Next Big Thing?

Boris Davidovski
17. April 201616:10
Myles Turner (l.) steigt gegen Verteidiger Patrick Patterson hochgetty
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Vom Zukunftsprojekt zum Starter: Mit Texas-Rookie Myles Turner könnten sich die Indiana Pacers die Big-Man-Position auf Jahre veredelt haben. Für die Franchise um Präsident Larry Bird gilt nun das Motto: Die Zukunft beginnt jetzt!

SPOX

Wie in den USA so üblich, sollte Myles Turner im April 2014 im großen Rahmen verkünden, für welche Universität er in Zukunft seine Sneaker schnüren würde. Cool, selbstbewusst und mit fester Stimme dankte Turner jedoch zuerst artig seinen bisherigen Spielerkollegen, den aufgeregt lauschenden Mitschülern, den baldigen Ex-Coaches und natürlich der Familie. Nach längerem Prozedere durfte sich letztlich die Uni von Texas über den vermutlich talentiertesten und spannendsten Spieler seit Kevin Durant freuen.

Ganz anders war die Gefühlslage des jungen Mannes am Draft Day. Im blendend weißen Anzug und weinroter Hose, sah man dem jungen Mann aus Bedford, Texas, deutlich die Nervosität an. Viel wurde vor diesem Abend diskutiert, an welcher Stelle der Big Man aufs Board kommen würde. Von Platz 5 bis 26 war alles in der Verlosung. Zu unsicher schienen sich die Teams über das wahre Können und Potenzial des 2,11 Meter langen Centers zu sein. Am Ende wurden es die Indiana Pacers an elfter Stelle, und die Anspannung in Turners Gesicht wich auf dem Weg zur Bühne und zu Commissioner Adam Silver sichtlich der Freude.

Von 0 auf 100

Nach dem vermutlich aufregendsten Abend seiner noch jungen Karriere erfasste ihn der rasante und schonungslose Alltag eines NBA-Profis direkt in vollem Umfang. Nach einer schlaflosen Nacht in seinem New Yorker Hotel geht es früh morgens umgehend mit dem Flieger nach Indianapolis und zur Arena des neuen Arbeitgebers.

Headcoach Frank Vogel und Präsident Larry Bird dürfen dort stolz ihren Neuzugang präsentieren. "Myles ist ein sehr, sehr junger Spieler, aber wir haben das Gefühl, dass er in naher Zukunft ein ganz besonderer Spieler für uns werden kann", sagt Bird. Die Celtics-Legende ahnt in diesem Moment nicht, wie schnell sich seine Worte bewahrheiten werden.

Einstand nach Maß

Zeitsprung: Ende Oktober treffen die Pacers auf die Memphis Grizzlies und Turner betritt zum ersten Mal die große Bühne NBA. Trotz der Niederlage stehen am Ende acht Punkte, vier Rebounds, zwei Steals und ein Block auf dem Stat-Sheet. Auf den ersten Blick keine herausragenden Zahlen, doch den meisten in der Arena wird schnell klar: Dieser 2,11 Meter große Typ hat Potenzial.

Exemplarisch für Turners möglichen Impact? Block gegen Jeff Green, Putback-Dunk nach einem verlegten Layup von Monta Ellis. In der Geschichte der NBA sind Rookies sicherlich schon schlechter in ihr erstes -Profijahr gestartet. Generell wird an diesem Abend deutlich, mit welcher Vielseitigkeit das Game des ehemaligen "Longhorns" gesegnet ist. Blocks wechseln sich mit Stepback-Jumpern ab. Durch seine überdurchschnittliche Länge, seine Wingspan und die Fähigkeit, auch außerhalb der Zone mit dem Gesicht zum Korb Verwertbares zu produzieren, ist Turner für die Pacers eine zusätzliche, unverhoffte Waffe in ihrem Offensivspiel: gutes Floor Spacing.

Doch bevor der Liganeuling sein Spiel in vollen Zügen entfalten kann, erleidet er den ersten größeren Rückschlag seiner noch kaum gestarteten Karriere. Mitte November ist Turner gezwungen, sich einer OP am linken Daumen zu unterziehen. Geschätzte Zwangspause: sechs bis sieben Wochen. Eine lange Zeit in der schnelllebigen Welt der besten Basketball-Liga des Planeten.

Mehr als eine Alternative

Nach 22 Spielen Pause kehrt der Rekonvaleszent zurück. Und der Rookie scheint die Zeit sinnvoll genutzt zu haben. "Die Saison war bis jetzt ein Auf und Ab, besonders mit der langen Verletzungspause", sagt er. "Man lernt so einiges. Wie man sich defensiv positionieren muss, in welchen Räumen man sich offensiv bewegen muss, um effektiv zu sein." Turner lässt seinen Worten Taten folgen. Gegen die Golden State Warriors verzeichnet der Rookie mit 31 Punkten ein neues Career-High.

Seine unerwartet guten Leistungen werden dementsprechend belohnt: Starke 29,8 Minuten steht der Center für die Pacers im Februar auf dem Feld und verbucht pro Partie starke 13,3 Punkte und 6,6 Rebounds. Folgerichtig wird er daraufhin Anfang März als "Rookie of the Month" ausgezeichnet. Sein erstes Schmankerl zum Einrahmen hebt sich der Rookie jedoch für das erste Treffen mit LeBron James auf. Turner verzeichnet nicht nur sein erstes Double-Double (14 Punkte, zehn Rebounds), sondern sorgt mit einem Monsterblock gegen den "King" höchstpersönlich für offene Münder und Begeisterung in der Bankers Life Fieldhouse Arena. Es scheint, als sei der schüchterne und eloquente Junge in diesem Moment endgültig in der besten Liga der Welt angekommen. Es wird - bei seinem Potenzial - nur der erste Schritt in einer Top-Karriere sein.

SCOUTING REPORT

Stärken: Gute Größe und herausragende Wingspan (2,20 Meter). Schnelle Hände, überdurchschnittlicher Shot-Blocker und Rim-Protector. Stabiler Mid-Range-Jumper mit gutem Touch. Intelligent, hoher Basketball-IQ.

Schwächen: Mangelnde Athletik und körperliche Präsenz . Hat -Probleme, bei Körperkontakt am Korb abzuschließen. Ausbaufähiges Post-Game und schwächelndes Footwork.

Prognose: Von der Spielanlage ein Hybrid aus Anthony Davis und -LaMarcus Aldridge. Arbeitet er gewissenhaft an seinem Jumper und am Post-Game, hat er das Potenzial, für die Pacers auf Jahre zum Franchise-Player zu werden.

Myles Turner im Steckbrief