Team-Needs für Free Agency und Draft - Bears, Lions, Packers, Vikings: Die NFC North

Jan Dafeld
06. März 202008:22
Mitchell Trubisky (r.) steht in Chicago zunehmend unter Druck.getty
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Die wichtigsten Tage des NFL-Frühlings sind nicht mehr weit entfernt: Der Start der Free Agency. Alle 32 Teams gehen mit verschiedenen Baustellen in diese Phase, wir stellen die Situation aller Franchises im Detail vor. Heute: Die NFC North.

Chicago Bears (Vorjahresbilanz: 8-8)

Die wichtigsten Free Agents: CB Prince Amukamara, S Ha Ha Clinton-Dix, LB Danny Trevathan, LB Nick Kwiatkowski, WR Taylor Gabriel

Quarterback: General Manager Ryan Pace erklärte bereits, dass Mitchell Trubisky als Starter der Bears in die kommende Saison gehen soll. Doch welche Alternative hat das Team aktuell auch? Keine. Chase Daniel wird Free Agent, das Team verfügt weder über das Draft-Kapital, um sich eines der Top-Talente sichern zu können noch über den Cap Space, um um die großen Namen auf dem Markt mitzubieten.

Dennoch muss Chicago Konkurrenz für Trubisky ins Team holen, eine weitere Saison darf man sich nicht von seinem allenfalls inkonstanten Quarterback abhängig machen. Ob in der Free Agency, im Draft oder doch per Trade, Pace wird in diesem Bereich nochmals aktiv werden müssen.

Offensive Line: Nach einer wackligen Vorsaison befindet sich die O-Line der Bears im Umbruch. Kyle Long ist zurückgetreten, Backup Rashaad Coward hat eher kein Starterpotenzial. Zudem steht Left Tackle Charles Leno nach einem schwachen Jahr heftig in der Kritik und Right Tackle Bobby Massie könnte 2020 seine letzte Saison in der Windy City spielen.

Die Bears werden also ihre Line angehen müssen. Ein neuer Right Guard scheint aktuell geradezu unerlässlich, ein Offensive Tackle - zumindest für die Zukunft - würde ebenfalls helfen. Das Problem auch hier: Chicago verfügt nicht über grenzenlosen Cap Space und hat keinen Erst- und keinen Drittrundenpick.

Secondary: Mit Amukamara und Clinton-Dix verlassen gleich zwei defensive Starter die Secondary, Ersatz steht auf Anhieb nicht bereit. Amukamara wurde aus Cap-Gründen entlassen, Clinton-Dix dürfte für sein aktuelles Team zu teuer werden.

Chicago wird hoffen müssen, in der Free Agency günstige Spieler abstauben zu können, die sofort zu helfen vermögen. Ansonsten könnte sich die vor zwei Jahren noch so gefürchtete Secondary zu einer Schwachstelle des Teams entwickeln.

Edge: Trotz Khalil Mack war der Pass-Rush der Bears in der Vorsaison kaum mehr als Durchschnitt, Besserung ist allerdings nicht wirklich in Sicht: Leonard Floyd könnte noch entlassen werden, um 13 Millionen Dollar an Cap Space zu schaffen, Aaron Lynch wird Free Agent.

Lässt das Team Floyd ziehen, müsste somit dringend ein Edge Rusher gegenüber von Mack her. Auch hier müssen die Bears allerdings wieder mit limitierten Ressourcen - sowohl in der Free Agency als auch im Draft - arbeiten. Chicago wird wohl kaum alle Baustellen zufriedenstellend beheben können und daher Prioritäten setzen müssen.

Mögliche Team-Fits:

Andy Dalton wirkt wie das perfekte Trade-Ziel, um einen echten Konkurrenten für Trubisky zu schaffen, für ihn müssten die Bears allerdings noch mehr Draft-Kapital und Cap Space opfern. Marcus Mariota oder Case Keenum wären in der Free Agency verfügbare und bezahlbare Optionen.

Die Top-Optionen auf der Guard-Position dürften in der Free Agency zu teuer für Chicago werden, Stefen Wisniewski könnte zumindest ein Upgrade gegenüber Coward sein. Auch Daryl Williams wäre eine Überlegung wert, auch weil dieser in Zukunft auf Right Tackle wechseln könnte.

In der Secondary werden die Bears hoffen, erneut einen Steal wie im Vorjahr Clinton-Dix zu landen, Karl Joseph oder Rodney McLeod könnten Kandidaten dafür sein. Johnathan Joseph wäre zwar ein Downgrade gegenüber Amukamara, würde den Bears jedoch zumindest eine gewisse Baseline zu einem überschaubaren Preis geben.

Detroit Lions (3-12-1)

Die wichtigsten Free Agents: G Graham Glasgow, S Tavon Wilson, DT Damon Harrison, DT Mike Daniels, DT A'Shawn Robinson, P Sam Martin

Die größten Baustellen:

Defensive Line: Vor der vergangenen Saison zählten viele Beobachter die D-Line der Lions zu den großen Stärken des Teams. Ein Jahr später sieht die Realität anders aus. Verletzungsprobleme machten Detroit zu schaffen, mit Harrison, Daniels und Robinson könnten gleich drei Interior Defender das Team verlassen.

Die Lions benötigen somit sowohl einen Nose Tackle, der Harrison und Robinson als Run-Stuffer beerben kann, als auch einen 3-Tech, der den Quarterback aus der Mitte unter Druck setzen kann. Ein zusätzlicher Edge Defender würde obendrein auch nicht schaden.

Cornerback: Darius Slays erhoffte Vertragsverlängerung blieb aus, nach einem sehr durchwachsenen Jahr geht der Star-Corner nun in das letzte Jahr seines Deals. Selbst wenn Detroit den unzufriedenen Veteranen eine weitere Saison hält, dürfte er 2021 das Weite suchen. Ein langfristiger Nachfolger muss also her.

Gleichzeitig benötigt Detroit jedoch auch noch einen zweiten Starting Cornerback neben Slay. Justin Coleman konnte seinen großen Vertrag im Vorjahr nicht rechtfertigen und ist im Slot am besten aufgehoben, Rashaan Melvin wird Free Agent. Die Lions haben die Mittel, um zumindest einen dicken Fisch in der Free Agency an Land zu ziehen. Ist nach der Defensive Line im Vorjahr nun die Secondary an der Reihe?

Guard: Mit Taylor Decker, Frank Ragnow und Rick Wagner scheinen drei der fünf O-Line-Positionen bei den Lions gut besetzt zu sein, die beiden Guard-Positionen dürften allerdings für die eine oder andere Sorgenfalte sorgen. Glasgow ist eine sehr solide Option, wird allerdings Free Agent und könnte (zu) teuer werden - erst Recht, wenn beispielsweise Brandon Scherff gar nicht erst auf den Markt kommt.

Als Left Guard würde Stand heute wohl erneut Joe Dahl als Starter in die neue Saison gehen. Keine schreckliche Option, doch auch hier könnten die Lions ein Upgrade vertragen. Ob Glasgow gehalten wird oder nicht, die Guard-Position dürfte auf dem Einkaufszettel des Teams weit oben stehen.

Running Back: In nur zwei Saisons in der NFL hat Kerryon Johnson nun bereits 14 Saisonspiele verpasst, inwieweit der fraglos talentierte 22-Jährige ein Three-Down-Back sein kann, ist daher doch sehr fraglich. Gut möglich also, dass die Lions ein Upgrade gegenüber Bo Scarbrough und Ty Johnson ins Team holen und so mit zwei starken Backs - ein zunehmend populärer Ansatz - in die Saison gehen.

Mögliche Team-Fits:

Michael Pierce könnte in der Free Agency ein bezahlbarer Spieler werden und sehr gut in das Profil der Lions passen, auch Shelby Harris käme hier infrage. Mike Daniels könnte als 3-Tech ein weiteres Jahr gehalten werden. Lässt man den Veteranen jedoch ziehen, wäre Jarran Reed, der in der D-Line flexibel einsetzbar ist, eine interessante Option für Detroit.

Konzentrieren sich die Lions doch stärker auf die Secondary, wäre Byron Jones die klare Premiumlösung, dies würde den Spielraum auf anderen Positionen jedoch auch stark begrenzen. Ronald Darby könnte eine günstigere Alternative sein und dennoch sofort helfen.

In der Offensive Line wiederum wäre ein Verbleib von Glasgow zu akzeptablen Konditionen wohl das Best-Case-Szenario, wird der Guard zu teuer, sind die Optionen rar gesät. Joe Haeg oder Stefen Wisniewski können starten, wären aber ein Downgrade gegenüber der Vorsaison.

Green Bay Packers (13-3)

Die wichtigsten Free Agents: OT Bryan Bulaga, LB Blake Martinez, WR Geronimo Allison, CB Tramon Williams, OT Jared Veldheer

Right Tackle: Bryan Bulaga mag kein schillernder Stern am NFL-Himmel sein, gehört nun aber bereits seit Jahren zu den besseren Offensive Tackles der NFL und ist damit auch ein sehr wichtiger Bestandteil in der Offense der Packers. Als er in der Vorsaison ausfiel, litt diese merklich darunter.

Nun wird Bulaga Free Agent, Ersatz steht in Green Bays Kader nicht bereit, da auch Veldheers Vertrag ausläuft. Bulaga sollte die Priorität Nummer eins der Packers sein, gerade angesichts Aaron Rodgers' Spielstil, bei dem der QB den Ball immer wieder lange hält, ist ein guter Right Tackle Gold wert.

Receiving Corps: Die nächste Offseason, in der die Receiver zu den Schwachstellen im Team der Packers zählen. Neben Davante Adams fehlte Green Bay in der Vorsaison bereits eine verlässliche Option im Passspiel, nun wird Allison zudem Free Agent und Tight End Jimmy Graham könnte entlassen werden, um acht Millionen Dollar zu sparen

Die Receiver-Klasse im Draft ist voll mit Talent, hier könnten die Packers zuschlagen, allerdings würde ihnen ein erfahrener Receiver, der vom ersten Tag an helfen kann, womöglich noch besser zu Gesicht stehen. Jace Sternberger soll wohl der Tight End der Zukunft werden, auch hier würde eine zweite Option jedoch nicht schaden..

Linebacker: Das Linebacker Corps der Packers zählte bereits in der vergangenen Saison zu den großen Schwächen des Teams, auch hier wird mit Martinez zusätzlich noch ein zentraler Spieler Free Agent. Martinez spielte inkonstant und sollte langfristig zu ersetzen sein, aktuell steht Green Bay allerdings ohne Linebacker mit Starterqualität da, Oren Burks kann hier ebenfalls nicht die Antwort sein.

Es ist eine Baustelle, die Green Bay perspektivisch im Draft angehen könnte, für ein Team im Win-Now-Modus wäre ein erfahrener Linebacker als Anker und Mentor jedoch wichtig. Der Cap-Spielraum der Packers ist überschaubar, für einen Linebacker in dieser Rolle sollte er jedoch ausreichen.

Defensive Line: Za'Darius und Preston Smith schlugen beide ein wie eine Bombe, zudem zählte Kenny Clark in der Mitte der D-Line zu den besten Spielern auf seiner Position. Alle weiteren Spieler in der Front Four überzeugten 2019 allerdings kaum, der Interior Pass-Rush war ebenso eine Problemzone wie die Run-Defense der Packers.

Green Bay muss in diesem Bereich somit tiefer werden. Dazu kommt noch, dass Clark in sein letztes Vertragsjahr geht und im kommenden Jahr fürstlich bezahlt werden dürfte. Die Franchise würde hier somit sowohl perspektivisch als auch auf kurze Sicht neue Impulse dringend benötigen.

Mögliche Team-Fits:

Wie bereits erwähnt, können es sich die Packers kaum erlauben, Bulaga in der Free Agency ziehen zu lassen. Kommt es doch soweit, wäre Daryl Williams eine gute Alternative, als Übergangslösung könnte auch Demar Dotson in Frage kommen.

Die Receiver-Klasse ist in der Free Agency derweil dünn besetzt. Randall Cobb wird wohl nicht zurück nach Green Bay kommen, Nelson Agholor wäre eine Option, dürfte allerdings zu teuer werden. Hier könnte der Draft und ein günstiger Tight End wie Tyler Eifert die bessere Option darstellen.

Defensiv würde Green Bay ein Veteran wie Ndamukong Suh, Gerald McCoy oder auch Timmy Jernigan als kurzfristige Hilfe in der Defensive Line gut zu Gesicht stehen. Josh Bynes könnte Martinez im Linebacker Corps ersetzen, ohne allzu teuer zu werden.

Minnesota Vikings (10-6)

Die wichtigsten Free Agents: FS Anthony Harris, CB Trae Waynes, CB Mackensie Alexander, S Andrew Sendejo, WR Laquon Treadwell, FB C.J. Ham (RFA)

Die größten Baustellen:

Secondary: Über Jahre zählte die Secondary mit Spielern wie Harrison Smith und Xavier Rhodes zu den großen Stärken der Vikings, die sich unter Mike Zimmer stets über ihre Defense definierten. Diese Zeit scheint (vorerst) vorbei. Bereits im Vorjahr agierte die Pass-Defense - auch aufgrund von Verletzungen - längst nicht mehr auf dem Niveau der Vorjahre, nun werden gleich mehrere Leistungsträger das Team verlassen.

Rhodes wird nach einem Horrorjahr vermutlich entlassen, Harris dürfte zu teuer für Minnesota werden und auch von Waynes und Alexander ist wohl maximal einer zu halten. Die Vikings haben kaum Cap Space zur Verfügung, das Starting-Cornerback-Duo könnte im nächsten Jahr Mike Hughes und Holton Hill heißen.

Pass-Rush: Eine Möglichkeit für die Vikings, um Cap Space zu schaffen, wäre Pass-Rusher Everson Griffen, der per Option aus seinem Vertrag ausstieg, ziehen zu lassen. Das allerdings würde die Defense einer ihrer Stärken, dem Edge Rush mit Griffen und insbesondere Danielle Hunter, berauben und gleichzeitig eine weitere Schwachstelle nur noch stärker entblößen: Den Interior Pass-Rush.

Das Duo aus Linval Joseph und Shamar Stephen zählt in der NFL zu den besseren gegen den Run, im Pass-Rush kam in der Vorsaison jedoch zu oft zu wenig von den beiden, hier könnte das Team einen echten Third-Down-Rusher gut vertragen. Geht Griffen, würde die Edge Position zudem ein echter Need des Teams werden.

Offensive Line: Probleme in der Offensive Line scheinen mittlerweile ein echter Bestandteil der Vikings zu sein, teilweise wird diese Baustelle allerdings auch überproportional dargestellt. Über weite Strecken präsentierte sich die Line 2019 bereits deutlich besser als im Vorjahr, zum absoluten Bodensatz der Liga gehörte Minnesota definitiv nicht mehr.

Das Team könnte ein Upgrade in diesem Bereich zwar gut vertragen, dies könnte jedoch ein Wunschtraum bleiben. Center Garrett Bradbury wird trotz sehr durchwachsener Rookie-Saison der Starter bleiben, eine bessere Option als Pat Elflein und Josh Kline ohne Cap Space zu finden, dürfte eine Herausforderung werden.

Wide Receiver: Mit Adam Thielen und Stefon Diggs verfügt das Team über eines der besten Receiver-Duos der NFL, mit Kyle Rudolph und Irv Smith Jr. stehen zudem zwei gute Tight Ends unter Vertrag. Was fehlt, ist allerdings ein verlässlicher Slot Receiver sowie mehr Tiefe hinter Thielen und Diggs.

Olabisi Johnson nahm in seiner Rookie-Saison schon eine überraschend große Rolle ein, doch ist er tatsächlich auch die langfristige Antwort? Über die Ressourcen, um in der Free Agency einen neuen Mann für den Slot zu verpflichten, verfügen die Vikings vermutlich ohnehin nicht, hier dürfte der Draft genutzt werden.

Mögliche Team-Fits:

Karl Joseph oder Damarious Randall könnten Harris als Safety neben Smith solide bis gut ersetzen und dürften dabei relativ günstig zu haben sein. Auf der Cornerback-Position würde ein Verbleib von Waynes oder Alexander darüber entscheiden, ob die Vikings eher Outside oder im Slot Hilfe benötigen. Schafft man es, Waynes zu halten, könnten Brian Poole oder Darqueze Dennard relativ preiswerte Slot-Optionen sein.

Lässt man Griffen ziehen, dürfte ein Veteran als Übergangslösung für eine Saison - womöglich in Verbindung mit einem Rookie - vermutlich das höchste der Gefühle sein. Vinny Curry wäre hier eine sehr gute Alternative, auch Michael Bennett oder Jason-Pierre Paul könnten Kandidaten sein.