NFL Third and Long: Draft Abschluss - finale Bewertung und Nuggets zum Draft

Von Adrian Franke
08. Mai 201810:40
Ezekiel Elliott und das Run Game der Cowboys sollten 2018 wieder zur Liga-Spitze gehören.getty
Werbung

Nach Draft-Grades und dem Power Ranking nach Draft und Free Agency blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke in seiner Kolumne ein letztes Mal auf den Draft zurück: Wo sind jetzt einige spannende Positionsgruppen zu finden? Welche Trends lassen sich erkennen, welche Schlüsse lässt der Draft auf Taktik und Ansätze in der NFL zu?

Ihr wollt Fragen an die SPOX-NFL-Kolumne stellen? Das geht direkt hier an den Autor!

Draft Recap: Die spannendsten neuen Position Groups

Die Secondary der Packers: Aus schlecht mach aggressiv

Green Bays Defense in der vergangenen Saison war nicht gut - namentlich: Die Secondary war nicht gut. Sowohl was die Adjusted Sack Rate als auch die totalen Sack-Zahlen angeht, waren die Packers Liga-Durchschnitt und auch das Linebacker-Corps leistete weitestgehend gute Arbeit.

Hauptverantwortlich dafür, dass die Pass-Defense wieder einmal zu den schlechtesten der Liga gehörte und Green Bay vor allem in kritischen Momenten - insbesondere was gegnerische Third-Down-Conversions und Red-Zone-Scoring-Effizienz angeht - eines der schlechtesten Teams der NFL war, war neben dem Play-Calling von Defensive Coordinator Dom Capers eben auch die Secondary.

Damit sollte jetzt Schluss sein.

Die Packers haben in Mike Pettine nicht nur einen neuen Defensive Coordinator, der mit einer variableren Front und aggressiverem Play-Calling die Defense vorantreiben wird - der Draft hat die Packers zudem auch individuell massiv voran gebracht. Jaire Alexander war einer der aggressivsten Cornerbacks im Draft und könnte direkt im Slot starten - je nachdem, wie weit der physischere Vorjahres-Rookie Kevin King ist.

Zusätzlich konnte sich Green Bay in der zweiten Runde mit Josh Jackson den aggressivsten Route-antizipierenden-Cornerback dieser Draft-Klasse sichern. Jackson fiel deutlich tiefer als vorher erwartet, sein Stil erinnert häufig an Marcus Peters. In Green Bay kann er hinter Free-Agency-Rückkehrer Tramon Williams, der in Arizona im Vorjahr einige sehr gute Spiele hatte, noch etwas lernen. Mit seinen Ball-Hawking-Fähigkeiten könnte er aber schnell auch ein Turnover-Magnet in Pettines Defense werden.

Die Packers werden auf eine aggressive, flexible Front in Kombination mit attackierender Secondary bauen, und die Fans in Green Bay dürfen sich auf ein ganz neues Gefühl auf dieser Seite des Balls freuen.

NFL: Green Bays Secondary 2018 im Überblick:

Starter/BackupLeft CornerbackStrong SafetyFree SafetyRight CornerbackSlot Cornerback
1Tramon WilliamsJosh JonesHa Ha Clinton-DixKevin KingJaire Alexander
2Josh Jackson Kentrell BriceDavon House

Jones, Ridley, Sanu und Co.: Atlantas Passing Game

Wir haben es auch in diesem Draft wieder einige Male gesehen: Vor allem gute, schon vergleichsweise komplette Teams investieren in Positionen, auf denen sie schon gut besetzt sind - und picken so einerseits Value über Need, andererseits sichern sie sich auch für mögliche Abgänge in der Zukunft ab.

Dazu gehören etwa die Jaguars, die sich mit Taven Bryan in der ersten Runde noch einen weiteren Defensive Tackle sicherten. Oder die Minnesota Vikings mit Cornerback Mike Hughes in Runde 1. Auch Philadelphia (D-Liner Josh Sweat) fiel in diese Kategorie; genau wie die Atlanta Falcons.

Niemand hatte die Falcons mit einem Wide Receiver in der ersten Runde auf dem Schirm, ein Defensive Tackle wäre womöglich auch der sinnvollere Weg gewesen. Der Value mit Calvin Ridley an Position 26 ist allerdings unbestreitbar: Ein sehr guter Route-Runner, in der Hinsicht die klare Nummer 1 der Klasse. Zudem ein explosiver Receiver mit flüssigen Bewegungen, Balance und einem guten Spielverständnis. Kurz gesagt: eine sehr gute Ergänzung zu Julio Jones und Mohamed Sanu.

Die Falcons-Offense wird damit ein Matchup-Albtraum für Defenses. Mit Devonta Freeman und Tevin Coleman haben die Falcons das vielleicht flexibelste Running-Back-Duo in der NFL, beide Backs sind als Runner und als Receiver gefährlich. Rookie Ito Smith bringt als Receiver eine weitere Waffe dazu, die Offensive Line sollte ligaweit noch immer zumindest in die obere Hälfte gehören.

Ridley sollte direkt im Slot starten, Atlanta kann jetzt allerdings, je nach Stärke der Defense, Jones, Sanu und Ridley unterschiedliche Bereiche des Feldes in unterschiedlicher Tiefe attackieren lassen.

Das Run Game der Cowboys: Furchteinflößend

Die Cowboys-Offense in der vergangenen Saison hatte viele Probleme. Vom Play-Calling über Verletzungen in der Offensive Line, Schwächen im Receiving-Corps, inkonstante Leistungen von Dak Prescott bis natürlich auch hin zur Sperre von Ezekiel Elliott - die Ursachen waren vielschichtig.

Kein Problem? Das Run-Blocking. Football Outsiders listet die Cowboys in puncto Adjusted Line Yards (hier werden unter anderem Down, Distanz zum First Down, Gegner und die Frage nach Shotgun- oder Under-Center-Formation berücksichtigt) auf dem vierten Platz, prozentual wurden die Running Backs von nur drei Teams seltener an oder vor der Line of Scrimmage gestoppt als die Cowboys-Backs und in Short-Yardage-Situationen bei Third und Fourth Down rangierte Dallas auf dem dritten Platz.

In der Folge ist es kein Zufall, dass die Cowboys trotz der langen Elliott-Sperre mit 4,5 Yards pro Run in der vergangenen Regular Season ligaweit auf dem dritten Rang rangierten. Das Run-Blocking war so stark - und das Run Game insgesamt sollte in der kommenden Saison nochmals besser werden.

Dallas gelang einerseits mit Connor Williams ein potentieller Steal in der zweiten Runde. Der Texas-Tackle könnte bei den Cowboys als Right Tackle ausprobiert werden, was es La'el Collins erlauben würde, weiter Left Guard zu spielen - hier ist Collins deutlich stärker als auf dem Right-Tackle-Spot. Gelingt das, wäre die Line von links nach rechts mit Tyron Smith, La'el Collins, Travis Frederick, Zack Martin und Connor Williams mit weitem Abstand die bestbesetzte Line der NFL.

Zusätzlich dazu haben die Cowboys in der siebten Runde einen Backup für Elliott gedraftet, der gegnerische Defenses im vierten Viertel physisch nochmal so richtig herausfordern wird. Alabamas Bo Scarbrough ist ein Runner mit gefährlicher Power und Physis, der einen starken Inside-Burst hat und Yards nach Gegnerkontakt rausholt. Die Offensive Line im Zusammenspiel mit der Elliott/Scarbrough-Kombination wird das Herzstück dieses Cowboys-Team sein.

Denvers Pass-Rush: Wie damals, 2015

Das Super-Bowl-Team der Broncos vor drei Jahren definierte sich über eine herausragende Defense. Während offensiv zwischen Brock Osweiler und dem rapide abfallenden Peyton Manning durchgewechselt wurde, trug die Defense Denver zum Triumph. Im Zentrum dabei: Ein spektakuläres Cornerback-Trio in Kombination mit dem besten Pass-Rush-Quartett in der NFL.

Nach dem Draft könnte Denver wieder auf dem Weg dahin sein - mindestens. Mit Bradley Chubb gegenüber von Von Miller ist der Pass-Rush der Broncos bereit für die Quarterback-Jagdsaison. Denver kann Chubb flexibel aufstellen und hat mit Shane Ray und Shaquil Barrett daneben sowie Derek Wolfe in der Defensive Line den auf diesem Level und mit dieser Qualität tiefsten Pass-Rush in der NFL.

Rotation in der Defensive Line sowie explizit im Pass-Rush kann eine unheimlich mächtige Waffe sein, innerhalb einer Saison aber auch innerhalb eines Spiels. Die Broncos dürften Chubb - der in jedem Fall schon ein exzellenter Run-Verteidiger ist - direkt starten lassen und haben dann die Freiheit, bei Passing-Downs auf sehr hohem Level durchzurotieren.

Sollte darüber hinaus Drittrunden-Cornerback Isaac Yiadom schnell auf Snaps drängen, hätte Denver hinter Chris Harris und Bradley Robey auch nach dem Abgang von Aqib Talib wieder eine gute dritte Cornerback-Option. Zunächst steht Tramaine Brock für diesen Posten bereit, während Neuzugang Su'a Denver eine flexible Linebacker-Safety-Hybrid-Waffe für die Front Seven gibt.

Baltimores neue Offense: Back to the Roots

Im Recap nach der ersten Draft-Runde hatte ich bereits geschrieben, warum Baltimore für Lamar Jackson der ideale Landing Spot sein könnte: Ein Team, das mit Greg Roman (Offensive Coordinator während Colin Kaepernicks Hochzeiten in San Francisco) und Marty Mornhinweg sowie James Urban (Offensive Coordinator respektive QB-Coach in Philadelphia mit Michael Vick) mehr erfolgreiche Coaching-Erfahrung mit mobilen Quarterbacks hat als irgend ein anderes Team in der NFL und das schon immer auf starke Defense in Kombination mit einem guten Run Game setzt.

Somit wäre es nicht überraschend, würde Jackson früher starten als vielleicht viele zum jetzigen Zeitpunkt erwarten - das aber soll hier nicht das Thema sein. Denn Baltimore hat nicht nur gute Voraussetzungen für den designierten Joe-Flacco-Erben, die Ravens haben in den vergangenen Wochen auch die Basis für eine deutlich verbesserte Offense gelegt. Selbst mit Flacco.

Das betrifft einerseits natürlich das Receiver-Corps, welches Baltimore maßgeblich in der Free Agency runderneuerte. Es betrifft aber auch eine Position, die in der Ravens-Offense wichtiger ist, als in vielen anderen NFL-Schemes - und in der seit nun bereits einer Weile eine Lücke klaffte. Die Rede ist von der Tight-End-Position.

Ein zentrales Problem in Baltimore während der vergangenen Saison - neben Flaccos Inkonstanz vor allem in der ersten Saisonhälfte, einem schlechten Receiving-Corps und Verletzungen in der Offensive Line - war eine leicht berechenbare Offense. Die Ravens schafften es nicht, aus Run-Formationen ein gutes Passspiel aufzuziehen und umgekehrt blieb das Run Game so inkonstant: Von den elf Teams mit durchschnittlich mindestens 28 Runs pro Spiel waren die Ravens eines von lediglich drei Teams (Minnesota, Indianapolis) das nicht über vier Yards pro Run hinauskam.

Hier liegt für mich eine zentrale Ursache dafür, dass die Ravens in der ersten Runde mit Hayden Hurst einen Reach hingelegt und etwas später mit Mark Andrews noch einen zweiten Tight End zusätzlich geholt haben. Hurst ist ein guter Receiver und hat das Potential, auch ein guter Blocker zu werden. Hier zeigt er einige Ansätze, mit mehr Power - das geringste Problem für NFL-Coaches - sollte das auch besser klappen. Andrews ist ein Receiving-Tight-End und könnte eine Art großer Slot-Receiver in Baltimore werden.

Beide Spieler geben Flacco zunächst einmal sichere Anspielstationen in der Mitte des Feldes. Die Ravens haben jetzt außerdem wieder die Möglichkeit, mehr mit 12-Personnel (ein Running Back, zwei Tight Ends) oder auch 21- und 22-Personnel - die Ravens hatten schon in der Vorsaison einen Fullback im Kader, auf dieser Position wird sich auch der Deutsche Chris Ezeala versuchen - zu agieren. Das wird die Arbeit für Flacco einfacher machen, das Run Game beleben und Defenses in unvorteilhafte Matchups zwingen.

In der Theorie, versteht sich.

Safeties, Receiver-Value, Dallas: Finale Draft-Nuggets

Anstieg der 3-Safety-Pakete: Der Trend an sich ist nicht neu, doch über die vergangenen Jahre hat er sich intensiviert: Defense-Pakete mit drei Safeties - die sogenannte Big-Nickel-Defense - sind ein zunehmend fester Bestandteil für viele NFL-Defenses. Die Patriots sind unter anderem ein Beispiel hierfür. Viele Teams nutzen einen Safety so als Defensive Back/Linebacker-Hybrid, die Denkweise dahinter: Ein Safety als zusätzlicher Cover-Spieler (anstatt eines dritten Cornerbacks) ist physisch besser geeignet, um Tight Ends zu decken - und ist der bessere Run-Defender.

Das gibt Teams Flexibilität in Coverage und in der Front generell, ohne in der Run-Defense zu leicht zu werden. Letztlich ist das auch das Argument für die Safety-Linebacker-Hybride, die man immer häufiger sieht. Man ist so etwa auf 12-Personnel (ein Running Back, zwei Tight Ends) und auch auf 21-Personnel (zwei Running Backs und ein Tight End) besser vorbereitet, weil die Front in Run-Defense noch immer standhalten kann, man gleichzeitig aber für Matchup-Waffen auf der Fullback- und Tight-End-Position vorbereitet ist. Zu Ersterem später mehr.

Im Draft haben wir gesehen, dass sich dieser Trend fortsetzt. Einige Beispiele: Die Steelers, die zusätzlich zu Sean Davis und Free-Agent-Neuzugang Morgan Burnett mit Terrell Edmunds (1. Runde) und Marcus Allen (5.) zwei weitere Safeties nachlegten. Oder die Texans, bei denen neben Andre Hal und Neuzugang Tyrann Mathieu der erste Pick (3. Runde) für Justin Reid verwendet wurde. Jacksonville hat zwei Starting-Safeties mit Tashaun Gipson und Barry Church - und holte in der dritten Runde Alabama-Safety Ronnie Harrison dazu.

Die Offense-Defense-Matchups sind ein permanentes, nie endendes Schachspiel zwischen Philosophien, Innovationen, Trends und Reaktionen. Die 3-Safety-Pakete könnten in der kommenden Saison einer der dominanteren Trends werden.

Receiver-Picks werden zurückhaltender: In der jüngeren Vergangenheit waren die hohen Wide-Receiver-Picks nicht gerade sofortige Homeruns, aus verschiedenen Gründen. John Ross (Bengals), Corey Davis (Titans), Corey Coleman (Browns), Laquon Treadwell (Vikings) und natürlich auch Kevin White (Bears) sowie Breshad Perriman (Ravens) fallen spontan ein.

Im diesjährigen Draft wurde kein Receiver in den Top-20 ausgewählt, lediglich D.J. Moore (Panthers/Pick 24) und Calvin Ridley (Falcons/26) gingen in der ersten Runde weg. Sicher war die Spitzenqualität in dieser Receiver-Klasse nicht ganz so hoch, trotzdem lässt sich hier eine Parallele zu den Running Backs im Draft feststellen: College-Football präsentiert Jahr für Jahr so viele gute bis sehr gute Wide Receiver, dass die Draft-Klassen auf dieser Position schlicht so tief ist, dass man einen frühen Pick hier nicht investieren muss.

Einige Beispiele: Unter anderem Dante Pettis (49ers/Runde 2), Courtland Sutton (Denver/Runde 2), Christian Kirk (Arizona/Runde 2), Anthony Miller (Chicago/Runde 2), D.J. Chark (Jacksonville/Runde 2), Michael Gallup (Dallas/Runde 3), DaeSean Hamilton (Denver/Runde 4), Deon Cain (Indianapolis/Runde 6), Equanimeous St. Brown (Green Bay/Runde 6) oder auch Marcell Ateman (Oakland/Runde 7) könnten früh eine Rolle haben oder im Falle der Late-Round-Picks überraschen.

Und hier sind längst nicht alle Namen aufgelistet, die in diese Kategorie fallen. Insgesamt wurden in diesem Jahr mehr Running Backs als Receiver in der ersten Runde ausgewählt (3:2), auch in der zweiten (4:6) und dritten Runde (1:2) war das Verhältnis - bedenkt man, wie viele Receiver und wie viele Running Backs starten - überraschend ausgeglichen.

Erinnert euch an Boston Scott: Ich hatte gegen Ende der vergangenen Saison schon etwas ausführlicher über das hervorragende Screen-Game der Saints geschrieben, vor einigen Wochen hatte ich die Fokussierung der NFL auf das Kurzpassspiel thematisiert. In der Summe haben fünf Quarterbacks mit mindestens 225 Passversuchen insgesamt 70 Prozent (!) ihrer Pässe zehn Yards oder kürzer geworfen: Josh McCown (73,6%), Aaron Rodgers (73,1%), Alex Smith (72,2%), Drew Brees (71,5%) und Brett Hundley (70,9%).

Brees führte alle Quarterbacks mit Pässen vor der Line of Scrimmage, also kürzer als die Line, an (25,6%), das glänzende Screen-Game spiegelt sich hier statistisch voll wieder. Dabei glänzte Alvin Kamara in der vergangenen Saison mit seiner unglaublichen Beweglichkeit und Explosivität - und in dieser Rolle könnte ich mir auch Boston Scott vorstellen.

Die Saints pickten den Running Back in der sechsten Runde, Scott ist für Football-Verhältnisse extrem klein. Aber den Nachteil, den er dadurch am Kontakt-Punkt hat, gleicht er mit spektakulärer Agilität und Explosivität aus, Scott ist im offenen Feld ein Albtraum für Verteidiger. Sein Tape kann ich jedem, der einen spaßigen, in seinen Bewegungen Videospiel-ähnlichen Running Back, der mich immer wieder an Darren Sproles erinnert, sehen will, nur empfehlen.

Der neue Value der Interior Offensive Line: Kein Team verkörpert diesen Aspekt so sehr wie die Colts: Zusätzlich zu Jack Mewhort investierte Indy seinen Nummer-6-Pick in Quenton Nelson - nur um in der zweiten Runde mit Braden Smith noch einen weiteren Guard als perspektivischen Starter nachzulegen. Indianapolis sollte jetzt mit Nelson, Mewhort und Center Ryan Kelly eine der ligaweiten Top-Interior-Lines an den Tag legen.

Das sollte nicht nur beim Inside-Run-Game eine große Hilfe sein; es ist vor allem der Versuch der Colts, Andrew Luck möglichst saubere Pockets zur Verfügung zu stellen. Das passt zu einem defensiven Trend: Interior-Pass-Rusher werden immer wichtiger.

Dabei spielt einfachste Mathematik eine Rolle, denn in der modernen NFL werden Quarterbacks den Ball immer schneller los, das Kurzpassspiel dominiert. (siehe die Aufzählung bei Boston Scott). Somit wird es immer wichtiger, gewissermaßen auf direktem Wege zum Quarterback zu kommen - also über die Mitte, nicht von außen. Das macht Spielertypen wie Aaron Donald so unglaublich wertvoll.

Insgesamt - je nach Zählweise - sechs designierte Interior Offensive Linemen wurden in den ersten beiden Runden des diesjährigen Drafts ausgewählt: Frank Ragnow, Billy Price, Austin Corbett, Will Hernandez, Braden Smith und James Daniels. Isaiah Wynn, der sich in New England wohl zunächst als Tackle versuchen darf, ist dabei noch nicht einmal aufgelistet. Auch Dallas' Zweitrunden-Pick Connor Williams könnte in der NFL in die Interior Line rutschen. Corbett könnte bei den Browns auch Tackle spielen, dennoch ist dieser Draft-Trend kein Zufall.

Projekt-QBs sind nicht so wertvoll wie gedacht: Mason Rudolph in der ersten Runde? Kyle Lauletta in der zweiten? Mike White in der dritten? Nichts davon trat ein und gerade die Patriots zeigten uns eindrucksvoll, wie sie diese Quarterback-Klasse nach der absoluten Spitze einschätzen. Auch dass die Ravens schon bereitwillig riskierten, Jackson nicht zu bekommen, sollte man nicht ignorieren.

Eine Lektion daraus: Quarterbacks, die von Coaches und Verantwortlichen als Projekte eingestuft werden, haben bei Teams im Draft einen klar geringeren Wert auch in puncto Pick-Value als man gerade vor diesem Draft wieder dachte. Nicht, weil Teams keinen guten Backup oder keine Langzeit-Lösung wollen - eher, weil die Chance, dass sich ein solcher Projekt-Quarterback wirklich als Glücksgriff etabliert, einfach sehr gering ist.

Gesicki kann Miamis Offense dramatisch verbessern: Dass die Dolphins Jarvis Landry abgegeben haben, tut dieser Offense weh - wird ultimativ aber zu verschmerzen sein, zumindest wenn man bedenkt, wie eindimensional Miami Landry eingesetzt hat. Das Outside-Receiver-Duo (Kenny Stills, DeVante Parker) steht, Amendola und Albert Wilson werden sich im Slot abwechseln und die Offensive Line mit Sitton und Kilgore sollte stabiler daherkommen.

Zusammenfassung: Ich glaube, dass Miamis Offense 2018 einige Teams überraschen wird, auch das Backfield dürfte mit Drake und Ballage sehr explosiv sein. Ein Spieler, der für das Scheme von Adam Gase eigentlich ganz zentral ist, fehlte noch: Der athletische Pass-Catching-Tight-End, der über Scheme, Formation und Route-Kombinationen isoliert wird und so gewinnen soll.

Deshalb hatte Miami damals Julius Thomas geholt, die Verpflichtung klappte bekanntermaßen überhaupt nicht. Deutlich vielversprechender ist da der Zweitrunden-Pick der Dolphins: Mike Gesicki ist einer der athletischsten College-Tight-Ends in den vergangenen Jahren. Kein Blocker, aber das wird Gase von ihm auch nicht verlangen. Gesicki gibt Miamis Offense eine Dimension, die Gase unbedingt haben will und die er bisher in South Beach nie hatte. Das wird das Passspiel und auch Tannehill merklich voranbringen.

Die Fullback-Renaissance geht weiter: Wir haben es in den vergangenen Jahren schon mehrfach gesehen: Fullbacks erleben ein Comeback in der NFL! Die Falcons unter Kyle Shanahan und jetzt auch die 49ers, die Patriots bereits seit einiger Zeit und auch die Saints in der Vorsaison waren herausragend darin, den Fullback als neue Matchup-Waffe zu installieren.

Eine Formation mit einem Fullback, einem Running Back und einem Tight End auf dem Platz - also 21-Personnel - erlaubt es der Defense häufig nicht, im Sub-Package raus zu kommen. Bedeutet einfach gesagt: Die Defense, die auf dem Platz steht, wird ihre Stärken eher in der Run-Defense als im Passspiel haben.

Ein moderner Fullback - also ein Spieler, der im Passspiel ein verlässlicher Receiver sein kann - ist hier sehr wertvoll: Die Offense wird ihn gegen Man Coverage fast immer in ein Matchup mit einem Linebacker bekommen, in Zone Coverage kann er einen Cornerback außen beschäftigen, und so Räume für Wide Receiver schaffen.

Pittsburgh hat mit Jaylen Samuels einen genau solchen Fullback/Tight End-Hybrid in der fünften Runde gedraftet, ein Spieler, der im College als Tight End in drei Jahren 201 Receptions für 1851 Yards hatte und in Pittsburgh als eben jener moderne Fullback zum Einsatz kommen kann. Ein weiterer Kandidat: Dimitri Flowers, der als Undrafted Free Agent bei den New York Jets landete.

Drei Undrafted Free Agents, die ihr im Auge behalten solltet: Wie in jedem Jahr glühten auch am Ende dieses Drafts die Telefone längst bevor die siebte Runde beendet war. Teams sind dann auf der Jagd nach den besten ungedrafteten Spielern und hierbei kann es von großem Wert sein, wenn man eines der Prospects im Vorfeld bereits getroffen oder gar zu einem der limitierten Team-Visits eingeladen hat.

Hier sind drei Undrafted Free Agents, die ihr im Auge behalten solltet:

Holton Hill, CB, Texas - Minnesota Vikings

  • sehr athletischer Corner, der seine Physis in Press-Coverage gut einsetzt und in der Route agil verteidigt. Lässt sich nicht leicht abschütteln
  • zeigt gute Ansätze in Zone Coverage, liest Plays schon gut
  • teilweise zu aggressiv, was ihm dann zum Verhängnis wird
  • Tackling muss besser werden
  • Suspendierungen im College wegen positiver Drogen-Tests, auch der Grund dafür, dass viele Teams ihn letztlich nicht auf ihrem Board hatten

Hercules Mata'afa, DT, Washington State - Minnesota Vikings

  • athletischer, unheimlich explosiver Defensive Tackle im College - wird aufgrund seiner Physis aber in der NFL als End spielen müssen. Das hat er im College vergleichsweise selten gemacht
  • könnte ein Pass-Rush-Spezialist und 1-Gap-Verteidiger in der NFL werden
  • Problem ist letztlich die Position angesichts seiner Statur und die Frage, wie kreativ ein Team mit ihm wird
  • 47 TFL (22,5 2017) und 22,5 Sacks in seiner College-Karriere

Akrum Wadley, RB, Iowa - Tennessee Titans

  • ich war bei keinem Spieler mehr überrascht, dass er nicht gedraftet wurde. Ja, Wadley ist klein - aber mit seiner Vision, seiner Geduld und seinem Burst, sobald er eine Lücke gefunden hat, macht er davon einiges wieder wett
  • auch ein guter Receiver und mit seiner Agilität ein Matchup-Problem für Linebacker oder Safeties. 1,61 Yards pro gelaufener Route laut PFF
  • technisch ein guter Running Back, weshalb er auch in Pass-Protection viel besser standhält, als man physisch vermuten würde