Die Running-Back-Klasse im NFL Draft 2020 gilt gemeinhin als wenig spektakulär. Nur wenige Spieler stechen hier heraus - zum Teil auch, weil sie interessante Geschichten mit sich bringen. SPOX gibt einen Überblick über die Backs, die man kennen sollte.
D'Andre Swift - Georgia
Die Georgia Bulldogs und ihre Running Backs haben eine große Tradition und erfreuten sich gerade in den vergangenen paar Jahren im Draft immer wieder großer Beliebtheit. Swift könnte diese Reihe noch erweitern. Swift spielte in seinem Freshman-Jahr 2017 noch mit den späteren hohen Draftpicks Sony Michel und Nick Chubb zusammen und trat gewissermaßen die Nachfolge von Todd Gurley an.
Swift wurde schon früh wichtiger Bestandteil seines Teams und half den Bulldogs maßgeblich dabei, dreimal in Serie die SEC East zu gewinnen. Zuvor führte er seine High School St. Joseph's Prep (Philadelphia) zu drei State Championships in vier Jahren.
Swift, der schon als Zehnjähriger auf der Laufbahn aktiv war und sowohl die 60 als auch die 200 Meter gelaufen war, zeichnet sich vor allem durch seine Beweglichkeit und sehr guten Speed aus - er lief die 40 Yards bei der Combine in 4,48 Sekunden.
Er ist quirlig und kommt so gut an Verteidigern vorbei, auch wenn er nicht unbedingt die Masse mitbringt, um sich physisch gegen jeden Verteidiger durchzusetzen. Zudem kosteten ihn immer mal wieder Verletzungen wie zuletzt an der Schulter Spielzeit.
Er war zwei Jahre Starter für Georgia und spielte eine Schlüsselrolle im Team, war der Feature Back wenn fit. In der NFL könnte er eine ähnliche Rolle spielen wie Alvin Kamara bei den Saints, wenn er mehr Konstanz in sein Receiving-Spiel bekommt.
Hat aber bereits die Fähigkeit, sich unbemerkt in Space zu positionieren für leichte Catches und viel Raumgewinn danach, da er durch seine Beweglichkeit im freien Raum nur schwer zu stellen ist.
Ebenfalls wertvoll ist seine Bereitschaft, in Pass Protection mitzuhelfen und somit nicht nur für sich selbst Möglichkeiten zu kreieren. Steigert damit seinen Wert und könnte auch in der NFL bei allen drei Downs eine Rolle finden.
Jonathan Taylor - Wisconsin
Wer einen Old-School-Downhill-Runner sucht, wird in Jonathan Taylor durchaus fündig. Der Junior aus Salem/New Jersey war der Lead-Back für die Badgers in den vergangenen zwei Jahren und war in allen drei Jahren in Wisconsin im All-Big-Ten-First-Team anzufinden.
Taylor war zudem in den vergangenen zwei Jahren jeweils einstimmiger All-American und gewann jeweils den Doak Walker Award für den besten Running Back im College Football. Diesen Award zweimal in Folge gewannen vor ihm lediglich zwei andere Spieler: Ricky Williams und Darren McFadden.
Taylor übertraf sogar Herschel Walker mit 6174 Rushing Yards bis zum Ende seines Junior-Jahres mit 578 mehr Yards. Zudem brauchte Taylor für 5000 Rushing Yards nur 736 Carries, die wenigsten in der FBS-Geschichte für diesen Meilenstein.
Jedoch droht ihm ein wenig der Ruf der Eindimensionalität. Taylor mag zwar vorwärts laufen können, was sicherlich auch an der starken Offensive Line der Badgers gelegen haben mag, jedoch bestehen Zweifel daran, ob er auch im lateralen Bereich beweglich und schnell genug ist.
Damit einher geht die Frage, ob er im Passspiel effizient genug sein kann. Im College jedenfalls wurde dieser Teil des Spiels bei Taylor kaum benötigt, da er hauptsächlich mit dem Ball gelaufen war. Erst in seinem Junior-Jahr steigerte man seine Targets und er fing immerhin 26 Pässe für 252 Yards und fünf Touchdowns. Zuvor waren es jeweils nur acht Catches pro Saison.
Zweifel an seinen Händen sind allerdings auch generell berechtigt, denn seine Ball Security war bislang nicht die beste und Drops prägten sein Spiel als Receiver. In drei Jahren College leistete sich Taylor 18 Fumbles, davon sechs im Jahr 2019. Was die Pass Protection angeht, wurde er dafür schlicht kaum abgestellt, was eine Beurteilung dieses Bereichs eher schwierig macht.
Insgesamt ist auch Taylor ein Kandidat für die ersten beiden Tage, allerdings sollte klar sein, dass er in ein eher klassisches System besser passen dürfte als eines, das vom Passspiel als Grundlage ausgeht.
J.K. Dobbins - Ohio State
J.K. Dobbins verabschiedete sich von den Buckeyes mit einer spektakulären und geschichtsträchtigen Saison. Er lief für 2003 Yards und erzielte 21 Touchdowns. Er stellte damit einen neuen Rushing-Yard-Rekord für Ohio State auf und wurde Sechster bei der Heisman-Wahl sowie ins All-Big-Ten-First-Team gewählt. Er war Junior und verzichtet somit auf sein Senior-Jahr in Columbus.
Dobbins ist schon deshalb ein interessanter Spieler, weil er kein reiner Running Back ist, sondern vielmehr erst im Laufe seiner High-School-Karriere zu einem solchen umfunktioniert wurde.
In seinem Freshman-Jahr in La Grange/Texas - zwischen Austin und Houston gelegen - begann er seine Football-Laufbahn als Cornerback und Slot-Receiver und wurde erst als Sophomore ins offensive Backfield beordert. Fortan dominierte er und war Stammgast in den All-State-Teams. Sein finales Jahr auf der High School begann er nur 2010 Yards entfernt vom Karriere-Rushing-Rekord im Großraum Austin, doch ein Wadenbeinbruch im ersten Play des Jahres machte dies zunichte.
Dobbins erhielt im Anschluss ein 4-Star-Rating - von maximal 5 - und Angebote von zahlreichen Power-5-Schulen wie Alabama, Texas und Oklahoma, die allesamt für ihr Run Game und die Entwicklung von Running Backs bekannt sind. Letztlich aber fiel seine Wahl auf Ohio State, da ihn die Entwicklung von Cowboys-Star Ezekiel Elliott bei den Buckeyes sehr beeindruckte. So sehr, dass er sich für ein dortiges Stipendium entschied, ohne zuvor dort zu Besuch gewesen zu sein.
In seinen ersten zwei Jahren bei Ohio State sorgte er bereits für Furore und wurde zum ersten Buckeyes-Running-Back überhaupt, der sowohl als Freshman als auch als Sophomore für jeweils mehr als 1000 Yards gelaufen war. Seine 1403 Rushing Yards 2017 sind sogar Schulrekord für einen Freshman. Das Jahr schloss er gebührend mit einem MVP-Titel im Big Ten Championship Game ab.
Bei der Combine verzichtete er auf Workouts, was dazu führte, dass Teams keinen finalen Blick mehr auf Dobbins werfen konnten, da der Pro Day aufgrund der Coronavirus-Pandemie abgesagt wurde. Dennoch ist er rein körperlich und aufgrund seiner Fähigkeit, das Feld zu sehen und Lücken zu finden, durchaus ein potenzieller 3-Down-Back im richtigen System.
Clyde Edwards-Helaire - LSU
Clyde Edwards-Helaire zeichnet vor allem seine Vielseitigkeit aus, die ihn für NFL-Teams in der heutigen Zeit interessant machen dürften.
Edwards-Helaire ist ein kompakter Runner, der mit tiefem Schwerpunkt vor allem Power durch seine starken Beine kreiert und damit schwer zu tackeln ist. Zudem hat er gute Hände und kann auch im Passspiel glänzen - 55 Receptions in seinem Junior-Jahr sprechen eine deutliche Sprache.
Edwards-Helaire gilt als Leader und war zuletzt Team Captain, führte die SEC mit 16 Rushing Touchdowns an, wurde zudem ins All-SEC-First-Team gewählt.
Allerdings kann er auch nicht auf eine ausgedehnte Spielerfahrung verweisen, war er doch lediglich 2019 Starter bei LSU. Davor war er als Freshman gar kein Faktor und als Sophomore Backup von Nick Brossette mit gelegentlichen Einsätzen.
Er offenbarte zuletzt Schwächen in der Pass Protection, was seinen Wert als Receiver aus dem Backfield etwas schmälert. Hier ist Luft nach oben. Ein Plus ist allerdings seine Übersicht, die es ihm erlaubt, sich beim Snap nicht nur im Backfield zu positionieren, sondern auch auf den einzelnen Receiver-Spots.
Was NFL-Teams aber genauer untersuchen werden wollen, ist seine zum Teil schwierige Vergangenheit. Er war 2018 in eine Schießerei aus Notwehr verwickelt, als er und sein Teamkollege Jared Small Elektrogeräte verkaufen wollten und der Käufer eine Waffe zog und versuchte, die beiden auszurauben.
Small erschoss den Mann schließlich in Notwehr. Anklage wurde nicht erhoben. LSU-Head-Coach Ed Orgeron bescheinigte Edwards-Helaire allerdings kürzlich, einen der "besten Charakter" seines Teams zu haben.
Den Namenszusatz Helaire übernahm Clyde im Übrigen von seinem Stiefvater Shannon Helaire als Sophomore auf der High School. Sein biologischer Vater, Clyde Edwards, war 2000 für Drogenbesitz zu 30 Jahren Haft verurteilt worden, kam 2014 durch gute Führung aber vorzeitig frei. Seither haben Vater und Sohn wieder ein recht gutes Verhältnis.
Zack Moss - Utah
Der einzige Senior in dieser Liste. Moss zeigte über seine ganze College-Karriere immer wieder großes Potenzial, aber auch eine gewisse Verletzungsanfälligkeit.
Er war drei Jahre Starter für die Utes und führte sein Team stets in Rushing an, obwohl er gerade 2018 fünf Spiele mit einer Knieverletzung verpasste. Und trotz dieser langen Ausfallzeit reichte es für ihn dennoch ins All-Pac-12-Second-Team.
Seine beste Saison legte er freilich 2019 - in voll fittem Zustand - hin und wurde sogar zum Pac-12 Offensive Player of the Year gewählt, war zudem Second Team All-American.
Er hatte eine Einladung zum Senior Bowl, musste jedoch mit einer Schulterverletzung passen. Bei der Combine war Moss dabei und verzichtete lediglich auf die Weitsprung- sowie die 3-Cone-Übungen.
Er gilt als unerbittlicher Runner, der mit seiner Power nur schwer zu stoppen ist. Biss zudem mit besagter Schulterverletzung über weite Teile der 2019er Saison auf die Zähne und verpasste kein Spiel. Bringt die nötige Härte für eine lange Saison mit.
Er ist allerdings nicht wahnsinnig schnell und plagt sich bereits seit 2018 mit einer Knieverletzung herum, die nie so richtig verheilt zu sein scheint. Das allein könnte seine Wartezeit bis zum Draftpick merklich verlängern, zumal keine individuellen Untersuchungen durchgeführt werden können aufgrund der Corona-Krise.
Und das ist dann auch schon das größte Fragezeichen. Abgesehen davon nämlich bringt Moss gute Anlagen mit und hat auch NFL-Wurzeln in der Familie. Sein Cousin, Santana Moss, spielte 14 Jahre in der NFL und war der 16. Pick insgesamt im Draft 2001. Moss brachte es auf 10.283 Receiving Yards. Zudem war dessen Bruder, Sinorice Moss, sechs Jahre in der NFL - auch als Wide Receiver - aktiv.
Zack Moss hat die Chance, in diese Fußstapfen zu treten - sollte es ihm seine allgemeine Gesundheit erlauben.
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