Die neue NFL-Saison steht vor der Tür - und auch in diesem Jahr versuchen wieder einige Deutsche ihr Glück in der besten Football-Liga der Welt. Das Feld ist zwar dünner geworden, trotzdem gibt es Chancen für Kasim Edebali, Moritz Böhringer und Co. SPOX liefert den Überblick über die deutschen NFL-Spieler vor dem Start der neuen Saison.
Welche deutschen Spieler gibt es in der NFL?
Das Lager der deutschen NFL-Profis ist über die vergangenen Monate deutlich geschrumpft: Björn Werner beendete seine Karriere und erklärte exklusiv in seiner SPOX-Kolumne, dass seine Knie nicht mehr mitgemacht haben. Inzwischen versucht Werner, europäischen Talenten beim Sprung in die USA zu helfen - ein spannendes Projekt, das er gegenüber SPOX bereits genauer vorgestellt hat.
Wenige Tage später verkündete auch Markus Kuhn sein Karriereende. Anfang März schließlich trennten sich die New England Patriots von Tackle Sebastian Vollmer, der im Mai daraufhin endgültig bestätigte, dass er nicht mehr in die NFL zurückkehren wird. Stattdessen arbeitet er, gemeinsam mit Kuhn, bereits an einer Karriere in den Medien.
Die Abschiede der drei bekanntesten deutschen Namen in der NFL in den vergangenen Jahren rückt die jüngere Garde in den Fokus, aktuell gibt es vier aktive deutsche Spieler in der NFL:
- Kasim Edebali, Outside Linebacker, Denver Broncos
- Moritz Böhringer, Wide Receiver, Minnesota Vikings
- Mark Nzeocha, Linebacker, Dallas Cowboys
- Kevin Davis, Linebacker, Los Angeles Rams
Außer Konkurrenz läuft noch Eric Nzeocha, der jüngere Bruder von Mark Nzeocha. Der steht zwar bei den Tampa Bay Buccaneers unter Vertrag, kann aber 2017 noch nicht in der Regular Season eingesetzt werden. Weil die Bucs eines von vier Teams waren, das einen Nicht-Amerikaner zusätzlich in ihr Practice Squad aufnehmen konnte, darf sich Nzeocha dort aktuell beweisen - allerdings ohne Spielerlaubnis für die kommende Saison.
Wie viel verdienen die deutschen NFL-Spieler*?
Spieler | Team | Vertrag bis | Basis-Gehalt 2017 | Cap Hit 2017 |
Kasim Edebali | Denver Broncos | 2017 | 1 Million Dollar | 1,2 Millionen Dollar |
Moritz Böhringer | Minnesota Vikings | 2017 | 465.000 Dollar | 465.000 Dollar |
Mark Nzeocha | Dallas Cowboys | 2018 | 615.000 Dollar | 631.087 Dollar |
Kevin Davis | Los Angeles Rams | 2019 | 465.000 Dollar | 465.000 Dollar |
* Zahlen unter der Prämisse, dass der jeweilige Spieler nicht noch entlassen wird.
Wie sind die Kader-Chancen der Deutschen in der NFL?
Die mit Abstand besten Chancen hat Kasim Edebali - aufgrund von Verletzungen und Abgängen bei den Broncos sollte der Hamburger einen Platz zumindest in der Pass-Rush-Rotation neben Von Miller sicher haben.
Bei Nzeocha ist die Gesundheit das große Fragezeichen: Ein im College erlittener Kreuzbandriss verhinderte ernsthafte Einsätze (lediglich zwei Partien im aktiven Kader) in seiner Rookie-Saison 2015, in der Vorsaison brachte er es ebenfalls auf nur fünf Regular-Season-Partien (3 Tackles).
Anfang Juni musste er schon wieder am Knie operiert werden, konnte aber die Saisonvorbereitung in den vergangenen Wochen mitmachen und erzwang im zweiten Preseason-Spiel der Cowboys prompt einen Fumble. Bleibt Nzeocha fit, hat er gute Chancen, den Sprung in den finalen Kader zu schaffen.
Nicht ganz so klar ist der Weg für Moritz Böhringer. Der erste deutsche Wide Receiver, der im Draft gewählt wurde - und das ohne jegliche College-Football-Erfahrung - verbrachte seine erste Saison im Vorjahr im Practice Squad der Vikings. Dort könnte er auch die kommende Spielzeit verbringen, sollte er den Sprung in den Kader nicht schaffen.
Die Konkurrenz ist groß, genau wie die Umstellung aus der deutschen GFL in die NFL für Böhringer. Doch Minnesotas Head Coach Mike Zimmer lobte jüngst: "Er hat sich deutlich verbessert. Er fängt den Ball besser, er versteht die Offense besser. Und er ist verbessert am höchsten Punkt der Route. Von da aus dann Geschwindigkeit aufzunehmen, das wird für ihn ein wichtiger Schritt sein. Er muss mit den Hüften noch tiefer spielen und aus der Route heraus explodieren."
Kevin Davis derweil ist klarer Außenseiter in L.A., seine einzige Chance ist es, im weiteren Verlauf des Training Camps und der Preseason mehrere Rams-Spieler auf seiner Position hinter sich zu lassen.
Der Weg von Moritz Böhringer in die NFL
Moritz Böhringer war die Geschichte des Frühlings 2016: Böhringer kam direkt aus der GFL in die USA, um sich auf den Draft vorzubereiten. Bei der Combine konnte er dann erstmals richtig für Aufsehen sorgen, seine Kombination aus Größe, Physis und Geschwindigkeit machte die Scouts der NFL-Teams stutzig.
Schnell wuchs sein Bekanntheitsgrad - bis Böhringer schließlich tatsächlich im Draft ausgewählt wurde. In der sechsten Runde schlugen die Minnesota Vikings, Böhringers Lieblingsteam, zu, SPOX begleitete den Receiver damals live.
Wie erwartet war es eine schwierige Umstellung von der GFL auf die NFL, ob in puncto Physis, Playbook oder auch Spielgeschwindigkeit. So fiel er Anfang September der finalen Kaderreduzierung in Minnesota zum Opfer, wurde aber ins Practice Squad aufgenommen. Im Januar erhielt er einen Futures Contract, aktuell kämpft er erneut um seine Chance auf einen Platz im finalen Roster.
Vollmer zeigte sich im Gespräch mit SPOX zuversichtlich, dass es Böhringer in der NFL schaffen kann: "Ich glaube, Potential ist auf jeden Fall da. Ohne die Ausbildung auf dem College kann es sein, dass man noch ein wenig zurück liegt, aber auch das muss nichts schlimmes sein. Ich hatte auch mit unseren eigenen Coaches mal über ihn gesprochen, und er ist einfach ein beeindruckender Sportler."
Die SPOX-Interviews mit Moritz Böhringer im Überblick:
Böhringer: "Das ist alles nicht meine Welt" (April 2016)
Böhringer: Entlassung? "Wäre überhaupt kein Problem" (August 2016)
Böhringer: "Ich war ziemlich unvorbereitet" (Januar 2017)
Böhringer: "...ich war viel zu aufgeregt" (April 2017)
Kasim Edebali und die neue Chance bei den Denver Broncos
Edebali flog in der Berichterstattung lange unter dem Radar. Zwar lieferte er bei den New Orleans Saints mitunter solide Leistungen ab, zum ganz großen Durchbruch aber reichte es nie. Der winkt jetzt in Denver.
DeMarcus Ware ist im Ruhestand, Shane Ray fällt aufgrund eines Bänderrisses im Handgelenk sechs bis acht Wochen aus, Shaquil Barrett mutmaßlich bis Mitte oder Ende September. Die Folge: Edebali ist aktuell Starter gegenüber von Von Miller und erklärte prompt selbstbewusst: "Natürlich bin ich bereit für den nächsten Schritt. Das war schon meine ganze Karriere über mein Mantra. Wenn sich jemand verletzt und ich einspringe, muss ich alles geben."
Auch von seinem neuen Head Coach gab es bereits Lob - die kommenden Wochen in der Preseason und dann der Regular Season können für Edebalis weitere NFL-Karriere richtungsweisend sein.
Edebalis NFL-Statistiken:
Jahr | Team | Spiele | Tackles | Sacks |
2016 | New Orleans Saints | 16 | 11 | 1 |
2015 | New Orleans Saints | 16 | 21 | 5 |
2014 | New Orleans Saints | 16 | 22 | 2 |
Mark Nzeocha und die Dallas Cowboys: Endlich fit?
Die Gesundheit ist und bleibt bei Nzeocha das große Fragezeichen. Der Linebacker darf sich auf der Position des Weakside-Linebackers durchaus in der Rotation Einsatz-Hoffnungen machen: Hinter Sean Lee kämpfen John Lotulelei und Rookie Lucas Wacha Nzeocha ebenfalls um Einsätze. Das Potential dafür hat er - wenn er eben endlich fit bleibt. Mitentscheidend für den Kaderplatz könnte Nzeochas Vielseitigkeit sein, er kann auch im Special Team eingesetzt werden.
Kevin Davis und die L.A. Rams: Die Chance des Außenseiters
Eine komplette Außenseiterchance ist es für Kevin Davis bei den Rams. Der 23-jährige Linebacker wurde nach dem vergangenen Draft von den Los Angeles Rams als Undrafted Free Agent verpflichtet, es war der Lohn für eine produktive College-Saison.
An deren Ende stand er bei 110 Tackles (davon 10,5 im Backfield) sowie drei Sacks und einer Interception. Insgesamt beendet er seine College-Karriere mit 257 Tackles (27 im Backfield), sieben Sacks und zwei Picks.
Jetzt kämpft er hinter Alec Ogletree, Cory Littleton, Mark Barron und Bryce Harper um einen Platz in der Rotation. Auch Davis wird sich mutmaßlich über das Special Team empfehlen müssen. "Ich weiß, dass es sehr schwierig wird und viel Arbeit auf mich zukommt. Aber vielleicht kann ich mich am Ende über die Special Teams in die Mannschaft und somit den endgültigen Kader spielen", hatte er selbst im Gespräch mit ran bestätigt. "Ich war schon auf dem College an der Colorado State University Teil der Special Teams, das ist also nichts Neues für mich."
Blick in die Vergangenheit: Deutsche in der NFL
Schon in der Vergangenheit gab es mehrere Profis mit deutschen Wurzeln in der NFL. Ob Kicker Uwe von Schamann, D-Liner Markus Koch, Defensive Tackle Ernie Stautner oder Punter Ralf Mojsiejenko - Deutsche in der NFL haben eine gewisse Tradition! SPOX stellte die Kandidaten bereits in einer Mini-Serie ausführlicher vor: