currys schiere Präsenz ist immer noch da, doch seine Talfahrt im Januar lässt den Status als unangefochtener MVP-Favorit nicht mehr zu. Schließlich leiden auch die Warriors, deren Offense im Januar nur auf Platz 24 rangiert (109,9 Punkte pro 100 Possessions) und die in diesem Monat bei 9-6 stehen. Das ist natürlich nicht allein auf Curry zurückzuführen, aber er ist eben auch ein Faktor.
"Ich weiß, dass ich besser werfen muss", bemängelte Curry selbst, nachdem er sich eigentlich über einen Gamewinner mit dem Buzzer gegen die Rockets hätte freuen können - das gelang ihm in seiner Karriere zuvor nämlich noch nie. Die Euphorie war aber getrübt, weil Curry vor seinem entscheidenden Treffer eben auch nur bei 5/20 aus dem Feld stand. "Ich steigere mich selbst in diese Shooting-Statistiken hinein. Ich will besser treffen und ich werde besser treffen." Vielleicht lässt er sich ja genau wie DeRozan durch den Absturz im SPOX-Ranking extra motivieren.
NBA: Die größten Shooting-Slumps von Stephen Curry über einen Kalendermonat
Platz | Monat | Spiele | TS% | FG% | 3FG% | FT% |
1. | Januar 2022 | 13 | 51,6 | 37,6 | 31,4 | 87,9 |
2. | November 2009 | 14 | 51,8 | 41,7 | 38,5 | 78,6 |
3. | Mai 2013 | 7 | 52,3 | 40,7 | 37,1 | 87,0 |
4. | Dezember 2009 | 15 | 54,6 | 44,5 | 39,7 | 89,7 |
5. | Dezember 2010 | 8 | 55,0 | 44,3 | 47,1 | 100 |
PLATZ 4: KEVIN DURANT (Brooklyn Nets)
- Platzierung im Vormonat: 2
- Teambilanz: 29-19, Platz 4 in der Eastern Conference
- Stats 2021/22: 29,3 Punkte, 7,4 Rebounds und 5,8 Assists bei 52,0 Prozent aus dem Feld und 37,2 Prozent von Downtown (in 36 von 48 Nets-Spielen)
Das MVP-Rennen ist für Curry natürlich noch lange nicht gelaufen. Seine überragenden Vormonate haben ihn in der Top 5 gehalten, er kann jederzeit sein heißes Händchen wiederfinden und im Februar wieder in unserem Ranking klettern. Vor allem, weil Durant dann wohl nicht mehr in der Top 5 zu finden sein wird.
In der ersten Januarhälfte hat der 33-Jährige nahtlos an seine zuvor konstant hochklassigen Auftritte angeknüpft, was ihn an Curry vorbeiziehen ließ. Dann aber der Rückschlag: Eine Überdehnung seines linken Innenbandes setzt KD seit Mitte des Monats außer Gefecht. Die vergangenen sechs Partien hat er bereits verpasst, einige Ausfälle werden noch hinzukommen. Durant wird wohl frühestens nach dem All-Star Break (18. bis 23. Februar) aufs Parkett zurückkehren.
Während seiner Abwesenheit geben sich die Teamkollegen immerhin ordentlich Mühe, weiter Futter für den MVP-Case des bald zwölffachen All-Stars zu liefern. Ohne Durant, der Brooklyn lange Zeit im Alleingang getragen hatte, verlor das eigentliche Spitzenteam der Eastern Conference vier der vergangenen sechs Spiele.
PLATZ 3: JOEL EMBIID (Philadelphia 76ers)
- Platzierung im Vormonat: nicht gerankt
- Teambilanz: 29-19, Platz 5 in der Eastern Conference
- Stats 2021/22: 28,9 Punkte, 10,7 Rebounds, 4,3 Assists und 1,5 Blocks bei 49,7 Prozent aus dem Feld und 36,5 Prozent von Downtown (in 37 von 48 Sixers-Spielen)
Selbstvertrauen war bei Joel Hans Embiid noch nie ein Problem - erst recht nicht, wenn er solch einen Lauf hinlegt. Seit gut fünf Wochen dominiert der Kameruner die Parkette der Association, schüttelt locker-flockig Spiele mit 50 oder 40+ Punkten aus dem Handgelenk, knackt achtmal in Folge die 30-Zähler-Marke und in der Defense hält er die Sixers auch noch zusammen. Embiid schultert derzeit sein Team, wie es nur die absoluten Superstars machen.
Dafür hat er sich quasi in einen Hybrid aus zahlreichen Legenden verwandelt. "Wann immer ich will, bin ich in der Lage, wie Shaq zu spielen. Und wann immer ich will, bin ich in der Lage, Dirk zu sein oder Kobe oder MJ", sagte Embiid in der vorigen Woche. Tatsächlich belegt er diese Behauptung auf dem Court, Embiid hat über die Jahre Würfe wie den einbeinigen Fadeaway von Nowitzki oder Moves von Bryant und Jordan adaptiert.
"Aus dem Dribbling werfen, Pullups, Ballhandling, ich habe mir eine Kombination aus all dem für meine Offense angeeignet", erklärte Embiid. Die Zahlen bestätigen diese Variabilität: Bei der Dreierquote flirtet er mit einem Career-High (36,5 Prozent bei 3,4 Versuchen pro Partie), gleichzeitig generiert er 1,10 Punkte pro Ballbesitz aus dem Post heraus - Bestwert in der NBA. In der Restricted Area trifft er knapp 73 Prozent seiner Versuche, aus der Mitteldistanz sind es 43,9 Prozent, ein ähnlicher Wert wie der von LeBron James. Auch beim Playmaking zeigt er kontinuierlich Fortschritte.
Embiid vereint die verschiedenen Stile zu purer Dominanz. Auf die Frage von Teamkollege Tyrese Maxey vor dem Spiel gegen Orlando, ob er dieses Mal mehr Dirk oder mehr Shaq sein werde, antwortete Embiid deshalb: "Ich werde Joel sein." Das Resultat waren 50 Punkte in nur 27 Minuten.
Eine längere, verletzungsbedingte Zwangspause im November hatte Embiid bislang den Sprung in die Top 5 verwehrt, mittlerweile hat er in Sachen Einsätzen aber KD überholt und lungert in den Gefilden von Giannis Antetokounmpo.
An dem kommt Embiid zwar noch nicht vorbei, durch sein Vorpreschen in den vergangenen Wochen ist er aber aus dem MVP-Rennen nicht mehr wegzudenken. Die Glanztaten des Centers beflügelten die Sixers ganz nebenbei zu 13 Siegen aus 16 Spielen, wodurch sich Philly nach einem durchwachsenen Start langsam in der Ost-Elite zurückmeldet. Wäre jetzt nicht eine gute Gelegenheit, das noch unberührte Simmons-Asset in Unterstützung für Embiid umzuwandeln, Herr Morey?
PLATZ 2: GIANNIS ANTETOKOUNMPO (Milwaukee Bucks)
- Platzierung im Vormonat: 4
- Teambilanz: 30-20, Platz 6 in der Eastern Conference
- Stats 2021/22: 28,6 Punkte, 11,2 Rebounds, 6,0 Assists und 1,5 Blocks bei 53,1 Prozent aus dem Feld und 28,3 Prozent von Downtown (in 40 von 50 Bucks-Spielen)
Auf den ersten Blick ist bei Giannis alles beim Alten. Der Grieche legt fast identische Stats wie in der Vorsaison auf, bei leichten Abstrichen in Sachen Effizienz (61,3 Prozent True Shooting zu 63,3 im Vorjahr). Blickt man bis 2018/19 zurück, seiner ersten von bislang zwei MVP-Saisons, so bewegen sich Antetokounmpos Statistiken in insgesamt vier Spielzeiten auf einem ähnlichen Niveau. Doch langweilig wird die Giannis-Show dadurch beileibe nicht.
Dafür sorgt er einerseits mit individuellen Auftritten wie beispielsweise gegen die Warriors Mitte Januar, als er gnadenlos über MVP-Konkurrent Curry und dessen Dubs stampfte (30-Punkte-Triple-Double in 30 Minuten beim Blowout-Sieg). Andererseits mit irren Highlight-Plays wie Ende Dezember, als er den bemitleidenswerten Freddie Gillespie auf dem Weg zum Poster-Dunk einfach so überrannte. Oder auch mit seiner beeindrucken Evolution als Passer.
Antetokounmpos defensiver Einfluss soll hier ebenfalls nicht zu kurz kommen. Ohne echten Center auf dem Court übernimmt Giannis die Aufgabe des Ringbeschützers mit Bravour. Gegner treffen in direkter Ringnähe nur 47,1 Prozent ihrer Versuche, der beste Wert in NBA unter allen Spielern, die mindestens 4 solcher Abschlüsse verteidigen. Selbst Rudy Gobert (49,4 Prozent) kommt nicht an diesen Wert heran.
Durch die Abwesenheit von Draymond Green hat sich Giannis so mittlerweile wohl in die Pole Position im DPOY-Rennen gespült. Warriors-Coach Kerr bezeichnete den Bucks-Star aufgrund dessen Vielseitigkeit in Offense und Defense gar als "ultimative Waffe". Wenn Milwaukee nicht zuletzt sechs von acht Spielen abgegeben hätte, hätte es für den Greek Freak vielleicht sogar für Platz 1 im Ranking gereicht.
PLATZ 1: NIKOLA JOKIC (Denver Nuggets)
- Platzierung im Vormonat: 3
- Teambilanz: 26-21, Platz 6 in der Western Conference
- Stats 2021/22: 26,2 Punkte, 13,8 Rebounds, 7,6 Assists und 1,4 Steals bei 57,1 Prozent aus dem Feld und 37,1 Prozent von Downtown (in 42 von 47 Nuggets-Spielen)
Solange sich Giannis und Co. aber bilanztechnisch nicht allzu weit von Denver absetzen können, belohnen wir an dieser Stelle den Joker für seine immer noch überragende Saison. Allein wer solche Dimes als "normalen Pass" bezeichnet und die auch noch in schöner Regelmäßigkeit aus den schwierigsten Situationen heraus aus dem Hut zaubert, muss irgendwie Anerkennung finden.
Bislang stand ihm die Teambilanz im Weg, um trotz historischer Stats Curry und Durant von den Spitzenpositionen zu verdrängen. Die haben sich nun aber entweder selbst vom Platz an der Sonne geballert oder sind vom Verletzungspech verfolgt, was den Weg für Jokic endgültig freimacht. Übrigens: In der (zugegeben umstrittenen) MVP-Saison von Russell Westbrook 2016/17 standen dessen Thunder bei einer Siegquote von 57,3 Prozent (47-35) und Platz 6 im Westen. Denvers Siegquote (55,3 Prozent) ist nur marginal schlechter.
Der amtierende Würdenträger zeigt nach der Hälfte der Saison keinerlei Abnutzungserscheinungen. In einem Nuggets-Team, das zwei der drei besten Spieler vermisst, liefert der 26-Jährige gegen den alleinigen Fokus gegnerischer Defenses weiterhin einen Karrierebestwert beim True Shooting (65,2 Prozent). Niemand hat je eine bessere PER- (33,1) oder Box Plus/Minus-Saison (14,2) hingelegt. Mit Jokic sind die Nuggets laut Cleaning the Glass 25,7 Punkte pro 100 Ballbesitze besser als ohne ihn. Einfach ein absurder Wert.
Sein oben erwähnter Pass aus einem Double-Team quer über das ganze Feld legte den Gamewinner von Aaron Gordon gegen die Clippers auf. Es war Assist Nummer 10 für den Serben an diesem Abend, der sein 10. von mittlerweile 11 Triple-Doubles eintütete (Ihr ahnt es, keiner hat diese Saison mehr). Dazu garnierte Jokic seinen Auftritt mit 49 Punkten und 14 Rebounds. Ein ganz normaler Arbeitstag halt.