Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 13 in der NFL

Von Adrian Franke
07. Dezember 202010:43
SPOX-Redakteur Adrian Franke fasst seine wichtigsten Erkenntnisse zum NFL-Sonntag zusammen.getty
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Woche 13 in der NFL machte einige Fakten deutlich: Die Liga hat ein extrem großes Mittelfeld - und nur wenige Teams setzen sich nach oben ab. Bei den Chargers und Bears ist ein großer Umbruch notwendig. Die Eagles sollten Carson Wentz zumindest vorerst draußen lassen - und haben die Jets absichtlich verloren? SPOX-Redakteur Adrian Franke bringt Euch am Montag auf Stand mit seinen zehn wichtigsten Punkten und Einschätzungen zum vergangenen NFL-Sonntag, alle Recaps vom Sonntag gibt es hier.

Top 10 - die Takeaways zu Week 13 in der NFL

1. Eagles: Pedersons Stuhl wackelt - Wentz muss raus

Drei Jahre ist es her, dass die Philadelphia Eagles eine Märchensaison spielten. Carson Wentz auf MVP-Kurs, mit Nick Foles zum Super-Bowl-Gewinn, dem ersten Titel in der Geschichte der Franchise. Und die Eagles, so schien es, waren gekommen, um zu bleiben. Ein Team, vermeintlich vielerorts noch inmitten oder gar zu Beginn seiner Prime.

Schnelldurchlauf, drei Jahre später: Bereits im Vorfeld der Partie ließ NFL-Insider Ian Rapoport verlauten, dass der Stuhl von Eagles-Coach Doug Pederson wackelt. Dass Pederson zu Beginn der kommenden Saison noch in Philly ist, scheint alles andere als garantiert. What have you done for me lately?

Die Eagles hatten seit jener Super-Bowl-Saison auch ihre Umbrüche - selbstredend, drei Jahre in der NFL sind aus Kader-Sicht eine Ewigkeit. Gemeint ist in dem Fall aber gar nicht so sehr das, was bei den Spielern passierte: Pederson hatte 2017 einen exzellenten offensiven Trainerstab um sich, mit Frank Reich als Offensive Coordinator, John DeFilippo als Quarterbacks-Coach und Mike Groh als Wide-Receiver-Coach.

Dieses Gebilde zerbrach schnell; erfolgreiche Teams werden auch im Trainerstab gerupft. Und mehr als durch die Verletzungen in der Offensive Line sieht man diese Defizite in der laufenden Saison. Die Eagles suchen offensiv verzweifelt nach einer Identität. Das Play-Calling ist nicht gut. Vor allem aber: der übergreifende Plan fehlte. Bis jetzt zumindest.

War es das für Carson Wentz?

Das galt (und gilt) für die Offense im Gesamtbild, aber eben insbesondere für die wichtigste Position.

Die Eagles haben Jalen Hurts in der zweiten Runde des vergangenen Drafts geholt. Carson Wentz spielt grausam, das setzte sich auch gegen die Packers fort: Wentz ist der schlechteste Quarterback in der NFL in puncto Pocket-Verhalten, er verfehlt regelmäßig Receiver, er ist viel zu langsam mit seinen Reads, er macht gravierende Fehler und regelmäßig, wenn per Designs mögliche Targets offen sind, zögert er zu lange oder verfehlt diese.

Wenn man eine Offense hat, die den Ball nicht bewegen kann, die keinen taktischen Plan B findet, und deren Quarterback mächtige Probleme hat - sollte es dann nicht einen klaren Alternativplan geben, um mit dem mobilen Rookie-Quarterback vielleicht über eine andere Schiene eine offensive Identität zu finden? Und selbst wenn es nur für ein, zwei Wochen der Fall ist, und Wentz danach mit frischem Kopf wieder übernehmen kann? Was wäre hier der Worst Case, was gibt es zu verlieren?

Bereits in der Vorwoche schien Hurts im Training mehr Snaps mit den Startern zu bekommen, um eine größere Rolle gegen Seattle zu erhalten. Davon war dann nichts zu sehen. Gegen Green Bay kam er schließlich Mitte des dritten Viertels rein, und sorgte prompt für einige Highlights. Natürlich war längst nicht alles perfekt, doch die Offense lief mit Hurts besser, und das war nur in der Notfall-Backup-Rolle. Nicht mit einem auf ihn angepassten Game Plan.

Pederson wollte sich nach dem Spiel noch nicht auf einen fixen Starter festlegen. Doch nach dem, was in Green Bay zu beobachten war, und was mit Wentz schon die ganze Saison über ein konstantes Thema ist, darf es eigentlich keine zwei Meinungen geben: Wentz muss auf die Bank. Mindestens vorübergehend. Dabei sagt niemand, dass ein Tausch automatisch alle Probleme löst oder dass Hurts auch nur besser spielt als Wentz. Aber Woche für Woche das Gleiche mit Wentz kann so nicht weitergehen.

Anfang dieser Woche hatte Pederson davon gesprochen, dass er überlegt, das Play-Calling abzugeben. Die Spieler hatten ein "Players-only-Meeting" am Mittwoch. Es ist quasi das Einmaleins des "die Lage ist ernst" in der NFL. Es ist an der Zeit, auch die Quarterback-Karte zu spielen.

2. Der Seahawks-Patzer zeigt ein klares Muster

Es sollte eine der eindeutigeren Partien werden. Die Giants als vermeintlich klar unterlegener Gast aus der NFC East, der mit Backup-Quarterback Colt McCoy nach Seattle reisen musste und für die Seahawks den nächsten Stop des vermeintlich einfachsten Parts des Schedules darstellen sollte.

Doch weit gefehlt. Die Giants schockten Seattle nicht nur mit dem 17:12-Sieg, der auch die NFC West komplett offen hält, während die G-Men sich in ihrer Division langsam absetzen könnten - es war auch die Art und Weise, wie New York dieses Spiel gewann, die Seahawks-Fans Sorgen bereiten dürfte.

Die Scoring-Drives der Giants waren dabei nicht das Thema. Seattle blitzte früh und viel und kam so auch immer wieder durch; zwei der drei Scoring-Drives kamen direkt nach Seahawks-Turnovern mit einem kurzen Feld, der erste Touchdown-Drive kam durch einen 60-Yard-Run zustande. Nein, es war Seattles Offense, die eigentlich das Prunkstück dieses Teams sein sollte, die einen ganzen Sandkasten im Getriebe hatte. Und das nicht zum ersten Mal über die letzten drei Wochen.

Vor allem besorgniserregend ist, dass sich ein Muster abzeichnet. Das sind nicht einfach zufällige Niederlagen, in denen Russell Wilson und Co. zu viel liegen lassen oder zu viele einfache Fehler machen. Seattle, und Wilson konkret, haben Probleme gegen Defenses, die viel mit zwei tiefen Safeties agieren und darauf aufbauend einmal ihre Coverages "verstecken" und nach dem Snap umstellen, aber auch Wilson vielseitige Pressure-Pakete entgegenwerfen.

Das war dieses Jahr bereits mehrfach zu beobachten. Dann fehlen die Big Plays, Seattle hat dagegen weniger vertikale Konzepte, dann sind Drops wie der von DK Metcalf noch schmerzhafter. Und dass Tyler Lockett nicht bei 100 Prozent ist, ist ein umso größerer Faktor.

Vor allem aber spielt Wilson ganz individuell betrachtet viel wackliger. Er fängt dann sichtbar an, seiner Protection nicht zu vertrauen, er geht nicht gut durch seine Reads, er flüchtet zu schnell aus der Pocket, er geht zu schnell zum Checkdown. Die Probleme in der Offense können sich so im Laufe eines Spiels immer weiter hochschaukeln, und die Giants spielten exzellente Coverage dagegen.

Gerade in der Offensive Line fehlt eben auch die Qualität, um ein Spiel "mal eben" auf andere Art und Weise zu dominieren. Und wenn Seattle inzwischen gegen zwei tiefe Safeties den Ball nicht laufen kann - worauf die Giants mit ihrer D-Line setzen -, wird es problematisch. Auch deshalb bekommt man unter dem Strich ein Team, das dominant sein müsste, aber von Inkonstanz geplagt ist.

Aber die Giants sollten hier nicht unerwähnt bleiben. Daniel Jones hatte ich über die vergangenen Wochen bereits mehrfach gelobt, aber hier war es einmal mehr auch die Defense, die begeisterte. Die G-Men haben hier im Laufe der Saison deutlich erkennbare Fortschritte gemacht, und zusammen mit einer Offense, die zumindest immer für ein paar Big Plays gut ist, sind die Giants zumindest mal eines: unangenehm. Und dieses Prädikat dürfte für Giants-Fans angesichts der Aussichten im Vorfeld der Saison bereits äußerst willkommen sein.

3. Browns, Titans und das breite Mittelmaß

Das Duell der beiden schematisch vielleicht ähnlichsten Offenses in der NFL zwischen Cleveland und Tennessee war letztlich eine deutliche Angelegenheit - weil Cleveland vielleicht die beste Browns-Halbzeit in diesem Jahrtausend aufs Feld legte. Und das trotz einiger früher Fehler, so ließ Donovan Peoples-Jones etwa einen frühen mutmaßlichen Touchdown-Pass fallen.

Aber dann spielte sich Cleveland in einen Rausch. Mit mehreren Trick Plays, mit der gewohnt kräftigen Dosis Play Action - aber auch mit Plays aus Empty, mit einigen guten Szenen von Baker Mayfield, der am Sonntag der erste Browns-Quarterback seit Otto Graham im Dezember 1951 wurde, der in einer ersten Hälfte vier Touchdown-Pässe auflegte.

Viel davon gelang aus einer sauberen Pocket, weil Tennessee mal wieder keinen Druck auf den Quarterback ausüben konnte.

Tennessee kam dann in der zweiten Hälfte ein wenig zurück, als sie gezwungen waren, den Ball mehr zu werfen. Tannehill, Brown und vor allem Corey Davis machten allesamt Plays - und gleichzeitig wurden hier dann auch Schwachstellen deutlich, eben wenn die Tackles konstant in Pass-Protection standhalten müssen. Und gemessen daran war die zweite Hälfte immer noch äußerst explosiv.

Das breite Mittelfeld der NFL

Aber eine übergreifende Erkenntnis ist aus diesem Spiel - und generell aus diesem Spieltag - hängengeblieben: Die NFL hat zwei, maximal drei wirkliche Top-Teams: Die Chiefs, die Saints (mit Brees zurück), mit Abstrichen die Packers.

Ab dann beginnt das erweiterte Mittelfeld. Mit den Seahawks, die gerade gegen die Giants mit deren Backup-Quarterback verloren haben. Mit den Steelers, die beinahe gegen die Ravens und deren Offense-Backups verloren hätten. Mit den Bucs, die ihre selbstverschuldeten Offensiv-Schwierigkeiten durch die Saison schleppen.

Und irgendwann dann eben auch mit den Titans und Browns. Zwei Teams, die weit davon entfernt sind, "komplette" Teams aufs Feld zu führen. Die Titans haben zumeist mehr offensive Explosivität, die Browns sind in der Offensive Line sowie defensiv besser. Aber beide Teams haben auch deutlich erkennbare Limitierungen und Schwachstellen - wie eben auch die anderen Teams in dieser Gruppe, manche noch größere als die anderen.

Das heißt aber eben gleichzeitig: in dieser Gruppe kann vermutlich letztlich auch jeder jeden schlagen. Und das dürfte zumindest für spannende Playoffs sorgen.

4. Die Jets haben nicht absichtlich verloren

Die deutliche Pleite gegen die Falcons sollte eigentlich der Weckruf sein. Der "verständliche" Ausrutscher nach der Sunday-Night-Show gegen die Chiefs, welche für die Raiders in einer bitteren Niederlage endete. Doch die Realität mehr und mehr scheint zu sein: die Raiders sind ein sehr launisches, Matchup-abhängiges Team, das mit der Offense - und hier bleibt es dabei, dass Las Vegas deutlich gefährlicher sein kann als in vergangenen Jahren - Shootouts provozieren und gewinnen kann.

Aber eben auch ein Team, das sich absolut überhaupt nicht auf seine Defense verlassen kann. Und ein Team, das offensiv nahezu fehlerfrei spielen muss, um gegen Gegner mit Playoff-Kaliber gewinnen zu können. Und dieser minimale Spielraum für Fehler wird dann eben auch gegen die schlechten Teams der Liga deutlich.

Und die Fehler aus dem Falcons-Spiel übertrugen sich auf das Duell mit den Jets. Ein ungenauer Carr-Pass früh im Spiel, der zu einer Interception führte. Ein Fumble von Ruggs. Ein Field Goal bei einem Drive, der an der gegnerischen 31-Yard-Line begann. Turnover on Downs. Und so kommt man eben gegen das unbestreitbar schlechteste Team der Liga, wenngleich die Jets-Offense zuletzt im Aufwind war, in die Bredouille. Obwohl Gang Green am Sonntag scheinbar zum ersten Mal von Darren Waller hörte. Waller hatte in diesem Spiel mehr Receiving-Yards (193) als der gesamte Jets-TE-Room in dieser Saison.

In der Summe ist das auch die Antwort für die weiteren Saison-Aussichten der Raiders. Mit dem späten Sieg bleibt Las Vegas im Playoff-Rennen, aber das Limit für dieses Team ist deutlich sichtbar. Die Probleme sind zu groß.

Die Jets und das letzte Play, das niemand verstand

Die große Diskussion nach dem Spiel jedoch war selbstredend der Game-Winner der Raiders. 13 Sekunden vor dem Ende, kurz nach der Mittellinie, keine Timeout mehr und ein Field Goal hätte den Raiders nicht gereicht. Und was machten die Jets? Defensive Coordinator Gregg Williams ließ einen All-Out-Blitz spielen, mit Man Coverage, Eins-gegen-Eins. Inklusive gegen Rookie-Speedster Henry Ruggs, der dann fast folgerichtig den entscheidenden Touchdown fing.

Und natürlich drehte Twitter durch. Hatten die Jets gerade absichtlich verloren, um den Nummer-1-Pick im kommenden Draft vor den Jaguars zu "verteidigen"?

Man kann sich hier wunderbar in Verschwörungstheorien verlieren, meine Antwort ist ein klares Nein. Gregg Williams wird aller Voraussicht nach wenig davon haben, wenn die Jets die Saison mit dem Nummer-1-Pick beenden - er muss davon ausgehen, dass er gemeinsam mit dem Rest des Trainerstabs entlassen wird.

Das ist schlicht Williams' Idee von aggressivem defensivem Football. Auf den Killshot gehen, wenn er einfach nur kein Big Play zulassen darf. Mit Undrafted-Rookie-Corner Lamar Jackson, der nicht ansatzweise Ruggs' Speed hat, alleine gegen den Erstrunden-Receiver.

Marcus Maye, einer der defensiven Leader dieses Teams, erklärte nach dem Spiel: "Wir müssen unseren Job erledigen, aber wir brauchen dabei auch Hilfe." Viel deutlicher konnte er seinen Coordinator nicht kritisieren, ohne ihn dabei direkt vor den sprichwörtlichen Bus zu werfen. Die meisten Mit- und auch Gegenspieler zeigten sich vor allem überrascht angesichts des Play-Calls.

Das ist gut nachvollziehbar: Keine Defense hatte bis zu dieser Szene laut Next Gen Stats in dieser Saison acht oder mehr Pass-Rusher in den letzten 30 Sekunden eines Spiels gebracht. Doch Williams macht das nicht, weil er eine Niederlage provozieren will, die ihm letztlich nichts nutzen wird. Es war vielmehr zusammengefasst in einem Play Williams' Vorstellung von defensivem Football.

Williams wurde am Montagnachmittag Medienberichten zufolge von den Jets entlassen.

5. Cardinals nur Mittelmaß - Rams Division-Favorit?

Allzu viele neue Erkenntnisse lieferte das Cardinals-Rams-Spiel gar nicht. Die Rams unter McVay bleiben Arizonas Angstgegner, im siebten Duell war es der siebte Sieg, und sonderlich eng war keiner davon. Auch dieses Spiel nicht, das 38:28-Endergebnis lässt die Partie noch knapper erscheinen, als sie über weite Strecken war. Und vor allem war es die Cardinals-Defense, die Arizona noch über weite Strecken im Spiel hielt.

Negativ auffällig waren eher einmal mehr die offensiven Probleme. Abgesehen von einem Big Play bei einem Rams-Coverage-Bust konnte Arizona in der ersten Hälfte den Ball überhaupt nicht bewegen. Mit mehr Tempo, mit mehr No-Huddle klappte es später phasenweise besser, aber im Kern kann ich hier auf die ausführliche Analyse aus der letzten Woche verweisen.

Arizona ist ein Team im oberen Mittelmaß, bei dem einige der Siege aus der ersten Saisonhälfte vielleicht auch ein zu gutes Bild gezeichnet haben. Die Cardinals suchen offensiv noch immer eine Identität und finden keine Alternativlösungen, wenn Murray als Runner abgemeldet ist. Und das bekommen Defenses immer häufiger hin.

Murray muss sich hier verbessern, Kingsbury muss sich hier verbessern, und Arizona braucht auch weiterhin noch mehr Mittel in der Offense. Eine bessere Interior Offensive Line. Einen echten Nummer-2-Receiver, sodass Kirk als Nummer 3 eine Rolle finden kann. Und defensiv ist die Liste der individuellen Problemzonen noch deutlich länger.

Die Rams auf der anderen Seite, nach dem Tiefschlag gegen die 49ers in der Vorwoche, sind infolge der Seahawks-Pleite wieder mittendrin im Rennen um die Division. Jared Goff spielt nicht sonderlich gut, aber wenn Teams ihn nicht konstant unter Druck setzen können, dann macht er auch nur wenige Fehler. Und dann können die Rams diese langen, unerbittlichen Drives mit einer Third-Down-Conversion nach der anderen hinlegen. Wie auch in Arizona am Sonntag.

L.A. hat nicht das High-End-Ceiling, das Seattle in der eigenen Division hat. Aber die Rams haben eine sehr stabile Base-Line, weil sie eben auch eine exzellente Defense aufs Feld führen. Und vielleicht reicht es am Ende auch einfach, das kompletteste Team zu sein, um die extrem wechselhafte NFC West zu gewinnen.

6. Broncos: So nah und doch so fern

Auch im zweiten Spiel gegen die Chiefs waren die Broncos wirklich nah dran. Dieses Mal auch in puncto Ergebnis: Beim ersten Duell stand am Ende eine klare 16:43-Pleite, das Spiel selbst war aber enger.

Dieses Mal war es auch das Endresultat, Denver hatte mit dem letzten Drive die Chance, die Partie zu gewinnen. Und wieder schafften es die Broncos, die gefürchtete Chiefs-Offense einzuschränken. Sie verteidigten die zahlreichen Misdirection- und Motion-Plays gut, sie zwangen KC in der Red Zone zu Field Goals statt Touchdowns.

Denver hielt die Chiefs-Offense unter 25 Punkten, konnte den Ball gut laufen - und trotzdem steht am Ende die nächste Pleite, und naturgemäß geht der Blick, wenn all diese Punkte erfüllt sind, auf den Quarterback.

Schon bei der ersten Niederlage gegen KC dieses Jahr hatte Lock zwei Interceptions, darunter einen Pick Six, die Offense fumbelte mehrfach, und dass die Chiefs am Ende bei acht Third-Down-Versuchen keinen einzigen in ein neues First Down ummünzen konnten, fiel so gar nicht ins Gewicht.

Ganz so extrem war es dieses Mal nicht; und doch waren die beiden Interceptions von Lock letztlich ein Killer in einer ansonsten relativ engen Partie. Beide Male auch unnötig in Coverage geworfen, wo er jeweils einen offenen Receiver woanders gehabt hätte. Lock hatte auch mehrere sehenswerte Bälle in diesem Spiel, aber die extrem hohe Quote an gravierenden Fehlern bleibt ein zu präsentes Thema bei ihm.

Head Coach Vic Fangio, das sei bei allem Lob über die Broncos-Defense nicht verschwiegen, half dann spät im Spiel nicht, als er bei Vierter-und-Drei an der Mittellinie sechs Minuten vor dem Ende und drei Punkte im Rückstand puntete. Vielleicht war es mangelndes Vertrauen gegenüber Lock, vielleicht zu großes Vertrauen in die eigene Defense. Gegen die Chiefs wird jeder Fehler am Ende potenziell kostspielig, und auch das war rein vom Ansatz her ein Fehler.

7. Die neuen Vikings - doch wollen sie das?

Die Vikings bleiben mit dem viel, viel zu knappen Sieg gegen Jacksonville in der Playoff-Verfolger-Rolle und haben weiter eine Chance - die Art und Weise aber, wie sich Minnesota gegen die Jaguars präsentierte, lässt zwei Schlussfolgerungen zu: Die Defense, umso mehr wenn Eric Kendricks fehlt, lässt zu häufig zu viel zu, und das wiederum wird die eigene Offense noch viel häufiger dazu zwingen, Shootouts zu gewinnen oder Rückstände aufzuholen.

Dazu ist die Offense in der Lage, unter anderem, weil Justin Jefferson wie ein absoluter Superstar aussieht und weil Minnesota Big Plays auflegen kann. Die andere Schlussfolgerung? Minnesota befindet sich so auf einem permanenten Ritt auf der Rasierklinge, für den die Vikes aus Coaching-Sicht nicht gut aufgestellt sind. Weil die Vikings - trotz immer wieder einiger Probleme in der Interior Offensive Line - gerne auch mal länger als gut für sie ist am Run Game festhalten. Weil Minnesota generell seine Spiele viel zu konservativ angeht, als die eigene Defense nahelegen würde.

Im Endeffekt hat man gegen ein Team wie Jacksonville unheimlich viel Spielraum für Fehler. Der Fumble von Glennon bei einem versuchten Scramble, Dantzler forcierte einen Fumble, der weitestgehend zahnlose Vikings-Pass-Rush kreierte einen Safety, der Turnover in Overtime.

Minnesota hatte selbst viel zu viele üble Plays in diesem Spiel, wie der Pick Six bei einem Play-Action-Screen, bei dem Cook sich nie zum Pass umdrehte. Oder auch der Fumble von Cook direkt vor der Goal Line. Oder der Touchdown von Laviska Shenault, der niemals ankommen kann. Oder das Clock-Management unmittelbar vor Ende der regulären Spielzeit.

Die Offense ist gut genug, um so ein Spiel dennoch an sich zu reißen und um genügend Big Plays aufzulegen. Nur: Um über die explosive Offense Spiele zu gewinnen - und ich denke, das können die Vikings, auch wenn sie dafür natürlich selbst offensiv nicht ansatzweise so viele Fehler machen dürfen - müssen sie ihre grundsätzliche Philosophie umstellen. Dann hat man auch in solchen Spielen noch mehr Spielraum - und gegen gute Gegner mehr Möglichkeiten. Doch das ist deutlich leichter gesagt als getan.

Das Bucs-Spiel kommende Woche, mit dem Minnesota die Playoff-Tür wieder komplett aufstoßen könnte, wäre ein guter Startpunkt dafür.

8. Anthony Lynns Schicksal könnte besiegelt sein

Ich hatte letzte Woche bereits über die Chargers geschrieben, namentlich über Anthony Lynn und die zahlreichen verheerenden Game-Management-Situationen während der Pleite gegen Buffalo. Das komplette Debakel gegen die Patriots war dann ein Special-Teams-Horror, mit einem zugelassenen Punt-Return-Touchdown, einem geblockten und zum Patriots-Touchdown zurückgetragenen Field-Goal-Versuch, mehrfach zu wenige und zu viele Spieler im Special Team auf dem Feld.

All das beschreibt noch nicht mal die schlechte Situation, in die Justin Herbert häufig gebracht wurde, während die Defense es nicht schaffte, das Run Game der Patriots zu stoppen. Obwohl die Pats einmal mehr den Ball überhaupt nicht werfen konnten.

Doch vor allem das Bild, das die Chargers - in einer Saison, in der trotz einer spektakulären Rookie-Quarterback-Saison die Entwicklung des Teams insgesamt ausgeblieben ist - über die letzten beiden Wochen abgegeben haben, könnte Lynns Schicksal besiegeln. Und ich sehe ihn auch nicht als den Coach, mit dem man über die nächsten drei Jahre um Herbert ein Titelfenster öffnet.

9. In Chicago muss alles auf den Prüfstand

Für die Lions war es das erste Spiel nach der Entlassung von Head Coach Matt Patricia und GM Bob Quinn, und es wäre sicher zu leicht gedacht, wenn man an diesem Punkt einfach den Befreiungseffekt vorschieben würde. Zumal die Defense noch immer nicht gut war, den Run noch immer nicht stoppte und noch immer in Man Coverage verbrannt wurde.

Aber gerade die Offense spielte gelöster. Das Passspiel war vertikaler, Stafford hatte einen fantastischen 49-Yard-Touchdown-Pass auf Cephus - und das leitet auch direkt zum Gegner über. Während bei den Lions bereits der Blick auf die Offseason gerichtet ist und die größte Frage lautet, wie tiefgreifend der Umbruch aussehen soll, sind die Bears scheinbar noch an einem anderen Punkt. Allerdings sollten sie das nicht sein.

Eine Niederlage wie diese gegen Detroit, mit einem Interims-Coach, ohne Kenny Golladay, in dem die stolze Bears-Defense durch die Luft für Big Play auf Big Play zerlegt wurde, sollte der nächste von zahlreichen Weckrufen sein. Ich hatte vor einigen Wochen bereits ausführlicher über die gesamte Sichtweise auf die Bears, die schwierige Situation und die Kader-Gesamtzusammenstellung geschrieben, der 5-1-Start war mit Blick auf das tatsächliche sportliche Potenzial dieses Teams immer eine Illusion.

Die Bears brauchen einen tiefgreifenden Umbruch, und der Einbruch gegen die Lions in der zweiten Hälfte sollte einmal mehr unterstreichen: Head Coach Matt Nagy und GM Ryan Pace müssen gehörig angezählt werden. Und für den tiefgreifenden Umbruch braucht es dann womöglich auch einen kompletten Cut.

10. Taysom Hill wird weitere Starts bekommen

Im Vorfeld des Saints-Falcons-Spiels waren bereits Meldungen kursiert, wonach Drew Brees bereits kommende Woche nach seinen zahlreichen Rippenbrüchen zurückkehren könnte. Dass Brees' Rückkehr vor Playoff-Start zu erwarten war, stand nie ernsthaft zur Debatte - und es ist sehr gut möglich, dass das der letzte Ritt für Brees wird. Noch einmal Playoffs, noch eine Chance auf den Titel, und dann das Karriereende.

Das würde die bereits seit einer Weile in der Theorie geführte Diskussion sehr praktisch machen: Wie steht es um die Brees-Nachfolge? Wer übernimmt, in einer Offseason, in der New Orleans keinerlei finanziellen Spielraum haben wird?

Gerade mit dem Vertrag, den die Saints Hill angesichts der anstehenden Cap-Probleme gegeben haben, haben sie ein Stück weit ihre Karten schon auf den Tisch gelegt. Und ob man ein Fan von Hill als Quarterback ist, oder nicht: Sollte Brees kommende Woche wieder spielen können, hätte Hill aus Sicht der Coaches vermutlich genug gezeigt, dass sie ihn als legitime Start-Option für die kommende Saison sehen.

Hill hatte auch gegen die Falcons früh im Spiel einige Male Glück, brachte dann aber auch ein paar gute Pässe an. Doch in der zweiten Hälfte konnte er die Offense überhaupt nicht mehr bewegen, sodass er zuschauen musste, wie Matt Ryan, Julio Jones und Calvin Ridley die Falcons mit einigen spektakulären Plays fast noch zum späten Sieg führten.

Die zentrale Frage ist natürlich: Was hatten die Coaches erwartet, als Hill als Starter übernahm? Er hat seine Rolle in den beiden Spielen gegen Atlanta weitestgehend gut ausgefüllt, diese aber war in ihrem Umfang - also das, was die Coaches von ihm gefordert haben - sehr limitiert. Dazwischen war ein übles Spiel gegen Denver. Es hätte besser laufen können, es hätte schlimmer laufen können.

Bislang haben Sean Payton und die Saints-Coaches nur vergleichsweise wenige Play-Designs tatsächlich um Hills Fähigkeiten als Runner aufgebaut. Das dürfte eher noch kommen, womöglich mit einer Offseason als Vorbereitung. Das unverhoffte Intermezzo als Brees-Vertreter dürfte das Team, das Hill für 2021 16 Millionen Dollar garantiert hat, nicht dazu bringen, sich auf die teure Suche nach einem kurzfristigen Starting-Quarterback zu machen.