Third and Long: Das All-Pro-Team 2019

Von Adrian Franke
01. Januar 202011:51
SPOX-Redakteur Adrian Franke kürt sein All-Pro-Team 2019!getty
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Es ist so weit: Die Regular Season 2019 ist Geschichte! Woche 17 hatte mit dem Herzschlag-Finale in Seattle, dem leidenschaftlichen Sieg der Eagles und der überraschenden Pleite der Patriots nochmal einiges zu bieten - Redakteur Adrian Franke zieht sein erstes Saison-Fazit: Das SPOX All-Pro Team 2019 ist gekürt! Außerdem: Ein erster Blick auf die vier Spiele am Wildcard-Wochenende - mit einem Schlüsselmatchup für jede Partie.

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SPOX-NFL-Redakteur Adrian Franke hat, nachdem die stets kontrovers diskutierten Pro-Bowl-Kader bereits veröffentlicht wurden, sein All-Pro-Team für die 2019er Regular Season zusammengestellt, nach dem Vorbild des AP-All-Pro-Votings.

Offensiv gibt es auf den Skill-Positions also einen Running Back, zwei Wide Receiver, einen Tight End und eine Flex-Position; Defensiv gibt es zwei Edge-Rusher, zwei Interior-Linemen, drei Linebacker und einen zusätzlichen Defensive Back neben den regulären Secondary-Positionen.

In Fällen, in denen die Auswahl eng war, gibt es eine "knapp dahinter"-Kategorie.

NFL All-Pro Team 2019 - Offense:

Quarterback: Lamar Jackson, Baltimore Ravens. Nach dem ersten Saison-Drittel hatte ich Russell Wilson fest als meinen MVP-Pick eingetragen. Zur Saison-Mitte noch immer. Doch die Waage zwischen Wilson und Lamar Jackson wurde mehr und mehr ausgeglichen - bis sie schließlich in Jacksons Richtung kippte. Wilson spielte immer noch eine sehr, sehr gute Saison, noch vor der Konkurrenz um Watson, Cousins oder Brees. Aber wenn wir jetzt auf diese Regular Season blicken kommt in meinen Augen einfach niemand an Lamar ran.

Der offensichtliche Punkt sind natürlich seine Fähigkeiten als Runner. Jackson ist der maßgebliche Faktor darin, dass Baltimore eine Rushing-Offense aufs Feld bringt, die nach diversen Advanced-Metriken als die beste Rushing-Offense aller Zeiten in die Bücher eingehen wird; und mehr als das: In Zeiten, in denen das Passspiel dominiert und wir alle über das Passspiel als zentralen Indikator für die Qualität eines Teams sprechen, war Baltimores Run Game dieses Jahr gefährlicher als ein ordentlicher Teil der Passing-Offenses in der NFL.

Das beginnt mit Jackson, der selbst als Runner ein immenser Faktor ist und Michael Vicks Rekord gebrochen hat, zusätzlich aber auch das Run Game gefährlicher macht, selbst wenn er nicht den Ball trägt. Doch ist das nicht der einzige Grund dafür, dass Jackson mein All-Pro-Quarterback ist; hier kommen seine Entwicklungen als Passer ins Spiel. Pocket-Movement, Accuracy, konstante Reads - Jackson hat einen Quantensprung im Vergleich zu seiner Rookie-Saison hingelegt, vor allem was die Konstanz angeht. Das in Kombination mit dem, was Baltimore dank ihm im Run Game machen kann, machte die Ravens-Offense zur gefährlichsten Offense dieser Saison.

Knapp dahinter: Russell Wilson, Seahawks; Deshaun Watson, Texans.

Running Back: Christian McCaffrey, Carolina Panthers. Man kann McCaffreys Saison positionsbezogen kaum hoch genug hängen: Trotz in der Summe bestenfalls durchschnittlichem Run-Blocking war McCaffrey über gut die Hälfte der Saison eine Big-Play-Maschine, gefährlich wenn er mit Geduld laufen musste genau wie wenn er zwischen den Tackles die harten Yards erarbeiten musste, eine verlässliche Waffe in der Red Zone - und vor allem, und das setzt ihn von Chubb, Rookie Josh Jacobs oder auch dem wiedererstarkten Derrick Henry ab, war er zusätzlich unheimlich gefährlich als Receiver.

Man könnte argumentieren, dass Austin Ekeler der einzige Back ist, der dieses Jahr im Passspiel gefährlicher war. McCaffrey war brandgefährlich einerseits nach dem Catch, andererseits aber auch kein Back, der einfach nur über Screens kommt und den Ball regelmäßig vor der Line of Scrimmage fängt wie etwa Dalvin Cook.

McCaffrey wurde im Schnitt mit einer Target-Tiefe von 0,7 Yards bedient, der Wert ging von über einem Yard runter, als McCaffrey in den letzten beiden Spielen mit Targets nur so eingedeckt wurde. Damit rangiert er zum Teil deutlich vor Kandidaten wie Cook, Chubb, Kamara, Mixon, Gurley oder Henry. Er war in vielerlei Hinsicht der Go-to-Guy dieser Offense.

Knapp dahinter: Dalvin Cook, Vikings; Nick Chubb, Browns; Aaron Jones, Packers.

Tight End: George Kittle, San Francisco 49ers. Ich kann es verstehen, wenn man hier für Travis Kelce argumentiert, der als Receiver ähnlich prominent (wenn auch anders eingesetzt, beginnend damit, dass er vertikaler angespielt wird und umgekehrt weniger Yards nach dem Catch produziert) in der Chiefs-Offense ist wie Kittle in San Francisco und als Blocker an Kittle rankommt.

Für mich war in dem Fall ein Tie-Breaker dann die Frage: wie wichtig ist der jeweilige Spieler für die Offense? Und da tendiere ich in Richtung Kittle.

Kittle ist für mich eine der fünf bis zehn gefährlichsten Receiving-Waffen in der NFL. Er hat immensen Speed und Explosivität, ist gleichzeitig aber auch extrem physisch. Er ist unheimlich verlässlich als Receiver und mit Abstand der gefährlichste Tight End mit dem Ball in der Hand. Und er ist genauso der X-Faktor der 49ers-Offense wie in zahlreichen Play-Designs von Kyle Shanahan, maßgeblich auch im Play-Action-Passspiel, der Fokus des Plays. Kittle ist für mich der beste Tight End dieser Saison.

Knapp dahinter: Travis Kelce, Chiefs; Darren Waller, Raiders.

Wide Receiver: Michael Thomas, New Orleans Saints. Die Saints-Offense funktioniert maßgeblich über zwei Dinge: Die Accuracy und das mentale Tempo, mit dem Drew Brees hinter einer der besten Offensive Lines der Liga spielt auf der einen und ein extrem gut designtes Kurzpassspiel mit Yards nach dem Catch auf der anderen Seite. Der maßgebliche Faktor dafür, dass das funktioniert, ist Michael Thomas.

Er ist einer der produktivsten Receiver dieses Jahr was Yards pro gelaufener Route und was Yards pro gelaufener Slot-Route, wo Thomas rund 30 Prozent seiner Snaps verbringt, angeht. Thomas hat den All-Time-Reception-Rekord gebrochen, er ist einer der verlässlichsten Receiver der Liga inklusive bei Contested Catches, einer der besten Route-Runner, einer der gefährlichsten Receiver nach dem Catch, kann im Kurzpass- und auch im vertikalen Passspiel eingesetzt werden, Top-10 nach DVOA und DYAR.

Es gibt nicht viele wirklich komplette Receiver in der NFL. Julio Jones ist hier für mich noch immer das primäre Beispiel; Thomas muss man ebenfalls in diese Kategorie dazuzählen, und dieses Jahr waren er und Godwin für mich die beiden wertvollsten und besten Wide Receiver.

Wide Receiver: Chris Godwin, Tampa Bay Buccaneers. Flog viel zu lange unter dem Radar. Das mag daran liegen, dass die Buccaneers unter dem Strich ein frustrierend durchschnittliches Team waren; es mag auch daran liegen, dass Jameis Winston der eine Spieler ist, der die Schlagzeilen bekommt, wenn sich nationale Medien mit den Bucs befassen.

Umso wichtiger ist es hier noch einmal zu unterstreichen: Godwin hat eine fantastische Saison gespielt. Nur Robert Woods (Minimum: 75 Targets) hatte mehr Yards nach dem Catch pro Reception als Godwin, nur Thomas und Hopkins hatten nach Woche 15 - als sich Godwin verletzte - mehr First Downs kreiert und kein anderer Spieler mit mindestens 80 Catches hatte so wenige Drops wie Godwin, der den Ball laut PFF exakt ein Mal fallen ließ.

Godwin führte die Liga nach Woche 15 nach DVOA an, stand auf Rang 2 nach DYAR und insbesondere in der Mid-Range - wo vieles in der Arians-Offense stattfindet und Winston den Ball bevorzugt hinwirft - war vermutlich kein Receiver besser.

Knapp dahinter: Julio Jones, Falcons; DeAndre Hopkins, Texans; Mike Evans, Buccaneers; Kenny Golladay, Lions.

Flex: Julio Jones, WR, Atlanta Falcons. Am meisten habe ich hier über DeAndre Hopkins als Alternative nachgedacht, und auch wenn Hopkins dieses Jahr einmal mehr ein Top-5-Receiver nach so ziemlich jeder Betrachtungsweise war - Jones gehört in meinen Augen noch etwas mehr in die Liste.

Jonwa hat spät in der Saison gezeigt, dass er selbst wenn sich alles auf ihn fokussiert die Falcons-Offense maßgeblich tragen kann. Produzierte eine High-Volume-Saison mit vielen Targets und Catches trotz relativ hoher Target-Tiefe und war gleichzeitig einmal mehr ein enormes Mismatch aus dem Slot heraus.

Jones ist mit seiner Physis, seinen Fähigkeiten nach dem Catch und seiner Flexibilität auf dem Feld noch immer der kompletteste Receiver der Liga. Aus Falcons-Sicht wäre zu wünschen, das trotz des Verbleibs von Dan Quinn als Head Coach eine modernere Offense Einzug erhält, um Jones' Qualitäten auch wieder stärker heraus zu stellen.

Left Tackle: Ronnie Stanley, Baltimore Ravens. Eine absolut unglaublich dominante Saison. Ronnie Stanley hat laut PFF-Stats in über 900 Snaps (470 Pass-Blocking) keinen einzigen Sack zugelassen; ganze sechs (!) zugelassene QB-Pressures (ein Hit, fünf Hurries) gingen auf sein Konto. Um dem Perspektive zu geben: Kein anderer Tackle mit über 700 Snaps oder über 400 Pass-Blocking-Snaps ist in dieser Kategorie überhaupt im einstelligen Bereich.

Stanley hatte im Prinzip nicht mal ein einziges schlechtes Spiel - er war der beste Tackle dieser Saison, und glänzte neben seinen Qualitäten in Pass-Protection zusätzlich auch als Run-Blocker. Fraglos profitierte auch Stanley vom Scheme und von Lamar Jackson; gleichzeitig aber hielt auch kaum ein Quarterback den Ball länger als Lamar, teilweise natürlich bedingt durch das intensive Play-Action-Passspiel. Doch ob isoliert oder im Kontext der Offense betrachtet - Stanley war mit die einfachste Wahl auf allen Positionen dieses Jahr.

Knapp dahinter: Anthony Castonzo, Colts; Terron Armstead, Saints.

Left Guard: Quenton Nelson, Indianapolis Colts. Ultra-dominant in allen Bereichen des Spiels und fast ausnahmslos in jedem Spiel. Wackelte nur vereinzelt etwa gegen Pittsburgh, doch in der Summe unterstrich Nelson auch in seinem zweiten NFL-Jahr sein absolutes Ausnahmetalent. Die Colts hatten vielleicht die beste Run-Blocking-Line der Liga und daran hatte Nelson - gemeinsam mit Anthony Castonzo, seinem Partner auf der linken Seite - den größten Anteil.

Center: Jason Kelce, Philadelphia Eagles. Der komplettestes Center der Liga, daran dürfte kaum ein Zweifel bestehen. Ich hatte hier auch über einen Spieler wie etwa Rodney Hudson nachgedacht, einfach weil der so elementar wichtig im Pass-Blocking ist und auch Pre-Snap enorm viel leistet. Kelce gewinnt durch das Komplettpaket und dürfte mit seiner Agilität im Run-Blocking die klare Nummer 1 unter den Centern sein.

Knapp dahinter: Erik McCoy, Saints; Rodney Hudson, Raiders.

Right Guard: Brandon Brooks, Philadelphia Eagles. Brooks vs. Zack Martin ist hier für mich fast ein Münzwurf. Beide haben je eine nahezu makellose Saison gespielt, beide haben kaum Schwächen ob im Run oder im Passing Game an den Tag gelegt. Ich würde mit niemandem eine Diskussion anfangen, der hier Martin stehen hätte - in meinem ersten, aus Bauchgefühl geleiteten Entwurf hatte ich selbst noch Martin vor Brooks stehen.

In einer Saison, in der wir ziemlich viele sehr gute Guards sehen durften, stach Brooks für mich dann letztlich noch ein kleines Stück stärker heraus. Gerade auch weil die Offensive Line in Philly im Laufe der Saison einen größeren Teil der Last schultern musste, mit den zahlreichen Ausfällen in der Offense. Brooks war dabei, auch als sich um ihn herum Spieler verletzten, fast ohne Ausnahme ein absoluter Fels in der Brandung. Sein Ausfall wird die Eagles in den Playoffs zusätzlich schwer treffen.

Knapp dahinter: Zack Martin, Cowboys; Marshal Yanda, Ravens.

Right Tackle: Ryan Ramczyk, New Orleans Saints. Ramczyk ist der einzige andere Tackle neben Stanley, der bei über 350 Pass-Blocking-Snaps keinen einzigen Sack zugelassen hat. Genau wie bei Stanley geht laut PFF auch auf das Konto von Ramczyk nur ein einziger erlaubter QB-Hit.

Der Right Tackle der Saints schaltete regelmäßig Elite-Pass-Rusher aus und war zusätzlich einer der besten Run-Blocking-Tackles in der NFL. New Orleans hat das beste Tackle-Duo der Liga und inzwischen ist Ramczyk, und das kann man als Lob nicht hoch genug hängen, dabei auf Augenhöhe mit Left Tackle Terron Armstead.

Knapp dahinter: Lane Johnson, Eagles; Mitchell Schwartz, Chiefs.

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NFL All-Pro Team 2019 - Defense:

Edge-Rusher: T.J. Watt, Pittsburgh Steelers. Eine Saison, die - auch wenn die krönende Playoff-Teilnahme am Ende verwehrt blieb - Spaß gemacht hat. Die Steelers-Defense war aggressiv und gerade in der Defensive Line schlichtweg phänomenal.

Dieser Erfolg hatte selbstredend mehrere Gesichter: Bud Dupree spielte die beste Saison seiner Karriere, Cam Heyward war auch dieses Jahr ein Top-5-Defensive-Tackle - doch der Spieler, der den Pass-Rush ankurbelte, der Turnover selbst forcierte oder selbige der Secondary ermöglichte? Das war in allererster Linie T.J. Watt.

Über 80 QB-Pressures, darunter über 14 Sacks und über 45 QB-Hurries. Explosiv, Power, Agilität, sogar verlässlich, wenn er sich - und das war überraschend häufig - in Coverage zurückfallen lassen musste: Watt war einer der besten Verteidiger dieser Saison und ist völlig zurecht ein legitimer Kandidat für die Auszeichnung zum Defensive Player of the Year.

Interior Defensive Lineman: Aaron Donald, Los Angeles Rams. Hatte gefühlt eine unauffälligere Saison als in den vergangenen beiden Jahren, als Donald jeweils den DPOY-Award einheimste. Und trotzdem fällt es auch dieses Jahr schwer, einen besseren Interior Defensive Lineman zu nennen.

Donald führte alle Interior-D-Liner in QB-Pressures und Sacks an, er war gegen den Run absolut dominant und hatte einzelne spektakuläre Spiele wie gegen Chicago oder auch in Seattle. Es war vielleicht auch deshalb weniger auffällig, weil die Saison der Rams insgesamt eine Enttäuschung war. Das sollte aber nicht Donalds individuelle Leistung unter den Tisch fallen lassen.

Interior Defensive Lineman: Kenny Clark, Green Bay Packers. Sah in der ersten Saisonhälfte überhaupt nicht so aus - mit einer bisweilen fantastischen zweiten Saisonhälfte hat sich Clark für mich noch haarscharf vor Heyward geschoben. Insbesondere seine Auftritte im Pass-Rush waren glänzend und gaben der Defense neben Za'Darius Smith und Preston Smith eine zusätzliche Dimension. Die Packers werden in den Playoffs maßgeblich von ihrem Pass-Rush abhängig sein - und dort hat Clark eine immer größere Rolle.

Knapp dahinter: Cam Heyward, Steelers; Matt Ioannidis, Redskins.

Edge-Rusher: Chander Jones, Arizona Cardinals. Jones und Minnesotas Danielle Hunter habe ich hier hin- und hergeschoben, beide sehe ich im Prinzip komplett gleichauf und beide hätten einen Platz im All-Pro-Team verdient. Green Bays Za'Darius Smith gehört definitiv ebenfalls in diese Diskussion

Warum am Ende also Jones? Er war der gefährlichere Pass-Rusher, und das obwohl Teams sich komplett auf ihn fokussieren konnten - während Hunter auf der anderen Seite seinen ebenfalls überaus produktiven Partner Everson Griffen hatte, mit zusätzlich gutem Pass-Rush aus dem Zentrum in Person etwa von Odenigbo. Smith konnte sich auf seinen Partner Preston Smith sowie Kenny Clark im Zentrum verlassen.

Die Cardinals hatten abgesehen von Jones derweil keinen anderen Spieler mit über 35 Quarterback-Pressures, Terrell Suggs baute nach einem guten Start in die Saison schnell deutlich ab und abgesehen von einzelnen Spielen im letzten Saison-Drittel war die Secondary ein konstantes Problem. Jones hat so gesehen aus schwierigeren Umständen eine vergleichbar herausragende Saison gespielt - was keineswegs als Argument gegen Hunter und Smith sondern als eines für Jones zu verstehen ist.

Knapp dahinter: Danielle Hunter, Vikings; Za'Darius Smith, Packers; Nick Bosa, 49ers; Cam Jordan, Saints; Shaq Barrett, Buccaneers; Arik Armstead, 49ers.

Linebacker: Demario Davis, New Orleans Saints. Ohne Zweifel einer der drei, vier Spieler dieses Jahr mit der besten Saison, die unter dem Radar geflogen sind. Davis war in der Summe der kompletteste Linebacker; wurde intensiv als Outside Linebacker im Pass-Rush eingesetzt, glänzte im Zentrum in Coverage und war einer der sichersten Tackler der Liga. Müsste ich mich auf einen Off-Ball-Linebacker festlegen, Davis wäre ziemlich sicher meine Wahl.

Linebacker: Eric Kendricks, Minnesota Vikings. Vermutlich der größte Pro-Bowl-Snub dieses Jahres - neben Demario Davis. Was komplette Linebacker angeht, würde ich vermutlich nur Davis noch über Kendricks setzen: Bis auf wenige Aussetzer exzellent in Coverage, Woche für Woche einer der besten Linebacker gegen den Run, ein sicherer Tackle und dann auch noch mit einigen Highlights als Pass-Rusher beziehungsweise Blitzer. Kendricks hat eine Ausnahme-Saison gespielt und die Vikings brauchen ihn für die Playoffs dringend wieder fit.

Linebacker: Lavonte David, Tampa Bay Buccaneers. Und auch der dritte Linebacker im Bunde war nicht so im Rampenlicht wie die sonst üblichen verdächtigen Kandidaten. Doch während etwa ein Bobby Wagner für seine Verhältnisse eine schlechtere Saison spielte, war David einer der absolut herausragenden Linebacker dieser Saison. Stark gegen den Run, effizient als Pass-Rusher und gleichzeitig eine absolute Säule in Coverage - und das musste er auch sein, denn kein Linebacker, nicht einmal die der Seahawks, musste so viele Coverage-Snaps absolvieren wie David.

Knapp dahinter: Cory Littleton, Rams; Jamie Collins, Patriots; Luke Kuechly, Panthers.

Cornerback: Stephon Gilmore, New England Patriots. Kein Zweifel an dieser Stelle, auch wenn er in Woche 17 gegen DeVante Parker sein schlechtestes Spiel hatte: Gilmore ist für mich nicht nur der beste Cornerback dieser Saison, er hätte auch meine Stimme bei der Wahl zum Defensive Player of the Year. Er verfolgte Woche für Woche Nummer-1-Receiver über das Feld, ging dafür sogar auch in den Slot - etwas, das viele Nummer-1-Cornerbacks selten bis gar nicht machen.

Gilmore verfolgte diese Receiver nicht nur, er schaltete sie regelmäßig einfach komplett aus. Er hatte gleich mehrere individuelle Shutouts dieses Jahr, zwischenzeitlich ließ er über mehrere Wochen in Folge keinen einzigen Catch zu. Gilmore war der dominanteste Spieler auf seiner Position und einer der dominantesten Verteidiger - und er war einer der zentralen Schlüssel zur Patriots-Defense.

Das führt auch in eine übergreifende Debatte, die in der Offseason begonnen hatte: Ist der Pass-Rush wichtiger? Oder die Coverage? Die Patriots, genau wie die Ravens, setzen auf die Coverage und bauen darauf ihre Defense auf: Sich darauf verlassend, dass die Coverage mit möglichst geringer zusätzlicher Hilfe funktioniert, bekommen die Pats mehr Freiheiten in der Art und Weise, wie sie in der Front spielen und wie aggressiv sie im Blitzing sind. Gilmore ermöglicht Belichick viele dieser Dinge. Er ist die klare Nummer 1 dieses Jahr.

Safety: Justin Simmons, Denver Broncos. Vielleicht der Spieler, der insgesamt am meisten unter dem Radar fliegt - in diesem All-Pro-Team, aber auch auf die gesamte NFL-Saison betrachtet. Einer der besten Cover-Safeties dieser Saison, hat aber auch kaum Tacklings verfehlt und war ein konstant guter Run-Verteidiger.

Simmons wurde als Slot-Corner, Strong Safety und, primär, Free Safety eingesetzt - und wurde diesen Erwartungen seiner Coaches gerecht. Nachdem Simmons in seinen ersten beiden Jahren als Starter noch in Coverage wackelte, scheint er 2019 den Schritt zu einem Elite-Safety hingelegt zu haben.

Simmons' Vertrag läuft nach dieser Saison aus, der 26-Jährige sollte sich dieses Jahr jede Menge Geld für seinen nächsten Kontrakt gesichert haben.

Safety: Minkah Fitzpatrick, Pittsburgh Steelers. Der Wechsel von Miami nach Pittsburgh brachte Fitzpatrick nicht nur in eine deutlich talentiertere Defense - er selbst hatte auch enormen Anteil daran, dass sich Pittsburghs Defense im Laufe der Saison auf nochmals neue Level entwickelte.

Fitzpatrick wurde in Pittsburgh deutlich klarer als strikter Free Safety eingesetzt, nachdem die Dolphins ihn bevorzugt als Alzweckwaffe überall aufgestellt hatten. Das machte den 23-Jährigen merklich effizienter, insbesondere in Coverage wurde er eine echte defensive Waffe für die Steelers und war gleichzeitig aber auch einer der besten Run-Stopper auf seiner Position.

Insbesondere Mathieu und Harris - Adams habe ich auf den Defensive-Back-Spot gesetzt - hätten hier für mich aber ähnlich gute Argumente, das sei noch erwähnt.

Knapp dahinter: Jamal Adams, Jets; Tyrann Mathieu, Chiefs; Anthony Harris, Vikings; Devin McCourty, Patriots.

Cornerback: Tre'Davious White, Buffalo Bills. Kein Cornerback mit über 400 Coverage-Snaps hat dieses Jahr laut PFF keinen einzigen Touchdown in seine Coverage zugelassen - abgesehen von Tre'Davious White. Der führt in dieser Kategorie die Liga mit herausragenden 599 Coverage-Snaps ohne erlaubten Touchdown an.

Auch hat kein Cornerback dieses Jahr mehr Picks gesammelt als White (6). Nachdem er zu Beginn der Saison noch primär schlicht "seine" linke Seite in Buffalos Zone Coverage bekleidete, wurde er im Laufe des Jahres zunehmend mehr als Matchup-Corner eingesetzt und verfolgte einen gegnerischen Top-Receiver über das Feld.

Die Bills-Defense lebte primär von einer der drei, vier besten Secondaries der Liga. Daran hatten gerade die beiden Safeties einen großen Anteil - ohne White aber hätte das Gesamtkonstrukt nicht auf diese Art und Weise funktioniert. Es gab dieses Jahr wenige wirklich dominante Cornerbacks; auf die ganze Saison betrachtet waren das für mich lediglich White und Gilmore.

Knapp dahinter: Marcus Peters, Ravens; Richard Sherman, 49ers; Quinton Dunbar, Redskins.

Defensive Back: Jamal Adams, S, New York Jets. Richard Sherman wäre hier meine erste Alternative und ist der Spieler, über den ich als Alternative zu Adams am meisten nachgedacht habe. Sherman war ohne Zweifel ein Top-5-Cornerback dieses Jahr und einer der zentralen Gründe dafür, dass die Niners-Defense diesen gewaltigen Sprung hinlegen konnte.

Adams auf der anderen Seite war mit seiner Vielseitigkeit schlicht herausragend. Brandgefährlich als Pass-Rusher - wo er, und das längst nicht nur als Blitzer, auffällig häufig eingesetzt wurde, aber auch ein unheimlich sicherer Tackler, verlässlich gegen den Run und hat auch in Coverage vergleichsweise kaum etwas zugelassen; umso mehr, wenn man bedenkt, dass seine Coverage-Snaps primär als Slot-Corner (und vereinzelt auch als Outside Corner) kamen, und eben nicht als freier, tiefer Safety.

Adams, da besteht für mich kein Zweifel, ist der Spieler, um den die Jets ihre Defense aufbauen können und müssen. Dafür braucht der 24-Jährige allerdings deutlich mehr Hilfe um sich herum.

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NFL Playoff Wildcard Previews: Darauf kommt es an

Wildcard Matchups AFC:

No. 4 Houston Texans vs. No. 5 Buffalo Bills (Sa., 22.35 Uhr live auf DAZN)

Schlüsselmatchup: Bills-Secondary vs. Texans-Receiver.

Zwei kritische Fragezeichen bei den Texans: Wie fit ist Deshaun Watson? Kann Will Fuller spielen? Watson ist natürlich der wichtigste Spieler dieser Offense, während diese Saison eindrucksvoll gezeigt hat, dass es schlicht eine andere Texans-Offense ist, wenn Fuller auf dem Feld steht; nur dann nämlich sieht man die vertikale Big-Play-Texans-Offense wirklich. In dem Szenario treffen dann die beiden größten Stärken beider Teams direkt aufeinander: Buffalo hat eine Top-3-Secondary mit einem starken Safety-Duo und einem der besten Cornerbacks dieser Saison in Tre'Davious White - es ist ein maßgeblicher Faktor für den Erfolg dieses Teams, und es wäre der Schlüssel zu diesem Spiel: Buffalos Defense muss die Texans-Offense zumindest halbwegs in den Griff bekommen, um der eigenen Offense eine Chance zu geben. Denn in Shootouts mitzuhalten ist nicht gerade die Stärke dieser Bills-Offense, die zwar über Kurzpassspiel und Run Game lange Drives hinlegen kann, Big Plays aber nicht gerade zu ihren Stärken zählt.

No. 3 New England Patriots vs. No. 6 Tennessee Titans (So., 2.15 Uhr live auf DAZN)

Schlüsselmatchup: Belichick vs. Ryan Tannehill.

Die Niederlage gegen Miami hat nochmals unterstrichen: Man kann New Englands Offense nicht trauen. Nach einem absolut positiven Lebenszeichen gegen Buffalo in der Woche davor konnten die Pats den Ball gegen die Dolphins zwar erwartungsgemäß laufen - das Passspiel war aber doch wieder extrem holprig. Neu war die Erkenntnis, dass die eigene Pass-Defense in einem solchen Matchup Probleme bekommt und selbst Stephon Gilmore mehrere Duelle mit DeVante Parker verlor; das darf gegen Tennessee nicht passieren. Die Titans haben eine physische und gleichzeitig explosive Offense, können über Derrick Henry im Run Game und über Ryan Tannehill durch die Luft jederzeit punkten. Gleichzeitig aber hat Tannehill, bei all dem berechtigten Lob für seine Saison, auch konstant die Tendenz gezeigt, deutlich zu viele Sacks zu kassieren. New England muss es schaffen, durch individuelle Qualität aber auch durch Scheme, dass Tannehill den Ball (zu) lange hält. Dann kann die Patriots-Defense Tennessee Sand ins Getriebe kippen und die Partie zu dem Low-Scoring-Game machen, das die Patriots angesichts ihrer eigenen Offense benötigen.

Wildcard Matchups NFC:

No. 3 New Orleans Saints vs. No. 6 Minnesota Vikings (So., 19.05 Uhr live auf DAZN)

Schlüsselmatchup: Vikings-Secondary vs. Brees und Michael Thomas.

Eine der zentralen Storylines rund um diese Vikings-Saison - neben der häufig überschaubar differenzierten Berichterstattung über Kirk Cousins - waren die Probleme in der Secondary; konkreter: auf Outside Cornerback. Minnesota begann hier im Laufe der Saison auch mehr zu rotieren; es war die Quittung für zu viele schlechte Auftritte von Trae Waynes und allen voran Xavier Rhodes. Mackensie Alexander im Slot war dabei noch häufiger der stabilste Part im Cornerback-Corps. Die Safeties sind exzellent, zusätzlich hat Minnesota in Eric Kendricks - sollte der wieder bei 100 Prozent sein - einen sehr guten Cover-Linebacker. Doch die Saints-Offense ist unheimlich flexibel und kann im Passspiel mit Cook, Kamara und natürlich allen voran Michael Thomas jeden Bereich der Defense angreifen. Drew Brees wirkt deutlich gefährlicher als in der zweiten Saisonhälfte letztes Jahr und die Vikings werden Wege finden müssen, um das Passspiel der Saints zu stoppen - der fraglos starke Pass-Rush alleine wird gegen die exzellente Saints-Line in Kombination mit dem schnellen Release von Brees nicht reichen.

No. 4 Philadelphia Eagles vs. No. 5 Seattle Seahawks (So., 22.40 Uhr live auf DAZN)

Schlüsselmatchup: Eagles-Front vs. Seattles Offense.

Hier könnte auch "Seahawks-Receiver gegen die Eagles-Secondary" oder "Seattle gegen sich selbst" stehen - es ist nicht gerade ein Hot Take, zu sagen, dass Seattle auch auswärts hier der Favorit ist; vorausgesetzt, die Seahawks spielen ihre Stärken auch aus. Zu häufig gab es dieses Jahr die Situation, dass die Seahawks erst dann ihre Offense entfesselten, als sie durch einen (nicht selten vermeidbaren) Rückstand dazu gezwungen wurden. Gleichzeitig haben wir es auch mehrfach gesehen, dass die Offense einbrechen kann, falls die Offensive Line dominiert wird; und das in verschiedener Hinsicht: Seattle kann dann sein gewünschtes Run Game nicht aufziehen, doch stockt auch die Passing Offense - unter anderem, weil Schottenheimer zu häufig falsche Antworten auf Situationen, in denen seine O-Line verliert, wählt. Somit wäre es enorm wichtig, Left Tackle Duane Brown zurück zu erhalten. Dessen verletzungsbedingte Abwesenheit hat man zuletzt deutlich gespürt. Es ist gleichzeitig der zentrale Ansatz für die Eagles: Philly hat mit all seinen Verletzungen nicht die offensive Feuerkraft, um in einem Shootout zu bestehen und hat nicht die Secondary, um ein ins Rollen kommendes Seahawks-Passspiel zu verteidigen. Der Schlüssel um beides zu verhindern ist die Defensive Line: Fletcher Cox, Brandon Graham, Tim Jernigan und Co. müssen die Line of Scrimmage dominieren, um das Spiel eng und Seattle möglichst konservativ zu halten. Gelingt Philly das, haben sie eine Chance. Dann könnten die Eagles mit ihrem Kurzpassspiel die Underneath-Coverage der Seahawks ausgiebig testen.