NFL - Head-Coach-Stellen im Überblick: Wer schon feststeht und wer noch sucht

Marcus Blumberg
02. Februar 202213:31
Nach insgesamt zehn Jahren bei den New England Patriots ist Josh McDaniels seit Ende Januar neuer Head Coach der Las Vegas Raiders.getty
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Insgesamt neun Head-Coach-Posten müssen in der NFL in dieser Offseason neu besetzt werden. Vier Teams haben bereits einen neuen Coach gefunden, der Rest sucht noch. SPOX gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen.

NFL - Head Coach Suche: Diese Posten stehen fest

New York Giants: Brian Daboll

Die New York Giants räumen ihre sportliche Leitung komplett auf und haben Head Coach Joe Judge nach nur zwei Jahren im Amt und einer 10-23-Bilanz wieder entlassen. Zuvor war bereits General Manager Dave Gettleman nach vier Jahren ohne Playoffs zurückgetreten. Während der Saison hatte man sich derweil schon von Offensive Coordinator Jason Garrett getrennt.

Der neue GM wurde Joe Schoen, der von 2017 bis zur laufenden Saison Assistant GM bei den Buffalo Bills war. Und jener brachte direkt Brian Daboll als neuen Head Coach mit.

Daboll war seit 2018 Offensive Coordinator der Bills und gilt als einer der Hauptgründe dafür, dass Quarterback Josh Allen eine so beeindruckende Entwicklung hingelegt hat. Entsprechend darf man von ihm erwarten, dass er ein guter Einfluss auf Daniel Jones sein könnte, bei dem in Kürze die Entscheidung über die Fifth-Year-Option in seinem Rookie-Vertrag ansteht.

Daboll, der zuvor Play-Caller bei Alabama und als Positions-Coach unter anderem in New England tätig war, kündigte derweil bereits an, dass Defensive Coordinator Patrick Graham im Amt bleiben werde, sollte jener nicht selbst irgendwo Head Coach werden.

Las Vegas Raiders: Josh McDaniels

Die Raiders trennten sich bekanntlich schon früh in der Saison von Head Coach Jon Gruden, nachdem dessen verheerende E-Mails an Washingtons früheren Funktionär Bruce Allen aus dem Jahr 2011 publik geworden waren. Vor wenigen Wochen wurde dann auch noch General Manager Mike Mayock - ein Gruden-Pick - entlassen.

Interimscoach Rich Bisaccia, der das Team erstmals seit 2016 in die Playoffs geführt hatte, bekam ein Vorstellungsgespräch mit Teameigner Mark Davis, erhielt jedoch nicht den Zuschlag.

Stattdessen wurde zunächst Dave Ziegler als neuer General Manager verpflichtet. Und der bisherige Director of Player Personnel der Patriots brachte, wie Schoen in New York, einen Weggefährten mit - Offensive Coordinator Josh McDaniels.

Für McDaniels, der in New England seit einigen Jahren hinter den Kulissen als Head Coach der Offense unter Bill Belichick angesehen wurde, ist es der zweite Head-Coach-Job in der NFL. Von 2009 bis 2010 war er bereits für die Denver Broncos verantwortlich, wurde jedoch nach einer vielversprechenden ersten Saison früh im zweiten Jahr wieder entlassen. Seine Gesamtbilanz war 11-17. Seinerzeit sorgte er für Aufsehen mit der Entscheidung, Tim Tebow in der ersten Runde des Drafts zu ziehen. Allerdings zog er auch Wide Receiver Demaryius Thomas drei Picks zuvor und jener entpuppte sich letztlich als Glücksgriff für die Franchise.

Für Aufsehen sorgte McDaniels dann ein paar Jahre später erneut: Vor der Saison 2018 hatte er eigentlich den Colts zugesagt, stieg dann aber in letzter Minute doch noch aus. Stattdessen wurde Frank Reich verpflichtet. McDaniels' damaliger Pick für den Defensive Coordinator, Matt Eberflus, sollte jedoch ebenfalls ein Glücksgriff für jene Franchise sein.

McDaniels übernimmt eine insgesamt vielversprechende Situation mit einem ordentlichen Quarterback in Derek Carr sowie einem Star-Tight-End in Darren Waller. Die Offense sollte damit also schonmal kein Problem sein mit McDaniels als Play-Caller.

Nach insgesamt zehn Jahren bei den New England Patriots ist Josh McDaniels seit Ende Januar neuer Head Coach der Las Vegas Raiders.getty

Chicago Bears: Matt Eberflus

Nach insgesamt vier Saisons und einer 34-33-Bilanz inklusive zweier Playoff-Teilnahmen wurde Head Coach Matt Nagy entlassen. Ebenfalls musste GM Ryan Pace seinen Hut nehmen. Für ihn übernahm der bisherige Executive Director of Player Personnel der Chiefs, Ryan Poles.

Und jener brachte schließlich den bereits erwähnten Matt Eberflus mit nach Chicago.

Eberflus war vor seiner erfolgreichen Zeit in Indy Linebackers-Coach bei den Browns und Cowboys und übernimmt nun ein Team, das seit jeher seine Identität in der Defense sieht.

Allerdings darf diese Wahl durchaus hinterfragt werden, schließlich war Nagy zuletzt vor allem an der Quarterback-Situation gescheitert. Speziell war es ihm nie gelungen, ein klares und auf den letztjährigen Erstrundenpick Justin Fields zugeschnittenes Offensiv-Scheme zu entwickeln. Und die Idee wäre nun vermeintlich gewesen, einen Head Coach zu installieren, der die Entwicklung von Fields in den kommenden Jahren positiv beeinflussen könnte.

Eberflus jedoch hat einen rein defensiven Background und wird daher auf einen innovativen Offensive Coordinator angewiesen sein, auch wenn er bereits andeutete, dass er auf beiden Seiten des Balls mitsprechen und auch deshalb nicht defensiv als Play-Caller fungieren wird.

Den Part des innovativen Offense-Coaches soll Luke Getsy übernehmen, der zuletzt als QB-Coach der Packers tätig war. Im Grunde liegen also auf jenem die größten Hoffnungen in diesem neuen Konstrukt in Chicago.

Denver Broncos: Nathaniel Hackett

Seit Teampräsident John Elway George Paton 2021 als neuen GM angeheuert hatte, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis Head Coach Vic Fangio abgelöst werden würde. Es ist schlicht das Gesetz des Marktes, dass ein neuer GM früher oder später seinen Head Coach installieren wird.

Und für den Defensiv-Guru Fangio (Gesamtbilanz in drei Jahren: 19-30) kam nun Packers-Offensive-Coordinator Nathaniel Hackett in die Mile High City. Der 42-Jährige ist seit 2013 durchweg als Coach in der NFL aktiv und arbeitete bereits für die Bills und Jaguars ehe er mit Matt LaFleur 2019 nach Green Bay kam.

Hackett war zwar unter LaFleur nicht der Play-Caller, doch gelten seine Designs generell als modern und innovativ. Zudem zeigte er, dass seine Offense nicht nur mit einem Superstar-Quarterback wie Aaron Rodgers funktionieren kann. Seine wohl bislang größte Leistung war es wohl, die Jaguars mit Quarterback Blake Bortles - noch dazu als Play-Caller - halbwegs brauchbar aussehen zu lassen auf dem Weg ins AFC Championship Game der Saison 2017.

Allerdings stellt sich auch mit Hackett in Denver weiterhin die Frage, ob nun endlich der erste Top-Quarterback seit Peyton Manning gefunden wird. Denn das Fehlen eines solchen hatte bereits Fangios Amtszeit zum Scheitern verurteilt.

Bevor wir auf die noch offenen Trainerposten eingehen, sei gesagt, dass Ex-Dolphins-Coach Brian Flores bei einigen Teams im Gespräch war. Unter anderem die Houston Texans und die New Orleans Saints gelten noch als Interessenten.

Seine Klage gegen die NFL, die Dolphins, Giants und Broncos könnte nun aber dazu führen, dass er keine wirkliche Chance mehr hat, eine dieser Stellen zu ergattern.

NFL - Head Coach Suche: Diese Posten sind noch offen

Jacksonville Jaguars

Die Jaguars haben das Urban-Meyer-Experiment vorzeitig beendet. Und seither läuft die Suche nach einem Nachfolger auf Hochtouren. Jedoch wird jene dadurch erschwert, dass General Manager Trent Baalke im Amt bleibt. Und jener genießt nicht unbedingt den besten Ruf in der NFL, nachdem er in gleicher Rolle die erfolgreiche Jim-Harbaugh-Ära in San Francisco beendete und die Franchise anschließend bis 2016 durch Coach-Verpflichtungen von Jim Tomsula und Chip Kelly wieder ins Chaos geführt hatte.

Es ist daher schwer vorstellbar, dass sich ein aufstrebender Coach wirklich in diese Situation begeben will - Quarterback Trevor Lawrence zum Trotz!

Die Liste der bisher geführten Vorstellungsgespräche ist derweil lang. Unter anderem wurden bereits Ex-Quarterback und Bucs-OC Byron Leftwich sowie Cowboys-OC Kellen Moore und der frühere Eagles-Head-Coach Doug Pederson interviewt.

Kürzlich sickerte durch, dass die Jaguar nun auch noch Rams-Offensive-Coordinator Kevin O'Connell angefragt hätten. Das Problem ist jedoch, dass er nicht bereits zuvor mit dem Team gesprochen hatte und nun aufgrund der Rams-Teilnahme am Super Bowl erst ab dem 14. Februar für Gespräche zur Verfügung stünde.

Insgesamt scheint das Rennen hier noch völlig offen zu sein, obgleich ein Homecoming von Leftwich, der als Erstrundenpick von 2003 bis 2006 für die Jaguars aktiv war, schon einen gewissen Charme hätte. Zudem arbeitete er in den vergangenen zwei Jahren sehr gut mit Tom Brady zusammen. Ein Fakt, von dem auch Lawrence profitieren würde.

Grundsätzlich jedoch sollten die Jaguars auf einen Coach setzen, der das Zeug dazu hat, Lawrence, das größte Asset dieser Franchise, weiterzuentwickeln.

Houston Texans

Die Texans haben David Culley nach nur einer Saison (4-13) wieder entlassen. Und das, obwohl der Rookie-Head-Coach durchaus die äußerst geringen Erwartungen übertroffen hat.

Die Entlassung warf Fragen auf, vor allem die, wo genau der Weg dieser Franchise in absehbarer Zeit überhaupt hinführen soll. Und was der Plan mit einem künftigen Coach wäre. Wird die nächste Übergangslösung gewählt, die Culley augenscheinlich war? Oder soll nun jemand ans Ruder, den man langfristig im Amt sieht?

Die bisherigen Interviews zeichnen jedenfalls ein ziemlich gemischtes Bild: Der in Miami entlassene Flores hätte wohl den meisten Sinn gemacht, schließlich hat er bereits als Head Coach überzeugt und arbeitete bereits mit GM Nick Caserio bei den Patriots - sowohl als Scout als auch als Linebackers-Coach und De-Facto-Defensive-Coordinator - zusammen.

Noch in der Verlosung sind Chargers-OC Joe Lombardi und Eagles-DC Jonathan Gannon. Darüber hinaus jedoch wird die Sache kurios, denn wie schon im Vorjahr scheint großes Interesse am früheren Quarterback Josh McCown zu bestehen, der 2020 noch auf der Practice Squad der Texans als Notfall-QB für den Fall einer Covid-Infektion im QB-Room stand. Jener McCown spielte 2021 nicht und verfügt über keinerlei Coaching-Erfahrung, hatte nun inklusive 2021 aber schon drei Vorstellungsgespräche mit Houston. Zudem wurde Ex-Steelers-Wide-Receiver Hines Ward interviewt. Ward arbeitete immerhin schon als Assistent bei den Jets und ist aktuell Wide Receivers Coach bei Florida Atlantic.

Generell scheint die Situation in Houston jedoch kein allzu gutes Pflaster für aufstrebende Coaches zu sein.

Miami Dolphins

Die Dolphins trennten sich ziemlich überraschend von Brian Flores, der in drei Jahren sicherlich mehr aus dem Team herausgeholt hatte als viele erwartet hätten (24-25).

Derweil soll an Quarterback Tua Tagovailoa festgehalten werden, weshalb auch hier ein Coach mit offensivem Background von Vorteil wäre. Entsprechend wurden daher auch bereits Kellen Moore (Cowboys) sowie Niners-OC Mike McDaniel interviewt. Daboll war ebenfalls ein Kandidat, entschied sich aber für die Giants. Im Rennen soll derweil auch Thomas Brown, der Running Backs Coach der Rams sein. Jener ist zudem Assistant Head Coach von Sean McVay.

Auf der defensiven Seite führten die Dolphins derweil schon Gespräche mit Dan Quinn (bleibt lieber DC der Cowboys), Cardinals-DC Vance Joseph und Bills-DC Leslie Frazier. Doch eine klare Tendenz scheint es in Südflorida noch nicht zu geben, auch wenn Gerüchten zufolge Moore und McDaniel nach Dabolls Entscheidung die Nasen vorn haben sollen.

Minnesota Vikings

Die Vikings trennten sich nach acht Jahren von Mike Zimmer (74-59-1) und entließen auch General Manager Rick Spielman, der seit 2012 im Amt war. Letzterer wurde mittlerweile durch Kwesi Adofo-Mensah ersetzt, der zuvor zwei Jahre Vice President of Football Operations bei den Cleveland Browns war und davor seit 2013 im Front Office der 49ers tätig war.

Was den Head-Coach-Job angeht, spannen die Vikings ein weites Netz. Der größte Name, der bislang mit ihnen in Verbindung gebracht wurde, ist Jim Harbaugh, der Head Coach von Michigan, der die 49ers 2012 in den Super Bowl geführt hatte. Und jener soll auch auch die besten Karten haben. Noch am späten Dienstagabend berichteten mehrere Medien davon, dass beide Seiten bereits gute Gespräche geführt haben und ein formelles Vorstellungsgsgespräch am Abend folgen werde. Ein Deal scheint hier durchaus möglich zu sein.

Ebenfalls in der Diskussion sind Moore (Cowboys), Gannon (Eagles), O'Connell (Rams), Bucs-DC Todd Bowles, Rams-DC Raheem Morris sowie 49ers-DC DeMeco Ryans. Zudem soll Graham (Giants) ein Vorstellungsgespräch bekommen.

Letztlich sind die Vikings eine interessante Situation für einen neuen Head Coach. Offensiv braucht es eigentlich nur ein paar Upgrades in der Offensive Line sowie auf Sicht einen Nachfolger für Kirk Cousins - das Receiving Corps hingegen steht mit Justin Jefferson und Adam Thielen. Und defensiv ist die Unit durchaus brauchbar.

New Orleans Saints

Insgesamt 16 Jahre lang trainierte Sean Payton (161-97) die Saints und führte sie in der Saison 2009 zum Erfolg in Super Bowl XLIV. Dann erklärte er überraschend seinen Rücktritt und hinterließ eine beträchtliche Lücke im Bayou.

Da diese Entscheidung noch relativ frisch ist, hat die Suche nach einem Nachfolger auch erst kurzfristig begonnen. In der Verlosung ist der frühere Eagles-Coach Doug Pederson. Die bisherigen Payton-Assistenten Dennis Kelly (DC) und Darren Rizzi (Special Teams) sind ebenfalls Namen, die genannt wurden. Zudem soll GM Mickey Loomis Leftwich (Bucs) und Lions-DC Aaron Glenn auf dem Zettel haben.

Insgesamt sind die Saints dank Payton zu einer Top-Adresse in der NFL geworden. Allerdings plagen diese Franchise die Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit. Die Salary-Cap-Manöver der letzten paar Jahre zollen nun ihren Tribut, sodass größere Upgrades via Free Agency nicht zu erwarten sind. Und der aktuelle Kader weist durchaus beträchtliche Defizite auf, speziell im Receiving Corps - was wird aus Michael Thomas? - und auf der Quarterback-Position, wo die Post-Brees-Ära nicht gerade verheißungsvoll begonnen hat.

Die Defense und die Offensive Line sind allerdings immer noch große Stärken, sodass der neue Head Coach nicht gänzlich bei Null anfangen muss.