NFL Playoffs: Cover 2 und so viel mehr - warum ist die Colts-Defense gut?

Von Adrian Franke
09. Januar 201912:10
Vor der Divisional-Runde in der NFL nimmt SPOX die Coverages der Cowboys und Colts unter die Lupegetty
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Die Indianapolis Colts stehen in der Divisional-Runde der Playoffs - und sind vor dem Duell mit der Offense der Kansas City Chiefs alles andere als chancenlos. Wie konnte das passieren? Wie konnte eine Defense, der im Vorfeld der Saison kaum jemand etwas zugetraut hat, innerhalb weniger Monate eine derartige Entwicklung hinlegen? Und haben die Colts eine Chance, Patrick Mahomes und Co. zu stoppen?

Für viele war der Fall im vergangenen Sommer relativ eindeutig: Die Colts-Offense sollte, falls Andrew Luck fit bleiben kann, ein gutes Jahr haben. Allerdings, so die Einschätzung, würde Indianapolis selbst dann mit den Playoffs noch nichts zu tun haben - viel zu löchrig kam diese Defense daher.

Mit ihrem Defensive Coordinator, der aus einer noch immer primär aus 3-4-Personal bestehenden Defense sein 4-3 umsetzen sollte - und der bereits verpflichtet worden war, bevor Frank Reich als neuer Head Coach feststand. Und vor allem mit riesigen Fragezeichen und sehr vielen sehr jungen Spielern in allen Teilen der Defense.

Und doch ist es Anfang Januar, und Indianapolis ist noch immer im Rennen. Die Colts, nach dem eindrucksvollen Sieg in Houston über die Texans, reisen am Samstagabend (ab 22.35 Uhr live auf DAZN) zum Nummer-1-Seed nach Kansas City und wollen versuchen, die Sensation zu schaffen und die Chiefs um den mutmaßlichen MVP Patrick Mahomes direkt auszuschalten.

Dabei hat die Colts-Offense - angetrieben von einer herausragenden Offensive Line in Kombination mit einem effizienten Kurzpassspiel, einem starken Andrew Luck in einem sehr guten Passing-Scheme sowie einem vertikalen Play Action Game mit mehreren Tight Ends auf dem Feld - alle Erwartungen übertroffen. Und doch ist es die Defense, die vielleicht die größte Unit-Überraschung der gesamten Saison ist.

Nur zwölf Teams ließen in der Regular Season weniger Yards pro Pass zu als Indy (7,4), in der Run-Defense waren fünf Teams bei Yards pro Run (3,9) besser. Nur drei Teams ließen weniger Big Plays (20+ Yards) im Passing Game zu (45). Indianapolis' Entwicklung auf dieser Seite des Balls war absolut bewundernswert, und es ist kein Zufall, dass Defensive Coordinator Matt Eberflus nach einem Jahr als Coordinator Head-Coach-Interviews bekommt. Die Colts werden ihre Defense am Samstag mehr denn je brauchen - doch was zeichnet sie eigentlich aus?

Die Basis der Colts-Defense: Cover-2-Zone

Im Laufe einer Saison kann man bei Offenses wie Defenses, sofern sie von guten Coaches trainiert werden, oft Fortschritte feststellen. Die sind manchmal gravierender, manchmal subtiler - selten sind sie aber so deutlich sichtbar und so klar definierbar, wie es bei der Colts-Defense in diesem Jahr der Fall war.

Im Kern brachte Eberflus aus Dallas eine 4-3-Front (vier Defensive Linemen, drei Linebacker) mit einer Cover-2-Zone-Defense dahinter mit nach Indianapolis. Die sieht grundsätzlich so oder sehr ähnlich aus, wie Indianapolis es hier gegen die Texans spielt:

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Cover-2-Zone bedeutet, dass zwei Safeties tief postiert sind, und sich gewissermaßen den "tiefen" Bereich des Feldes in zwei Zonen aufteilen, jeder ist für eine Zone zuständig und muss gegen den Run den Bereich zwischen dem Outside Cornerback und dem Edge-Verteidiger schließen. Davor wird ebenfalls Zone Coverage gespielt. Oberste Aufgabe der Cornerbacks ist es, Receiver zu einem Inside-Release zu zwingen und die Route so weit wie möglich nach innen zu treiben, um zu verhindern, dass die Safeties zu sehr auseinander gezogen werden. Der Middle Linebacker ist je nach Route für den tieferen zentralen Bereich des Feldes zuständig.

In ihrem Kern ist es eine sehr simple Defense, die in der Secondary weniger auf individuelle Qualität und mehr auf Disziplin setzt. Für die junge Colts-Secondary, die abgesehen von Safety Malik Hooker fast nur mit Fragezeichen in die Saison ging, war das eine sehr gute Basis.

Colts: Eberflus' Pass-Rush-Problem - und die Antwort

Das Problem mit Cover-2-Zone? Einerseits ist es auch aus Sicht der Offense wenig komplex und es gibt klare Konzepte, mit denen man diese Defense schlagen kann (dazu später mehr). Andererseits braucht eine Defense, die vor allem Cover-2-Zone spielt, einen starken 4-Men-Rush mit individueller Qualität, da häufig ohne Blitzing Druck auf den Quarterback ausgeübt werden muss. Über diese Art Spieler verfügte Eberflus allerdings nicht.

Die Aufgabe war also denkbar schwierig: eine Defense entwerfen, die in der Secondary noch via Scheme geschützt werden muss, gleichzeitig aber - so stark die Saison von Jabaal Sheard auch war - nicht die individuelle Qualität hatte, um mit einem simplen 4-Men-Rush zu gewinnen. Und hier beginnt die Geschichte der Entwicklung dieser Defense.

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Eines der ersten Dinge, das beim Colts-Tape auffällt, betrifft daher die Front. Während dahinter weiterhin die einfachere Zone Coverage gespielt wurde, setzte Eberflus an der Defensive Line schon früh auf Stunts und ähnliche Mittel.

Vereinfacht erklärt: Bei Stunts und Slants und dergleichen attackieren Defensive Linemen nach dem Snap eine andere Gap, als vor dem Snap. Wenn also etwa der Defensive End vor dem Snap zwischen dem Tackle und dem Tight End steht, könnte er nach dem Snap ein paar Schritte zur Seite machen und den Guard attackieren.

Hier ein Beispiel dafür aus dem Spiel gegen Dallas. Wenn Stunts gut gespielt werden - und sie erfordern vor allem von den Linebackern dahinter ein hohes Maß an Disziplin und schnelles Reagieren -, dann sind sie ein gutes Mittel, um die Pass-Protection und die Zuteilungen der Offensive Line durcheinander zu bringen. Ohne dabei blitzen oder auch die Line of Scrimmage mit sechs, sieben Spielern zustellen zu müssen.

Ebenfalls in dieser Szene deutlich ist ein weiteres Mittel, das Indianapolis unter Eberflus gerne nutzt: zwei Spieler in den A-Gaps - also zwischen dem Center und dem Guard postiert - und dafür kein Spieler zwischen den Guards und den Offensive Tackles. Das ist für einige Offenses ein echtes Problem, da der Center so extrem limitiert ist und etwa kaum als Puller oder Second-Level-Blocker eingesetzt werden kann.

Darius Leonard und Kenny Moore - die Colts blitzen

Stunts und verschiedene Variationen davon wurden so gewissermaßen der erste Entwicklungsschritt in der Colts-Defense, um schematisch zu expandieren. Es folgte der nächste Schritt, und das war das Ausbauen der Pass-Rush-Vielfalt, nachdem die Secondary begünstigt durch das Scheme mehr Sicherheit gefunden hatte und so auch schneller spielte.

Über die ersten sechs Wochen der Saison hatte Indianapolis' Defense 257 Dropbacks gegen sich - bei gerade einmal 42 davon blitzte Eberflus, eine Quote von lediglich 16,3 Prozent. In der zweiten Saisonhälfte sah das deutlich anders aus: Gegen Dallas in Woche 15 etwa (Blitz-Quote: 38 Prozent), gegen Miami in Woche 12 (38 Prozent) und auch gegen Houston am Samstag (30 Prozent).

Zwei Sachen sind dabei besonders auffällig, und sollten auch gegen die Chiefs ein Thema werden: die Colts spielen bevorzugt zwei verschiedene Blitz-Typen - und sie sind dahinter in ihren Coverages mutiger geworden und spielen auch mehr Man Coverage.

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Jeder Colts-Fan, der sich (zu Recht) über das Fehlen von Rookie-Linebacker Darius Leonard im Pro Bowl beschwert hat, wird früher oder später eine Statistik angebracht haben: Leonard hatte als Off-Ball-Linebacker sieben Sacks. Kein Off-Ball-Linebacker hatte mehr.

Diese hohe Zahl aber ist maßgeblich schematisch bedingt: Leonard ist in Eberflus' Scheme einer der primären Blitzer und wird hinter den Stunts in der Defensive Line sehr effizient eingesetzt, um etwaige Pass-Protection-Verwirrungen auszunutzen und als möglichst freier Rusher auf den Quarterback zu kommen.

Auch hier wurde das Arsenal erweitert. Eberflus lässt gerne einen Defensive Back - vor allem Cornerback Kenny Moore - blitzen, beim Sieg in Houston am Samstag war das überdeutlich zu sehen. Moore ist der einzige Colts-Defensive-Back mit über 60 Pass-Rush-Snaps (64) und über fünf QB-Pressures (11). Die Colts haben zuletzt aber auch die Tendenz gezeigt, beides zu mischen und den Slot-Blitz gemeinsam mit dem Linebacker-Blitz (rot umkreist, oben an der Defensive Line) zu bringen.

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Playoffs: Können die Colts Kansas City stoppen?

Und eine weitere Sache konnte man im Spiel gegen die Texans exemplarisch wieder einmal beobachten; etwas, das schon in weiten Teilen der zweiten Saisonhälfte sichtbar war: die Colts sind in ihren Zone-Coverage-Konzepten nicht nur sicherer geworden und spielen schneller, sondern sie zeigen jetzt auch ein immer besseres Verständnis dafür, welche Mittel der Gegner einsetzen könnte, um die Coverage zu schlagen - und reagieren darauf.

Das war bei der Interception am Ende des ersten Viertels zu sehen, als Moore im Slot seine Zone und somit den Texans-Receiver in seinem Rücken verließ, weil er das Route-Konzept und Watsons Augen richtig gelesen hatte. Dadurch tauchte er plötzlich in der Mitte exakt in Watsons Wurf-Fenster auf.

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Indianapolis, mit den vielen Plays mit zwei tief postierten Safeties, darauf ausgelegt, Big Plays zu verhindern und Offenses dazu zu zwingen, fehlerfrei mit Underneath- und Mid-Range-Passing-Game das Feld runter zu marschieren. Das klingt zunächst wie ein gutes Mittel gegen die Chiefs, doch warten hier auf Eberflus und seine vielversprechende Defense eine unheimlich schwere Prüfung.

Es gibt verschiedene Konzepte, mit denen Cover 2 schon seit langer Zeit gezielt attackiert werden kann. "Four Verticals" - also vier vertikal gelaufene Routes - gehört dazu, weil man so die Zonen der beiden tiefen Safeties überladen kann. Auch Route-Kombinationen, bei denen eine vertikale Route aus dem Slot den Middle Linebacker "mitzieht" und so Platz für die Dig-Route, die nach rund zehn bis 15 Yards nach innen zieht, schafft.

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Colts vs. Chiefs: Mahomes und KC zu stark?

Diese und ähnliche Konzepte werden die Colts-Defense auch gegen die Chiefs erwarten. Mahomes verzeichnete in der Regular Season nicht nur herausragende 15 Touchdowns bei Pässen über mindestens 20 Yards - in der 10-20-Yard-Range über die Mitte, wo also die Dig-Routes einschlagen, war er mit 743 Yards und zehn Touchdowns absolut herausragend.

Kansas City wird hier mehrere Ideen haben, um vor allem Tyreek Hill und Travis Kelce in gute Matchups zu bringen. Bei Pässen über mindestens 20 Yards hat kein Wide Receiver ansatzweise so viele Yards wie Hill (754) und nur Antonio Brown hat mehr Touchdowns (9) als Hill (7). Kein Tight End hat in der gleichen Kategorie mehr Yards als Kelce (243), nur Eric Ebron (3 TDs) hat noch einen Touchdown mehr.

Keine Defense spielte in der vergangenen Saison mehr Zone-Konzepte als Indianapolis; Mahomes derweil hat gegen fünf der acht Top-Teams was Anzahl der Zone-Coverages angeht gespielt und dabei 64 Prozent seiner Pässe für 7,9 Yards pro Pass und 14 Touchdowns aufgelegt - ohne eine einzige Interception.

Die Chiefs werden der Colts-Defense alles abverlangen und auch Eberflus' Bereitschaft, seine Coverages anzupassen, testen. Es könnte in der Summe ein zu ungünstiges Matchup für Indianapolis werden - oder aber ein weiterer immenser Fortschritt. Und von denen hatten die Colts dieses Jahr schon einige.