NBA Playoffs - 5 Fragen nach dem Aus der Utah Jazz: Doch nur ein Regular-Season-Team?

Philipp Jakob
26. April 201911:39
Für Donovan Mitchell und die Utah Jazz änderte die Saison 2018/19 enttäuschend.getty
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Nach fünf Spielen in der ersten Runde der Playoffs 2019 war für die Utah Jazz Schluss. Die Rockets haben den Mannen aus Salt Lake City klar ihre Grenzen aufgezeigt - wie schon im letzten Jahr. Was fehlt den Jazz zu einem Top-Team im Westen? Welche Veränderungen könnte der Sommer bringen? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

In der Kurzfassung: James Harden, das ist den Jazz passiert. Utah gab sich redlich Mühe, den Bärtigen in seinem Schaffen einzuschränken. Die Mannen aus Salt Lake City versuchten es mit gewöhnungsbedürftigen Defensiv-Strategien - sowohl für Harden als auch für die Augen des gemeinen Basketball-Fans - und schafften es dadurch tatsächlich, Harden ein wenig zu limitieren.

Zumindest im Vergleich zu dessen Regular Season. Doch am Ende führte der 29-Jährige die Rockets dennoch zum Gentleman's Sweep und hatte nach den fünf Spielen 27,8 Punkte (bei Wurfquoten von 37,4 Prozent und 35 Prozent von Downtown), 8 Assists und ein persönliches Net-Rating von +13,5 vorzuweisen.

Die ersten beiden Partien gingen dabei klar an Houston, erst vor eigenem Publikum konnten die Jazz die Serie eng gestalten. Doch selbst nachdem Harden in Spiel 3 mit einem historischen Shooting-Debakel ins Spiel startete, gelang kein Sieg. Immerhin verhinderte Donovan Mitchell mit einem starken Auftritt in Spiel 4, dass Utah ohne eigenes Erfolgserlebnis die Koffer packen musste.

Rockets vs. Jazz: Die Spiele in der Übersicht

SpielHeimAuswärtsErgebnis
1HoustonUtah122:90
2HoustonUtah118:98
3UtahHouston101:104
4UtahHouston107:91
5HoustonUtah100:93

Doch insgesamt muss man festhalten, dass Mitchell enttäuschte. Der Sophomore erwischte bei Weitem keine gute Serie (dazu später mehr), in Verbindung mit dem schwachen Shooting der Jazz und der guten Defense der Rockets stand am Ende ein verdientes Aus, auch wenn man den Jazz eine hervorragende Einstellung und den Kampfgeist zu Gute halten muss.

Das brachte letztlich aber nicht viel, was auch am angesprochenen schwachen Shooting lag. Das Prädikat katastrophal passte in dieser Hinsicht wohl etwas besser. Insgesamt versenkte Utah in der kompletten Serie nur 26,3 Prozent von Downtown. Jae Crowder (30 Prozent bei 6 Versuchen), Joe Ingles (27,6 Prozent bei 5,8 Versuchen) und Mitchell (25,6 Prozent bei 8,6 Versuchen) waren allesamt nicht zu gebrauchen.

Das ließ sich im Übrigen nicht (nur) auf die Rockets-Defense schieben. Von den als "weit offen" deklarierten Dreiern traf Utah mickrige 26 von 110 Versuchen (23,6 Prozent). Da waren selbst die Thunder (40,7 Prozent) besser ...

Wie ist die Saison der Utah Jazz zu bewerten?

Blickt man auf die nackten Resultate am Ende der Spielzeit 2018/19, dann stehen zwei Regular-Season-Siege mehr als im Vorjahr auf dem Konto. Allerdings scheiterten die Jazz erneut in fünf Spielen an den Rockets - 2018 noch in den Western Conference Semifinals, nachdem man in der ersten Runde OKC besiegte, dieses Mal bereits zum Playoff-Auftakt.

Ein wirklicher Fortschritt war in Utah also nicht zu erkennen, zumal der diesjährige Kader quasi identisch mit dem im Vorjahr war. Nach dem denkbar schlechten Saisonbeginn - Ende November stand das Team von Head Coach Quin Snyder mit nur neun Siegen aus 21 Spielen auf dem vorletzten Platz im Westen - konnten die Jazz das Ruder in der zweiten Saisonhälfte immerhin noch herumreißen und sich den fünften Platz sichern.

Für Donovan Mitchell und die Utah Jazz änderte die Saison 2018/19 enttäuschend.getty

Dass dort mit den Rockets ein denkbar schlechtes Matchup wartete, ist sicherlich auch ein wenig Pech. Das änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass die Erwartungen vor Saisonbeginn deutlich verpasst wurden. Da das Team mehr oder weniger unverändert in die neue Spielzeit ging, hatten einige Jazz-Fans sogar auf die Western Conference Finals gehofft.

"Ich denke, wir sind ein besseres Team, als wir es vergangenes Jahr waren", meinte Rudy Gobert trotz des frühen Ausscheidens. "Es fühlt sich nicht so an, weil wir ein paar Wochen früher nach Hause müssen. Aber diese Sache wird nicht mehr in die andere Richtung gehen. Wir werden weiterhin besser werden."

Ob besser oder nicht: Letztlich müssen sich die Jazz wie alle anderen auch an den Ergebnissen messen lassen. Und die sind am Ende des Tages enttäuschend.

Muss man sich um Donovan Mitchell Sorgen machen?

Diese Frage lässt sich mit einem klaren Nein beantworten. Klar, die Auftritte von Mitchell in den Playoffs waren mit Ausnahme von Spiel 4, in dem er die Jazz mit 19 Zählern im Schlussviertel (31 insgesamt) vor dem Sweep bewahrte, wenig berauschend. Und auch über die komplette Saison gesehen, war von ihm kein bedeutender Sprung nach vorne zu sehen.

Zwar verbesserte er seine Statistiken im Vergleich zum Vorjahr leicht, doch der von vielen erwartete Schritt vom Anwärter auf die RotY-Trophäe zum All-Star gelang Mitchell nicht. In der Postseason lief dann erst recht nicht mehr viel zusammen, wie der Blick beispielsweise auf die Wurfquoten (32,1 Prozent aus dem Feld, 25,6 Prozent von Downtown) oder das Assist-Turnover-Verhältnis (0,76, der viertschlechteste Wert unter allen Spielern mit mindestens 30 Minuten pro Partie in den Playoffs) beweist.

Das große Aber an der ganzen Sache: Mitchell ist gerade einmal 22 Jahre alt, ist erst in seinem zweiten Jahr in der Liga und trägt dennoch nahezu die komplette Verantwortung der Offense auf seinen Schultern.

Spida ist gefühlt die erste, zweite und dritte Option im Angriff der Jazz in Personalunion, da kann man ihm die teilweise schlechte Wurfauswahl durchaus verzeihen. Vor allem, weil dies in dem Alter ohnehin nicht verwunderlich ist.

Die Statistiken von Donovan Mitchell in den Playoffs

SaisonSpiele/MinutenPunkteReboundsAssistsTurnoverFG%Dreier%
2017/1811/37,424,45,94,22,942 Prozent31,3 Prozent
2018/195/38,621,453,24,232,1 Prozent25,6 Prozent

"In vielerlei Hinsicht trifft es zu: Wie es bei Donovan läuft, so läuft es auch bei uns. Das ist eine Verantwortung, die er wieder und wieder gezeigt hat, selbst als junger Spieler. Du wirst nicht immer eine tolle Nacht haben. Du wirst nicht immer jeden Wurf reffen. Es wird nicht immer nach deinem Willen gehen ", nahm Coach Snyder seinen Franchise-Player in Schutz. Auch Kyle Korver sprang seinem Teamkollegen nach dessen schwachen Spiel 3 zur Seite.

"Ich habe noch nie gesehen, wie jemand so jung ein Team übernommen hat und das mit solch einer Ausstrahlung und Klasse", sagte der Scharfschütze der Jazz, von dem gegen Houston im Übrigen ebenfalls nicht viel zu sehen war. "Ich habe so etwas in meinen 16 Jahren in der NBA noch nie zuvor gesehen."

Spätestens in der kommenden Saison wird man dies aber aller Voraussicht nach erneut bewundern dürfen. "Man wird nicht erfolgreich, wenn man nicht durch harte Zeiten geht wie jetzt. Ich kann euch versichern, dass ich verärgert bin, aber ich werde besser sein", kündigte Mitchell an. Alles andere wäre eine Überraschung.

Sind die Jazz ein Regular-Season-Team?

Diese Frage warf zuletzt auch Zach Lowe in seiner (wie immer) empfehlenswertenESPN-Kolumne in den Raum. Fakt ist: Abgesehen von Mitchell haben die Jazz offensiv nicht viel zu bieten, in der regulären Saison kommt man damit vielleicht noch durch, die Playoffs sind allerdings ein ganz anderes Pflaster.

Die Defenses können sich besser auf den jeweiligen Gegner einstellen und dessen Stärken besser in Schach halten. Das hat auch die Postseason 2019 gezeigt. Den Jazz nun aber jegliche Playoff-Tauglichkeit absprechen zu wollen, wird dem Team nicht gerecht.

Wie gesagt, nahezu der identische Kader hat im vergangenen Jahr die Thunder in Runde eins ausgeschaltet (4-2). Wenn sich Mitchell weiter verbessert, wovon wie zuvor besprochen auszugehen ist, dann haben die Jazz einen fähigen Franchise-Player, der das Team mit ein wenig mehr Erfahrung auch in den Playoffs tragen kann.

Vorausgesetzt er bekommt weitere Unterstützung in Sachen Scoring und Playmaking an die Seite gestellt oder aber die Rollenspieler treffen mal ihre offenen Dreier. Dazu ist die Defense ohnehin auf einem sehr hohen Niveau. In den letzten drei Partien blieben die Jazz lange Zeit dank ihrer Verteidigung in Schlagdistanz, beziehungsweise konnten Spiel 4 gewinnen.

Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass Utah auch in dieser Saison gegen ein anderes Matchup in der ersten Runde gewonnen hätte. Dann würde sich diese Frage gar nicht erst stellen.

Wenn man jedoch wissen wollte, ob Utah ein echter Contender im Stile von Houston oder Golden State war, dann hat diese Serie klar gezeigt: Nein, so weit sind die Jazz noch nicht.

Was machen die Jazz in der Offseason?

"Wir haben ein sehr gutes Team, aber die Resultate haben uns gezeigt, dass wir kein großartiges Team haben", bilanzierte General Manager Dennis Lindsey nach dem Aus gegen die Rockets. Unrecht hatte er damit nicht. Das Ziel im Mormonenstaat muss nun lauten, in der Offseason ein Team auf die Beine zu stellen, das dieser Beschreibung gerecht wird.

Die wohl größte Frage im Sommer dreht sich um die Zukunft von Ricky Rubio. Der Vertrag des Spaniers läuft aus; bleibt er oder schauen sich die Jazz nach einer anderen Option auf der Eins um? Für letztere Alternative spricht, dass sich das Front Office Gerüchten zufolge bereits zur Trade Deadline um Mike Conley von den Grizzlies bemüht haben soll. Conley würde den Jazz weitaus mehr Shooting geben und Mitchell auch mit seinem Playmaking entlasten können.

Im Sommer könnte Utah erneut einen Versuch starten, den Veteranen nach Salt Lake City zu lotsen. Für einen Verbleib von Rubio spricht, dass er das System kennt, gut verteidigen kann und die hervorragende Teamchemie in Utah bestehen bleiben könnte. "Wir mögen uns wirklich, unser Team genießt es, zusammen zu sein", erklärte Joe Ingles zuletzt. "Wir wissen, dass vielleicht Änderungen kommen werden, aber ich hoffe wirklich, dass der Großteil des Teams zurückkommt."

Allerdings will Tony Jones von The Athletic erfahren haben, dass die Jazz im Sommer die Point-Guard-Position neu evaluieren möchten. In Anbetracht der offensichtlichen Schwächen Rubios im Abschluss ist eine Trennung nicht ausgeschlossen. Neben dem 28-Jährigen hängt auch die Zukunft von Derrick Favors in der Schwebe.

Dessen Vertrag ist für die kommende Saison nicht garantiert. Indem die Jazz ihren Big Man bis zum 6. Juli waiven und weitere kleinere Moves vollziehen, könnten sie bis zu 37 Millionen Dollar Cap Space schaffen. Damit muss auf jeden Fall Unterstützung für den Flügel, ein brauchbarer Scorer und ein weiterer Big Man geholt werden.

Allerdings hat Lindsey bereits verlauten lassen, dass er Favors gerne in Utah halten möchte. Der Fokus der Offseason 2019 wird also aller Voraussicht nach auf einem Upgrade auf Point Guard liegen. Kemba Walker, Goran Dragic (sollte er aus seinem Vertrag aussteigen) oder Darren Collison könnten interessante Optionen sein - oder aber Rubio bleibt doch. Zum dritten Mal in Folge wird Utah allerdings nicht mit dem gleichen Kader in die neue Saison gehen können. Das hat Lindsey selbst erkannt.