In der Gerüchteküche brodelte es schon länger, jetzt ist der Wechsel von Tim Ohlbrecht in die NBA perfekt. Der Center unterschrieb einen Dreijahresvertrag bei den Houston Rockets und ist neben Dirk Nowitzki und Chris Kaman aktuell der dritte Deutsche in der besten Basketballliga der Welt. SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen zu seinem Engagement.
Was ist passiert?
Die Houston Rockets haben den deutschen Center Tim Ohlbrecht verpflichtet. Die Texaner akquirierten den 24-Jährigen von ihrem Farmteam Rio Grande Valley Vipers aus der D-League und statteten ihn mit einem Dreijahresvertrag aus. Bei den Vipers stand Ohlbrecht seit Saisonbeginn unter Vertrag und überzeugte mit starken Leistungen.
spoxIn 32 Spielen legte der Ex-Frankfurter durchschnittlich 13,4 Punkte und 7,4 Rebounds auf. Seine Wurfquote von 60,5 Prozent ist die viertbeste der gesamten Liga. Seine Leistungen brachten ihm sogar eine Nominierung für das All-Star Weekend ein. Beim All-Star Game der D-League zwischen den "Prospects" und den "Futures" erzielte er mit 12 Punkten und 12 Rebounds ein Double-Double. Ohlbrecht war von den Trainern der 16 D-League-Teams als einer der besten Akteure der Liga ins Aufgebot gewählt worden.
Die Boston Celtics wollten den Deutschen danach in die NBA holen, aber Ohlbrecht lehnte den 10-Tages-Vertrag des Rekordmeisters, für viele überraschend, ab. SPOX erfuhr nach der Absage, dass der Center noch weitere Optionen hatte. Der Nationalspieler entschied sich für das Angebot der Rockets. Bei den Texanern erhält Ohlbrecht einen Vertrag über drei Jahre. Allerdings ist nur das erste Vertragsjahr garantiert. Für die weiteren Jahre besitzen die Rockets jeweils eine Teamoption.
Damit erfüllt sich mit etwas Verspätung für Ohlbrecht der Traum von der besten Basketball-Liga der Welt. 2010 meldete er sich zum Draft an, wurde aber von keinem Team ausgewählt.
Wie sind die Reaktionen?
Tim Ohlbrecht...
...via Instagram: "Ich habe es geschafft. Ich kann es kaum glauben. Mein Traum ist jetzt real. Vielen Dank an alle, die mich auf meinem Weg unterstützt haben."
...gegenüber der BBL: "Für mich ist ein Traum wahr geworden, den ich trotz diverser Rückschläge in der Vergangenheit nie vollständig aus den Augen verloren habe. Ohne die Unterstützung und das Vertrauen der Rockets und der Vipers, vor allem von Coach Nick Nurse, sowie meines Individualtrainers Joe Hohn und meiner Familie wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich bin stolz, Deutschland auf dieser großen Bühne repräsentieren zu dürfen und werde jetzt noch intensiver arbeiten um, diese Chance entsprechend zu nutzen!"
Dirk Nowitzki via Twitter: "Gratulation an Tim Ohlbrecht. Sich durch die D-League zu kämpfen, ist verdammt schwer. Riesen Respekt. Willkommen in der NBA!"
Frank Menz (Bundestrainer): "Wir freuen uns alle sehr für ihn, dass er sein Ziel erreicht hat und den Sprung in den NBA-Kader geschafft hat. Es zeugt von großem Willen und Ehrgeiz, den harten Weg durch die D-League zu gehen. Er musste sich richtig durchbeißen und sich jeden Tag beweisen - und das in einem Team, in dem eigentlich jeder Spieler nur für seine Statistiken spielt. Bei den Gesprächen mit den Verantwortlichen in Houston war schnell klar, dass sie große Stücke auf Tim halten. Er arbeitet hart, ist fleißig, umgänglich und sehr fokussiert - das war neben seinen guten Leistungen in der D-League sicherlich auch wichtig für den langfristigen Vertrag."
Frank Buschmann viaFacebook: "Fette Gratulation an Tim Ohlbrecht. Die Houston Rockets verpflichten ihn bis 2015. Tim in der NBA, wer hätte das noch vor einem halben Jahr gedacht. Er hatte schon immer unglaubliches Potential, aber nie den großen Durchbruch geschafft. Oft war auch von Kopfproblemen die Rede. Dann ging Tim den knüppelharten Weg über die D-League in den USA. Das ist ein ganz harter und anstrengender. Es gibt Geschichten über die Rahmenbedingungen in dieser Liga, die mag man kaum glauben.... Tim hat es trotzdem gemacht und sich klasse präsentiert. Als er einen 10 Tages Vertrag der Celtics ablehnte, da war mir klar, dass etwas anderes in der Pipeline sein musste. Jetzt die Meldung der Rockets. Ohlbrecht mit Harden und Lin in einem Team! Kompliment für diesen Weg! Kann mich mal einer kneifen...."
Jan Jagla via Twitter: "Glückwunsch Tim Ohlbrecht . Lebe deinen Traum."
Was ist passiert? Wie sind die Reaktionen?
Warum ging Ohlbrecht in die USA?
Welche Rolle nimmt Ohlbrecht bei den Rockets ein?
Warum ging Ohlbrecht in die USA?
Ohlbrecht galt in Deutschland früh als Ausnahmespieler, bereits mit 17 Jahren trainierte er beim Profiteam der Bayer Giants Leverkusen mit. Aufgrund von mangelnden Einsatzzeiten entschied er sich, vor der Saison 2006/07 nach Bamberg zu wechseln. Gleich im ersten Jahr gewann er mit den Franken unter Dirk Bauermann den Titel in der BBL.
Mit dem Weggang des damaligen Bundestrainers änderte sich aber auch die Perspektive für Ohlbrecht in Bamberg. Der neue Trainer Chris Fleming setzte nicht auf den gebürtigen Wuppertaler. Bambergs Geschäftsführer Wolfgang Heyder warf ihm sogar mangelnde Selbstkritik vor. "Den Vorwurf kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich bin so selbstkritisch, wie es nur geht. Ich trainiere hart, lebe professionell und lege Zusatzschichten ein", entgegnete er 2009 im SPOX-Interview der Kritik.
Zudem sorgte seine Anmeldung für den NBA-Draft 2009 für Irritationen im Verein. Ohlbrecht wollte während der Playoffs in die USA reisen und dort in den Trainingscamps der NBA-Klubs seinen Marktwert testen. Da Bamberg ihm die Genehmigung verweigerte, meldete er sich wieder ab.
Ohlbrecht lehnte in der Folge einige Angebote aus Europa ab und schloss sich letztendlich den Telekom Baskets Bonn an. Dort bekam er mehr Spielzeit und reifte zum Führungsspieler. Er verbesserte sich in allen Kategorien (10 Punkte, 4 Rebounds im Schnitt). Sein damaliger Trainer Michael Koch setzte ihn zudem vermehrt auf der Position des Power Forwards ein und schulte damit seine Flexibilität und seinen Wurf von außen. Sein Traum von der NBA platzte allerdings 2010 erst einmal. Kein Team wählte den 2,10 m großen Center im Draft aus.
Auch in Bonn war nach der Saison 2010/11 Schluss. Die Telekom Baskets verlängerten den auslaufenden Vertrag nicht. Daraufhin griffen die Frankfurt Skyliners zu, gaben Ohlbrecht aber nur einen Vertrag bis zum Jahresende, der später auf die komplette Spielzeit ausgeweitet wurde. Aufgrund von Budget-Kürzungen konnten die Frankfurter dem Nationalspieler allerdings kein neues Angebot unterbreiten. Ein Engagement bei Alba Berlin scheiterte ebenfalls.
Genervt von der andauernden Kritik an seiner Person, suchte Ohlbrecht im November 2012 einen Neuanfang in Übersee.
"Es schwirren so viele negative Storys in Deutschland über mich herum. Andauernd wird mir etwas vorgeworfen. Davon wollte ich einfach weg. Die Amis haben mich anfangs gefragt: 'Stimmt es, was wir von dir Negatives gehört haben? Wenn nicht, dann beweise uns das Positive!' Und nun sagen sie zu mir: 'Du bist menschlich ein guter Typ, du trainierst gut und du spielst hart. Was in Deutschland über dich erzählt wird, das ist Quatsch!'", berichtete er kürzlich im SPOX-Interview über seine erste Zeit in den USA.
Er nahm am Draft der D-League teil und wurde von den Springfield Armor an 14. Stelle ausgewählt. Das Farmteam der Brooklyn Nets schickte den Deutschen aber nur drei Tage weiter zu den Rio Grande Valley Vipers. Dort fand er sich schnell zurecht und erkämpfte sich den Starting Spot als Center.
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Welche Rolle nimmt Ohlbrecht bei den Rockets ein?
Welche Rolle nimmt Ohlbrecht bei den Rockets ein?
Es ist klar, dass Ohlbrecht um seine Minuten kämpfen muss. Ömer Asik ist als Center gesetzt. Der Türke hat sich in dieser Saison prächtig entwickelt und holt die drittmeisten Rebounds in der NBA. Auf der Position 4 wird zukünftig Rookie Thomas Robinson starten. Die Rockets holten den Nummer-5-Pick einen Tag vor der Trade Deadline von den Sacramento Kings und schickten dafür den bisherigen Starter Patrick Patterson nach Kalifornien.
Dahinter bleiben Greg Smith, der Litauer Donatas Motiejunas und eben Ohlbrecht. Zwar startete zuletzt der Argentinier Carlos Delfino neben Chandler Parsons auf der zweiten Forward-Position, aber das war eher der Tatsache geschuldet, dass Robinson noch nicht spielberechtigt war. Daher streiten sich vornehmlich die oben genannten um die abfallenden Minuten auf den großen Positionen. Je nach Spielsituation kann Rockets-Coach Kevin McHale den passenden Akteur auswählen.
Motiejunas kommt in dieser Saison bislang kaum zum Zug. Der Rookie, der beide großen Positionen bekleiden kann, erhält durchschnittlich nur 5,5 Minuten Einsatzzeit, konnte aber in seinen D-League-Einsätzen durchaus überzeugen. Motiejunas ist keiner, der mit Urgewalt unter den Körben wütet. Der Litauer definiert sich eher über einen guten Wurf aus der Mitteldistanz und ein fintenreiches Spiel unter dem Korb. Die fehlende Athletik und seine Schwächen in der Defensive verhindern momentan noch mehr Spielzeit. Motiejunas ist bei den Rockets zudem eher für die Position 4 vorgesehen.
Smith erhielt dagegen schon deutlich mehr Spielzeit. Etwa 15 Minuten pro Spiel. Doch auch sein Platz in der Rotation ist nicht in Stein gemeißelt. Seit er 2011 von den Vipers zu den Rockets wechselte, wurde er immer mal wieder zurück in die D-League geschickt. Zuletzt vor zwei Wochen. Smith kommt eher über den Kampf, ist ein guter Pick-'N'Roll-Spieler und fühlt sich direkt am Korb am wohlsten. Das bedeutet gleichzeitig, dass sein Wurf aus der Mitteldistanz nicht gerade stabil ist.
Royce White und Terrence Jones, die beiden anderen Rookies, die auf der Power-Forward-Position agieren könnten, spielen selbst in der D-League keine allzu bedeutende Rolle und dürften für Ohlbrechts Spielzeit vorerst nicht relevant sein. Das gilt auch für Tyler Honeycutt, der ebenfalls von den Kings kam, aber erst einmal Ohlbrechts Roster Spot bei den Vipers einnehmen wird.
Da Asik im Schnitt 30 Minuten auf dem Feld steht und Robinsons Einsatzzeit sich eher noch darunter bewegen wird, bleiben viele Minuten über. Nach der Verpflichtung von Francisco Garcia, dem dritten Neuzugang aus Sacramento, ist häufiger eine Small-Ball-Variante mit Parsons als Vierer zu erwarten, Ohlbrecht wird im System der Rockets daher eher auf der 5 seine Chancen erhalten.
Als Big Man mit einem guten Touch und einer gewissen Leichtfüßigkeit könnte er durchaus ein nicht zu unterschätzender Faktor im auf Fastbreaks ausgelegten Spiel der Texaner werden. 10 Minuten pro Spiel sind daher keine völlig unrealistische Einschätzung.
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