Eine verrückte Woche 14 liegt hinter uns: Die Rams-Offense geht in Chicago baden - und insbesondere Jared Goff zeigt dabei eine alarmierende, aber nicht unbekannte Schwäche. Die Patriots und Miami liefern das spektakulärste Finish, doch steckt mehr hinter diesem Dolphins-Team. Außerdem: Die Ravens zeigen in Kansas City, dass sie in die Playoffs gehören; und wer ist eigentlich der Comeback-Player des Jahres?
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Goffs Wackler: Müssen sich die Rams Sorgen machen?
Es ist keine neue Erkenntnis, dass Jared Goff noch immer überdurchschnittliche Probleme mit Pressure hat. Teilweise, gerade in der ersten Saisonhälfte, sah das besser aus; vor allem aber musste er sich dieses Jahr hier deutlich seltener beweisen, als die meisten Quarterbacks. Goff ging in Week 14 mit einer Clean-Pocket-Quote - also Dropbacks ohne Pressure - von 70 Prozent.
Von allen Quarterbacks mit mindestens 300 Dropbacks ist das der achtbeste Wert, und das obwohl er den Ball in der Play-Action-lastigen Offense der Rams in 67,4 Prozent der Fälle 2,5 Sekunden oder länger hält. Das wiederum ist der klar höchste Wert aller Quarterbacks und die vielen Plays, bei denen Goff aus der Pocket sprinten, nur einen Teil des Feldes lesen und sich nicht innerhalb der Pocket bewegen muss, entsprechen merklich eher seinen Stärken.
Gegen Detroit in der Vorwoche gab es dann eine kräftige Erinnerung an Goffs nach wie vor größte Schwachstelle: Wenn die Lions ihn unter Druck setzen konnten, brachte Goff nur einen (!) von zehn Pässen an (kein Drop bei den neun Incompletions). Wenn die Pocket enger wird und Goff unter Bedrängnis werfen muss, dann wackelt er.
Das hat man in seiner bisherigen NFL-Karriere als ein weitestgehend konstantes Thema sehr deutlich beobachten können und das war auch gegen die Bears wieder der Fall. Chicago konnte Goff auffallend oft ohne Blitzing unter Druck setzen, und der hatte einige desolate Würfe vor allem gegen Pressure. Es ist ein zentraler Grund für nun zwei aufeinanderfolgende schlechte Spiele der Rams-Offense.
Seine drei Interceptions kamen allesamt, als Chicago ihn ohne einen Blitz unter Druck setzen konnte. Generell blitzte Chicago nur neun Mal, konnte Goff aber bei herausragenden 25 seiner 48 Dropbacks unter Druck setzen. Bei diesen 25 Dropbacks brachte der Quarterback der Rams ganze acht (!) Pässe für 88 Yards an, kassierte drei Sacks und warf drei Picks. Goff brachte keinen Pass über 20 Yards (0/3, 2 INT) und nur drei über zehn Yards (3/10, 55 YDS, 2 INT) an.
Vor allem in der ersten Saisonhälfte hat er gezeigt, dass er mehr als nur ein Produkt des Schemes und der Umstände sein kann. Die Spiele gegen die Chargers und vor allem gegen die Vikings stechen da heraus, aber auch später in der Saison gegen die Saints. Aber er ist insgesamt immer noch stärker von den Umständen abhängig, als die Elite auf der Position.
Oder anders formuliert: Wenn die Protection konstant wackelt und das Play-Calling mal nicht überlegen ist, wenn er im Down-und-Distance-Game konstant aufholen muss, wenn er gegen Pressure spielen muss und wenn er in offensichtliche Wurf-Situationen kommt, dann ist Goff noch nicht in der Quarterback-Riege angekommen, die das regelmäßig ausgleichen kann.
Das heißt nicht, dass Goff da nicht noch hinkommen kann. Analysiert man sein Tape aber, dann ist ein Spiel wie das gegen die Bears nicht ganz so überraschend; und ja, dann kann man sich auch fragen, ob die Quarterback-Position in den Playoffs ein Problem werden könnte.
Genau wie bei den Bears übrigens, die dieses Spiel trotz nur 110 Passing-Yards und drei Picks bei 30 Trubisky-Pässen gewannen.
Wie die Ravens die Chiefs ärgerten: Playoff-Football!
Dass die Ravens eine der Top-Defenses in der NFL sind, ist keine neue Erkenntnis. Tatsächlich hatte ich Baltimores Defense bereits vor einigen Wochen gegen die Saints genauer unter die Lupe genommen und kam zu dem Zeitpunkt zu dem Schluss, dass die Ravens die beste Defense der Liga haben.
Mit den Cowboys und vor allem den Bears als Konkurrent würde ich die Aussage heute nicht mehr ganz so stark treffen; doch gehört Baltimore immer noch zur Liga-Elite was Defenses angeht, und das hat man gegen die Chiefs wieder mal gesehen.
Die Ravens spielen - gerade im krassen Gegensatz zu den Cowboys und den Bears - eine schematisch in höchstem Maße komplexe Front. Dallas agiert viel aus einigen Zone-Konzepten heraus und blitzt vergleichsweise wenig, Chicago arbeitet eher mit einzelnen, subtilen Post-Snap-Adjustments.
Baltimore dagegen wirft einer Offense so viele Aufgaben wie möglich entgegen, und zwingt den Quarterback genau wie die Offensive Line, in den Protection-Calls permanent nach dem Snap nochmals Anpassungen vornehmen zu müssen.
Die Ravens schieben dabei gerne einen oder auch zwei Defensive Backs in die Box und bringen regelmäßig Druck aus unterschiedlichsten Richtungen, wie etwa dieses Beispiel aus dem Saints-Spiel zeigt.
Genau dieses Element konnte man gegen Kansas City ebenfalls sehen, und das fast noch ausgeprägter, als in einigen vergangenen Spielen. Die Ravens zeigten immer wieder 6- und 7-Men-Pressure, brachten daraus dann nur zu gerne vier Spieler mit stattdessen mehreren zusätzlichen Zone-Verteidigern.
Eine derartige Formation aus Sicht der Defense beeinflusst die Offense ungemein. Wenn die Defense jedem Offensive Lineman einen direkten Gegenspieler gegenüberstellt, dann muss die O-Line das in ihrem Protection-Call respektieren und ist deutlich limitierter - denn es könnte ja sein, dass wirklich jeder Offensive Lineman nach dem Snap auch einen direkten Gegenspieler hat.
Mit der Art und Weise, wie Baltimore daraus dann fließend in seine Coverages übergeht, kann es so in Spielen gegen die Ravens durchaus regelmäßig vorkommen, dass Offensive Linemen nach dem Snap plötzlich scheinbar beschäftigungslos sind, weil ihr vermeintlicher Gegenspieler sich in Coverage zurückfallen lässt. So kann die Defense ein nummerisches Übergewicht erzeugen, ähnlich wie es auch die Patriots-Defense gerne spielt.
Und die Ravens waren damit überaus erfolgreich! 57 Dropbacks hatte Mahomes am Sonntag, bei 30 davon stand er unter Druck - eine enorme Quote. Baltimore hatte auch keinerlei Angst davor, gegen die explosive Chiefs-Offense zu blitzen (24 Blitze insgesamt), doch die Sacks und Turnover kamen allesamt ohne den Blitz.
Mahomes brachte insgesamt gegen Pressure nur 13 von 26 Pässen für 165 Yards und einen Touchdown an, warf eine Interception und kassierte drei Sacks. Auf dem Bild zu sehen ist die Front, die Baltimore spielte, um Mahomes unter Druck zu setzen, was im Pick des Chiefs-Quarterbacks endete.
Wieder stehen, wie so häufig bei dieser Ravens-Defense, sechs Spieler direkt an der Line of Scrimmage. Baltimore lässt daraus dann gerne zwei Spieler in Underneath-Zone-Coverage zurückfallen, um dem Quarterback einen schnellen Passweg über die Mitte zuzustellen.
Aber, und das ist in der Bewertung dieser knappen Ravens-Niederlage in Kansas City wichtig, man muss es nicht nur auf die starke Defense beschränken. Auch offensiv kann man bei den Ravens immer wieder Fortschritt und positive Momente erkennen.
Dass die Ravens eines der dominantesten Rushing-Teams sind, seitdem Lamar Jackson für Joe Flacco übernommen hat, ist genauso wenig ein Hot Take wie die Aussage, dass die Ravens-Defense gut ist. Wichtig für Baltimore wird es aber mit Blick auf die Playoffs sein, aus den Run-Konzepten auch im Passing Game besser zu werden; und das muss maßgeblich über das Scheme funktionieren, hier ist Jackson nämlich nach wie vor extrem inkonstant.
Genau diese Ansätze kann man zunehmend feststellen, wie etwa bei diesem wichtigen Touchdown zu Maxx Williams spät im dritten Viertel. Bei einem kurzen Fourth Down kommen die Ravens in einer engen Formation aufs Feld, mit Williams als H-Back und vermeintlichem Blocker im Backfield.
Baltimore deutet daraus zunächst den Run an, den diese Formation auch nahelegt, stattdessen ist es aber ein Play-Action-Fake. Die vermeintlichen Run-Blocks auf der rechten Seite fungieren so als abschirmende Blocks für den Pass, Williams - der zunächst wie der Lead-Blocker wirkt - ist stattdessen der primäre Receiver für das Play. Der blau markierte Verteidiger wird durch den Fake aus dem Play genommen.
Ein ganz zentraler Aspekt, wenn es darum geht, Baltimores Passing Game schematisch besser zu machen, ist dieser: Die Ravens müssen ihre Passing und ihre Rushing Plays exzellent miteinander kombinieren; also ähnliche Formationen und Personnel Groupings spielen und dann auch die Play-Designs ähnlich aussehen lassen.
Während der ersten drei Starts von Jackson hatten die Ravens eine der höchsten Quoten was Multiple-TE-Sets angeht: 27 Prozent ihrer Snaps erfolgten mit zwei oder drei Tight Ends auf dem Feld. Das große Problem dabei aber? Baltimore warf deutlich zu selten insbesondere aus 12-Personnel und fokussierte sich stattdessen auch hieraus sehr stark auf den Run.
Variationen der Formation wie beim Touchdown zu Williams sah man häufiger. Mit einem Tight End im Backfield oder leicht versetzt, und daraus dann verschiedensten Plays.
Ob ein Zone Read, ein Inside Run, Play Action, einfache Pässe - wer in den nächsten Wochen die Ravens anschaut, wird diese Formation häufiger sehen und das wird die Ravens schwerer vorhersehbar machen.
Wenn es dann ans "normale" und vor allem das vertikale Passing Game geht, muss es eine hohe Priorität sein, Jackson möglichst klare Reads zu geben. Beim Touchdown vier Minuten vor dem Ende, der um ein Haar der Game Winner gewesen wäre, gelingt den Ravens genau das.
Kansas City spielt Outside Man Coverage (blau markiert) und hat einen tiefen Zone-Safety (rot). Die Ravens nutzen das für eine tiefe Rub Route, und je nachdem wohin sich der Safety orientiert und ob möglicherweise ein Cornerback seinen Receiver nicht durch das Chaos in der Mitte des Feldes verfolgen kann, weiß Jackson genau, wo er mit dem Ball hin muss.
Und das Fazit? Baltimore ist ein unorthodoxes Team, auf beiden Seiten des Balls. Die Defense gehört zum Aggressivsten, was die Liga zu bieten hat; während die Offense in Zeiten der Passing-Game-Explosion damit punktet, Gegnern über das Run Game weh zu tun und so vieles, was die Ravens ansonsten machen, auf den Run Konzepten aufbaut.
Das ist eine spannende weil andere Formel. Es ist aber auch ein Musterbeispiel dafür, wie ein Team sein Scheme an die Qualitäten der eigenen Spieler anpasst.
Der Auftritt der Ravens in KC war der eines Playoff-Teams, Baltimore gehört in die Postseason. Und dort wären die Ravens einer der unangenehmsten Gegner, mit dem es eines der Top-Teams zu tun bekommen könnte.
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Washington Redskins: Natürlich wäre Kaepernick besser
Washington hatte dieses Jahr alle Möglichkeiten, die Division zu gewinnen - und selbst nach den Verletzungen von Alex Smith und Colt McCoy waren die Playoffs noch in Reichweite. Doch entschied man sich für Mark Sanchez als Notfall-Verpflichtung, gefolgt von Josh Johnson; ein Quarterback, der einst Colin Kaepernicks Backup war und Erfahrung in Jim Harbaughs Offense mitbringt.
Johnson, der beim Debakel gegen die Giants beim Stand von 0:40 für Sanchez übernahm, hatte fast auf den Tag sieben Jahre lang keinen NFL-Pass geworfen, der längste Zeitraum zwischen zwei NFL-Pässen seit Doug Flutie (Dezember 1989 bis September 1998). Das Argument, dass Kaepernick - der 2016 noch 331 Pässe geworfen hat - zu lange nicht gespielt hat, zieht also genauso wenig, wie der von Coach Jay Gruden, als er auf Kaepernick angesprochen wurde, angebrachte Punkt, dass man eine ganz neue Offense installieren müsse.
Washington stand schon mit Alex Smith in der Top-10 was QB-Option-Plays angeht, eine Qualität, die Gruden in der Offseason ausdrücklich gelobt hatte. Smith ist in dieser Saison trotz inzwischen mehrerer verpasster Spiele nach wie vor in der Top-15 was QB-Rushing-Yards über designte Runs (Scrambles also ausgeschlossen) angeht.
Kaepernick hat außerdem in vergangenen Jahren in Offenses mit West-Coast-Basis gespielt, was auch der Redskins-Offense zugrunde liegt. Teilweise kann man komplette Plays der Redskins-Offense 1:1 auf Kaepernick-Tapes wiederfinden. Und um die Ironie perfekt zu machen, war das erste Play mit Josh Johnson am Sonntag ein Zone-Read-Spielzug.
Hier werden von Gruden leere Argumente angebracht, während jeder weiß: Washington will sich die Debatten und die Kritik aus einigen Ecken des Fan-Lagers nicht zumuten. Das bedeutet in Washingtons Fall aber gleichzeitig, dass man sich selbst nicht die beste Chance auf Siege gibt; denn diese Chance wäre mit Kaepernick ohne jede Frage höher als mit Sanchez und Johnson. Man könnte sein Run Game ausbauen, man könnte Defenses andere Aufgaben geben und man müsste sich dafür keineswegs um 180 Grad drehen.
Somit hätte man wenigstens einen Ansatz, statt wie sich jetzt offensiv im identitätslosen Nichts zu bewegen. Und natürlich sendet man damit auch ein Signal vor allem an die Leader und Routiniers im eigenen Team. Denn jedem Spieler ist klar, dass man eine größere Chance auf Siege haben könnte.
Und jedem ist auch klar, dass andere Gründe hinter diesen Entscheidungen stehen, denn sportlich ist das nicht zu rechtfertigen. Und dafür soll man auf dem Feld dann jede Woche 100 Prozent geben und seinen Körper aufs Spiel setzen?
Miamis explosive Plays: warum sind die Dolphins so gefährlich?
Natürlich wird das Ende dieses Spiels vor allem in Erinnerung bleiben. Aber man würde den Dolphins damit nicht gerecht werden. Denn einerseits überraschte Miami, indem die Dolphins offensiv wie defensiv das Run Game bestimmten - etwas, das im Vorfeld genau andersherum zu vermuten stand.
Vor allem aber sind die Dolphins dieses Jahr immer wieder in der Lage, Big Plays zu kreieren, und das ist ein Thema, das diese Saison in Miami prägt und auch faszinierend macht; weil es eben kein Einzelfall ist. In mehreren Spielen dieses Jahr schien Miamis Offense nichts reißen zu können - und dann gewann Miami doch durch mehrere Big Plays. Tennessee zum Auftakt ging in die Richtung, am eklatantesten war hier wohl das Raiders-Spiel.
Und gegen die Patriots gab es sie wieder. Tannehill war bei Pässen über mindestens 20 Yards 2/2 für 66 Yards und einen Touchdown, in der Mid-Range (10+ Yards) beendete er die Partie 5/7 für 130 Yards und einen Touchdown. Ebenso das Run Game: Ein 54 Yarder durch Bolden, ein 36 Yarder durch Gore, Tannehill selbst hatte einen 13-Yard-Run.
Die Dolphins sind primär ein 11-Personnel-Team (ein Running Back, ein Tight End, drei Wide Receiver), in den Spieltag ging Miami mit einer 11-Personnel-Quote von 79 Prozent - lediglich die Rams, die mit 95 Prozent hier alles in den Schatten stellen und Geschichte schreiben, lagen vor den Dolphins.
Dabei gehört Miami zu den Run-lastigsten Teams aus 11-Personnel, in 39 Prozent der Fälle laufen die Dolphins hier. Und genau das passierte auch bei Gores langem Run Mitte des ersten Viertels. Die Dolphins kommen in einem 3-Receiver-Set mit allen drei Receivern in einer Bunch-Aufstellung auf der rechten Seite der Formation raus. Hier täuscht Miami nach dem Snap einen Screen an.
Der Tight End ist auf der linken Seite hilft der Offensive Line, die Defensive Front nach innen zu blocken, so dass die komplette rechte Seite der Line als Pull-Blocker arbeitet - inklusive dem Right Tackle als Lead Blocker, dem Gore durch die Lücke folgen kann. Das Resultat ist ein offener, einfacher Big-Play-Run.
Und mit ähnlichen Blocking-Ansätzen arbeiteten die Dolphins gegen New England mehrfach erfolgreich. Power-Blocking-Konzepte mit Pull- und Trap-Blockern. Ein anderes sehr gutes Beispiel hierfür war der lange Touchdown-Run von Ex-Patriot Branden Bolden.
Die Dolphins haben dabei erneut zwei Pull-Blocker, dieses Mal sind es beide Guards. Der im Backfield postierte Rookie-Tight-End Durham Smythe tauscht mit dem Right Tackle nach dem Snap die Blocking-Position, während sich der Center und der Left Tackle schnell auf das Linebacker-Level bewegen.
Sehr viele sich bewegende Teile, aber wenn alle Blocks klappen, dann entsteht eine riesige Run-Gap.
Miami war außerdem mehrfach in der Lage, New England im Passspiel vertikal zu attackieren - wie etwa beim Touchdown-Pass zu Butler.
Der Fokus liegt dabei auf dem Scissor-Konzept der beiden vertikalen Routes auf der linken Seite der Formation. Die Patriots spielen viel Man Coverage, so auch hier auf dieser Seite der Formation.
Gilmore, der Outside-Cornerback, muss also mit nach innen navigieren, um den innen postierten Cornerback und den Slot-Receiver der Pats, dessen Route Richtung Seitenlinie wegzieht, herum. Gilmore spielt vor dem Snap eher ein Outside-Route, und so ist es - ohne tiefen Safety in der Mitte des Feldes - ein einfacher Read für Tannehill.
Miamis Offense ist noch immer nicht ganz einfach zu greifen, weil im Gegensatz zu den meisten Teams eine klar erkennbare Identität häufig fehlt. Doch die explosiven Plays im Run und im Passing Game sind ein Thema, das sich zumindest durch die Spiele mit Tannehill wie ein roter Faden zieht.
Tannehill wirft 13,7 Prozent seiner Pässe mindestens 20 Yards weit, von allen Quarterbacks mit mindestens 200 Dropbacks ist das der siebthöchste Wert und hat dabei bereits sechs Touchdown-Pässe geworfen; zum Vergleich: Baker Mayfield hat eine noch höhere Deep-Pass-Quote (14,9 Prozent) und insgesamt fast 200 Dropbacks mehr (414) als Tannehill (221) - bei Pässen über mindestens 20 Yards hat er aber lediglich zwei Touchdowns mehr auf dem Konto.
Die Dolphins sind noch immer ein Team, das überraschen kann. Die explosiven Offense-Plays sind auf dieser Seite des Balls der zentrale Grund dafür.
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Patriots, Giants, Darnold, Browns - eure Fragen
Steffen und Patrick: Die Patriots spielen gegen die "großen" Kaliber sehr souverän und erfolgreich, haben gute Ansätze in der Defense. Gegen die (klaren) Außenseiter gibt's jetzt aber zum vierten Mal eine Niederlage, mit teils katastrophaler Defense. Wie ist das aus deiner Sicht zu erklären?
Gegen Miami war ich wirklich überrascht vor allem davon, dass die Patriots die Line of Scrimmage nicht besser kontrollieren konnten. Früher im Spiel gelang das phasenweise noch besser, aber ich hätte niemals gedacht, dass Miami offensiv wie defensiv in dieser Partie mit dem Run Game dominieren kann.
Da die Pats über weite Strecken dieser Saison gerade in der Run-Defense deutlich besser waren, könnte man das als Ausrutscher verbuchen; in Miami hat New England nun ja schon seit Jahren Probleme. Was die anderen Spiele angeht, rate ich immer dazu, Spiele auch individuell zu betrachten.
Was da vor allem auffällt: Zwei der schlechtesten Spiele dieser Saison kamen gegen Coaches, die die Patriots schematisch und individuell bestens kennen; Mike Vrabel in Tennessee und Matt Patricia in Detroit. Diese Coaches wissen genau, was die Pats-Defense eben nicht sehen will: Man Coverage, freie Underneath-Verteidiger, vielseitige Pressure-Pakete vor allem über die Mitte, um einige oberflächliche Aspekte zu nennen.
New England spielt seine Defense nach wie vor anders als die meisten Playoff-Kandidaten, ich bin aber immer noch der Meinung, dass die Patriots mit ihrer Defense Offenses Probleme bereiten und die notwendigen Stops produzieren können. Aber klar ist: Sie brauchen mehr Konstanz von ihrer Defense insgesamt, weil sie gerade in der Front nicht die individuellen Stars wie Mack, Donald, Watt oder auch Bosa haben, die ein Spiel mal auf den Kopf stellen können, in dem sonst nicht viel funktioniert.
LeoK: Welche Offense und welche Defense hat für dich die beste beziehungsweise schlechteste Entwicklung im Laufe dieser Saison (also nicht im Vergleich zu letzter Saison) hingelegt und in welchem Rahmen ist es überhaupt möglich, innerhalb einer Saison noch schematisch entscheidende Änderungen vorzunehmen?
Grundlegende schematische Veränderungen sind schwierig, aber neue Plays einbauen und an einigen Schrauben drehen - das gibt es jedes Jahr, auch dieses Jahr. Arizona - so schlecht die Cardinals auch sind - hat offensiv nach dem Coordinator-Tausch sichtbar Dinge umgestellt, auch bei den Browns kann man das überdeutlich feststellen.
Das können Kleinigkeiten wie mehr Play Action und Run Pass Option sein, es kann auch einfach eine bessere Play-Auswahl sein, so dass das Run Game und das Passing Game besser miteinander verflochten werden. Die Browns etwa haben das schrittweise angepasst: die Mitte des Feldes besser genutzt, Routes besser aufeinander abgestimmt, was zu deutlich höherer Effizienz im Passing Game führte. Und nach und nach sieht man auch, wie neue, kreative Plays eingebaut werden.
Die Browns sind dementsprechend für mich auch ein Team, das in puncto offensive Fortschritte ganz vorne mit dabei ist. Andere Kandidaten? Die Seahawks, weil sie ein bisschen zu ihrem Glück (=vertikales Passing Game) gezwungen wurden. Buffalos Offense wurde auch deutlich besser, seitdem Josh Allen als Runner die zentrale Rolle eingenommen hat.
Defensiv sind die Cowboys und die Chiefs ganz vorne mit dabei - zwei Teams, die im Pass-Rush dominanter geworden sind. Das ist auch ein gutes Thema für Offenses, die im Laufe der Saison abgebaut haben. Minnesota, Atlanta, Carolina; jedes Team hat seine eigenen Baustellen, doch schlechte Offensive Lines sind ein übergreifendes Thema, das Offenses häufig verbindet, wenn sie im Laufe einer Saison abbauen. Eine schlechte Offensive Line kann man in einzelnen Spielen relativieren. Auf eine gesamte Saison betrachtet ist das unheimlich schwer und verlangt sehr viel vom Quarterback und dem Play-Calling.
MicheGee: Wer ist dein persönlicher Comeback Player of the Year?
Ernsthaft in Erwägung ziehen würde ich hier nur Andrew Luck und J.J. Watt; und wie schon vor Saisonstart bleibe ich auch jetzt bei Luck. Ein Quarterback, der 2017 keinen Pass geworfen hat, um dessen Gesundheit es so viele Fragezeichen gab und der aber immer noch eine zentrale Figur für eine ganze Franchise sein soll - und dann so zurückkommt? Das ist für mich der Comeback-Player des Jahres.
Umso mehr, da wir ja dabei zuschauen konnten, wie Luck langsam zurück fand. Über die ersten Wochen der Saison war die Colts-Offense noch extrem auf das Kurzpassspiel bedacht, Luck hatte mehrfach mit die wenigsten durchschnittlichen Air Yards und wirkte gehemmt sowie limitiert.
Doch das änderte sich dann relativ schnell; und nicht nur weil er zwischenzeitlich acht Spiele in Serie jeweils mindestens drei Touchdown-Pässe pro Spiel hatte, sondern weil wir auch einen effizienteren, gefährlicheren Andrew Luck sehen. Luck hat die Turnover runter geschraubt, ohne aber die explosiven Plays zu verlieren.
In der neuen Colts-Offense mit mehr Tempo und mehr kreativen Play-Design aus Multiple-Tight-End-Sets wird der 29-Jährige den Ball schneller los und steckt so auch weniger Hits ein. All diese Dinge helfen ihm, aber wenn man sich die Colts anschaut, dann sieht man, dass Luck nicht nur zurück ist - in manchen Aspekten ist er besser, als er vor seiner Verletzung war.
Green18: Meinst du, dass die Giants jetzt vielleicht doch noch mit Manning eine Saison weitermachen?
Das Szenario ist durchaus realistisch, wenn man sich die Quarterback-Alternativen anschaut. Sollten sich die Giants entschließen - und die Möglichkeit haben - im Draft ihren erhofften Quarterback der Zukunft auszuwählen, dann gehe ich inzwischen schon fast sicher davon aus, dass man an Manning für noch ein Jahr (oder zumindest für den Start des Jahres) festhält.
Sollte man sich entscheiden, Manning nach der Saison zu entlassen, wäre das finanziell mit einem Cap Hit von sechs Millionen Dollar komplett vertretbar. Aber würde man eine langfristige Lösung auf dem Free Agency Markt finden? Bridgewater wäre eine logische Antwort, doch bekommt man den? Ansonsten wären die allermeisten Kandidaten sehr große Wildcards und man könnte sehr gut argumentieren, dass Nick Foles und Co. die G-Men auch nicht bedeutend weiter bringen und der Neustart auf der Position mit einem jungen Quarterback beginnen sollte.
Spinnt man den Gedanken weiter, dann kann man argumentieren, dass man in die nächste Saison genauso gut mit Manning und dem potentiellen Rookie gehen kann, als zusätzliches Geld für eine Übergangslösung zu verschwenden. Jedes Manning-Szenario muss für mich aber mit besagtem Rookie kombiniert werden, andernfalls sprechen wir von nichts anderem als einem weiteren verlorenen Jahr in New York.
Knickstime: War das das beste Sam-Darnold-Spiel dieser Saison?
Zusammen mit dem Colts-Spiel würde ich da mitgehen! Sehr ermutigender Auftritt von Darnold, der vor allem auch gezeigt hat, wozu er unter besseren Umständen in der Lage ist; sprich: aus einer sauberen Pocket. Wenn Buffalo ihn nicht unter Druck setzen konnte, hatte Darnold einige wirklich sehenswerte Pässe vor allem zu Anderson mit dabei, und die Bills dürfen sich in der Nachbetrachtung dieses Spiels schon fragen, ob man nicht doch mehr als fünf Blitze hätte callen sollen.
Was mir bei Darnold - bei Allen übrigens genauso, wenn wir auf dieses Spiel schauen - nach wie vor jede Woche auffällt, sind die Turnover und die vielen "Beinahe-"Turnover. Darnold hätte in diesem Spiel mindestens eine weitere Interception haben müssen und der Pick, den er geworfen hat, war einer der hässlicheren dieses Spieltags; ein Wurf glasklar in Coverage.
Aber man hat in diesem Spiel auch klar die Unterschiede zwischen beiden Quarterbacks gesehen. Während Allen als Runner ein zentraler Punkt in der Bills-Offense ist, als Passer aber über weite Strecken einmal mehr sehr inkonstant unterwegs war - eine wirklich schlechte Offensive Line half ihm gegen die Jets wenig -, versuchte Darnold, das Spiel aus der Pocket zu machen und durch seine Reads zu gehen.
Aus Analysten-Sicht will ich von meinem Rookie-Quarterback lieber Letzteres sehen.
Kai Lepper: Sind die Browns mit dieser Leistung nächstes Jahr ein Playoff-Kandidat?
Die Browns haben eine tolle Ausgangslage, und das ganz zentral aufgrund einer Personalie: wo Sam Darnold und Josh Rosen aufgrund äußerer Umstände (Coaching, Scheme, Line-Play, Waffen) nur sehr schwer zu bewerten sind, und Lamar Jackson sowie Josh Allen als Runner zwar glänzen, als Passer aber noch wild inkonstant sind, bin ich mir bei den Browns so sicher, wie man sich gegen Ende der Rookie-Saison sein kann: Cleveland hat in Baker Mayfield seinen Quarterback gefunden.
Wenn man dann noch sieht, was Freddie Kitchens mit dieser Offense macht, welche Waffen Cleveland in David Njoku und Duke Johnson bereits hat, und wie vielseitig diese Offense mit noch mehr Wide-Receiver-Hilfe sein kann - und welches individuelle Talent gerade in der Pass-Defense vorhanden ist, dann ist Cleveland mit Sicherheit eines der vielversprechendsten Teams, was die langfristige Zukunft angeht.
Oliver Friedl: Glaubst du, dass Joe Flacco noch einen Trade-Wert für die Ravens hat? Oder hältst du einen Cut für wahrscheinlicher?
Flaccos Vertrag zumindest ist für einen Trade interessanter als für einen Cut. Entlassen die Ravens Flacco nach der Saison, würden sie zwar insgesamt zehn Millionen Dollar sparen (Cap Hit: 26,5 Mio.), müssten aber auch einen Dead-Cap-Hit über 16 Millionen Dollar schlucken.
Umgekehrt: Wenn ein Team für Flacco tradet, könnte es das zunächst als Versuch über ein Jahr verbuchen. Flaccos Basis-Gehalt für 2019 beträgt 18,5 Millionen Dollar, womit er ein sehr preiswerter Starting-Quarterback wäre. Zu Beginn der Saison hatte er einige gute Spiele, insgesamt war er deutlich besser als letztes Jahr. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ein Team ihn zumindest als Übergangslösung sieht.
Wenn ich raten müsste, würde ich auf einen Trade nach der Saison tippen. Denn Baltimores Offense gehört jetzt Lamar Jackson.
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