NFL: Das sind die größten Storylines in der Preseason 2021

Jan Dafeld
05. August 202108:15
SPOXgetty
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Die Preseason steht direkt vor der Tür! In der Nacht auf Freitag treffen die Dallas Cowboys und Pittsburgh Steelers im Hall of Fame Game aufeinander, in der Woche darauf starten dann alle Teams in die Vorbereitungsspiele. Wer setzt sich als Quarterback bei den Saints durch? Wer wird der dritte Receiver für Patrick Mahomes? Und was passiert mit Trey Lance? Wir blicken auf die wichtigsten Preseason-Storylines 2021.

Jameis Winston vs. Taysom Hill

Die Camp-Battles der zahlreichen hochtalentierten Rookie-Quarterbacks dominieren die Schlagzeilen, das womöglich spannendste Duell findet allerdings zwischen zwei Veteranen in New Orleans statt. Head Coach Sean Payton wollte sich bislang nicht auf einen Favoriten im Rennen um den Starterposten festlegen. Hat Payton tatsächlich noch keinen Starter im Auge, wird die Preseason definitiv über den neuen Signal Caller bei den Saints mitentscheiden.

Das Duell zwischen Winston und Hill ist zudem mehr als "nur" das Duell zweier Low-End-Starter, es ist auch ein Zweikampf zweier völlig unterschiedlicher Spielstile und Philosophien. Setzt sich Winston gegen Hill durch, wird die Offense in Woche eins deutlich anders aussehen, als wenn Hill die Saints als Starter aufs Feld führen wird, so viel ist klar. Sowohl Winston als auch Hill haben zudem nach wie vor Fürsprecher, die in ihnen durchaus das Potenzial zu einem guten Starting Quarterback sehen.

Winston wird im Training und in den Preseason-Spielen zeigen müssen, dass er Paytons Offense innerhalb der Struktur umsetzen und seine teils haarsträubenden Fehler aus der Vergangenheit reduzieren kann. Hill wiederum muss beweisen, dass er mehr als eine athletische Allzweckwaffe ist und auch als Down-to-Down-Passer erfolgreich sein kann. Möglich, dass die Verletzungssorgen im Receiving Corps der Saints ein Vorteil für Hill, der eine Run-First-Offense umsetzen kann, sind. Wird er diesen durch gute Vorstellungen in der Preseason nutzen können?

Wie weit ist Kyle Pitts?

Kyle Pitts wurde im Draft bereits an vierter Stelle ausgewählt, er war der erste Nicht-Quarterback, der vom Board ging. Und doch gehen Pitts' Vorschusslorbeeren noch deutlich über diesen Status als eines der größten Talente der diesjährigen Draft-Klasse hinaus: Pitts gilt für viele Beobachter als "Einhorn", ein Talent, das es nur einmal in einer Generation gibt, als vielleicht talentiertestes Tight-End-Prospect aller Zeiten und womöglich sofort als einer der besten Tight Ends der NFL.

Es sind teilweise Superlative, denen Pitts in seiner Rookie-Saison kaum gerecht werden kann - zumal Tight Ends als Rookies fast nie sofort dominieren können. T.J. Hockenson, 2019 auch als großes Tight-End-Talent gefeiert, blieb als Rookie unter 400 Receiving Yards, auch George Kittle benötigte ein Jahr, um in den Kreis der besten Spieler auf seiner Position vorstoßen zu können. Selbst Rob Gronkowski, der vielleicht beste Tight End aller Zeiten, war als Rookie vor allem eine Red-Zone-Waffe. Travis Kelce verpasste seine Rookie-Saison verletzungsbedingt nahezu komplett.

Ist es also realistisch, dass Pitts in seiner ersten NFL-Saison gleich dominieren wird? Die Gelegenheit dazu dürfte bei den Falcons nach dem Abgang von Julio Jones gegeben sein. Tight Ends nehmen in der Offense des neuen Head Coaches Arthur Smith zudem eine prominente Rolle ein. Doch ist Pitts tatsächlich schon so weit? Die Preseason wird erste Antworten auf diese Frage liefern können.

Kann Jacob Eason für die Colts starten?

Verletzungen sind leider Jahr für Jahr ein zentraler Bestandteil der Saisonvorbereitung in der NFL: Besonders hart erwischt hat es 2021 die Indianapolis Colts. Carson Wentz musste sich einer Fußoperation unterziehen und wird dem Team zufolge fünf bis zwölf Wochen ausfallen. Das bedeutet: Wentz könnte bereits zum Saisonstart zurückkehren oder aber die erste Hälfte der Spielzeit verpassen.

Für die Colts ist dies ein Albtraum-Szenario. Wentz sollte unter Frank Reich zu seiner einstigen Form zurückfinden und das Team somit zumindest im erweiterten Contender-Kreis bleiben. Mit Jacob Eason als Starter scheinen diese Ziele plötzlich in weite Ferne gerückt.

Eason ist noch eine große Unbekannte. Bislang kam der Viertrundenpick aus dem Jahr 2020 noch nicht in der NFL zum Einsatz. Der 23-Jährige verfügt über eine absolute Kanone als Arm - doch was noch? Eason kam mit enormen Fragezeichen in puncto Accuracy und Reads zu den Profis. Welche Fortschritte konnte er während des letzten Jahres machen?

Eason wird in der Preseason überzeugen müssen. Vorerst ist er als Starter während Wentz' Abwesenheit gesetzt. Wackelt er jedoch bereits in der Saisonvorbereitung, könnte ein Trade für Nick Foles doch wieder näher rücken.

Wer wird der dritte Receiver in der Chiefs-Offense?

Die Offense der Chiefs war über die vergangenen Jahre über weite Strecken das Nonplusultra in der NFL. Patrick Mahomes ist der wohl beste Quarterback der Liga, Travis Kelce der wohl beste Tight End, Tyreek Hill zudem einer der absoluten Top-Receiver. In der Spitze war kein Team über die letzten Jahre auch nur annähernd so stark aufgestellt wie Kansas City.

Allerdings: Hinter dem herausragenden Duo aus Kelce und Hill werden die Optionen in der Offense dünn. Dieses Problem wurde bereits im Vorjahr mehrfach deutlich, wenn sich Defenses besonders stark auf Kelce und Hill konzentrierten. Mit Sammy Watkins verließ die drittbeste Receiving-Option das Team nun in der Offseason. Wer kann diese Lücke füllen und Kelce und Hill entlasten?

Mecole Hardman, Zeitrundenpick im Jahr 2019, sollte eigentlich genau dieser jemand sein. Bislang präsentierte sich der Speedster jedoch sehr inkonstant. Somit kommen auch Demarcus Robinson, Rookie Cornell Powell sowie Byron Pringle für die Rolle der Nummer drei in der Offense in Frage. Welcher der Spieler darf in der Preseason mit den Startern spielen? Und wer kann in den Vorbereitungsspielen Plays machen? Die Antwort auf diese Fragen könnte weitreichende Auswirkungen für die Offense der Chiefs 2021 haben.

Drew Lock vs. Teddy Bridgewater

Ein talentierter Receiving Corps. Eine solide Offensive Line. Eine potenziell herausragende Defense. Die Broncos zählen vor der Saison 2021 zu den in der Breite am besten besetzten Teams der Liga. Die große Ausnahme: Die Quarterback-Position - leider die mit Abstand wichtigste Position im Football.

Drew Lock ist den Beweis, dass er ein solider NFL-Starter sein kann, in 18 Einsätzen bislang schuldig geblieben. Zu häufig mischen sich haarsträubende Fehler in sein Spiel und machen somit gelegentliche Highlight-Würfe zunichte. Konkurrent Teddy Bridgewater gilt als akzeptabler Low-End-Starter, blieb in der Vorsaison bei den Panthers allerdings auch einiges schuldig.

Wer von beiden als Starter in die kommende Spielzeit gehen wird, ist noch völlig offen. Es gäbe aktuell keinen Vorsprung in diesem Rennen, erklärte Head Coach Vic Fangio. Lock scheint - aufgrund des größeren Potenzials gegenüber Bridgewater - die etwas besseren Karten zu haben. Mit schlechten Aufritten in der Preseason könnte er seinen Starterposten allerdings noch vor dem regulären Saisonstart verlieren.

Der Konkurrenzkampf in der Secondary der Seahawks

Die Tage der Legion of Boom in Seattle sind lange vorbei. 2021 wird sich die einst dominanteste Defense der NFL aus deutlich weniger eindrucksvollen Namen zusammensetzen. Shaquill Griffin verließ das Team in der Offseason, nun kämpfen mit Akhello Witherspoon, Tre Flowers, D.J. Reed, Tre Brown, Pierre Desir und Damarious Randall gleich sechs Spieler um zwei Spots als Starting Outside Cornerback.

Witherspoon scheint als Starter vorgesehen zu sein, Reed gilt als Favorit auf den Posten gegenüber. In Stein gemeißelt ist aber wohl noch keine Besetzung. Witherspoon war in der Vorsaison kein Starter mehr für die 49ers, Reed wurde in San Francisco sogar entlassen. Das Rennen um die Cornerback-Plätze ist ein Kampf mehrerer Spieler, die bei vielen anderen Teams wohl allenfalls Backups wären. Entsprechend wichtig werden die Auftritte im Training sowie in der Preseason sein.

Auch hinter anderen Positionen in der Secondary gibt es zudem noch Fragezeichen. Marquise Blair soll wohl wieder die Rolle im Slot übernehmen, kehrt allerdings auch von einer schweren Verletzung zurück. Jamal Adams ist als Strong Safety theoretisch gesetzt. Aufgrund eines Vertragsstreits mit dem Team nimmt der 25-Jährige derzeit allerdings nicht an den Trainingseinheiten der Seahawks teil.

Andy Dalton vs. Justin Fields

Andy Dalton soll für die Bears im ersten Saisonspiel gegen die Rams starten. Das erklärte Head Coach Matt Nagy bereits zu Beginn des Training Camps. Und vermutlich wird die Preseason daran - sofern nichts völlig Verrücktes passiert - auch nichts ändern. Dennoch werden die kommenden Woche äußerst wichtige für Dalton und auch für Fields.

Überzeugt Fields sowohl im Training als auch in der Preseason, wird der Druck auf Dalton immer größer werden. Die Bears werden 2021 sehr wahrscheinlich nicht um den Super Bowl mitspielen, in diesem Fall dürfte die Evaluation des eigenen jungen Quarterbacks zum wichtigsten Thema des Jahres aufsteigen.

Dass Fields in der kommenden Saison irgendwann für die Bears starten wird, erscheint somit äußerst wahrscheinlich - sofern Dalton und Co. nicht bis zuletzt um die Playoffs kämpfen. Sitzt der Rookie dem Veteran durch starke Leistungen in der Saisonvorbereitung gleich zu Beginn der regulären Spielzeit im Nacken, könnte der Wechsel bereits deutlich früher erfolgen, als es derzeit noch den Anschein hat.

Die Entwicklung der Passing-Offense der Ravens

Die Ravens machten nach dem erneuten, frühzeitigen Playoff-Aus eine Problemzone in ihrem Team aus und gingen diese in der Offseason aggressiv an: Fehlende Playmaker im Passing Game. Baltimore wählte im Draft in Runde eins Wide Receiver Rashod Bateman aus, zudem kam Sammy Watkins in der Free Agency aus Kansas City.

Das Passspiel rund um Quarterback Lamar Jackson soll 2021 endlich den nächsten Schritt machen, die Ravens-Offense soll noch schwerer auszurechnen sein. Nun setzt es jedoch erste Rückschläge für das Team: Jackson fällt nach seiner zweiten Corona-Infektion innerhalb weniger als eines Jahres vorerst aus, zudem laboriert Marquise Brown an einer Oberschenkelverletzung und und auch Bateman war zuletzt angeschlagen.

Noch sind das keine Hiobsbotschaften für Baltimore. Der Franchise bleibt noch rund ein Monat bis zum Saisonstart, mehr als genug Zeit, sofern Jackson, Brown und Bateman bald wieder fit sind. Ob die Offense den eigenen Ansprüchen 2021 gerecht werden kann, ist allerdings noch fraglich. Die Auftritte in der Preseason dürften - vor allem bei jungen Spielern wie Bateman, Tylan Wallace, Devin Duvernay und James Proche - ein erster Indikator sein.

Cam Newton vs. Mac Jones

Auch in New England ist die Entscheidung über den Starter in der kommenden Saison bereits gefallen. "Cam ist unser Starting Quarterback" betonte Bill Belichick zu Beginn des Training Camps. Wie auch bei dem Duell zwischen Andy Dalton und Justin Fields könnten starke Leistungen von Mac Jones in der Preseason jedoch eine neue Dynamik in den Zweikampf bringen.

Anders als die Bears gelten die Patriots im Playoff-Kampf nicht zwingend als Außenseiter. New England hat in der Offseason kräftig investiert, mehr als jedes andere Team. Diese Investitionen sollen 2021 wieder zu mehr Siegen führen. Solange Newton gut spielt und die Patriots in Reichweite der Playoffs sind, dürfte Jones nur der Platz am Spielfeldrand bleiben.

Aber: Der Druck auf Newton wächst. Der ehemalige MVP spielte im Vorjahr durchwachsen, viele der Ausreden aus dem Vorjahr gelten nun nicht mehr, der Receiving Corps des Teams ist beispielsweise deutlich stärker besetzt als noch 2020. Zeigt Jones in der Preseason, dass er das Zeug dazu hat, um bereits als Rookie in der NFL zu starten, würde Newtons Spielraum für Fehler in jedem Fall kleiner werden.

Die Linebacker der Cowboys

Micah Parsons. Jaylon Smith. Leighton Vander Esch. Keanu Neal. Jabril Cox. Die Cowboys gehen mit einem klaren Überangebot an Linebackern in die kommende Saison - erst recht in Zeiten, in denen Defenses in der Regel mit maximal zwei Linebackern auf dem Feld spielen.

Parsons dürfte seinen Starterposten als früher Erstrundenpick nahezu sicher haben, der zweite Spot sollte im Normalfall an Smith, der erst vor zwei Jahren eine Vertragsverlängerung über mehr als 60 Millionen Dollar unterschrieb, gehen. Können die durchaus prominenten Namen Vander Esch und Neal an dieser Hackordnung noch etwas ändern?

Wie auch immer das Rennen um die umkämpften Plätze am Ende ausgeht, genau so interessant wie die Frage, welcher Linebacker sich intern durchsetzt, dürfte sein, ob sich einer der Unterlegenen für einen Trade empfehlen kann. Vander Esch geht in sein letztes Vertragsjahr. Gut möglich, dass die Cowboys ihren einstigen Star-Rookie vor dem Saisonbeginn noch ziehen lassen. In der Preseason kann Vander Esch sich für potenzielle Interessenten empfehlen.

Was passiert mit Trey Lance?

Sollte es eine Pokerrunde unter den Head Coaches in der NFL geben, dürfte Kyle Shanahan zu den gefürchtetsten Gegnern darin zählen. Im Draft-Prozess fielen große Teile der Medienlandschaft auf die falsche Mac-Jones-Fährte der 49ers herein, nun erklärt Shanahan öffentlich, Jimmy Garoppolo sei der Starter des Teams, Trey Lance vorerst als Backup eingeplant. So richtig glauben möchte das dem Head Coach aber noch niemand.

Drei Erstrundenpicks legten die Niners auf den Tisch, um sich im vergangenen Draft an die dritte Position schieben und sich somit Lance als Quarterback der Zukunft sichern zu können. Zu viel, um diesen länger auf die Bank zu setzen - oder?

Die Preseason sollte Aufschlüsse darüber geben, wie fest Garoppolo tatsächlich im Sattel sitzt. Zum einen, weil Lance sich gegen NFL-Defenses präsentieren können und dabei zeigen wird, wie weit er in seiner Entwicklung bereits ist. Zum anderen aber auch, weil die 49ers mit Lance auf dem Feld eine deutlich andere Offense spielen können als mit Garoppolo. Werden Option-Runs in der Vorbereitung bereits ein fester Bestandteil von Shanahans Offense sein? Falls ja, wäre das ein weiteres Indiz dafür, dass Lance eher früher als später als Starter auf dem Platz stehen dürfte.

Die Rückkehr von Joe Burrow

Knapp acht Monate ist es mittlerweile her, dass Joe Burrow im Spiel gegen das Washington Football Team zu Boden ging und wenig später vom Feld gefahren werden musste - Saisonaus für den bis dahin so überzeugenden Rookie. Nun ist Burrow längst nicht der einzige NFL-Spieler, der von einer schweren Verletzung zurückkehrt, Dak Prescott verpasste beispielsweise noch größere Teile der vergangenen Saison.

Und doch erlitt Burrow keine alltägliche Verletzung, selbst für NFL-Verhältnisse. Der 24-Jährige riss sich das vordere und das hintere Kreuzband, auch sein Meniskus wurde in Mitleidenschaft gezogen. Im April zeigte Burrow die riesige Narbe auf seinem linken Knie in den sozialen Medien.

Burrow ist die Zukunft der Bengals. Die Franchise muss beten, dass der letztjährige Nummer-eins-Pick trotz seiner üblen Verletzung schnell wieder zu seiner Form findet. Positiv ist dabei definitiv, dass Burrow kein Quarterback ist, der in erster Linie von seiner Athletik lebt. Und doch kann eine solche Verletzung einen Quarterback langfristig beeinflussen, beispielsweise sein Verhalten in der Pocket. Cincinnati wird hoffen, dass Burrow sämtliche Zweifel schnell beseitigen können wird. Den Großteil am besten schon in der Preseason.