Knapp das erste Saisonviertel ist absolviert, und eine Frage ist noch nicht so wirklich beantwortet: Wer ist eigentlich der Favorit? Die Gruppe an der Spitze präsentiert sich so breit wie seit Jahren nicht mehr. Im Liga-Keller ist das Bild klarer, aber wer darf hier am Ende den Nummer-1-Pick "bejubeln"? SPOX-Redakteur Adrian Franke sortiert alle 32 Teams im ersten Power Ranking dieser Saison.
NFL Power Ranking nach Week 4
32. HOUSTON TEXANS (Bilanz: 1-3)
Was man den Texans ja wirklich zugutehalten muss, ist, dass das Team sich nicht aufgibt - und dass insbesondere der Pass-Rush besser aussieht als ich das für möglich gehalten hatte. Bitter ist selbstredend der Ausfall von Tyrod Taylor, bei dem noch unklar ist, wann er zurückkommen kann; mit Taylor hatte die Offense einen gewissen X-Faktor, welcher zum Sieg über Jacksonville führte und welcher Houston zumindest eine ansprechende Hälfte in Cleveland gab, ehe Taylor verletzt raus musste. Mit Rookie Davis Mills ist die Offense naturgemäß deutlich limitierter, man will jetzt über das Run Game kommen, und während die Offensive Line zwar solide ist, ist sie nicht gut genug, um das entsprechend umzusetzen. Das Bills-Spiel war ein komplettes Desaster und ohne Taylor weiß ich nicht, wie viel man überhaupt von diesem Team realistisch betrachtet erwarten kann. Houston war eine der positiven Überraschungen der ersten beiden Spiele, ich denke trotzdem weiterhin, dass die Texans auf Kurs für den Nummer-1-Pick sind.
31. NEW YORK JETS (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 30.
Hier muss man nicht um den heißen Brei herumreden - es passt noch nicht viel bei den Jets, auch wenn das Titans-Spiel eine kilometerweite Steigerung war. Und das ist in keiner Weise als vorschnelles Urteil über Zach Wilson oder Robert Saleh zu verstehen, sondern vielmehr als übergreifende Einordnung: Die Jets starteten in der vergangene Offseason einen großen Umbruch, und diese Dinge brauchen Zeit. Hätte ich mir gewünscht, dass die Offense bereits etwas mehr Rhythmus und vor allem eine erkennbarere Identität hat? Definitiv. Aber ich hätte auch gedacht, dass die Offensive Line stabiler ist und dass man von den Receivern mehr erwarten kann. Wilson wirkte über die ersten drei Partien komplett verloren, gegen Tennessee sah man die Big Plays und das Armtalent endlich mal. Ein wichtiger Schritt für den Rookie. Dass die Defense, wie Saleh sie spielen will, Probleme bekommt, wenn sie ihre beiden Edge-Rusher verletzungsbedingt verliert, das war abzusehen. Wenn ich schon eine ganz weite Offseason-Prediction abgeben müsste, dann wäre das: With the Second Pick in the 2022 NFL Draft, the New York Jets select: Kayvon Thibodeaux, Defensive End, Oregon.
30. JACKSONVILLE JAGUARS (0-4)
Ranking vor Saisonstart: 28.
Den Frust bei Jaguars-Fans kann ich voll und ganz nachvollziehen. So viele verlorene Jahre, dann bekommt man schließlich das Superstar-Quarterback-Prospect - und der Start in die neue Saison geht ebenfalls komplett in die Hose. Ich würde hier trotzdem zu Geduld mahnen, denn auch Trevor Lawrence braucht sichtbar schlicht Zeit, um sich an das Tempo in der NFL zu gewöhnen. Das Talent ist unbestreitbar da und auch sichtbar, bisher sind es eben mehr einzelne Würfe oder Phasen in einem Spiel, als irgendeine Form von Kontinuität. Er attackiert aggressiv, die Akklimatisierung wird kommen. Bei Lawrence mache ich mir bisher überhaupt keine Sorgen. Und diesen Prozess kann man auf das gesamte Team ausweiten: Die Playmaker sind nicht schlecht, müssen aber noch besser eingebunden werden. Die Defense ist jung und hat auf allen drei Ebenen Talent, gerade die Secondary ist aber noch viel zu wacklig und Jacksonville lässt hier bisher viel zu viel zu. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Jacksonville in der zweiten Saisonhälfte einige Erfolgserlebnisse feiert, immerhin das Run Game funktioniert schon relativ gut.
29. DETROIT LIONS (0-4)
Ranking vor Saisonstart: 31.
Was man den Lions wirklich lassen muss, ist, dass das Team unter Dan Campbell eine gewisse mentale Stärke an den Tag legt. Ich erspare uns jetzt jeglichen Kniescheiben-Witz, über die ersten Spiele war ich schlicht mehrfach beeindruckt, wie gut das Team eingestellt ist. Offensiv holen sie aus limitierten Möglichkeiten das Maximum heraus, mit einer geduldigen Offense, die Jared Goff die Möglichkeit gibt, das Spiel zu verwalten. Hier ist die Offensive Line bisher am ehesten enttäuschend, da muss noch mehr kommen und dann wäre auch im Run Game mehr drin als bisher. Gegen die Bears beispielsweise klappte in der Red Zone überhaupt nichts. Es wird spannend sein zu sehen, wie sie die Line aufstellen, wenn Left Tackle Taylor Decker - mutmaßlich kommende Woche - zurückkehrt: Penei Sewell tat sich auf links sichtbar leichter als auf der rechten Seite, aber stellt man Decker dann auf die rechte Seite? Oder sogar auf die Guard-Position? Defensiv derweil präsentiert sich zumindest der Pass-Rush bisher beachtlich gut, die Secondary ist erwartbar wacklig. Ultimativ sehe ich die Lions weiter klar in der Top-5-Pick-Konversation, aber ehrlicherweise muss ich auch sagen, dass ich mir im Rahmen aller realistischer Möglichkeiten aus Lions-Sicht einen noch wesentlich übleren Start der Dan-Campbell-Ära hätte vorstellen können.
28. ATLANTA FALCONS (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 22.
Dass Atlantas Defense auch mit neuem Defensive Coordinator so ihre Probleme haben würde, das musste man denke ich erwarten. Dafür sind die Schwachstellen, gerade in der Secondary, zu groß; und angesichts der individuellen Besetzung verkauft sich die Falcons-Defense sogar noch relativ ordentlich. Es ist die Offense, von der ich extrem enttäuscht bin, auch wenn das Washington-Spiel jetzt ein kleiner Schritt in die richtige Richtung war. Aber mit der Verpflichtung von Arthur Smith hatte ich erwartet, dass wir schnell eine effiziente Offense bekommen, die eine klare Struktur hat und darin auch einen vergleichsweise hohen Floor. Davon ist bisher kaum etwas zu sehen, was in Teilen an der Offensive Line liegt, aber eben auch daran, dass Matt Ryans Arm einfach nicht mehr da ist. Und hier kommt man dann in das übergreifende Big Picture: Die Falcons sind die Offseason so angegangen, dass sie nochmal ein kurzfristiges Fenster mit Ryan sehen, um dann schrittweise den Umbruch einzuleiten. Die ersten Wochen der Saison legen dringend nahe, dass man sich da verkalkuliert hat und der drastische Umbruch im Frühjahr der richtige Weg gewesen wäre.
27. MIAMI DOLPHINS (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 18.
Miami entschied sich in der Offseason dagegen, Tua Tagovailoa einen erfahrenen Center zur Seite zu stellen, man trennte sich nach einer soliden Saison von Guard Ereck Flowers und letztlich baute man darauf, dass all die Picks der letzten drei Jahre - von denen kaum einer das bisher gezeigt hatte - gut genug spielen: Austin Jackson, Liam Eichenberg, Michael Deiter, Robert Hunt, Solomon Kindley. Das war immer ein enorm riskantes Spiel mit dem Feuer, und bisher verbrennt sich Coach Brian Flores dabei die Finger: Das Pass-Blocking ist ein gigantisches Problem, die Line hat weder einen Anker, an dem sie sich festhalten kann, noch ist sie durch die Bank weg zumindest solide. Die Dolphins haben über die ersten vier Spiele die schwächste Pass-Blocking-Line in der NFL, und dieses Risiko mit einem Quarterback in Tua, der nicht gut mit Pressure zurechtkommt und nicht regelmäßig außerhalb der Struktur kreiert, ist man bewusst eingegangen. Genau wie das mit dem geteilten Offensive-Coordinator-Posten, die dritte OC-Neubesetzung im dritten Jahr unter Flores. Weder mit Tagovailoa, noch mit Brissett ist diese Offense aktuell tragbar. Die Defense ist in Ordnung, aber eben auch nicht dominant, und so steuert Miami ein wenig auf ein verlorenes und massiv enttäuschendes Jahr zu. Die zentrale Hoffnung sollte jetzt sein, dass man zumindest Tua noch über den Rest der Saison bewerten kann. Der seit drei Jahren laufende Umbruch der Dolphins ist für mich aktuell akut gefährdet.
26. PITTSBURGH STEELERS (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 15.
Wahrscheinlich gab es zu keinem Team über die ersten vier Wochen ähnlich viele Nachfragen für meinen Mailbag wie zu den Steelers. Wann soll Big Ben raus? Wie kann man die Offense kurzfristig reparieren? Sind die Steelers das schwächste Team in ihrer Division? Nach vier Spielen sieht es stark danach aus, dass Pittsburgh letztlich die noch extremere Variante von sich selbst aus der vergangenen Saison ist: Noch abhängiger von der individuellen Qualität im Pass-Rush, noch eindimensionaler in der Offense, weil das Run Blocking ein riesiges Problem ist und weil Big Ben darauf aus ist, den Ball noch schneller loszuwerden. Das macht die Offense noch instabiler, und da reden wir noch nicht einmal davon, dass Roethlisberger für sich betrachtet auch nochmal wackliger spielt als letztes Jahr. Pittsburgh hatte gehofft, mit Big Ben einen letzten Anlauf starten zu können. Das sieht wie eine klare Fehleinschätzung aus. Die Steelers sind im grauen Mittelmaß angekommen, und so wie die Offense aktuell spielt, ist Pittsburgh offensiv quasi nicht konkurrenzfähig.
25. CHICAGO BEARS (2-2)
Ranking vor Saisonstart: 27.
Wenige Teams sind so dermaßen sehenden Auges in die Katastrophe gelaufen wie die Bears dieses Jahr. Man wird nur wenige Analysten finden, die Chicago nicht kritisiert haben, als sich die Bears kurz vor Saisonstart von Left Tackle Charles Leno trennten. Rookie-Tackle Teven Jenkins fehlt verletzt, und die Bears haben eine der schwächsten Offensive Lines in der NFL, mit Veteran Jason Peters als einzigem Lichtblick. Das macht es grundsätzlich schwer, eine vernünftige Offense aufs Feld zu bringen; wenn man plant, früher oder später dahinter einen Rookie-Quarterback starten zu lassen, ist es aber schon grob fahrlässig. Immerhin zeigte Chicago letzte Woche gegen die Lions, dass man offensiv die richtigen Schlüsse gezogen hat: Mehr Under Center, mehr Shot-Plays für Fields mit zusätzlicher Protection, die Offense lief signifikant runder. Dazu kommt aber auf der anderen Seite des Balls eine Defense, die zwar einen guten Start in die Saison hatte, insbesondere weil die Front stark spielt und weil Jaylon Johnson dahinter bislang so etwas wie eine Breakout-Saison hinlegt. Aber alleine tragen kann die Defense das Team nicht (mehr). Fields gibt den Bears eine Chance, Nagy stellte unter der Woche aber auch klar, dass Andy Dalton wieder starten soll, wenn er wieder fit ist. Das ist zumindest mal eine kuriose Entscheidung.
24. INDIANAPOLIS COLTS (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 21.
Die Colts-Saison ist auf bestem Wege, komplett zu entgleisen, und dann rückt eine brisante Frage in den Mittelpunkt: Nimmt Indianapolis Carson Wentz raus, eventuell via Injured-Reserve-Liste, um zu verhindern, dass im Trade mit den Eagles ein Erstrunden-Pick fällig ist? 75 Prozent der Snaps müsste Wentz spielen (oder 70 Prozent plus die Colts erreichen die Playoffs), damit aus dem Conditional Pick 2022 ein Erstrunden-Pick wird. Andernfalls wandert ein Zweitrunden-Pick nach Philly. Davon abgesehen ist die Wentz-Thematik aber bislang ehrlicherweise spektakulär unspektakulär. Wentz spielt längst nicht so desolat wie letztes Jahr in Philadelphia, wie ein Top-10-Quarterback spielt er bisher aber auch nicht - vielmehr bewegt er sich im erwartbaren Rahmen, vielleicht sogar ein wenig besser als das. Dafür aber bleibt die Offensive Line über die ersten Wochen der Saison deutlich hinter den Erwartungen zurück, was wiederum gehörig an der Baseline der Offense rüttelt. Die Colts spielen offensiv bisher weitestgehend extrem konservativ, es fehlt die Explosivität - während die Defense umgekehrt gerade durch die Luft zu viel zulässt. Schwierig, mit dieser Mischung viele Spiele zu gewinnen und ich bin schon jetzt gespannt, welche Schlüsse die Verantwortlichen in Indianapolis aus dieser Saison ziehen.
23. WASHINGTON FOOTBALL TEAM (2-2)
Ranking vor Saisonstart: 17.
In Teilen war der Hype rund um Washington vor Saisonstart deutlich über den Rahmen hinaus. Ryan Fitzpatrick wurde nach einigen guten Auftritten in Miami sehr romantisiert, und die Defense vielleicht auch etwas überschätzt, nachdem sie im Vorjahr in der zweiten Saisonhälfte fraglos von einem guten Schedule profitiert hatte. Wir sehen dieses Jahr bislang, dass die Defensive Line zwar gut spielt, aber nicht so dominant, dass man deshalb Spiele gewinnt. Und dann ist die Secondary dahinter eben anfällig, was dann in der Summe schon in einigen wackligen Defense-Auftritten mündete. Und ja, natürlich ist der Fitzpatrick-Faktor nicht zu bewerten, da sich der Routinier früh verletzte; sein Vertreter Taylor Heinicke spielt zumindest stilistisch ähnlich und gibt seinen Receivern Chancen auf Big Plays. Die Offensive Line ist gut und das Rückgrat der Offense, ich denke aber, dass das Potenzial dieses Teams auch mit Fitzpatrick nach oben ein gutes Stück niedriger ist als vor Saisonstart teilweise prognostiziert wurde. Die Playmaker sind gut, und die Offense kann explosiv sein. Ich sehe hier aber kein Playoff-Team.
22. PHILADELPHIA EAGLES (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 29.
Das größte Problem damit, Teams nach den ersten Wochen adäquat einzuschätzen, liegt in der kleinen Sample Size - die dann auch noch vom ersten Eindruck zusätzlich getäuscht werden kann. Nach monatelangem Theoretisieren darüber, welche Teams vielleicht gut sind oder auch nicht, und warum, muss ich mich auch immer selbst daran erinnern, Woche 1, wenn man endlich etwas Handfestes bekommt, nicht gleich unbewusst höher zu gewichten als die anschließenden Partien. Die Eagles wären so ein Beispiel dafür: Der Auftakt gegen Atlanta war wirklich beeindruckend, die Offense lief rund, Hurts schien als Passer klar verbessert, das Team hatte einen klaren Plan und defensiv dominierte die Defensive Line. Der letzte Punkt war dann auch in den folgenden Partien mehrfach zu beobachten - aber offensiv bin ich seither etwas ratlos. Zu häufig ist man bisher von den Dingen weg gegangen, die der Offense eigentlich eine Baseline geben sollten: Das Run Game inklusive Jalen Hurts, Play Action, RPOs. Einzig ein gutes Screen Game zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison, aber das reicht nicht, um der Offense eine konstante Basis zu geben, und so war Philadelphias Offense nach Week 1 zu häufig Hit-or-Miss: Big Plays prägen das Bild, im positiven wie im negativen Sinne. Dieses Team hat Playmaker, die Offensive Line ist - wenn aktuell auch angeschlagen - grundsätzlich in Ordnung, und die Defensive Front kann Philly in Spielen halten. Aber nach vier Spielen sehe ich nach oben eben nur einzelne Momente, keinen beständigen Fortschritt.
21. NEW YORK GIANTS (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 25.
Die Giants sind in erster Linie ein frustrierendes Team. Frustrierend deshalb, weil Daniel Jones eine gute Saison spielt und die Offensive Line zumindest besser spielt als man im Vorfeld befürchten musste - und trotzdem ist die offensive Production, die angesichts dieser Statements in Kombination mit den Waffen, die New York hat, einfach zu überschaubar. Das Run Game lebt maßgeblich davon, dass Daniel Jones am Boden Plays macht, doch am Boden wie in der Luft fehlt es an Kreativität. Wo sind die cleveren Motion-Sets, wo die Ideen, um Kadarius Toney bestmöglich einzusetzen? Wo die Ideen, um Saquon Barkley mehr in den Raum zu bringen und wo die Mismatches, die entstehen sollten, wenn man mit einem Receiver wie Kenny Golladay Coverages diktieren kann? Das alles scheint nur sporadisch aufzutreten, die Offense wirkt statisch und sie wirkt eindimensional und das überschattet derzeit die Leistungen von Jones. Die Defense derweil spielt noch deutlich unter den Erwartungen, hier hatte ich mir angesichts der Investments in die Secondary und auch in die Front eher einen Schritt noch nach vorne, und keinen Rückschritt erwartet. Die Defensive Line ist stark, der Ausfall von Blake Martinez wird sich in der Front aber bemerkbar machen.
20. NEW ENGLAND PATRIOTS (1-3)
Ranking vor Saisonstart: 16.
Meine größte Preseason-Fehleinschätzung rund um die Patriots ist nicht Mac Jones, es ist nicht Josh McDaniels, es ist auch nicht die Defense - es ist die Offensive Line. Ich hatte vermutet, dass die Patriots eine Top-5-Line stellen könnten, und der Ausfall von Trent Brown auf der rechten Seite macht sich zwar fraglos bemerkbar, aber es ist nicht so, als wäre der Rest der Line durch die Bank dominant. Vielleicht ist das ein Grund für das konservative Play-Calling, vielleicht will McDaniels auch Jones schützen, wenngleich die Herangehensweise häufig das Gegenteil bewirkt. Wenn die Defense Stephon Gilmore zurückerhält - sofern die Patriots den Cornerback nicht doch noch traden -, wird New England hier noch stabiler auftreten, und könnte dann auch Richtung Top-10-Defense klettern; die Front sieht bislang ziemlich gut aus, das setzte sich auch gegen Brady und die Bucs fort. Aber das erste Zwischenfazit ist, dass die Offense - ob aufgrund des Rookie-Quarterbacks, des Play-Callers, der Line oder auch wegen allem kombiniert - zu wenig Explosivität und in der Folge ein zu geringes Ceiling hat, um in den Playoffs mitzumischen.
19. TENNESSEE TITANS (2-2)
Ranking vor Saisonstart: 13.
Eine der zentralen Titans-Fragen im Vorfeld der Saison lautete: Wie schwer fällt der Verlust von Offensive Coordinator Arthur Smith ins Gewicht? Nach Woche 1 schien der Weltuntergang nahe, über die folgenden beiden Wochen stabilisierten sich die Titans. Was aber auffällt, ist, dass die Offense deutlich weniger in der Mid-Range das Zentrum des Feldes attackiert; also genau den Bereich, in dem Tennessee unter Smith so viele Big Plays kreierte und wo die Offense maßgeblich ihre Effizienz herbekam. Das kann sich natürlich noch ändern, bisher aber spielt Tennessee auch schlicht weniger Play Action als letztes Jahr. Und die Line ist noch immer ein Problem, bisweilen ein Problem das zu groß ist, um es zu überwinden. Die Defense hatte sich über die ersten drei Spiele schrittweise gesteigert, insbesondere im Pass-Rush, aber auch Cornerback Kristian Fulton hatte einen sehr guten Start in die Saison. Hier hätte ich mir gegen die Jets gerade an der Line of Scrimmage viel mehr erwartet. Letztlich brauchen die Titans A.J. Brown und Julio Jones, dann haben sie eine gefährliche Offense. Andernfalls können sie oben nicht mitspielen.
18. NEW ORLEANS SAINTS (2-2)
Ranking vor Saisonstart: 19.
Ehrlich gesagt habe ich noch kein wirklich gutes Gefühl für die Saints bislang. Klar, die Demontage der Packers in Woche 1 war sicher nicht repräsentativ - aber was machen wir dann mit der deutlichen Niederlage eine Woche später in Carolina? Gefolgt von einem ungefährdeten Sieg gegen die Patriots, in welchem die Defense dominierte, sowie jetzt der Pleite gegen die Giants, während welcher die Defense und insbesondere die Secondary überhaupt nicht gut aussahen? Die enorme Achterbahnfahrt ist in jedem Teil der Saints-DNA 2021, auffällig ist außerdem, dass die Offensive Line infolge der Verletzungen längst nicht mehr die gewohnte Baseline bereitstellen kann. Vielleicht ist all das lediglich eine ausführliche Umschreibung folgender Realität: Wenn die Saints in diesem Jahr nochmal die Kurve bekommen wollen, dann muss Sean Payton das Spiel mehr in die Hände von Jameis Winston legen. Der hatte gegen die Giants vielleicht sein bisher bestes Saisonspiel, trotz der 5-Touchdown-Effizienz-Orgie gegen die Packers zum Auftakt, und gerade im vertikalen Passspiel ist in dieser Offense mehr drin, auch das zeigte Winston - im Gegensatz zu Taysom Hill - am Sonntag. Darauf zu bauen, dass man mit der Defense und dem Run Game - auf welches Payton bisher auffallend stark setzt - mit Winston als Game Manager dieses Jahr für Furore sorgen kann, schein nicht der richtige Weg für dieses Saints-Team zu sein.
17. DENVER BRONCOS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 23.
Aus Broncos-Sicht und auch aus Bridgewaters Sicht hoffe ich, dass er sich schnell wieder von seiner Gehirnerschütterung erholt, Vic Fangio war nach dem Ravens-Spiel am Sonntag zumindest vorsichtig optimistisch. Denn gerade über die ersten drei Spiele hat Bridgewater sehr viel Spaß gemacht, mal mit einem spektakulären Spiel aus der Pocket und gegen Druck, mal mit ungewöhnlicher Aggressivität im Passspiel. Die Frage war immer, wie lange er das aufrechterhalten kann, und gegen die Ravens änderte sich das zugegebenermaßen merklich, bevor er verletzt raus musste. Die Ravens setzten ihn sehr häufig unter Druck, und Bridgewater hatte damit merkliche Probleme. Das wurde dann mit Drew Lock in der zweiten Hälfte noch wackliger, aber Denver ging personell generell am Stock, musste auch in der Line Ausfälle verkraften. Der Verlust von Slot-Speedster K.J. Hamler tut dieser Offense auch strukturell weh, zumindest aber sollte Jerry Jeudy in absehbarer Zeit zurückkehren und dann die Slot-Rolle übernehmen können. Ich denke schon, dass Denver noch immer eine Rolle im Playoff-Rennen spielen kann; dafür muss die Defense aber so dominant bleiben, wie sie vor allem über die ersten drei Spiele bereits aufgetreten ist. Denn von der Offense erwarte ich das nicht.
16. SAN FRANCISCO 49ERS (2-2)
Rang vor Saisonstart: 8.
Die Niners exakt in der Mitte sind irgendwo auch ein Signal dahingehend, dass ich die Bewertung dieses Teams fast ein wenig auf Eis legen würde. Jetzt werden wir höchstwahrscheinlich zumindest vorübergehend Trey Lance sehen, und zwar mit einem Game Plan, der spezifisch auf ihn zugeschnitten ist. Darauf bin ich wirklich gespannt, und dann bekommen wir in zweierlei Hinsicht ein besseres Gefühl für dieses Team: Wo will Shanahan mit einem physisch derart talentierten, aber in vielerlei Hinsicht noch rohen Quarterback, in den man so viel investiert hat, hin? Und ist Lance Stand jetzt wirklich noch so weit hinter Garoppolo, dass es gerechtfertigt war, trotz einiger sehr überschaubarer Auftritte des Routiniers bislang Garoppolo den Vorzug zu geben? Die erste Hoffnung aus Niners-Sicht muss jetzt aber sein, dass die Schulterverletzung von Trent Williams vom Sonntag nicht allzu schwer ist; er ist der klare Fels in einer ansonsten soliden Offensive Line, und fällt er jetzt aus, könnte das Gesamtkonstrukt deutlich wackliger werden. Zusätzliche Stabilität erhält San Francisco durch seine starke Defensive Front, die die Erwartungen bisher erfüllen kann. Die Secondary dahinter aber ist spätestens mit der Verletzung von Jason Verrett ein sehr ernsthaftes Fragezeichen.
15. CAROLINA PANTHERS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 24.
Ich denke, dass Carolina letztlich in diesem Bereich der Liga aktuell gut aufgehoben ist: Das obere Mittelmaß, wo Teams klar schwächere Gegner deutlich schlagen - aber für weiter oben reicht es eben noch nicht so ganz. Das könnte auch die Beschreibung für Sam Darnold nach den ersten Auftritten in Carolina sein, Darnold spielt solide bis gut, er hatte gerade gegen Houston einige sehr gute Plays unter Druck; und er profitiert natürlich auch von der besseren Gesamtstruktur, vom Play-Calling bis hin zu den Waffen. Aber wir haben jetzt gegen Dallas auch erstmals Phasen des "alten" Sam Darnold gesehen - wenn er eben in offensichtliche Passing-Situationen kam, wenn ihm das Scheme weniger helfen konnte. Er warf zwei hässliche Interceptions in dieser Phase und die Panthers konnten den Ball in der zweiten Hälfte lange überhaupt nicht bewegen. Das soll jetzt kein finales Urteil zu Darnold sein, nachdem er über die ersten drei Spiele klar verbessert aussah. Vielleicht eher eine Warnung, dass man von Darnold nicht zu viel erwarten sollte. Die Offensive Line ist zudem immer noch mehr als fragwürdig, und die junge Defense macht zwar Spaß und ist mit ihren diversen Pressure-Looks sehr unangenehm zu spielen - aber in der heutigen NFL reicht selbst das eben nicht, um die Top-Offenses in den Griff zu kriegen.
14. MINNESOTA VIKINGS (1-3)
Rang vor Saisonstart: 14.
Gerade als ich bereit war, All-In mit der Vikings-Offense zu gehen, bekommen wir so ein Spiel gegen die Browns, wie wir es auf der Schattenseite der letzten Jahre in Minnesota auch zu häufig hatten: Die Offensive Line wird dominiert und es fehlt an einem veritablen Plan B, um das zu kompensieren. Das machte es auch zum mit Abstand schlechtesten Spiel der Vikings-Offense in der noch jungen Saison, bis dato nämlich war ich gerade von Kirk Cousins, der auch in offensichtlichen Passing-Situationen sehr gut aussah, sehr positiv überrascht. Mit K.J. Osborn haben die Vikings einen veritablen Nummer-3-Receiver gefunden, diese Offense kann Woche für Woche explosiv sein. Dafür darf die Offensive Line aber nicht wieder in alte Muster zurückfallen. Die Defense findet über den Pass-Rush immer besser in die Saison, das hilft dabei, die wacklige Secondary mitzutragen. Ich sehe Minnesota immer noch im Wildcard-Rennen, trotz der drei Niederlagen.
13. CINCINNATI BENGALS (3-1)
Ranking vor Saisonstart: 26.
Von Zac Taylor als Head Coach bin ich weiterhin wenig überzeugt, und die Tatsache, dass er seine Offense über die ersten Wochen mehr auf ein Early-Down-Run-Game umgestellt hat, ändert daran wenig. Immerhin in dieser Hinsicht hatte er am Donnerstag gegen die Jaguars eine deutlich bessere Mischung mitgebracht. Die Offensive Line ist etwas besser als letztes Jahr, gerade in der Interior Line aber nach wie vor sehr wacklig unterwegs. Umso erfreulicher ist es da, dass die Joe-Burrow-Ja'Marr-Chase-Connection exzellent in die Saison gestartet ist. Generell sah Burrow vor allem über die letzten beiden Partien sehr gut aus. Defensiv überrascht die Front bislang positiv, die Bengals haben eine unerwartet gute Run-Defense bislang. Die Bengals sind näher dran am "nächsten Schritt" als ich vor Saisonstart gedacht hatte, der Sprung von 26 auf 13 unterstreicht das. Aber gleichzeitig weiß ich nicht, inwieweit ich ihnen diesen Sprung mit Zac Taylor und mit den nach wie vor vorhandenen Problemzonen (Offensive Line, Cornerbacks allen voran) zutraue. Joe Mixon wird jetzt zudem vorerst fehlen.
12. SEATTLE SEAHAWKS (2-2)
Rang vor Saisonstart: 7.
Nach Woche 1 war ich hinsichtlich der Seahawks-Offense noch sehr positiv gestimmt. Das erste Spiel unter dem neuen Offensive Coordinator Shane Waldron zeigte eine Offense mit einer Identität und einem klaren Plan. Was Seattle beim Auftaktspiel gegen die Colts zeigte, hatte Hand und Fuß. Rückblickend wirken die Probleme in der zweiten Hälfte jenes Spiels jedoch deutlich repräsentativer für ein Team, das offensiv seine Basis sucht. Die Big Plays sind immer da, und mehrfach startete Seattle jetzt auch schon gut in ein Spiel - nur um dann komplett den Faden zu verlieren. Gegen die 49ers am Sonntag war es dann andersherum, da setzten die Seahawks nahezu die gesamte erste Hälfte in den Sand; doch weil sie dann mit einem Mal in sechs Plays und über knapp drei Minuten 80 Yards zum Touchdown marschierten, ging es mit einem Unentschieden in die Pause. Diese Offense ist nach wie vor zu sehr von den Big Plays abhängig und deshalb fehlt jeglicher Rhythmus. Und das könnte dank Wilson, Metcalf und Lockett sogar reichen, um Seattle zu einem Top-10-Team zu machen - wenn die Defense nicht so schwach wäre. In der Secondary musste man das erwarten, doch auch vom Pass-Rush kommt bisher zu wenig.
11. LAS VEGAS RAIDERS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 20.
Ich bin mittlerweile ernsthaft beeindruckt davon, was Jon Gruden aus Derek Carr herausholt. Die Raiders zeigen, dass die - für Carr- und Raiders-Verhältnisse ungewöhnlich - vertikale Offense des Vorjahres keine Eintagsfliege war und auch ohne Deep-Threat-Receiver Nelson Agholor aufrechterhalten werden kann. Die Raiders attackieren tief, und zwar mit einem spezifischen Plan; und Carr zeigt, dass er das nicht nur kann, sondern dass er in den entsprechenden Umständen auch aggressiv spielen kann. Und das trotz einer Offensive Line, die bislang mehr als nur löchrig daherkommt. Fast aber die noch größere Erkenntnis zu diesem Raiders-Team in der neuen Saison lautet: Las Vegas hat eine Defense! Das simplere und dafür aggressivere Scheme unter Gus Bradley trägt bereits Früchte, genau wie die Secondary-Neuzugänge Trevon Moehrig, Casey Hayward und Nate Hobbs. Die große Story bisher ist aber der Pass-Rush, angeführt von Maxx Crosby. So ganz kann ich noch nicht abschätzen, wo die Saison für die Raiders im besten Fall hingehen kann, gegen die Chargers am Montagabend war einmal mehr zu sehen, dass das Run Game noch nicht da ist - und dass Carr wacklig wird, wenn er einige Male früh im Spiel direkten Druck hatte. Aber ein Playoff-Ticket halte ich für absolut im Bereich des Machbaren.
10. CLEVELAND BROWNS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 6.
Ich bin ganz ehrlich, ein wenig macht mir Baker Mayfield Sorgen, und ich sehe bei den Browns ein wenig die Gefahr, dass ein Browns-Team mit einem extrem hohen Floor letztlich keinen Fortschritt im Vergleich zum Vorjahr hinlegt, weil Mayfield das nicht zulässt. Nun ist es natürlich noch früh in der Saison, das gilt auch für die Bewertung hier, und wir haben von Mayfield letztes Jahr gesehen, dass er deutlich besser innerhalb dieser Offense spielen kann. Aber die bisherigen Auftritte waren einfach zu fehlerbehaftet, mit dem Spiel gegen Minnesota als bislang klarem Tiefpunkt. Mayfield spielt nicht gut gegen Druck, er wackelt, wenn die Offense spezifisch ein Play von ihm braucht. Und damit schließt sich eben wieder der Kreis zum Anfang: Die Browns haben eine sehr hohe Baseline, mit einer exzellenten Offensive Line, einem sehr guten Run Game - und einer Defense, die richtig gut aussieht und die Offenses gerade mit flexiblen Fronts Probleme bereiten kann. Das hat den Browns das Spiel in Minnesota am Sonntag gewonnen. Und mit diesem hohen Floor sind die Browns jede Woche ein potenziell unangenehmer Gegner, aber für den nächsten Schritt braucht Cleveland mehr von Baker Mayfield.
9. BALTIMORE RAVENS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 5.
Beeindruckend, dass die Ravens jetzt schon mehrere Wege gefunden haben, um Spiele zu gewinnen. Nach einem komplett merkwürdigen Auftritt in Las Vegas zum Auftakt waren es gegen die Chiefs die "alten" Ravens, die mit Dominanz am Boden gewannen. Gegen die Lions bleibt das Rekord-Field-Goal von Justin Tucker in erster Linie in Erinnerung, aber die eigentliche Geschichte des Spiels war das spektakuläre vertikale Passspiel, Lamar Jackson warf fast 40 Prozent seiner Pässe mindestens 20 Yards tief und holte dabei 162 Yards und einen Touchdown raus - und die Stats würden noch viel besser aussehen, hätte Marquise Brown nicht zwei bitterste Drops gehabt. Denver limitierte Baltimore dann am Boden ziemlich gut und war stark an der Line of Scrimmage, Jackson war in diesem Spiel aber stark im Kurzpassspiel. Die Offensive Line ist nach wie vor ein Problem und wurde gegen Denver abermals verletzungsbedingt dezimiert, mit der Rückkehr von Rashod Bateman und dem Comeback von Ronnie Stanley zumindest vage am Horizont erwarte ich, dass sich die Offense auch noch weiter stabilisiert. Die Defense spielt auch ohne Marcus Peters solide bis gut, aber mehr und mehr deutet sich an, dass diese Ravens-Saison stärker als gedacht vom Passspiel abhängen könnte.
8. GREEN BAY PACKERS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 3.
Komplett zurück auf MVP-Level ist Rodgers noch nicht, aber die Auftritte nach dem Woche-1-Debakel gehen auf jeden Fall in die richtige Richtung. Was auffällt, ist, dass Teams ihn effektiver unter Druck setzen können, und dass Green Bay deutlich größere Probleme mit dem Blitz hat als letztes Jahr. Das kann durchaus auch daran liegen, dass man mit Josh Myers einen Rookie-Center hat, wenngleich sich der ansonsten bisher sehr ordentlich präsentiert. Generell ist die Line aber ein Thema, das man bei Green Bay im Blick haben sollte: All-Pro-Left-Tackle David Bakhtiari wird in einigen Wochen zurückkommen, dessen Ersatzmann und O-Line-Schweizer-Taschenmesser Elgton Jenkins fehlte zuletzt auch. Wenn die Line in Bestbesetzung spielt, wird Green Bay offensiv auch nochmal eine Stufe stabiler auftreten. Die Defense kann ich noch nicht so ganz greifen, auch hier fehlt mit Za'Darius Smith eine tragende Säule, und das noch für eine ganze Weile - und jetzt womöglich auch Jaire Alexander, LaFleur wollte am Montag nicht ausschließen, dass für den Nummer-1-Corner die Saison verletzungsbedingt beendet sein könnte. Das wäre ein sehr bitterer Rückschlag. Zumindest hat sich Green Bay gegen den Run etwas stabilisiert und Rookie-Corner Eric Stokes konnte sich zuletzt in den Vordergrund spielen. Fällt Alexander jetzt aber aus, würde auch Kevin King wieder eine tragende Rolle übernehmen.
7. LOS ANGELES CHARGERS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 12.
Wirklich überzeugt bin ich von der neuen Chargers-Offense aus schematischer Perspektive noch nicht. Es erinnert teilweise doch noch mehr an die Saints-Offense, aus welcher Lombardi nach L.A. kam, mit vielen designten Pässen kurz, zu den Running Backs, in die Flats - und für meinen Geschmack noch zu wenige explosive Plays, gerade in der Mid-Range, um den Arm von Justin Herbert besser zu nutzen. Der spielt für sich betrachtet hinter der stabilisierten Offensive Line eine sehr gute Saison und das gibt den Chargers noch deutliche Upside über den weiteren Saisonverlauf. Auffällig ist außerdem, wie gut Mike Williams in die Offense eingebunden ist und was für eine tragende Rolle Austin Ekeler spielt. In der Defense ist es schematisch die erwartete Staley-Defense: Viele 2-High-Strukturen, viele leichte Boxes - im Unterschied zu seiner Rams-Defense letztes Jahr ist die Defensive Line der Chargers bisher aber hier noch deutlich überfordert, was bereits mehrfach zu einer wackligen Run-Defense führte. Im Pass-Rush allerdings kann L.A. mit Bosa immer ein Big Play auflegen.
6. TAMPA BAY BUCCANEERS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 1.
Über die Offense kann man denke ich kontroverser diskutieren, aber eine Sache rund um die Bucs ist klar: Die Pass-Defense ist längst nicht auf dem Level der vergangenen Saison, und das liegt in erster Linie an der Secondary. Eine Secondary, die individuell bisher einfach nicht so gut spielt wie letztes Jahr, aber die natürlich auch von Verletzungen heftig getroffen wurde. Die Run-Defense ist nach wie vor herausragend und sucht in der Liga ihresgleichen, aber die Bucs sind durch die Luft verwundbar, mehr als letztes Jahr. Und offensiv stockt der Motor einfach noch, das war jetzt gegen die Patriots zu sehen, es war gegen die Rams zu sehen. Es ist nicht so, dass die Offense nicht gut wäre, aber sie ist inkonstanter. Brady spielt alles in allem gut, auch wenn er gegen die Patriots - vielleicht aufgrund des Regens, vielleicht waren doch ein paar Nerven da, vielleicht beides ein bisschen - einige Würfe ungenau kamen. Die Bucs haben, wenn alle fit sind, immer noch das beste Waffenarsenal in der NFL, eine gute Offensive Line, und einen Top-5-Quarterback. Aber ähnlich wie letztes Jahr will ich wieder konstanter sehen, dass sie diese PS auch auf die Straße bekommen.
5. LOS ANGELES RAMS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 9.
Nach dem Sieg gegen die Bucs grüßten die Rams in den allermeisten Power Rankings von der Spitze - nach einem offensiv wie defensiv enttäuschenden Auftritt gegen Arizona hat sich dieses Bild schnell wieder gewandelt. Das ist so früh in der Saison die Problematik mit der geringen Sample Size. Was gegen Arizona offensiv besonders auffiel, war, wie viele Bälle Matt Stafford auch aus sauberer Pocket verfehlte. Stafford hatte bislang einige Inkonstanz in seinem Spiel; das ist keine neue Stafford-Erkenntnis, über die ersten drei Wochen überwogen aber noch die positiven Plays. Gegen Arizona war das anders. Dennoch hält sich meine Besorgnis rund um die Rams vergleichsweise in Grenzen: Dafür hat die Offense eine zu hohe Baseline, und dass die Defense dominant auftreten kann, haben wir auch schon gesehen in dieser Saison. L.A. gehört für mich nach wie vor in die unerwartet breite Gruppe der Top-Teams.
4. BUFFALO BILLS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 4.
Der Saisonstart der hochgelobten Offense war unbestreitbar holprig: Gegen Pittsburgh fand man überhaupt keine Antworten auf den dominanten 4-Men-Rush mit sieben Spielern in Coverage, gegen Miami war das Endergebnis wesentlich deutlicher als der Auftritt der Bills-Offense für sich betrachtet vermuten lassen würde. Aber: Das Spiel gegen Washington war vielleicht eine Art Wendepunkt, Josh Allen machte wieder deutlich mehr Plays selbst und traf verlässlicher die Würfe innerhalb der Struktur der Offense. Sofern die Offense jetzt wieder Fahrt aufgenommen hat, könnten die Bills wieder ein richtig gefährliches Team sein, denn die Defense auf der anderen Seite präsentiert sich bislang deutlich stärker als noch im Vorjahr. Die Bills haben in der Offseason in ihre Edge-Rotation investiert, und dieser Plan geht bislang auf. Buffalos Defensive Line bekommt einen deutlich besseren Zugriff auf gegnerische Offenses, dahinter spielt auch die Secondary besser als letztes Jahr. Ein klein wenig will ich bei der Offense noch abwarten, auch weil es in den letzten Spielen Matchup-bedingt nicht ganz einfach war, größere Takeaways zu Buffalo mitzunehmen. Aber die Bills könnten sich als nochmal eine ganze Stufe kompletter erweisen, verglichen mit der bereits sehr starken Vorjahres-Variante.
3. ARIZONA CARDINALS (4-0)
Rang vor Saisonstart: 11.
Der Sieg gegen die Rams war ein echtes Ausrufezeichen, nachdem man sich gegen Jacksonville zwischenzeitlich schwerer tat als gedacht, und gegen Minnesota - so viel Ehrlichkeit muss sein - das Spiel eigentlich hätte verlieren müssen. Und es ist auch nicht so, als wäre Arizona jetzt plötzlich ein glasklarer Titelkandidat, dafür sind die Baustellen insbesondere in der Defensive Front nach wie vor zu groß, die Cornerback-Gruppe ist sehr dünn und der Pass-Rush war nach dem ultra-dominanten Auftakt in Tennessee bisher auch nicht auf dem Level, das man sich in der Wüste erhofft. Die Defense lebt bisher von Big Plays, und in Kombination mit der eigenen Offense ist das genug: Keine Offense ist über die ersten vier Spiele so explosiv wie Arizonas, Kyler Murray hat nochmal einen deutlichen Sprung im Vergleich zum letzten Jahr gemacht und man merkt Woche für Woche, wie schwer es ist, diese Offense mit der Vielzahl an Playmakern zu verteidigen Murray kann deutlich mehr Matchups attackieren, die Offense läuft nicht mehr quasi ausschließlich über DeAndre Hopkins. Dazu kommt eine Offensive Line, die vom Center-Upgrade in Person von Rodney Hudson spürbar profitiert, die Kommunikation und das Verhalten gegen den Blitz ist deutlich besser als in der Vergangenheit. So wie Arizonas Offense aktuell spielt, können die Cardinals jedes Team in der NFL schlagen, nach EPA pro Play sind lediglich die Chiefs noch besser als Arizona.
2. DALLAS COWBOYS (3-1)
Rang vor Saisonstart: 10.
Dak Prescott macht wahnsinnig viel Spaß. Er ist vielleicht der beste Pocket-Passer dieser noch jungen Saison, so ruhig unter Druck, so präzise und sicher darin, wie er den Ball verteilt, wie er sich bewegt, er kontrolliert die Offense komplett. Und natürlich hilft es, dass die Offensive Line deutlich besser spielt als letztes Jahr, das Run Game funktioniert besser, Dalton Schultz hilft ebenfalls. Die Cowboys haben eine Top-5-Offense und einen Top-5-Quarterback, und das obwohl Michael Gallup sich im ersten Spiel verletzte und seitdem ausfällt. In puncto Success Rate (Plays mit positiven EPA) ist Dallas insgesamt und bei Early Down die Nummer 1, und die Cowboys hatten mit den Bucs, Chargers, Eagles und Panthers durchaus einige Tests auf dem Schedule. Aber noch viel überraschender ist das, was die Defense unter Dan Quinn spielt. Selbst ohne DeMarcus Lawrence spielt die Defense schnell und aggressiv, Trevon Diggs ist ein Ballmagnet und generell die Secondary überrascht bislang, aber auch Spieler wie Randy Gregory oder die Rookies Osa Odighizuwa und Micah Parsons übernehmen größere Rollen als man vor vier Wochen erwarten konnte.
1. KANSAS CITY CHIEFS (2-2)
Rang vor Saisonstart: 2.
Ich kann mich nicht erinnern, wann der Pool an Teams für den Platz an der Sonne zuletzt so groß war. Dallas wäre hier absolut auch zu vertreten, Arizona hat sich mit dem Auftritt in L.A. zumindest in die Konversation dafür gebracht und Buffalo ist gerade offensiv noch etwas schwer zu greifen angesichts der jüngsten Gegner. Es steht außer Frage, dass das berüchtigte "offene Scheunentor" vor allem in den ersten beiden Spielen noch zu gnädig mit der Chiefs-Defense gewesen wäre. Aber zwei Gedanken dazu: Kansas City hatte es da gegen Cleveland und Baltimore auch mit den vielleicht beiden besten Rushing-Offenses in der NFL zu tun, und bereits in Woche 3 präsentierte sich die Defense zumindest ein wenig verbessert. Außerdem haben wir von den Chiefs diesen Film mehrfach schon gesehen, die Defense stabilisiert sich im Laufe der Saison und ist dann "gut genug", um der eigenen Offense das Leben nicht zu schwer zu machen und mit einigen Big Plays ihren Beitrag zu leisten. Das halte ich mit Blick auf die individuelle Qualität nach wie vor für absolut für denkbar, und die Offense spielt derweil auf einem absurden Level. Kansas City steht bei 0.27 Expected Points Added pro Play, ansonsten ist nur Arizona (0.19) jenseits der Marke von 0.17. Mahomes hatte einige Fehler in seinem Spiel, wenn er zu viel machen wollte, aber die Leichtigkeit, mit der diese Offense Big Plays kreiert, ist teilweise absurd. Auch die neue Offensive Line sieht zunehmend besser aus, gerade das Run-Blocking funktioniert bereits gut. Und so haben die Chiefs mal wieder die beste Offense in der NFL, und in einer bis dato sehr unterhaltsamen Saison mit einer breiten Spitzengruppe reicht das vorerst für Platz 1.