NFL Preseason Third and Long: Quarterback-Analyse und Tape-Watch zu Week 1

Von Adrian Franke
13. August 201811:20
SPOX blickt auf einige der interessanteren Plays der Preseason.getty
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Week 1 der Preseason ist vorbei und in der SPOX-NFL-Kolumne wird zurück geblickt: Wie haben sich die Rookie-Quarterbacks geschlagen? Welche ersten Schlüsse kann man ziehen? Wie reagiert Washington auf die Guice-Verletzung und welche Spieler konnten am ersten Spieltag überraschen? Außerdem: Welche Plays fielen zum Preseason-Auftakt auf - und was kann man daraus vielleicht ableiten?

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Vikings, Titans, Dolphins und Co.: Preseason analysiert

Die Preseason ist generell mit Vorsicht zu genießen, meist kann man nur sehr vereinzelte Schlüsse daraus ziehen. Das gilt taktisch, genau wie individuell und beides kann man nicht oft genug betonen.

Trotzdem fallen einige Dinge beim genaueren Betrachten der Spiele auf. Sei es eine wiederkehrende Formation, klare Veränderungen im Vergleich zur vergangenen Saison oder schlicht neue Elemente.

Um einige dieser Tape-Takeaways aus Week 1 der Preseason geht es im folgenden Abschnitt, teilweise auch in Anlehnung an respektive als Fortsetzung der in der vergangenen Woche aufgezeigten Konzepte.

SPOXNFL Gamepass

Los geht es bei den Vikings und deren Spiel gegen Denver. Kirk Cousins' erste Kostprobe im neuen Trikot war insgesamt eindrucksvoll effizient und unaufgeregt, wenngleich er natürlich von zwei langen Runs von Latavius Murray profitierte.

Doch auch das Play-Calling war gut, Minnesota arbeitete - wie es Cousins liegt - viel mit Play Action, außerdem setzte der neue Offensive Coordinator John DeFilippo den Fullback als Matchup-Waffe im Passspiel ein und Cousins' Verständnis mit Stefon Diggs wirkte schon eindrucksvoll fortgeschritten.

Hier sehen wir den Touchdown-Pass von Minnesotas neuem Quarterback, und wir sehen ein Goal-Line-Konzept, wie es sich ein Quarterback wünscht. Minnesota arbeitet hier mit Switch-Konzepten, auf beiden Seiten läuft der Outside-Receiver eine nach innen gerichtete Route und der Slot-Receiver nach außen weg.

Der Effekt daraus: Die tieferen Routes aus dem Slot ziehen die Coverage mit sich und kreieren einen Rub-Effekt, da der jeweils äußere Cornerback am Slot-Receiver vorbei muss, während er versucht, die nach innen gerichtete Route des Outside-Receivers zu verfolgen. Bei Diggs (unterer Bildrand) klappt das nicht, ein einfacher Touchdown. So hilft man seinem Quarterback.

Die Miami Dolphins: Endlich eine offensive Identität?

Die Dolphins derweil suchen noch immer nach einer konstanten Offense-Identität unter Adam Gase. Aktuell bekommt man zumindest eine Idee, wo die Reise hingehen könnte:

Gase will bei First und Second Down werfen, in der vergangenen Saison war das Play Action Spiel einer der wenigen Lichtblicke in der Dolphins-Offense. In der Folge war 12-Personnel - also eine Formation mit zwei Tight Ends - Miamis produktivste Aufstellung mit im Schnitt 5,6 Yards pro Play.

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Und was sehen wir beim ersten Play der neuen Dolphins-Saison? Play Action bei First Down aus 12-Personnel, wobei einer der beiden Tight Ends - MarQueis Gray - zunächst noch blockt und Mike Gesicki daneben (beide am unteren Bildrand) sofort, seinen Qualitäten gemäß, in die Route startet.

Gesicki, um den es schon seit dem Camp-Start jede Menge Hype gibt, war dabei generell nicht nur mit den Startern auf dem Feld; Gase setzte ihn ganz bewusst vielseitig ein und ließ ihn mehrfach blocken. Die Dolphins waren dann viel in 11-Personnel und das werden wir wohl auch in der Regular Season häufiger sehen - mit Gesicki kann das wie ein 4-WR-Set gespielt werden.

Damit er aber den Matchup-Faktor weiter mitbringt, muss er sich als Blocker noch weiter verbessern, auch wenn er hier schon überraschte und einige sehr gute Plays als Blocker hatte. Eine seiner wichtigsten Rollen in der Dolphins-Offense könnte aber die des X-ISO-Receivers sein:

Hier sieht man ein klassisches Beispiel dafür. Der X-ISO-Receiver ist zunächst einmal schlicht ein auf einer Seite der Formation isoliert aufgestellter Receiver, mit den anderen Passfängern im Backfield oder auf der anderen Seite. So soll dem X-ISO-Receiver ein klarer Gegenspieler und idealerweise ein vorteilhaftes Matchup verschafft werden.

Der Trend, einen Tight End für diese Rolle zu nutzen, kam bereits vor einigen Jahren auf - bedingt auch durch den Spieler-Nachschub aus dem College, das immer mehr Pass-Catching-TEs aus den Spread Offenses in die NFL schickte. "Y-ISO", wie die Formation mit Blick auf den Tight End auch heißt, wurde zuletzt über mehrere Jahre prozentual kontinuierlich häufiger genutzt.

Gase war bereits in Denver ein großer Fan davon, den Tight End so einzusetzen und die Vorteile liegen auf der Hand: Bereits durch die Grund-Formation - steht ein Safety oder gar ein Linebacker outside dem Tight End gegenüber, oder ein Cornerback? - kann man erste Schlüsse auf die Coverage ziehen.

Gesicki ist der wohl beste Receiving-Tight-End dieser Klasse und Gase wird alles daran setzen, dieses Mismatch auszunutzen.

Die Titans und die Raiders: Endlich eine (moderne?) Handschrift

Eine Offense, die mit Spannung erwartet wird, ist die der Titans. Unter dem neuen Offensive Coordinator Matt LaFleur soll der Sprung in die Moderne gelingen, und das Spiel gegen Green Bay zeigte einige gute Ansätze.

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Tennessee zeigte gute Route-Kombinationen, viele Outside Zone Runs und bereits eine gute Dosis an Play-Action-Pässen. Darüber hinaus war auch die erhoffte Vielfalt zu sehen, die Titans agierten genauso aus 21-Personnel mit blockendem Fullback heraus, wie sie 5-Wide spielten.

Mariotas Touchdown-Pass war ein gutes Beispiel dafür, wie ein Red-Zone-Play aussehen und Mariota helfen kann: Ein isolierter Receiver auf der einen Seite der Formation, der Mariota einen potentiell einfachen Read gibt. Auf der anderen Seite eine Rub-Route, um dem Outside-Receiver Platz zu verschaffen.

Dabei läuft der Slot-Receiver eine Out-Breaking-Route, der innen postierte Receiver bindet einen Verteidiger in der Mitte - und der Outside-Receiver läuft die In-Breaking-Route, die von diesen beiden anderen Laufwegen profitiert. Ähnlich wie beim Vikings-Beispiel zu Beginn.

Der letzte Blick geht nach Oakland, wo Jon Grudens NFL-Rückkehr die Headline war. Und generell kann man sagen: es war die Handschrift, die man erwarten konnte.

Kurzpassspiel, Levels-Konzepte, Mesh/Wheel-Kombinationen, ein Fokus auf Yards nach dem Catch und ein Timing-Passspiel - die West Coast Offense eben. Im Vergleich zu Teilen der vergangenen Saison war ein klares Scheme, eine Handschrift erkennbar und etwa die Art und Weise, wie Gruden Martavis Bryant bereits einsetzte und wie er Marshawn Lynch durch das Outside-Zone-Blocking half, sollte-Raiders Fans zumindest ein bisschen optimistischer stimmen.

Paxton Lynchs Zeit in Denver ist vorbei

Wenn man sich auf einen großen Verlierer aus Week 1 der Preseason festlegen müsste - für mich wäre es Paxton Lynch.

Nicht (nur), weil er von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde und auch nicht (nur), weil spät im Spiel die Broncos-Fans den Namen von Lynchs Konkurrent Chad Kelly skandierten.

Es reicht der Blick auf die sportliche Seite der Dinge.

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Lynch geht jetzt in seine dritte NFL-Saison, und zumindest auf Tape ist so gar kein echter Fortschritt erkennbar. Das war auch gegen die Vikings so, als er regelmäßig seine Receiver mit seinen Pässen entweder direkt in die Arme von Minnesotas Verteidigern leitete, oder aber Pässe auf wirklich kurze Distanz in den Rücken beziehungsweise außerhalb der Reichweite seines Ziels warf.

Er wirkt noch immer überhastet, nimmt die Augen zu schnell runter und steckt so Sacks ein, statt offene Mitspieler zu bedienen. Er ist immer noch ungenau und wirkt teilweise schlicht verloren auf dem Platz. Kelly agierte anschließend viel ruhiger und sicherer aus der Pocket heraus.

Broncos-Coach Vance Joseph hat nach dem Spiel bereits angedeutet, dass Kelly jetzt mehr Snaps mit dem zweiten Team bekommen könnte. Lynch befindet sich auf extrem dünnen Eis, und sein Spiel lässt in keinster Weise darauf schließen, dass er plötzlich doch einen Schalter umlegen kann.

Der einstige Erstrunden-Pick, für den Denver im Draft vor erst zwei Jahren noch innerhalb der ersten Runde nach oben getradet hatte und den die Cowboys damals unbedingt wollten, ist auf bestem Wege, einer der größeren Busts der vergangenen Jahre zu werden und sich noch vor der Saison ohne Team wiederzufinden.

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Preseason Week 1: Rookie Quarterback Analyse

In jeder Preseason sind sie mit die Hauptattraktion: Rookie-Quarterbacks! In jedem Jahr hoffen mehrere Teams, dass sie im gerade vor einigen Monaten durchgeführten Draft ihren Franchise-Quarterback für die nächsten 15 Jahre gefunden haben.

Selbstverständlich ist das am Ende nur selten der Fall, umso spannender aber ist es, die neuen Spieler auf der wichtigsten Position auf dem Feld im neuen Team unter die Lupe zu nehmen.

Der Schnelldurchlauf nach Week 1:

Baker Mayfield, Browns (vs. Giants)

Stats: 11/20, 212 YDS, 2 TD

  • Mayfield hatte einiges an Pressure gegen sich, zeigte aber das schon auf College-Tape immer wieder sichtbare glänzende Pocket-Movement. Mit subtilen Bewegungen verschafft er sich Platz und Zeit und ist dann schnell wieder in der Position für den Pass.
  • Er warf mehrere Pässe sehr präzise in enge Fenster und weg vom Verteidiger, dabei sah man in mehreren Szenen - abgesehen von einem vielleicht durch Nervosität bedingten ersten Pass - seine Passgenauigkeit, welche in dieser Draft-Klasse die beste sein dürfte.
  • Einige Male aber warf er auch in den Rücken seines Receivers oder überwarf ihn.
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  • Der erste Touchdown zu Njoku war großartig. Die Browns spielen ein Mesh/Wheel-Konzept, und Mayfield spielt es perfekt: Er liest erst die Wheel-Route, dann das Mesh-Konzept.
  • Die Giants halten mit Man Coverage dagegen (die "Coverage-Pärchen" sind im Bild farblich gekennzeichnet) und verteidigen das Play gut. Mayfield behält die Ruhe und findet schließlich Njoku im richtigen Moment mit dem perfekten Pass.
  • Generell ging Mayfield konstant geduldig durch seine Reads. Es war das auffälligste Rookie-Debüt dieser Woche.

Josh Allen, Bills (vs. Panthers)

Stats: 9/19, 116 YDS, TD; 3 ATT, 29 YDS

  • Ganz ähnlich wie bei Mayfield - das Thema zog sich durch eigentlich alle Rookie-Quarterback-Auftritte - war der erste Preseason-Eindruck eine Bestätigung des College-Tapes. In guter wie in schlechter Hinsicht.
  • Bei Allen bedeutet das enorme Hochs und Tiefs: Sein Touchdown-Pass zu McCloud war ein Strahl von einem Pass, den so auch in der NFL nur wenige Quarterbacks anbringen können. Hier sah man die eine Eigenschaft, die Allen bei vielen Experten im Ranking eine hohe Platzierung beschert hatte.
  • Diese Armstärke hatte er schon früh im Spiel mit völlig mühelosen Downfield-Raketen unter Beweis gestellt, auch feuerte er einige Bälle zwischen Zone Coverage über die Mitte und zeigte seine Fähigkeiten als Scrambler. Aber ebenfalls sichtbar: Die Accuracy wird ein Thema bleiben, das Allen begleitet. Einige Pässe flogen auch schlicht in die Coverage.
  • Auf der anderen Seite des Spektrums: Ein zerstörtes Play bei Fourth Down, das Allen mit einer Beinahe-Interception um ein Haar in ein Desaster verwandelt hätte. Einige völlig verfehlte kurze Pässe, teilweise wirkte sein Spiel so etwas wild.
  • Die Überraschung im Quarterback-Room der Bills ist eher, dass Nathan Peterman tatsächlich aktuell vor A.J. McCarron rangiert. Das hatte sich im Training abgezeichnet und mit Petermans insgesamt gutem Auftritt gegen die Panthers - ebenfalls mit den Startern - könnte diese Reihenfolge noch stärker zementiert sein. Es bleibt abzuwarten, wie lange die Bills-Coaches Allen in der Regular Season dann tatsächlich an der Seitenlinie halten.

Sam Darnold, Jets (vs. Falcons)

Stats: 13/18, 96 YDS, TD

  • Verteilte den Ball gut und zeigte vor allem eine für einen Rookie ungewöhnlich große Ruhe in der Pocket. Das erlaubte es ihm auch, durch seine Reads zu lesen. Darnold agierte in keinster Weise überhastet, ganz im Gegenteil.
  • Das spielte auch eine Rolle beim Touchdown-Drive. Darnold behielt die Augen Downfield und er nahm wenn nötig auch den kurzen Checkdown-Pass mit, statt - wie so häufig im College - unnötige Risiken einzugehen.
  • Das führte in der Summe zu einem guten Debüt mit einigen Momenten, in denen man sein volles Potential sehen konnte. Darnold musste dabei allerdings quasi keine schwierigen Würfe nehmen, im Downfield-Game lief bei den Jets ohnehin kaum etwas zusammen.
  • Auf der anderen Seite arbeitete er sich aber verlässlich das Feld runter und war vor allem ruhig und fehlerfrei sowie sehr stark in der Pocket, auch gegen Pressure. Zum jetzigen Zeitpunkt in seiner Entwicklung nehmen die Jets das allemal sehr gerne so mit.

Lamar Jackson, Ravens (vs. Rams)

Stats: 7/18, 119 YDS; 5 ATT, 21 YDS, TD

  • Ganz ähnlich wie schon im Hall of Fame Game: Lamar Jackson könnte schon jetzt der gefährlichste Scrambling-Runner in der NFL sein - gleichzeitig muss er als Passer viel konstanter und akkurater werden.
  • Als Scrambler kam Jackson zu seinem einzigen Touchdown des Abends, und das zeigt die Gefahr und den Stress für eine Defense, die der Rookie in dieser Rolle mitbringt: Bei Third Down waren die Rams in Man Coverage und hatten alle Optionen komplett zugestellt. Jackson las zuerst das Feld und wich dem Pass-Rush aus, ehe er in die Endzone sprintete. Eine ähnliche Szene gab es später noch einmal - extrem unangenehm für eine Defense. Allerdings darf Jackson nicht so viele Hits einstecken, wie es aktuell der Fall ist.
  • Wozu er als Passer in der Lage sein kann, sah man früh, bei einer langen Completion zu Moore. Da passte die Beinarbeit in der Pocket und der Ball landete am perfekten Spot, weg vom Verteidiger.
  • Das ist allerdings noch immer entschieden zu inkonstant, wenngleich sich seine Beinarbeit insgesamt über den Sommer merklich verbessert hat. Jackson ist schneller wieder in Position für den Pass, nach wie vor aber sieht man auch die Accuracy-Probleme, mitunter deutlich. Die bisherigen Fortschritte sollten Ravens-Fans aber optimistisch stimmen.

Josh Rosen, Cardinals (vs. Chargers)

Stats: 6/13, 41 YDS

  • Das unscheinbarste Debüt der fünf Erstrunden-Quarterbacks, Rosen hatte eine vergleichsweise kürzere Einsatzzeit und erwischte nicht seinen besten Tag.
  • Wirklich schlecht aber war nur ein Pass, ein mutmaßlicher Pre-Determined-Read, der nur mit viel Glück nicht in einer Interception (und dann wohl in einem Pick Six) endete. Dazu kam ein Clock-Management-Fehler, der in einer Delay-of-Game-Strafe resultierte.
  • Davon abgesehen sah man einige seiner Qualitäten: Die schon sehr gute Beinarbeit und Balance in der Pocket, er las die Defense immer wieder, bediente verschiedene Bereiche des Feldes akkurat und verhielt sowie bewegte sich immer wieder gut gegen Pressure.
  • Das Problem dabei: Pressure war ein viel zu großes Thema. Rosen kam hinter der (sehr schlechten) zweiten Offensive Line teilweise noch gegen die Chargers-Starter zum Einsatz, sodass selbst Screens und Snaps zu einem Abenteuer wurden und fast jeder Pass unter Druck gespielt werden musste. Das war zwar eine gute Übung - und für Rosen ein kleiner Throwback Richtung College - gleichzeitig waren es aber auch keine leichten Bedingungen.
  • Head Coach Steve Wilks erklärte bereits unmittelbar nach dem Spiel, dass Rosen im weiteren Verlauf der Preseason auch mit der Starting-Line zum Einsatz kommen soll. Für Rosens weitere Evaluierung sollte das mehr Aufschluss geben.

Panthers-Offense, Überraschungen, Lions, Trades - eure Fragen

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Luke: Nach der Verletzung von Guice: Denkst du, die Redskins holen jetzt noch einen der verbliebenen Free Agents oder traden sogar (eventuell für Ameer Abdullah)? Oder geht man jetzt einfach mit Kelly/Perine/Thompson in die Saison?

Jay Gruden hat hier natürlich direkt mal auf die Bremse getreten und meine Vermutung ist auch, dass man es über die nächsten Wochen und in der Preseason erst einmal mit Kelly und Perine versuchen wird. Abdullah wäre definitiv interessant, hinter der Line und mit Thompson als Receiving-Back.

Adrian Peterson würde mich eher wundern, die Chiefs waren letztes Jahr mit Alex Smith eines der Shotgun-lastigsten Teams der Liga (72 Prozent) und auch die Redskins waren häufiger in Shotgun als Under Center - und wir wissen, dass eine Shotgun-Offense nicht gerade Petersons Stärken betont.

Washington war gleichzeitig aber letztes Jahr eines der Run-lastigsten Teams bei First Down, will Gruden das beibehalten, brauchen sie einen guten First-Down-Back.

Eric Deseyve: Welche fünf Spieler haben dich in der Preseason bisher am positivsten überrascht?

Kerryon Johnson, RB, Lions: Ich war vor dem Draft kritisch bei ihm, der erste Preseason-Eindruck war aber gut. Ein eleganter Runner mit langen Schritten, der auch als Receiver eingesetzt werden kann. Aus dem Training Camp hört man zudem, dass er auch etwa bei Blitz-Pickups klare Fortschritte macht. Riddick wird seine Receptions und Blount seine Goal-Line-Carries bekommen, aber ich bin zunehmend sicher, dass Johnson einem 3-Down-Back in Detroit noch am nächsten kommen wird.

Teddy Bridgewater, QB, Jets: So richtig wusste man ja nicht, was man erwarten soll - trotz positiver Berichte aus dem Training Camp. Der Auftritt war dann überzeugender als erhofft: Gute Bewegungen in der Pocket, das von Bridgewater gewohnt gute Timing in Kombination mit seiner Antizipation und eine schon wieder beachtliche Sicherheit, bedenkt man die schwere Verletzung und die lange Pause. Bridgewater ist bereit für mehr.

P.J. Hall, DT, Raiders: Die Raiders brauchen dringend mehr Interior-Pass-Rush und haben das im Draft auch adressiert - allerdings teilweise auch mit ziemlichen Wildcards. Gruden dürfte hier am Freitagabend aufgeatmet haben, als Maurice Hurst mehrfach im Backfield zu sehen war und P.J. Hall einen Pass blockte und seinen ersten NFL-Sack verzeichnete.

D.J. Moore, WR, Panthers: Der Move nach dem Catch war eines der Highlights aus Week 1 und auch wenn Moore etwas Zeit brauchte: Er ist genau der Receiver-Typ, der Carolina seit Jahren fehlte und der auch Newton das Leben leichter machen kann. Der erste Eindruck war super. Rookie-Receiver hatten in den vergangenen Jahren häufiger mal eine eher schwierige erste NFL-Saison, Moore könnte hier mal wieder den Trend etwas umkehren.

Rasheem Green, DE, Seahawks: Noch ein Rookie, den ich noch nicht so weit erwartet hatte. In Abwesenheit des verletzten Dion Jordan und natürlich nach den Abgängen von Bennett und Avril rückt Green - einer der jüngsten Spieler im diesjährigen Draft - näher Richtung Starting-Formation. Und gegen die Colts bestätigte er die positiven Sommer-Berichte: Sieben Tackles und 1,5 Sacks, darunter einer gegen Andrew Luck, standen am Ende auf seinem Arbeitsnachweis, Green war regelmäßig im Backfield zu finden.

Lukas W: Welche Quarterbacks werden in der Offseason noch das Team wechseln - und wohin?

Teddy Bridgewaters Auftritt war, wie oben angesprochen, eine positive Überraschung und für mich noch mehr die Bestätigung, dass er ein wertvolles Trade-Asset für die Jets sein wird. Das gilt umso mehr, da Sam Darnold einen guten ersten Eindruck hinterließ und es bei ihm immer mehr danach aussieht, dass er in Week 1 tatsächlich starten könnte. Sollte das nicht passieren, dann hat man Josh McCown als idealen Bridge-Guy.

Bridgewater hat vor der Free Agency bereits gesagt, dass er zu einem Team will, bei dem er eine echte Starter-Chance hat und aktuell gibt es gar nicht so viele Teams, die diese Gelegenheit bieten; die Quarterback-Situation in der NFL ist aktuell bemerkenswert, nahezu jedes Team hat einen klaren Franchise-Quarterback oder einen früh gepickten jungen QB beziehungsweise Rookie.

Buffalo wäre ein logischer Kandidat, nachdem die Bills aber McCarron gerade bezahlt haben und Peterman aktuell besser zu sein scheint, sehe ich das nicht passieren. Vielleicht sehen wir hier eine Überraschung und ein Team wie die Giants oder die Patriots holt ihn, um ihn perspektivisch zum Nachfolger aufzubauen.

Lord: Wie fandest du die O-Line der Panthers im ersten Preseason-Spiel?

Die O-Line war nicht gut, gerade bei "einfachen" Run Plays (also ohne eingebaute Ablenkung oder dergleichen) und bei Matt Kalil sah man Probleme. Allerdings ist das nach so wenigen Snaps für die Starter auch nur schwer zu bewerten. Stattdessen auffällig fand ich in dem Zusammenhang einige andere Dinge bei den Panthers:

  • Play Action, Screens - wir haben direkt gesehen, inwiefern Norv Turner bereit ist, seiner Line zu helfen. Panthers-Fans müssen also nicht einen 7-Step-Dropback nach dem anderen befürchten.
  • Christian McCaffrey scheint tatsächlich die Nase vorne zu haben, wurde als Inside- und Goal-Line-Runner eingesetzt.
  • Vor allem aber hat Norv Turner zu seiner Offense Run Pass Options hinzugefügt. Es gab davon mehrere, oft in Kombination mit Pre-Snap-Motion durch den Tight End, um einen ersten Hinweis auf die Coverage zu erhalten.
  • Eine große Frage war ja, wie Turner Newtons Fähigkeiten als Runner einsetzen würde - nimmt man ihm die, wird die Offense deutlich schlechter, das hat man letztes Jahr einige Male gesehen. Neben den RPOs schien auch zumindest ein Zone Read dabei zu sein, Turner ist also ganz offensichtlich gewillt, seine Air Coryell Offense mit Option-Elementen zu vermischen. Ein gutes Signal für Panthers-Fans und ein eigentlich unverzichtbarer Weg angesichts der Line.

Muetze7: Wie aussagekräftig sind die Spiele in der Preseason (vor allem Week 1) wirklich? Sowohl was die Form der Teams, als auch Leistung einzelner Spieler angeht? Wenn beispielsweise ein Receiver (z.B. St. Brown) gut performt, liegt das dann nicht vielleicht eher an der "C"-Defense, also dem Gegenspieler?

Gute Frage, weil es wichtig ist, das noch einmal zu betonen: In der Preseason sind die äußeren Umstände ein völlig unkalkulierbarer Faktor, schnell steht man mit Spielern auf dem Feld, die in der Regular Season nicht in der Nähe eines NFL-Kaders sein werden. Gleiches gilt natürlich auch für den Gegner, manchmal kommt es dann noch zum Starter-gegen-Backups-Desaster, kurzum: die Preseason ist mit Vorsicht zu genießen.

Das gilt auch für Stats, ganz besonders der Box Score kann einem in der Preseason ein ganz falsches Bild vermitteln. Der Tipp ist daher: sich selbst ein Bild verschaffen, und den Spieler so gut es geht im Vakuum betrachten. Hat der Receiver gute Cuts und eine gute Chemie mit dem Quarterback? Läuft er seine Routes schnell und präzise? Wie fängt er den Ball? Und für den Quarterback: Wie geht er mit Pressure um? Geht er durch seine Reads? Kommen seine Pässe akkurat?

Diese Dinge kann man zumindest einigermaßen auch trotz der komplizierten Umstände beurteilen, sie geben einem ein Gefühl für bestimmte Spieler. Und dabei nie vergessen: DeShone Kizer und die Cleveland Browns haben letztes Jahr alle vier Preseason-Spiele gewonnen.

Marc Brauch: Das Run Game der Lions sah ausnahmsweise mal gut aus. Siehst du Chancen, dass der Pass-Rush irgendwie besser wird? Ein Ziggy Ansah ist wohl zu wenig...

Dass Ansah nicht dabei war, hat man sofort gemerkt - aber ja, selbst wenn man das Handicap einrechnet, war das vom Pass-Rush der Lions schon eine extrem dürftige Vorstellung. Hier ist meine Prognose: Detroit wird auch in der kommenden Saison keinen konstant gefährlichen Pass-Rush haben - im Gegensatz zu vergangenen Jahren wird das aber nicht ganz so schwer ins Gewicht fallen.

Wer sich mit der Patriots-Defense der vergangenen Jahre, die Matt Patricia natürlich zumindest in ihrer grundsätzlichen Struktur nach Detroit mitbringt, beschäftigt, der weiß: New England arbeitet meist ohne dominanten Pass-Rusher und setzt stattdessen auf eine Bend-but-don't-Break-Defense. Das bedeutet an der Line of Scrimmage: Die Gaps kontrollieren, statt die Line of Scrimmage zu dominieren.

Also mehr diszipliniertes Verteidigen der Gaps und die Offense konstant in (möglichst lange) Third Downs zwingen, und das dann in Kombination mit der individuell stark besetzten Secondary, um Richtung eigener Red Zone auf engerem Raum möglichst die Stops kreieren zu können. Ob das aufgeht, wird sich zeigen, zumindest sehe ich so aber die Basis für die Defense.

Herr Bert: Viele Teams versuchen ihre D-Line und ihre Secondary stark zu machen. Wie wichtig ist heutzutage noch ein starkes Linebacker-Corps? Gerade auch in Hinsicht auf Play Action und Run Pass Options?

Bei den Linebackern hat über die letzten fünf bis zehn Jahre eine drastische Veränderung stattgefunden. Der klassische Hard-Hitting-Inside-Linebacker wurde zunächst zum 2-Down-Spieler degradiert und inzwischen verschwindet er zunehmend von der Bildfläche - bei den meisten Teams jedenfalls.

Das Linebacker-Corps ist aber immer noch extrem wichtig, und das vor allem mit zwei Dingen im Sinn: Teams passen immer häufiger schnell und kurz. Bei diesen Pässen sind Linebacker umso häufiger in Coverage gefragt. Außerdem haben Teams immer häufiger Mismatch-Waffen vor allem im Backfield, um Defenses im Passspiel zu attackieren. Hier sind Linebacker ob in Zone oder in Man Coverage beliebte Ziele für eine Offense - kann ein Linebacker hier in Coverage standhalten, gibt das einer Defense einen großen Vorteil.

Deshalb ist ein ganz anderer Linebacker-Typ heute in der NFL gefragt, und der ist auch extrem wichtig. Dion Jones von den Falcons ist ein Paradebeispiel dafür: ein explosiver Sideline-to-Sideline-Verteidiger, der problemlos in Coverage arbeiten kann.