Die Regular Season ist vorbei, schon geht der Blick bei vielen Fans in Richtung der kommenden Saison. Welche Teams können dann einen Sprung nach vorne machen? Welche einen Schritt zurück?
Außerdem: Wie haben sich die Rookie-Head-Coaches geschlagen? Und was wird jetzt aus Tua Tagovailoa?
Diesmal beantwortet SPOX-Redakteur Jan Dafeld eure Fragen nach Woche 18, Adrian Franke übernimmt allerdings wie gewohnt den Video-Mailbag.
Mailbag: Welche Teams machen 2022 einen Sprung nach vorne? Welche einen Schritt zurück?
simon: Welche Teams können nächste Saison einen großen Sprung und welche könnten eher einen Schritt zurück machen?
So unmittelbar nach dem Ende der Regular Season sofort einen Ausblick auf die kommende Spielzeit zu wagen, ist natürlich riskant. Die Free Agency und der Draft stehen noch an, wie die Teams in der kommenden Spielzeit genau aussehen werden, ist also noch unklar.
Und doch gibt es ein paar Anhaltspunkte, die bei einem Blick in die Zukunft helfen können. Um abschätzen zu können, welche Teams sich in der kommenden Saison wahrscheinlich verbessern und welche sich vermutlich verschlechtern werden, helfen in meinen Augen vor allem vier Faktoren:
Zum einen ist da das Verletzungsglück bzw. -pech in der abgelaufenen Saison. Ein Team, das große Teile der Saison ohne seinen Starting Quarterback spielen musste, diesen zur kommenden Spielzeit allerdings zurückbekommen soll, wird im darauffolgenden Jahr wahrscheinlich mehr Spiele gewinnen.
Nummer zwei ist selbstverständlich die Kader-Situation des Teams. Welche Leistungsträger werden Free Agents? Wieviel Cap Space steht zur Verfügung? Ein Team, das seine wichtigsten Spieler halten und gleichzeitig die größten Baustellen mit viel Cap Space angehen kann, hat im Hinblick auf die nächste Spielzeit gute Aussichten.
Als dritter Punkt kommen die Turnover ins Spiel. Selbstverständlich gibt es Spieler wie Trevon Diggs, Darius Leonard oder J.C. Jackson, die konstant mehr Takeaways forcieren als andere. Als Team dauerhaft mehr Turnover zu kreieren als der Durchschnitt ist allerdings sehr schwierig. Ähnliches gilt auch für die Offense: Ein Aaron Rodgers verantwortet sicher weniger Turnover als ein Rookie-Quarterback, Fumbles variieren dagegen jedoch von Saison zu Saison. Die Turnover-Differenz eines Teams ist in der Regel also eine sehr volatile Statistik, auf die man sich als Team nicht verlassen sollte.
Der wahrscheinlich wichtigste und nach wie vor sehr unterschätzte Aspekt ist die Bilanz eines Teams in so genannten One-Score-Games, also in Spielen, die durch maximal einen Touchdown Differenz entschieden wurden. Teams, die besonders "clutch" sind, gibt es in der NFL schlicht nicht, bei Spielen, die sehr knapp entschieden werden, spielt Glück immer auch eine Rolle. Teams, die in einer Saison fast alle ihrer One-Score-Games gewannen, werden in der darauffolgenden Saison meist weniger Glück haben - und dementsprechend weniger Spiele gewinnen. Teams, die viele knappe Spiele verloren, werden im kommenden Jahr derweil meist besser abschneiden.
Unter Berücksichtigung dieser vier Faktoren kann ich somit bei einigen Teams mit relativ großer Sicherheit prognostizieren, dass diese in der kommenden Saison besser oder schlechter abschneiden werden. Hier sind also meine jeweils vier Picks für Teams, die in der kommenden Saison mehr bzw. weniger Spiele gewinnen werden.
Diese Teams machen 2022 einen Sprung nach vorne:
Detroit Lions
Die bitteren Niederlagen der Lions zogen sich wie ein roter Faden durch die Saison des Teams - insbesondere in den ersten zwei Saisondritteln. Von seinen ersten elf Saisonspielen gewann Detroit kein einziges und verlor dabei gegen die Ravens, Vikings, Browns und Bears denkbar knapp, teilweise in geradezu herzzerreißender Art und Weise (man denke an Justin Tuckers 66-Yard-Field-Goal zum Sieg).
Drei Siege in der gesamten Spielzeit zeigen, dass die Lions in diesem Jahr kein besonders gutes Football-Team waren - damit hatte auch niemand gerechnet -, mit neun äußerst knappen Spielen zeigte das Team allerdings, dass es bereits überraschend konkurrenzfähig ist. Mit ein paar Verbesserungen, ein paar gedrehten Stellschrauben, dürfte Detroit in der kommenden Saison also schon so manches Spiel mehr gewinnen. Und die Voraussetzungen dafür sind da.
Detroit verfügt über den zweiten Pick im kommenden Draft, damit dürfte es sofort eine Verstärkung für die Defensive Line geben, ein weiterer Erstrunden- sowie ein früher Zweitrundenpick könnten das Team ebenfalls verstärken. In der Free Agency steht Detroit zwar nicht der Cap Space zur Verfügung, um mehrere Difference-Maker in die Motor City zu lotsen, die Verpflichtung eines gestandenen Wide Receivers könnte allerdings bereits enorm helfen. Die Lions werden Ende dieses Jahres vermutlich noch nicht wieder um die Playoffs mitspielen, zum Bodensatz der Liga sollte Detroit aber keine weitere Saison zählen.
Denver Broncos
Das Schicksal der Broncos in der kommenden Saison steht und fällt natürlich mit der Quarterback-Position. Teddy Bridgewater wird Free Agent, Denver hofft - wie so häufig in den vergangenen Jahren - auf ein Upgrade auf der wichtigsten Position im Football. Aaron Rodgers wird vermutlich nicht auf den Markt kommen, auch bei Russell Wilson deutet mittlerweile einiges auf einen Verbleib hin. Bleibt noch Deshaun Watson.
Sollte der Quarterback der Texans in diesem Frühjahr tatsächlich den Weg in die Mile High City finden, steigen die Broncos praktisch über Nacht von einem Team im unteren Mittelfeld der Liga in den erweiterten Kreis der Contender auf - sofern Watson angesichts seiner Off-Field-Probleme spielen darf natürlich.
Doch selbst wenn das gewaltige Upgrade auf der Quarterback-Position (mal wieder) ausbleibt, gibt es einige Punkte, die Broncos-Fans Hoffnung machen dürften: Denver gewann in dieser Spielzeit nur eines seiner sechs One-Score-Games, das sollte 2022 besser werden. Ein Downgrade auf der QB-Position hat das Team nach einem Jahr mit Bridgewater, Drew Lock und zeitweise Brett Rypien zudem wohl auch nicht zu befürchten. Das Team verfügt über eine ansehnliche Summe an Cap Space, zudem könnte auch der neue Head Coach für positive Impulse sorgen.
Buffalo Bills
Die Bills? Zugegeben, ich hätte es mir leichter machen und an dieser Stelle kein Team, das in dieser Saison gerade elf Spiele gewonnen hat und als Division-Sieger in die Playoffs eingezogen ist, nennen können. Aber: Mit Ausnahme der üblen Pleite gegen die Colts erlitt Buffalo seine deutlichste Niederlage in dieser Saison in Week 1 mit 16:23 gegen die Steelers, ihren knappsten Sieg fuhren sie in Week 16 mit 33:21 gegen die Patriots ein. Die Punktedifferenz der Bills ist mit +194 die beste in der NFL.
Zur Wahrheit gehört auch, dass Buffalo in dieser Spielzeit - trotz des schwerwiegenden Ausfalls von Tre'Davious White - insgesamt sehr von Verletzungen verschont blieb, mit 30 Takeaways rangiert das Team zudem auf Platz drei in der NFL, das dürfte schwierig zu wiederholen sein. Die Art und Weise, wie die Bills ihre Spiele in dieser Saison gewannen (38:20 gegen die Chiefs, 31:6 gegen die Saints) bzw. verloren (31:34 gegen die Titans, 27:33 in OT gegen die Bucs) lässt dennoch auf eine Steigerung hoffen.
Mit Jerry Hughes und Levi Wallace werden zwei Leistungsträger des Teams in der kommenden Offseason Free Agents, Buffalo verfügt zwar nicht über viel Cap Space, aber doch genug, um ein paar Moves machen zu können. Die Bills werden in der kommenden Saison nicht plötzlich an der perfekten Saison kratzen, die Chancen stehen allerdings nicht schlecht, dass das Team 2022 noch mehr Spiele gewinnt als in der abgelaufenen Regular Season.
Baltimore Ravens
Die Ravens sind das einzige Team in dieser Liste, das in dieser Spielzeit keine klar negative Bilanz in One-Score-Games aufweist. Baltimore gewann sechs seiner zwölf knappen Spiele, sechs gingen verloren. Zu Beginn der Saison hatte das Team in diesen Spielen meist noch Glück, fünf ihrer letzten sechs Spiele verloren die Ravens dann allerdings mit drei oder weniger Punkten Unterschied.
Hoffnung macht bei dem Team von Head Coach John Harbaugh selbstverständlich die Verletztensituation. Mit Ronnie Stanley, Marcus Peters, J.K. Dobbins, Derek Wolfe, Gus Edwards und L.J. Fort verpassten zahlreiche Leistungsträger praktisch die komplette Saison, Marlon Humphrey, Deshon Elliott, Rashod Bateman, Sammy Watkins, Odafe Oweh und natürlich Lamar Jackson fehlten ebenfalls länger. Wohl kein anderes Team wurde in diesem Jahr stärker vom Verletzungspech getroffen als die Ravens.
Darüber hinaus forcierte Baltimore in dieser Spielzeit gerade mal 15 Turnover, nur die Jets und die Jaguars hatten noch weniger, in den Jahren zuvor waren es bei den Ravens stets mehr als 20 gewesen. Als Division-Letzter wird das Team 2022 zudem von einem ungewöhnlich leichten Schedule profitieren. Statt gegen die Chiefs, Titans und Cowboys (wie die Steelers) trifft Baltimore in der kommenden Saison auf die Broncos, Jaguars und Giants.
Mit Bradley Bozeman, Justin Houston, Calais Campbell, Patrick Ricard sowie Watkins und Elliott werden einige Leistungsträger des Teams Free Agents, alle wird Baltimore nicht halten können. Die Ravens stehen somit vor einer durchaus herausfordernden Offseason. Bleibt Jackson in der kommenden Spielzeit fit, sollte das Team die Saison dennoch zumindest wieder mit einer positiven Bilanz beenden können.
Diese Teams machen 2022 einen Schritt zurück:
Pittsburgh Steelers
Mike Tomlin wird in diesen Tagen mit Lob überhäuft - und das zu Recht! Auch seine 15. Saison als Head Coach in der NFL schloss Tomlin nicht mit einer negativen Bilanz ab, das gab es so zuvor noch nie und verdient den größten Respekt. Und doch wird man das Gefühl nicht los, dass die Steelers in dieser Spielzeit mehr Spiele gewonnen haben als sie hätten gewinnen sollen.
Neun Spiele gewannen die Steelers in dieser Saison, nur ein einziges (26:14 gegen einen schrecklichen Baker Mayfield) wurde mit mehr als acht Punkten Unterschied entschieden. Pittsburghs Niederlagen kamen dabei meist deutlich klarer zustande: Gegen die Bengals (2x) und Chiefs verlor das Team beispielsweise zusammengerechnet mit 71 Punkten Differenz. Ihre Bilanz von 8-2-1 in One-Score-Games werden Tomlin und Co. 2022 kaum wiederholen können.
Darüber hinaus wird Pittsburgh erstmals seit einer Ewigkeit mit einem anderen Quarterback als Ben Roethlisberger in die kommende Saison gehen müssen. Und ja, Big Bens Limitierungen wurden in dieser Spielzeit mehr als offensichtlich, ein klares Upgrade zu ihm zu finden, dürfte dennoch äußerst schwer werden. Die Steelers verfügen über eine ordentliche Menge an Cap Space, sehr wahrscheinlich aber nicht genug, um die zahlreichen Baustellen im Team beheben zu können. Mein Tipp: Im nächsten Jahr reißt Tomlins Rekord-Serie.
Atlanta Falcons
Die Falcons schienen bereits in der vergangenen Offseason an einem Scheideweg zu stehen: Kommt der Rebuild? Oder wird der Kern des Teams rund um Matt Ryan doch noch weiter zusammengehalten? Atlanta entschied sich, trotz des Abgangs von Julio Jones, für Zweiteres - doch dieser Weg scheint ins Nichts zu führen. Die Falcons blieben zwar bis zuletzt rein rechnerisch im Playoff-Rennen, wie ein Playoff-Team sah die Truppe in dieser Spielzeit allerdings nie aus.
Atlanta gewann kein einziges Spiel mit mehr als acht Punkten Vorsprung, gleichzeitig wurde das Team von den Eagles, Cowboys, Patriots und 49ers komplett auseinander genommen. Die Falcons beendeten die Spielzeit mit einer Punkte-Differenz von -148! Zum Vergleich: Die Seahawks und Broncos, die die Saison ebenfalls mit sieben Siegen beendeten, kamen auf +29 und +13.
Und auch sonst besteht im Hinblick auf die kommende Saison nur wenig Hoffnung: Atlanta verfügt über keinerlei Cap Space, mit Cordarrelle Patterson wird einer der wenigen Lichtblicke der laufenden Spielzeit Free Agent. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis die Falcons die Reißleine ziehen und einen radikalen Rebuild einleiten müssen. Sehr gut möglich also, dass es in der kommenden Saison noch weiter bergab geht.
Tampa Bay Buccaneers
Die Bucs? Der Super-Bowl-Champ? Mit Tom Brady als Quarterback? Einen Schritt zurück? Ja, auch das ist eine relativ gewagte Prognose. Ein Blick auf die vier eingangs von mir genannten Faktoren macht zumindest einen kleinen Rückschritt des Teams allerdings wahrscheinlich.
Auch die Bucs profitierten in dieser Spielzeit von einer sehr guten Bilanz in One-Score-Games, tatsächlich gewann Tampa Bay alle seiner sechs Spiele, die mit sieben oder weniger Punkten Unterschied entschieden wurden. Dazu kommen die herausragenden Turnover-Zahlen des Teams: Mit 29 Takeaways rangieren die Bucs ligaweit auf Rang vier, in puncto Turnover-Differenz belegen sie Platz sechs. Diese Zahlen dürften 2022 schwächer werden.
Dazu kommt, dass auch in Tampa Bay eine Offseason mit einigen kniffligen Entscheidungen wartet. Chris Godwin, Carlton Davis, Ryan Jensen, Leonard Fournette, Alex Cappa, Jason Pierre-Paul und Jordan Whitehead werden alle Free Agents, in diesem Jahr werden die Bucs nicht erneut alle ihre Leistungsträger halten können. Stürzt das Team in der kommenden Spielzeit also plötzlich ab? Das sicher nicht, dafür ist Tom Brady nach wie vor schlicht viel zu gut. Eine erneute Saison mit 13 oder sogar mehr Siegen sehe ich allerdings nicht.
Tennnessee Titans
Auch die Titans sind ebenso wie die Steelers ein Team, das für seinen Abschluss der Regular Season in Anbetracht der eigenen Möglichkeiten großen Respekt verdient, diese Leistung soll durch die Nennung in dieser Liste überhaupt nicht geschmälert werden. Den Nummer-eins-Seed in der AFC erklimmt man nicht im Vorbeigehen - erst Recht nicht mit einer neuen Rekordzahl an eingesetzten Spielern.
Und doch scheint eine Wiederholung dieses Kunststücks Stand heute unwahrscheinlich. Ja, Derrick Henry fiel knapp die Hälfte der Saison aus, auch Julio Jones und A.J. Brown fehlten verletzungsbedingt und in mehreren Spielen musste Tennessee die Tiefe in seinem Kader gehörig durcheinanderwirbeln. Weil die Leistungsträger mit Ausnahme der "Dudes" in der Offense aber nahezu komplett fit blieben, traf das Verletzungspech die Titans insgesamt doch deutlich weniger stark als beispielsweise die Ravens oder die Packers.
Mit Ben Jones, Harold Landry und Anthony Firkser wird das Team von Head Coach Mike Vrabel im Frühjahr zudem einige wichtige Spieler ziehen lassen müssen, Cap Space wäre nur vorhanden, wenn andere Eckpfeiler wie Taylor Lewan oder Rodger Saffold entlassen würden. Kann Tennessee in der kommenden Saison erneut um den Division-Sieg mitspielen? Gut möglich. Bei zwölf Siegen und auf Platz eins in der AFC sehe ich die Titans allerdings nicht erneut.
Video-Mailbag: Wer überrascht in der ersten Playoff-Runde?
Wer überrascht in der ersten Playoff-Runde und auf welche Matchups sollte man dabei einen besonderen Blick werfen? Was machen die Colts nach dem blamablen Verpassen der Playoffs?
Welcher offene Head-Coach-Posten ist der attraktivste? Und welcher Franchise kann man trotz einer negativen Bilanz eine gute Saison attestieren?
Die Antworten gibt's im Week-18-Video-Mailbag.
Mailbag: Wie haben sich die Rookie-Head-Coaches geschlagen? Was wird aus Tua?
OnePriDe:Wie schätzt du die neuen Head Coaches nach ihrem ersten Jahr mit neuem Team ein?
Interessante Frage. Um Euch nach dem Aufsatz über die verbesserten und schwächeren Teams in der kommenden Saison nicht nochmal ganz so viel Text zumuten zu müssen, gehen wir das Ganze im Schnelldurchlauf an.
Dan Campbell (Detroit Lions)
Die positiven Aspekte sind bei Campbell offensichtlich: Das Team steht eindeutig hinter seinem Head Coach - in einer Saison mit vielen Niederlagen alles andere als eine Selbstverständlichkeit! Campbell gelang es, mit einem Team, das nicht mit allzu viel Talent gesegnet ist, viele Spiele eng zu halten und coachte dabei mutig und aggressiv, sowohl im Hinblick auf Fourth-Down-Entscheidungen (kein Team spielte jemals mehr Fourth Downs aus) als auch auf sein Play-Calling, das mit zahlreichen Trick-Plays gegen die Packers am vergangenen Wochenende seinen Höhepunkt fand. Die entscheidende Frage ist nun: Kann Campbell mehr als "nur" mit einem schwachen Kader viele Spiele eng zu halten? 2022 muss den Lions bereits der nächste Schritt gelingen, ähnlich wie den Dolphins 2020 unter Brian Flores. Wie bei Flores wird auch Campbells Zukunft eng mit dem Erfolg seines (baldigen) Quarterbacks verknüpft sein.
David Culley (Houston Texans)
Auch Culley hat es geschafft, mit einem äußerst schwachen Kader Spiele zu gewinnen und deutlich mehr Spiele eng zu halten als viele Beobachter dem Team vor der Saison zugetraut hätten. Der 66-Jährige holte aus einem "verlorenen Jahr" in Houston somit noch das Maximum raus, zumal Davis Mills unter Culley eine überraschend gute Rookie-Saison spielte und sich tatsächlich zu Houstons Quarterback der Zukunft entwickeln könnte. Medienberichten zufolge bekommt Culley womöglich dennoch kein weiteres Jahr bei den Texans. Es scheint, als wäre er in Houston eigentlich nur als Übergangslösung gedacht gewesen, jetzt wo Culley sich in seinem ersten Jahr so respektabel geschlagen hat, ist seine Zukunft offen. Darf Culley bleiben, muss er ebenso wie Campbell beweisen, dass er auch mit einem stärkeren Kader Fortschritte machen und dieses Talent maximieren kann.
Urban Meyer (Jacksonville Jaguars)
Zu Meyer, der noch vor dem Saisonende von den Jaguars gefeuert wurde, ist eigentlich bereits alles gesagt. Der 57-Jährige war sowohl in sportlicher Hinsicht als auch abseits des Platzes ein einziges Desaster. Meyer wird in der NFL keinen Platz mehr finden - und das völlig zu Recht
Robert Saleh (New York Jets)
Saleh galt im vergangenen Frühjahr als der vielleicht gefragteste aller Head-Coaching-Kandidaten, nahezu alle Teams luden ihn zum Interview ein. In seiner Rookie-Saison blieb der 42-Jährige allerdings noch einiges schuldig. Teilweise machte er etwas unnötige Nebenkriegsschauplätze auf, New Yorks Defense - eigentlich Salehs Steckenpferd - enttäuschte zudem auf ganzer Linie. Die Jets hatten mit kostspieligen Ausfällen in der Defensive Line und wenig Talent in der Secondary zu kämpfen, doch selbst in Anbetracht dieser Umstände blieb die Defense hinter den Erwartungen zurück. Immerhin: Bei Rookie Zach Wilson ging es am Ende der Saison zumindest ein wenig bergauf, das Team präsentierte sich über die letzten Wochen besser als noch in der ersten Saisonhälfte. 2022 wird Saleh mit den Jets einen klaren Schritt nach vorne machen müssen. Dass Coaches in New York keine allzu lange Leine genießen dürfen, ist bekannt.
Nick Sirianni (Philadelphia Eagles)
Dass Sirianni gleich in seinem ersten Jahr als Head Coach die Playoffs erreicht - mit einem ebenfalls nicht übermäßig stark besetzten Team und einem unerfahrenen Quarterback wohlgemerkt - ist ein echtes Ausrufezeichen! Der 40-Jährige fiel vor allem dadurch positiv auf, dass er sich offen für Veränderungen an seinem System zeigte. Seine Pass-First-Philosophie ging nicht auf, also schnitt Sirianni die Offense schließlich voll auf das Run-Game und die Stärken von Jalen Hurts zu - mit Erfolg. Sirianni ist bei seinen Spielern offenbar beliebt, das Fundament für eine erfolgreiche Zukunft in Philadelphia wurde mit drei Erstrundenpicks im kommenden Draft zudem gelegt. Eine Gefahr, die allerdings besteht: Sirianni könnte zu schnell zu gut gewesen sein. Gewinnen die Eagles in der kommenden Saison weniger Spiele, könnte ihr Coach schon wieder angezählt werden. Siriannis Zukunft dürfte eng mit der von Hurts verwoben sein.
Arthur Smith (Atlanta Falcons)
Mit sieben Siegen schloss Smith seine erste Saison als Head Coach der Falcons mit einer zumindest akzeptablen Bilanz ab. Dass sein Team dabei aber eigentlich nicht so gut spielte wie die Bilanz vermuten lassen würde, war doch relativ offensichtlich (siehe auch Seite 1). Atlantas Defense bleibt ein Problem, Matt Ryan wird nicht jünger, Cap Space ist nicht vorhanden, den Falcons - und somit auch Smith - droht in den kommenden Jahren eine düstere Zukunft. Mit der Art und Weise, wie der 39-Jährige Cordarrelle Pattterson und Kyle Pitts einsetzte, sorgte er in der vergangenen Saison für ein paar Lichtblicke, ein Rebuild scheint in Atlanta trotz allem unausweichlich. Dann wird sich die Frage stellen: Wird Smith diesen mitgestalten dürfen?
Brandon Staley (Los Angeles Chargers)
Staley hat in der vergangenen Saison fraglos jede Menge spannende Ansätze gezeigt: In der Defense legte er den Fokus eindeutig auf die Pass-Verteidigung, bei Fourth Downs zeigte er sich teilweise ultraaggressiv. Staley ist offen für Neues und scheut es nicht, Risiken einzugehen. Gleichzeitig offenbarten die Chargers unter ihm auch eindeutige Schwachstellen: Die Run-Defense blieb praktisch über die gesamte Saison hinweg ein Desaster, das war auch dem Personal geschuldet, Staleys Coaching-Stab ließ allerdings auch klare Anpassungen vermissen. Offensiv verlor sich das Team zu oft in einer Kurzpass-Offense - trotz der Qualitäten von Justin Herbert. Die Chargers unter Staley sind somit definitiv ein spannendes Projekt, dank Herbert ist das Potenzial für einen Contender vorhanden. Mit seinem durchaus außergewöhnlichen Stil macht sich Staley allerdings auch angreifbar. Die Run-Defense und die Pass-Offense der Chargers werden im kommenden Jahr einen Schritt nach vorne machen müssen. Daran müssen sich Staley und seine Coordinators messen lassen.
MartaMunkel: Was machen wir mit Tua? Er wird in seinem dritten Jahr wohl Starter sein. Aber wo?
Nach der Entlassung von Brian Flores deutet alles daraufhin, dass Tua Tagovailoa auch in der kommenden Saison für die Dolphins starten wird. Dass Flores nicht von Tua überzeugt war, soll zu den gravierendsten Differenzen zwischen dem Head Coach und General Manager Chris Grier sowie Owner Stephen Ross gezählt haben.
Mit Grier und Ross hat Tua demnach zwei Fürsprecher an der Spitze der Organisation, der neue Head Coach in Miami sollte dementsprechend auch einer sein. Ross hat Medienberichten zufolge zudem kein Interesse daran, für Deshaun Watson zu traden. Und in diesem Fall dürfte es für Miami ohnehin schwer sein, ein klares Upgrade gegenüber Tua zu bekommen.
Ich persönlich würde den 23-Jährigen nach nur zwei Jahren in der NFL noch nicht abschreiben und kann die Entscheidung der Dolphins daher durchaus nachvollziehen - auch wenn diese meiner Meinung nach nicht zu einer Trennung von Flores hätte führen dürfen. In meinen Augen wird Tagovailoa mittlerweile zu negativ gesehen. Dafür, dass Joe Burrow und Justin Herbert, die beiden anderen Top-Quarterbacks in seinem Draft, die wohl besten jungen QBs der NFL geworden sind, kann er nichts. Und in Miami konnte Tua bislang auch nicht gerade unter angenehmen Umständen arbeiten.
Angesichts der äußerst limitierten Möglichkeiten in der Offense der Dolphins, die unter einer unglaublich schwachen Offensive Line zu leiden hat, hat Tua seinen Job in der vergangenen Saison weitestgehend gut ausgefüllt. Er wurde den Ball schnell los und hat dabei bewiesen, dass er ein akkurater Passer im Kurzpassspiel ist. Natürlich reicht das noch nicht aus, um ein veritabler Starter in der NFL sein zu können. Der Kritik, dass nahezu jeder NFL-Quarterback eine solche Offense umsetzen könnte, schließe ich mich allerdings auch nicht an.
In der kommenden Saison wird Tua zeigen müssen, dass er mehr kann als nur schnelle Pässe in einer RPO-Offense zu werfen. Wir wissen, dass Tuas Genauigkeit gut ist, wir wissen auch, dass seine Armstärke zu den schwächeren in der NFL zählt. Nun gilt es herauszufinden, wie der 23-Jährige eine Offense umsetzen kann, wenn er mal mehr als zwei Sekunden in der Pocket erhält. Kann er Defenses lesen? Kann er mit Antizipation werfen?
All das werden wir allerdings nur bewerten können, wenn Grier die Zusammenstellung der Offensive Line nicht noch ein weiteres Jahr vor die Wand fährt (denn für die schlicht schreckliche O-Line in dieser Saison ist zuallererst er verantwortlich). Nur dann wird Tua überhaupt die Chance bekommen, auch für Big Plays innerhalb der Offense zu sorgen. Tagovailoa wird 2022 also in eine für ihn entscheidende Saison gehen. Ob er diese Chance dann auch für sich nutzen kann, wird allerdings nicht alleine in seiner Macht liegen.
AloisBrückl: Die Quarterback-Klasse im Draft ist mau, viele Teams haben aber Bedarf. Denkst du ein Backup wie Marcus Mariota könnte irgendwo einen Starterposten bekommen?
Wenn wir alle Teams in der Liga mal eher konservativ durchgehen, also davon ausgehen, dass Derek Carr bei den Raiders bleibt, Russell Wilson bei den Seahaws, Tua Tagovailoa bei den Dolphins und Daniel Jones bei den Giants, dann komme ich auf fünf vakante Quarterback-Posten in der NFL: In Denver, Pittsburgh, Washington, New Orleans und Carolina.
Mit Jameis Winston (zurück zu den Saints?) und Teddy Bridgewater (vielleicht als Übergangslösung bei den Steelers?) sehe ich zwei Quarterbacks in der kommenden Free Agency, die relativ sicher als Starter bei einem Team unterkommen dürften. Bleiben also noch drei offene Posten in der NFL (sollten sich beispielsweise die Dolphins doch von Tua trennen, gäbe es zwar ein Team mehr, das einen QB bräuchte, allerdings wäre ja auch ein QB mehr auf dem Markt, an der Zahl der offenen Stellen würde sich also nichts ändern).
Diese drei Posten dürften dann sehr wahrscheinlich von drei Rookie-Quarterbacks oder zwei Rookie-Quarterbacks und Deshaun Watson eingenommen werden. Die Quarterback-Klasse gilt in diesem Jahr zwar nicht als herausragend besetzt, dennoch dürften drei bis fünf Quarterbacks in der ersten Draft-Runde ausgewählt werden - und dass diese größtenteils auf der Bank landen, glaube ich persönlich nicht.
Ich gehe dementsprechend nicht davon aus, dass Mariota in dieser Offseason bei einem Team als klarer Starter unterkommen wird. Was ich allerdings für sehr gut möglich halte, ist dass ihn ein Team als eine Art 1B-Lösiung aufnimmt, also als Backup hinter einem Starter, der jedoch nicht sicher im Sattel sitzt. Ein Team, bei dem ich mir eine solche Situation sehr gut vorstellen könnte, sind die Browns mit Baker Mayfield. Auch eine Variante, in der Mariota zusammen mit einem Rookie-Quarterback geholt wird und an diesen übergibt, sobald dieser bereit ist, ist natürlich denkbar.
linie302: Braucht Baltimore einen neuen Offensive Coordinator? Sind die Probleme in der Offense ein Problem fehlender individueller Klasse oder des Schemes?
Die Ravens gehen bereits in ihre zweite Offseason in Serie, in der Greg Roman als Offensive Coordinator zumindest angezählt zu sein scheint. Dass Roman im Design des Passspiels Defizite hat, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Bei den Ravens wurde dies sowohl in der letzten als auch in dieser Saison deutlich: Schlechtes Spacing, zu viele Iso-Routes und dadurch eine zu große Abhängigkeit von der individuellen Klasse einzelner Spieler - all das sieht man in Baltimores Passing Offense immer wieder.
Gleichzeitig gilt Roman aber eben auch als eine Art Mastermind im Run-Game. Der 49-Jährige versteht es sehr gut, verschiedene Laufspielzüge schematisch miteinander zu verbinden, sodass es der Defense schwer gemacht werden kann, zu lesen, ob nun zum Beispiel ein Gap-Run, ein Counter oder sogar ein End Around kommt. Dadurch verhalf Roman erst Colin Kaepernick und später auch Lamar Jackson zu herausragenden Saisons.
Bei den Ravens fällt es allerdings schwer, den Einfluss von Roman und Jackson auf den Erfolg des Run-Games zu trennen: Es steht außer Frage, dass Jackson der explosivste Quarterback aller Zeiten ist, wie groß Romans Anteil an dem - zugebenermaßen historisch guten - Laufspiel in der Saison 2019 war, kann somit nicht sicher gesagt werden.
Klar ist: Auch Romans Run-Designs haben ihre Grenzen und scheinen sich über die vergangenen Jahre ein wenig abgenutzt zu haben. Die Ausfälle von J.K. Dobbins und Gus Edwards, die schwächere Offensive Line sowie später auch die Verletzung von Jackson konnte Romans Scheme in dieser Spielzeit nicht wettmachen. Baltimores Rush DVOA belegte 2021 nur noch Platz elf in der Liga.
Ich persönlich würde daher zu einem Coordinator-Wechsel bei den Ravens tendieren. Eine Verbesserung im Design des Passspiels ist in Baltimore trotz eines neuen Passing Game Coordinators ausgeblieben, allzu viel Hoffnung auf einen Satz nach vorne gibt es in diesem Bereich daher nicht mehr. Eine Offense mit Jackson, Dobbins, Edwards und einer zumindest soliden Offensive Line wird immer ein gutes Run-Game auf den Rasen bringen können. Nun ist es an der Zeit, Jackson auch im Passspiel die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen.