Fünf Rookie-Quarterbacks dürfen sich berechtigte Hoffnung auf Snaps in der kommenden Saison machen - doch wie stehen ihre Chancen? Und wie passen sie in die Schemes ihrer neuen Teams? In seiner wöchentlichen Kolumne nimmt SPOX-Redakteur Adrian Franke die fünf Erstrunden-Quarterbacks des vergangenen Drafts unter die Lupe. Außerdem: Für wen öffnet sich das Titelfenster, für wen geht es zu? Wer ist der Favorit auf den Titel des Comeback-Players des Jahres? Und welche Offense wird 2018 besonders viel Spaß machen?
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Welcher Rookie-Quarterback spielt als erstes?
Fünf Quarterbacks wurden in der ersten Runde des Drafts ausgewählt - und die Geschichte verrät uns, dass hoch gepickte Quarterbacks in den allermeisten Fällen früher zum Einsatz kommen, als das irgendwann mal der Plan war. Ganz konkret bedeutet das häufig: Ein Erstrunden-Quarterback kommt in seiner Rookie-Saison früher oder später meist zum Einsatz.
Das macht den Blick auf die diesjährige Draft-Klasse mit fünf Erstrunden-Quarterbacks umso spannender. Denn bei mindestens vier der fünf Rookie-QBs könnten die Teams gute Argumente finden, um sie länger auf der Bank zu lassen - so sie das denn wirklich wollen.
Tatsächlich lohnt sich der Blick aber aus einer anderen Richtung: Wie ist die Situation für jeden der Erstrunden-Quarterbacks in diesem Jahr - und wie sieht der Scheme-Fit aus? Welche schematischen Situationen erwarten die Youngster, und wie schnell kommen sie letztlich wirklich zum Einsatz?
1. Baker Mayfield, Cleveland Browns (1 Overall)
Die Quarterback-Situation: Mit dem Trade für Tyrod Taylor haben sich die Browns auf der wichtigsten Position eine Ausgangslage geschaffen, wie man sie in Cleveland seit einer Weile nicht mehr gesehen hatte - Stabilität erhält Einzug. Dementsprechend deutlich war Coach Hue Jackson auch jüngst in seiner Ansage: "Ich werde meine Meinung da nicht ändern. Tyrod Taylor ist der Starting-Quarterback dieses Football-Teams. Das wird sich nicht ändern."
In dem Wissen, dass man den eigenen Wunsch-Quarterback mit dem ersten Pick bekommen wird, haben sich die Browns schon mehrere Wochen davor Taylor als Sicherheitsnetz geholt. Ein Game Manager par Excellence, der gerade im Vergleich zu DeShone Kizer insbesondere dadurch auffallen wird, dass er sich kaum Turnover leistet.
Und nicht nur das: Die Browns haben sich außerdem noch Cardinals-Free-Agent Drew Stanton geholt, in vielerlei Hinsicht ein idealer Backup. Wenn Cleveland Mayfield ein Jahr Zeit geben will, ist die Quarterback-Situation ideal dafür - umso mehr, da Taylors Vertrag nach der kommenden Saison ausläuft. Ein natürlicher Übergang wäre somit also gegeben.
Das Scheme: Genau wie Hue Jackson will auch Clevelands neuer Offensive Coordinator Todd Haley ein vertikales Passspiel mit einer Tendenz zu Isolation-Routes vor allem Downfield aufziehen. Nicht umsonst rangierte Ben Roethlisberger unter Haley 2017 auf Rang 8 aller Quarterbacks in puncto Average Intended Air Yards (mindestens 200 Pässe): Im Schnitt 9,5 Yards weit wollte Big Ben den Ball werfen. Auf Rang sieben? Clevelands DeShone Kizer (9,6).
Unter Haley wird eine Mischung aus einigen schnellen Pässen und Screens mit dem aggressiven vertikalen Passspiel Einzug erhalten, es wird Haleys Offense mit seinen Plays und seiner Terminologie sein. "Wir werden viele neue Konzepte und Elemente installieren", stellte Jackson selbst klar. Haley wird gleichzeitig nicht müde zu betonen, dass er "kein System-Coach" ist: "Ich glaube daran, die Stärken deiner Spieler bestmöglich zur Geltung zu bringen. Man muss ihnen die beste Chance auf Erfolg geben."
Das passt zu einem Zitat Haleys vor der vergangenen Saison: "Wir werden in die Spiele mit einem attackierenden Game Plan gehen. Das kann man ein Fokus aufs Run Game sein, mal ein Fokus aufs Passing Game. Wir haben ein eher kleineres Playbook. Manche Coaches arbeiten mit unzähligen Plays, wir versuchen, die Dinge, die unseren Jungs wirklich liegen, stark einzusetzen."
Für Mayfield würde das unter anderem konkret mehr Spread-Elemente bedeuten, auf der anderen Seite passen auch einige von Haleys Konzepten zu Mayfields stärken: Sein herausragendes Pocket-Movement wird den Isolation-Routes die notwendige Zeit verschaffen, Screens sowie Pässe zu Tight Ends und Running Backs vor allem aus Play Action heraus über die Mitte waren eine Spezialität Mayfields im College.
Spannend wird es sein, zu sehen, was das im Run Game bedeutet. Haley und Pittsburghs O-Line-Coach Mike Munchak mischten hier durch, neben vielen Zone-Elementen arbeitete Haley auch gerne mit kreativen Pull-Blocks - alles mit dem Ziel, Le'Veon Bell Zeit zu geben. So nutzte er auch Tight Ends sowie teilweise Fullbacks als Blocker. Insbesondere Inside Zone Runs wurden hier sehr häufig genutzt und angesichts der Qualität in der Interior-O-Line der Browns könnte Haley diese Elemente nach Cleveland mitbringen.
Die Prognose: Taylor ist die ideale Lösung für 2018 und die Browns werden mehr Geduld an den Tag legen. Mit Jarvis Landry, Corey Coleman und Josh Gordon steht ein äußerst spannendes Wide-Receiver-Trio zur Verfügung, auch die Tiefe dahinter sowie das Tight-End-Corps sind vielversprechend. Die Browns haben die Waffen, um mit Taylor erfolgreich zu sein und dennoch ist es schwer vorstellbar, dass Mayfield nicht zumindest im letzten Saisondrittel zum Einsatz kommt, schon mit Blick auf 2019, wenn er dann der klare Starter sein sollte. Tipp: Mayfield startet mindestens 4 Spiele.
2. Sam Darnold, New York Jets (3 Overall)
Die Quarterback-Situation: Ähnlich wie die Browns bei Mayfield haben auch die Jets alle Möglichkeiten, Darnold für ein Jahr draußen zu lassen. Josh McCown wurde für ein Jahr zurück geholt, nachdem er in der vergangenen Saison eine seiner besten NFL-Spielzeiten abliefern konnte. McCown gibt New York Stabilität, Ruhe und Erfahrung und wird dabei helfen, eine ansonsten vergleichsweise junge und abermals veränderte Offense zusammen zu halten.
Sollte sich McCown verletzen, verfügen die Jets gewissermaßen über die Premium-Backup-Option: Teddy Bridgewater wurde zusätzlich als Free Agent geholt, und davon ausgehend, dass sein Knie inzwischen wieder spieltauglich ist - immerhin konnte er in Minnesota eine Weile lang mittrainieren und kam sogar zu einem Kurzeinsatz - wäre er der wohl interessanteste Backup-QB der kommenden Saison. Möglicherweise macht ihn das auch zu einem Trade-Kandidaten zur Deadline.
Das Scheme: Da der neue Jets-Offensive-Coordinator Jeremy Bates seit 2011 keinen Offensive-Coordinator-Posten mehr hatte und von 2013 bis 2016 eine Auszeit von der NFL generell nahm, ist die Prognose hier nicht ganz einfach. Sinnvoller ist es, auf seine Lehrmeister über diese Zeit zu schauen: Da wären ganz vorne Jon Gruden und Mike Shanahan, was eine Mischung aus West Coast Offense und Zone-Blocking im Run Game nahe legt.
Diese Idee gilt gemeinhin als Bates' Idealvorstellung. Bates, der in Chicago bereits mit McCown zusammengearbeitet hat und im Vorjahr als QB-Coach der Jets natürlich ebenfalls, würde somit auf ein Timing-Passspiel mit schnellen Pässen sowie einen Running Back mit Geduld und Vision setzen. Ersteres könnte sehr gut zu Darnold passen: Im College war Darnold phasenweise einer der akkuratesten Passer, allein die Konstanz fehlt noch merklich. Er ist weit, was seine Reads angeht, und findet Schwachstellen in der Defense.
Die West Coast Offense, in der er schnelle Entscheidungen treffen muss, wird ihn fordern und seine Gunslinger-Plays reduzieren. Ultimativ könnte es aber genau sein Scheme sein und Bates' Ruf als Quarterback-Coach ist innerhalb der NFL deutlich höher anzusiedeln als sein aktuelles Standing als Coordinator. Insofern könnte die Entwicklung für Darnold unter Bates und hinter McCown Gold wert sein.
Die Prognose: Die Baustellen in der Offensive Line, die offensichtlichen Probleme noch bei Darnold vor allem was die Turnover angeht, Fragezeichen im Tight-End-Corps - und eine ideale Quarterback-Situation vor dem Rookie: Die Jets, auch wenn schon jetzt über einen Wettkampf im Training Camp gesprochen wird, lassen Darnold bis ganz spät in der Saison draußen. Tipp: Darnold startet mindestens 2 Spiele.
3. Josh Allen, Buffalo Bills (7 Overall)
Die Quarterback-Situation: Keine Quarterback-Situation ist offener: A.J. McCarron muss erst zeigen, dass er mehr als ein NFL-Backup ist - aktuell wäre er der Starter in Buffalo. Nathan Peterman dahinter ist nicht so schlecht wie sein bitteres Intermezzo in der Vorsaison vermuten lässt; ein NFL-Starter ist auch er aktuell allerdings nicht.
Das Scheme: Neuer Quarterback, neuer Coordinator und neues Scheme in Buffalo. Rick Dennisons West Coast Offense hat ausgedient, Ex-Patriots- und Alabama-Coach Brian Daboll soll es jetzt bei den Bills richten. "Es" heißt in dem Fall ganz konkret: In Buffalo wird ab 2018 eine Version der Erhardt-Perkins Offense - die Basis der Patriots-Offense seit vielen Jahren - gespielt.
Das bedeutet unter anderem: Statt exzessiven Play-Calls werden Spielzüge in Konzepte aufgeteilt, neben dem Protection-Call werden also Route-Kombinationen zusammengefasst. Etwa drei bestimmte Laufwege auf der einen Seite der Line können "Ghost" (eine Vertikale sowie zwei horizontale Routes) heißen, Laufwege auf der anderen Seite "Tosser" (zwei Slant-ähnliche Routes) - und so ist der Name der Routes schlicht "73 Ghost Tosser".
Der Clou dabei: diese Route-Konzepte können aus verschiedensten Formationen, ob personell oder was die Formation angeht, ausgeführt werden und so erhält die Offense aus Sicht der Defense eine gehörige Portion Komplexität - während der Quarterback strikt in Routes denken kann, egal, wer auf dem Feld steht. Auch Option Routes und Full-Field-Reads sind in der Erhardt-Perkins Offense unvermeidlich.
Im College bei Alabama ließ Daboll zudem mehr Shotgun- und Pistol-Formationen spielen und nutzte auch die Athletik seiner Quarterbacks. Das könnte Josh Allen, der im College durchaus häufig als Runner eingesetzt wurde, entgegenkommen. Was das Passspiel angeht, wird Allen mit Blick auf Accuracy, Timing und Antizipation so oder so Zeit brauchen. Die Erhardt-Perkins Offense, so attraktiv sie mit der Zeit für den Quarterback wird, verlangt auch mental viel und bis ein Rookie dieses Scheme beherrscht, wird es in jedem Fall eine Weile dauern.
Die Prognose: Die (mangelnde) Konkurrenz in Buffalo wird dafür sorgen, dass die Rufe nach Allen sehr schnell sehr laut werden. Die Bills wären gut beraten, angesichts der anderen Baustellen in der Offense - die Offensive Line ist ein riesiges Problem, das Receiving-Corps wird von Fragezeichen dominiert - dennoch Geduld walten zu lassen. Doch winkt mit Spielen in der ersten Saisonhälfte in Minnesota, Green Bay und Houston sowie gegen die Chargers und Patriots daheim ein Horror-Start in die Saison. Tipp: Allen startet mindestens 8 Spiele.
4. Josh Rosen, Arizona Cardinals (10 Overall)
Die Quarterback-Situation: Klare Hierarchie in der Wüste. Sam Bradford ist der Starter - so lange er fit ist. Mike Glennon ist der Backup - selbst wenn Bradford ausfällt. Mit dieser Reihenfolge jedenfalls geht es in den Sommer: Rosen ist intern wohl die Nummer zwei und wird seine Aktien über den Sommer weiter steigen lassen können.
Bradford aber gibt den Cardinals für 2018 zunächst die beste Chance auf Siege und geht dementsprechend als Starter in die Saison. Genau wie bei den Browns wäre auch hier der "natürliche" Übergang gegeben, Bradfords Vertrag ist essenziell ein Einjahres-Deal mit Team-Option auf ein zweites Jahr.
Das Scheme: Der Fingerabdruck des neuen Head Coachs Steve Wilks auf dieser Offense wird eine Betonung des Run Games sein - ansonsten ist es Mike McCoys Baustelle. Und hier wird es spannend: McCoy ist grundsätzlich ein aggressiver Play-Caller, der explosive Plays will, schematisch aber auch eine gewisse Flexibilität mitbringt und konstant gezeigt hat, dass er sich an die Qualitäten seiner Spieler anpassen kann.
McCoy hat als Spieler und Coach jahrelange Erfahrung in der West Coast Offense, der Air Coryell (zentrale Elemente: vertikales Passspiel, viel Pre-Snap-Motion, Power Run Game, Pässe zum Running Back) und auch der Erhardt-Perkins Offense: McCoy arbeitete 2009 in Denver unter dem durch die Patriots geprägten Josh McDaniels. Für Tim Tebow baute er Zone-Reads ein, Philip Rivers gab er einerseits Freiheiten via Pre-Snap-Motion, andererseits auch mehr Sicherheit durch definiertere Reads.
Ein Markenzeichen seines Schemes ist dabei übergeordnet dessen Komplexität und der schiere Umfang - ein Umstand, der für seine Entlassung in Denver in der vergangenen Saison mitverantwortlich war. Für Josh Rosen sollte das kein Problem sein, im Gegenteil: Die allgemeine Einschätzung zu Rosen lautet, dass er herausgefordert werden und von seinem Coach weitergebracht werden muss. Das Scheme von McCoy - der zudem viel Erfahrung als Quarterback-Coach mitbringt - sollte das leisten können.
Die Prognose: Rosen ist von allen Quarterbacks dieser Draft-Klasse der Kandidat, der am ehesten in der NFL spielen kann. Das sollte über den Sommer bereits für ein interessantes Duell sorgen. Verletzt sich Bradford irgendwann im Laufe der Saison, wird Rosen - nicht Glennon - übernehmen, und es ist nicht sonderlich wahrscheinlich, dass die Coaches dann wieder zurück tauschen. Tipp: Rosen startet mindestens 8 Spiele.
5. Lamar Jackson, Baltimore Ravens (32 Overall)
Die Quarterback-Situation: Ähnlich wie bei den Cardinals - auch die Ravens haben zunächst einmal einen klaren Starter. Joe Flacco wird als Starter in die Saison gehen, alles andere ist mehr als nur schwer vorstellbar. Der hat sich zwar immerhin im Laufe der vergangenen Saison gesteigert und wird von der verbesserten individuellen Qualität in der Offense insgesamt profitieren - doch seine Zeit in Baltimore geht ihrem Ende entgegen.
Zunächst aber wird kein Ravens-Coach die Quarterback-Frage in einem Meeting aufbringen. Sollte sich Flacco allerdings verletzen, wäre es eine spannende Situation. Robert Griffin III ist aktuell noch erster Backup und stilistisch auch eine gute Wahl hinter Lamar Jackson. Doch angesichts von Griffins NFL-Auftritten in den vergangenen Jahren könnte man in diesem Szenario durchaus die Frage stellen, ob es nicht sinnvoller wäre, Jackson direkt reinzuwerfen.
Das Scheme: Ich hatte die neue (alte?) Ravens-Offense bereits in der letzten Kolumne thematisiert, unter anderem mit Fokus auf die Coaches. Greg Roman (Offensive Coordinator während Colin Kaepernicks Hochzeiten in San Francisco) und Marty Mornhinweg sowie James Urban (Offensive Coordinator respektive QB-Coach in Philadelphia mit Michael Vick) bringen ein gehöriges Maß an Erfahrung mit, Lamar Jackson hätte sich, was eine sinnvolle Nutzung seiner Athletik und Mobilität angeht, kein besseres Team wünschen können.
Und diesen Punkt darf man dabei nicht vergessen: Jackson war im College kein wilder Scrambler, der direkt den Run gesucht hat. Laut Pro Football Focus kamen 73 Prozent seiner Rushing-Yards bei geplanten Runs zustande, nur 27 Prozent waren Scrambles. Jackson arbeitete im College mit Full-Field-Reads und komplexen Route-Kombinationen, hatte Verantwortungen an der Line of Scrimmage, teilweise inklusive Protection-Calls.
Als Passer geht es bei ihm vor allem um die Beinarbeit, deren Korrektur auch seine Accuracy deutlich konstanter machen sollte. Gelingt das, wird es spannend sein zu sehen, wie lange die Ravens an Flacco festhalten. Die Ravens haben in dieser Offseason unter anderem einen Fokus darauf gelegt, insgesamt wieder vielseitiger zu sein. Das erklärt die beiden hohen Draft-Pick-Investments in Tight Ends sowie die Tatsache, dass Baltimore weiterhin einen Fullback im Team hat.
Die Ravens waren in der vergangenen Saison im Run Game viel zu ineffizient und im Passspiel zu ausrechenbar, die Neuzugänge sollten ihnen schon rein personell mehr Möglichkeiten geben und gleichzeitig aus gleichen Formationen - etwa 12-Personnel (ein Running Back, zwei Tight Ends) - verschiedene Play-Calls effizient ermöglichen.
Mornhinweg legt einen klaren Fokus auf das Passspiel, der Spitzname "Air Marty" ist kein Zufall, ohne dabei aber das Run Game zu ignorieren. Im Gegenteil, in Mornhinwegs Zone-Blocking-Scheme hatten die Eagles einst herausragende Run Games mit Brian Westbrook und anschließend mit LeSean McCoy, während die Ravens in der Vorsaison die siebtmeisten Runs pro Spiel (28,8) verzeichneten.
Das Passspiel legt einen großen Fokus auf Timing und Rhythmus, die Routes sind exakt mit dem Dropback des Quarterbacks abgestimmt und Check-Downs oder andere sichere Pass-Optionen sind zumeist eingebaut. Gleichzeitig ist das Downfield-Passspiel ebenfalls ein elementarer Bestandteil von Mornhinwegs Idealvorstellung einer Offense.
Diese Dinge sollten einem Rookie-Quarterback helfen. Das gilt umso mehr, falls Mornhinweg - der neben Vick unter anderem auch mit Steve Young und Donovan McNabb gearbeitet hat, die beide ihrerseits mobile Quarterbacks waren - das Run Game um Jackson herum als Rückgrat der Offense aufbauen kann.
Die Prognose: Baltimores Offense sah im Vorjahr über weite Strecken desolat aus. Das lag definitiv nicht ausschließlich, aber auch an Joe Flacco. Der wird in der kommenden Saison stabiler daherkommen, auch weil die Line genau wie sein Wide-Receiver- und Tight-End-Corps besser sein werden. Trotzdem scheint Flacco individuell betrachtet nach oben noch deutlicher als in vergangenen Jahren klare Limitierungen zu haben. Daher gibt's im Laufe des Saison-Endspurts den Quarterback-Tausch, um Jackson Praxis zu geben - vorausgesetzt, die Playoffs sind außer Reichweite. Tipp: Jackson startet mindestens 3 Spiele.
Verbesserte Teams, Comeback-Player, Titelfenster - eure Fragen
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Sebastian von Horn: Welches Team wird sich durch die Veränderungen in der Offseason am meisten verbessern?
Chicago hat in der Free Agency und im Draft seiner Offense ein komplett neues Gesicht gegeben (dazu bei einer späteren Frage noch mehr) und defensiv den besten Linebacker dieser Draft-Klasse abgestaubt. Die Giants mit neuer Offensive Line und Saquon Barkley werden sich kurzfristig ebenfalls deutlich verbessert im Vergleich zu 2017 präsentieren. Bei den Broncos wurde die Quarterback-Frage womöglich endlich beantwortet, zusätzlich hatten die Broncos einen der besten Drafts überhaupt und können ein eindrucksvolles Edge-Quartett aufbieten.
Natürlich muss man hier auch die Rams nennen, deren ultra-aggressive Offseason in der spannendsten Defense 2018 resultierte. Los Angeles hat sich damit das Titelfenster weit aufgestoßen, so lange Jared Goff und Todd Gurley noch mit günstigen Rookie-Verträgen ausgestattet sind.
Last but not least: Tampa Bay. Die schematisch so wichtige 4-Men-Front der Bucs war in der vergangenen Saison ein derart riesiges Problem, dass Tampa hier Ressourcen rein stecken musste. Das geschah, Jason Pierre-Paul, Vita Vea, Vinny Curry und Beau Allen könnten hier für einen ganz schnellen Turnaround sorgen, und endlich Druck von den Schultern von Gerald McCoy sowie den Linebackern Kwon Alexander und Lavonte David nehmen.
SousaWillis und Möchtegernpunk: Stichwort "Titelfenster": Fernab der bereits (offensichtlich?) geöffneten Fenster - wo gehen zur neuen Saison die Fenster auf, wo sind sie nun voraussichtlich zu? Welcher Franchise traust du nächstes Jahr den beeindruckendsten Turnaround zu - sowohl positiv, als auch negativ?
Immer interessante Fragen, gerade weil wir die eindrucksvollen und unerwarteten Turnarounds in der NFL jedes Jahr sehen - Draft und Free Agency machen es möglich. Ich versuche, es der Reihe nach aufzudröseln.
- Titelfenster geöffnet: Patriots, Saints, Vikings, Eagles, Packers, Falcons, Steelers
- Titelfenster geht auf: Texans, Chargers, Rams
- Titelfenster geht zu: Seahawks, Chiefs
Zwei noch nicht erwähnte Wildcards sind die Jaguars, bei denen ich wegen Blake Bortles nach wie vor größere Zweifel habe, und die Broncos. Denver kann aufgrund seiner Defense und einer starken Skill-Position-Gruppe wieder in die "Titelfenster geht auf"-Kategorie fallen - je nachdem, wie man zu Case Keenum steht.
Ansonsten: Seattle befindet sich im Umbruch. Kein langjähriger, totaler Umbruch, ich denke, wir werden die Seahawks schon bald wieder in den Playoffs sehen. Das Titelfenster ist vorübergehend aber geschlossen. Die Chiefs sehe ich einerseits in dieser Kategorie, weil der Übergang von Smith zu Mahomes Zeit brauchen und mit Fehlern des Quarterbacks einhergehen wird - vor allem aber, weil die Defense sich erst einmal neu sortieren und mitunter neu aufstellen muss.
Die Texans könnten am Anfang ihres Titelfensters stehen - vorausgesetzt, Watson, Watt und Co. bleiben fit. Die Chargers gehörten teilweise letztes Jahr schon in die AFC-Spitze, Derwin James sowie Forrest Lamp geben diesem Team nochmal ein anderes Gesicht. Die Rams haben letztes Jahr einen ordentlichen Sprung nach vorne gemacht, die aggressive Offseason öffnet das Titelfenster auch für das andere L.A.-Team.
Was den zweiten Teil der Frage angeht, muss man die Browns ganz oben nennen. Kein Sieg 2017, insbesondere mit Tyrod Taylor eine enorme Steigerung: Cleveland ist für mich ein Kandidat für sieben Siege. Einen derartigen Satz nach vorne traue ich keinem anderen Team zu, Chicago mit seiner komplett runderneuerten Offense sowie Kontinuität und jeder Menge Qualität in der Defense allerdings sollte man ebenfalls weit vorne auf der Rechnung haben.
Umgekehrt würde es mich nicht wundern, wenn die bereits genannten Chiefs, aber womöglich auch die Jaguars Rückschritte machen.
Nico Bellic: Wer wird deiner Meinung nach das "Comeback der Saison" abliefern? Also welcher abgeschriebene oder verletzte Spieler wird 2018 abliefern?
Wenn man sich mal anschaut, wer hierfür in Frage kommen könnte, ist das schon eine spektakuläre Liste: J.J. Watt, David Johnson, Odell Beckham, Eric Berry, Dalvin Cook, Ryan Tannehill, Allen Robinson - für all diese Kandidaten könnte man ohne Probleme argumentieren. Deshaun Watson und Aaron Rodgers könnte man ebenfalls nennen, je nachdem, wie man den Comeback-Player genau definiert.
Ich gehe aber in eine andere Richtung. Mein Tipp: Andrew Luck. Luck hat aus dem vergangenen Herbst gelernt, dass es keinen Sinn macht, ein Comeback zu erzwingen, nur um ein paar Wochen eher zurück zu sein. Team und Spieler gehen mit dieser Situation jetzt richtig um, und ich tippe tatsächlich darauf, dass wir Luck in diesem Jahr wirklich in Week 1 sehen.
Mit neuer Offensive Line und dem Scheme von Frank Reich - welches deutlich Quarterback-freundlicher sein sollte, als alles was Luck bisher in der NFL hatte - sowie natürlich seiner eigenen Vorgeschichte muss Luck der Top-Kandidat auf den Comeback-Spieler sein.
Florian Fo: Welche Offense wird in dieser Saison am meisten Spaß machen?
Am meisten gespannt bin ich auf die Offense der Bears, wo ich unter den neuen Coaches Matt Nagy und Mark Helfrich eine Mischung aus West Coast Offense, Run-Pass-Options, Zone-Reads, vielen Misdirection-Elementen und jeder Menge Tempo erwarte. Das sollte nicht nur toll anzuschauen sein, ich gehe davon aus, dass wir Mitchell Trubisky von Woche zu Woche dabei zuschauen können, wie er sich verbessert. Die Bears hatten in der Vorsaison gemeinsam mit Baltimore die wenigsten Passing-Plays über mindestens 20 Yards (34), hier erwarte ich eine krasse Trendwende.
Darüber hinaus würde ich neben Teams, die wie New England, New Orleans oder Philly stark bleiben noch zwei Teams nennen: Die gesamte NFL ist darauf gespannt, zu sehen, wie sich Jimmy Garoppolo in seiner ersten richtigen Saison unter Kyle Shanahan in einer Offense, die auch individuell immer mehr Shanahans Idee entspricht, entwickelt. Außerdem gehe ich davon aus, dass Atlanta im zweiten Jahr unter Steve Sarkisian Fortschritte zeigt - und diese Offense mit Julio Jones, Mohamed Sanu, Calvin Ridley, Devonta Freeman, Tevin Coleman, einer überdurchschnittlichen Line und einem Top-6-Quarterback in Matt Ryan wird individuell nur schwer zu verteidigen sein.
skittles_luki: Wie siehst du die Chancen von Adrian Peterson in der Free Agency? Deine Meinung zu Moritz Böhringer als Tight End?
Peterson ist als Spieler in der heutigen NFL sehr limitiert. Er ist längst nicht mehr der Runner, der er vor fünf, sechs Jahren noch war und gleichzeitig ist er im Passspiel - sei es in Pass-Protection oder als Receiver - keine Verstärkung. Das macht seine Rolle sehr spezifisch und somit erfordert es eine ganz spezifische Situation, damit ihn ein Team unter Vertrag nimmt. Kurioserweise wären die Saints, die für vier Spiele einen Power-Back für zwölf bis 15 Runs pro Spiel brauchen, ein Kandidat dafür - und New Orleans ist ja auch nicht abgeneigt.
Was Böhringer angeht: Ich glaube, dass seine Chancen besser sind als jemals in Minnesota. Auch aufgrund des Positionswechsels. Athletische Pass-Catching-Tight-Ends sind heutzutage für viele Teams fester Bestandteil der Offense, die wirklich kompletten All-Around-Tight-Ends wie etwa Rob Gronkowski oder Travis Kelce sind einfach sehr schwer zu finden.
Mit seiner Größe und seiner Athletik erfüllt Böhringer die Voraussetzungen, um ein solcher Tight End zu werden. Darüber hinaus arbeitet er inzwischen seit einigen Monaten an seinen Blocking-Fähigkeiten. Er muss einen Wert im Special Team mitbringen, gelingt ihm das, könnte er bei den Bengals als vierter Tight End tatsächlich eine Chance haben.
Alexander Schäfer: Wie stark wird die Rams-Defense wirklich sein? Von den Namen und dem Talent her ist es sicher mit das Beste, was die NFL zur Zeit hat. Aber wenn ich mir die Charaktere anschaue, ist da schon ordentlich Konfliktpotential.
Würde ich was die Charaktere angeht nicht überschätzen. Aqib Talib ist sicher nicht der einfachste Typ, allerdings kennt Wade Phillips ihn genau und umgekehrt. Hier sollten Respekt und eine klare Hierarchie gegeben sein. Ndamukong Suh ist - so schmutzig er teilweise auf dem Platz einst war - intern alles andere als ein schwieriger Typ. Suh gilt eher als ruhiger, in sich gekehrter Mensch innerhalb eines Teams. Marcus Peters ist da am ehesten eine Wildcard.
Schematisch hatte ich die neue Rams-Defense bereits vor einigen Wochen ausführlich analysiert. Ganz simpel gesagt lässt sich festhalten, dass die Kombination aus Interior-Pressure und aggressiven, Routes mutig antizipierenden Cornerbacks ein gutes Rezept für Turnover in der heutigen, auf kurze, schnelle Pässe fokussierten NFL ist. Die Stärken von Donald und Suh kommen als 1-Gap-Verteidiger - also Defensive Linemen, die attackieren und nicht erst ein Play lesen und abwarten - voll zur Geltung.
Sportlich erwarte ich eine Defense auf hohem Niveau, auch weil Phillips ein sehr guter Coordinator ist, um all das auch zusammen zu führen. Charakterliche Fragen würde ich dabei nicht in den Fokus setzen, eher sportliche Aspekte. Der Ansatz abseits des Platzes in der generellen Vorgehensweise genau wie auf dem Feld äußerst aggressiv und dementsprechend nicht ohne Risiko. Mit Talib und Peters können die Rams die Liga in Turnovern anführen - umgekehrt könnten sie so auch überdurchschnittlich viele Big Plays zulassen.