Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 6 in der NFL

Von Adrian Franke
17. Oktober 202209:55
SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 6 in der NFL.getty
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Nach Woche 6 rückt die Trade-Deadline zunehmend in den Fokus: Wer könnte jetzt abgegeben werden? Und wohin? Außerdem: Die Packers müssen sich einen gravierenden Fehler eingestehen - und in New England wird erstaunlich gute Arbeit geleistet.

Mit Woche 6 haben wir das erste Saison-Drittel hinter uns, und auch wenn klar dominante Teams rar gesät sind und sich das Liga-Mittelfeld ungewöhnlich breit präsentiert: Ein paar Dinge kann man zunehmend besser einkategorisieren, was auch zu künftigen Weichenstellungen führen wird. Die Carolina Panthers haben mit der Entlassung von Matt Rhule die erste gravierende Weichenstellung dieser Saison bereits durchgeführt.

Mit der nahenden Trade-Deadline - dazu gleich noch mehr - werden einige Teams einen ehrlichen Blick in den Spiegel wagen müssen, um sich zu fragen: Sollten wir einen Umbruch einleiten? Ist die Zeit für einen radikalen Einschnitt gekommen? Was macht das mit unserer aktuellen Kader-, Coaching- und Front-Office-Struktur?

Und dann rückt unweigerlich früher oder später die Quarterback-Situation in den Mittelpunkt. Teams, die zu dem Schluss kommen, dass ein Umbruch unausweichlich ist, haben in der Regel bestenfalls eine Übergangslösung auf der Quarterback-Position - wenn überhaupt. Das hat den klaren Rebuild in Chicago während der vergangenen Offseason, je nachdem, wie positiv man bei Justin Fields war und ist, zu einem solchen Paradoxon gemacht: An sich wäre diese zweite Saison das Jahr, in dem man um Fields etwas aufbaut, um seine Entwicklung bestmöglich voranzutreiben und falls das nicht klappt, um zumindest ein klares Bild zu kreieren.

Denn das ist und bleibt für mich ein unheimlich gefährlicher Spot für ein Team: Einen jungen Quarterback zu haben, der ein wenig Potenzial angedeutet hat, der aber auch klare Schwächen und eine überschaubare Entwicklung an den Tag legt - mit einem Team um ihn herum, welches schwach genug ist, dass man es als Argument für besagte mangelnde Entwicklung und für die Schwächen anbringen kann.

Genau das ist die Situation, in der die Bears aktuell sind. Fields hat seine drei, vier Plays pro Spiel, an denen man sich festhalten kann, die Hoffnung geben. Seine Athletik und Playmaker-Qualitäten als Runner stehen außer Frage, aber die große Gefahr dabei ist: Wie schätzt man das als Team richtig ein? Das ist ein unheimlich kritischer Punkt für eine Franchise. Sagen wir, die Bears beenden die Saison mit einem Top-5-Pick und haben einen Quarterback im Draft in Reichweite, den sie in ihrer Analyse gleichauf oder sogar besser als Fields sehen. Wie stuft man dann Fields' Leistungen ein, im Kontext der schwierigen Umstände, die man ja selbst kreiert hat, um den Cap in Ordnung zu bringen?

Das war immer die große Gefahr nach dieser Bears-Offseason. Jeder konnte nachvollziehen, warum man einen aufgeblähten Kader aus Cap-Perspektive neu aufstellen musste. Aber damit hat man sich selbst schwierige Parameter gebaut, die zu navigieren die Zukunft dieses Regimes prägen wird. Ersetzt man Fields und liegt damit falsch, oder bleibt man bei Fields und liegt damit falsch, steht der nächste Neustart in Chicago an. Und die Wahrscheinlichkeit, diese Frage richtig zu beantworten, wurde geringer durch die Art und Weise, wie man den Kader für diese Saison zusammengebaut hat.

Chicagos Situation mit einem jungen Quarterback im zweiten Jahr und einem Kader, der einen größeren Umbruch benötigt, ist nicht unbedingt alltäglich. Trotzdem unterstreicht das, was aktuell bei den Bears passiert - oder das, was über die letzten 4 Jahre mit Daniel Jones in New York passiert ist -, für mich die Lektion, wie essenziell wichtig es ist, einen jungen Quarterback bestmöglich bewerten zu können. Hier haben beispielsweise die Jets gute Arbeit in der vergangenen Offseason geleistet. Die Jets sollten nach dieser Saison ein relativ klares Bild darüber haben, ob Zach Wilson die langfristige Antwort ist.

Los geht es aber mit zwei Teams, die weit weg von einem Umbruch sind, und die vielmehr auf lange Sicht hin in den Kreis der jährlichen Titelanwärter zählen sollten: Los geht es mit dem Duell der Buffalo Bills und der Kansas City Chiefs.

1. Chiefs vs. Bills: Schwergewichtskampf auf Jahre

Das letzte Mal, dass ich über "Mahomes vs. Allen" geschrieben habe, war dieser Text nach dem Playoff-Duell in der vergangenen Saison. Ein Duell, welches für mich eine übergreifende Frage nach sich zog, die ich damals so formuliert hatte:

Wie groß waren die Bauchschmerzen der allermeisten GMs in der AFC, während sie dieses Spiel gesehen haben?

Die These dahinter lag nach dieser Lasershow von einem Spiel auf der Hand: Dieses Spiel zu sehen und zu wissen, dass Patrick Mahomes und Josh Allen für die nächsten zehn, vielleicht 15 Jahre ein Problem in der AFC darstellen werden, muss so manchem GM einen Schauer über den Rücken gejagt haben.

Und vielleicht sogar mehr noch. Vielleicht kann das, was Allen und Mahomes nicht nur in diesem Spiel, sondern seit nunmehr Jahren zeigen, zu einem Umdenken führen; dahingehend, dass "gut" in dieser Conference nicht "gut genug" sein wird. Zumindest nicht, wenn man perspektivisch plant und überlegt, wie man den eigenen Kader zusammenstellt - und wie man die Quarterback-Position besetzen möchte.

Dann müsste man unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass ein Ansatz wie der der Colts - auf verschiedene potenziell durchschnittliche Optionen zu setzen, die aber trotzdem teuer sind und dementsprechend aus Cap-Perspektive nicht den Vorteil eines Rookie-Vertrag-Quarterbacks mitbringen - der denkbar schlechteste Plan ist. Upside, oder zumindest der Vorteil des günstigen Rookie-Vertrags - zumindest einer, idealerweise beide diese Faktoren müssten, als Schlussfolgerung, gegeben sein.

Diskrepanz an der QB-Spitze dieses Jahr deutlich

Die Diskrepanz auf der Quarterback-Position ist in dieser Saison umso gravierender; mein erstes In-Season-Quarterback-Ranking für 2022 hat das ebenfalls zum Ausdruck gebracht. Die Luft an der Spitze ist merklich dünner geworden - ich sehe einzig eben Mahomes und Allen im Elite-Tier auf der Position.

Nicht zuletzt weil Defenses Big Plays immer besser unterbinden, ist es für Quarterbacks zunehmend schwierig geworden, gut auszusehen und gute Stats aufzulegen. Das führt dazu, dass wir Spiele bekommen wie die von Aaron Rodgers über die letzten Wochen. Oder Auftritte wie den von Tom Brady gegen eine dezimierte Steelers-Defense. Oder Matt Stafford, der hinter einer schwachen Line auseinanderfällt. Lamar Jackson hatte jetzt auch mehrere schwache Spiele.

Diese Ausgabe des Chiefs-Bills-Duells war längst nicht der vielerorts antizipierte Shootout. Das sind zwei gute Defenses, trotz der Ausfälle auf beiden Seiten, und mit der Art und Weise, wie Defenses eben insgesamt spielen, und wie gut diese beiden Teams sich kennen, lässt sich ein relatives Low-Scoring-Spiel zumindest in der Regular Season ein wenig erklären.

Allens und Mahomes' Ausnahmequalitäten sichtbar

Und dennoch war es auffällig, welchen Unterschied die Ausnahmequalität dieser beiden Quarterbacks auch in diesen Umständen machen kann. Der Touchdown-Drive der Bills direkt vor der Halbzeitpause etwa, als Allen bei Dritter-und-13 von der eigenen 1-Yard-Line aggressiv blieb und dann, in der gegnerischen Hälfte, als er das Eins-gegen-Eins mit Gabriel Davis bekam, servierte er den Ball tief zum Touchdown.

Der erste Chiefs-Touchdown derweil kam nur zustande, weil Mahomes bei Dritter-und-Zehn das Play mehrfach ausdehnte und dann diagonal übers Feld den Ball zurückwarf und die Bills dann JuJu Smith-Schuster nicht getackelt bekamen.

Beide Quarterbacks waren weit davon entfernt, eine fehlerfreie Partie zu spielen - im Gegenteil. Mahomes' Fehler ermöglichte Kaiir Elam die Interception in der Endzone, Allen tat sich in der ersten Hälfte lange mit dem Blitz schwer und Buffalo hatte selbst früh kostspielige Fehler.

Dementsprechend sind diese Zeilen auch nicht als Lobeshymne auf herausragende Spiele von Allen und Mahomes gedacht. Was dieses Spiel vielmehr für mich einmal mehr unterstrichen hat, ist der Luxus des Spielraums für Fehler, welchen diese beiden Quarterbacks - und aktuell nur diese beiden Quarterbacks - für ihre Teams mitbringen.

Die Offensive Line wird geschlagen? Der Quarterback kann Plays machen. Die Receiver kreieren keine schnelle Separation? Der Quarterback kann das Play ausdehnen. Nichts ist offen? Der Quarterback kann am Boden ein First Down herausholen. Und das eben zusätzlich zu alledem, was beide innerhalb der Struktur machen können und eben auch konstant machen.

Denn die Ausnahme-Plays, die Highlights, sind zwar häufig die wichtigsten Plays eines Spiels, aber sie sind nur wichtig, solange der Floor durch konstantes Quarterback-Play hoch ist.

Mahomes vs. Allen - Wiederauflage in den Playoffs?

Kein Quarterback außer den beiden leistet das aktuell. Und deshalb sind beide aktuell in einer eigenen Kategorie, und diese Duelle finden jedes Mal mit derartiger Intensität statt. Weil jederzeit ein Big Play kommen kann, aber auch beide Quarterbacks ihre Offense innerhalb weniger Sekunden oder, wenn nötig, mit geduldigen Drives über das Feld führen können.

Der Game-Winning-Drive der Bills am Ende des vierten Viertels war ein Beispiel dafür. Als Allen mit seinen Beinen die Plays machte, um dann am Ende Dawson Knox in der Endzone trotz enger Coverage mit einem absoluten Laser mit perfektem Touch über den Underneath-Verteidiger zu bedienen.

Die Bills sind aktuell das komplettere Team zwischen diesen beiden Schwergewichten, und das Spiel unterstrich das. Es war umso passender, dass Von Miller - der Spieler, den Buffalo im Frühjahr verpflichtet hatte, um in den kritischen Momenten auch mit der Defense Spiele beenden zu können - in der Spätphase dieser Partie mehrere Big Plays hatte.

Kansas City dagegen ist insgesamt noch ein wenig in der Findungsphase - und verlangte den Bills trotzdem alles ab. Mahomes warf zwei hässliche Interceptions, die letztlich den Unterschied ausmachten, und ich bleibe dabei, dass Kansas City in seine Wide-Receiver-Gruppe noch mehr Dynamik bringen könnte; einen Spieler, der individuell gewinnt und Räume kreiert.

Die Saison ist noch lang, bis zu den Playoffs kann noch viel passieren. Ein Wiedersehen dieser beiden Teams tief in den Playoffs würde wohl kaum jemanden überraschen. Und dann müssen die Bills erst noch zeigen, dass sie auch in dieser Situation ihre Nemesis ausschalten können.

2. Die Packers müssen sich ihren Fehler eingestehen

Ich war bei den Packers geduldig, und ein wenig bin ich das auch weiterhin noch. Das ist der Bonus, den man sich erarbeitet hat, wenn man den zweifachen amtierenden MVP auf Quarterback hat und einen Head Coach, der eine der besten Offenses der vergangenen Saison designt und gecalled hat.

Diese Kombination aus Coach und Quarterback sollte einem dabei helfen, zumindest im Laufe der Saison einige Dinge geradezubiegen, ein paar Baustellen zu schließen und auch gewisse Dinge besser aussehen zu lassen, als sie es eigentlich sind.

Für den Moment aber gilt: In Green Bay müssen die Alarmglocken läuten!

Zu eklatant sind die Probleme, und das zumindest in Teilen mit Ansage. Man kann den Packers keinen Strick daraus drehen, dass sie Davante Adams in der vergangenen Offseason verloren haben - alle anschließenden Berichte legen nahe, dass die Packers ähnliches, wenn nicht sogar mehr, geboten haben. Adams aber wollte näher Richtung Heimat und fand die Idee reizvoll, mit seinem College-Quarterback Derek Carr zusammenzuspielen.

Im Gegensatz zu den Chiefs mit Tyreek Hill also wollten die Packers diesen Schritt nicht. Aber was man ihnen fraglos vorwerfen kann, ist die Tatsache, dass sie danach nicht gut darauf reagiert haben.

Zwei Picks - Christian Watson und Romeo Doubs - in die Receiver-Position zu stecken, ist schön und gut, wenn man perspektivisch plant. Die Packers waren und sind mit Rodgers in einem sehr spezifischen Fenster, das vielleicht nur ein, mutmaßlich nicht mehr als zwei Jahre beträgt und es ist schon bemerkenswert, wie passiv man angesichts dieser Ausgangslage in der Zusammenstellung des Kaders war.

Packers: Was war der Plan?

Und natürlich: Es muss einen Plan gegeben haben. Oder zumindest weigere ich mich, zu glauben, dass ein Team in einer Offseason seinem Quarterback 50 Millionen Dollar pro Jahr bezahlt, um sich dann im nächsten Schritt zu sagen: "Mal schauen, ob einer unserer Receiver im Laufe der Saison einen Sprung macht."

Das Problem aus Packers-Sicht ist, dass es teilweise genau so aussieht. Und man sieht mehr und mehr die Folgen: Nach dem Patriots-Spiel vor zwei Wochen hatte ich mir schon notiert, dass Rodgers auffallend häufig tief gegangen war - im Gegensatz zum Bucs-Spiel davor -, aber das Timing mit seinen Receivern mehrfach off war. Das wiederholte sich gegen die Giants in London, und wenn er gegen die Jets mal etwas in der Richtung versuchte - wie beim Fourth-Down-Pass tief zu Doubs - war das Timing wieder nur vereinzelt da: Bei einem sehenswerten Pass auf Allen Lazard sowie beim Touchdown zu Lazard.

Das war insbesondere gegen die Giants umso auffälliger, weil man dabei zusehen konnte, wie Rodgers die Geduld verlor. Wie er keine Lust mehr auf die Ultra-Kurzpass-Offense hatte und Shots erzwingen wollte - die aber eben kaum einmal klappten. Und einer Offense, die sehr diszipliniert von First Down zu First Down arbeiten muss, zog das den ohnehin dünnen Boden unter den Füßen weg.

Dabei gab es sie schon, diese Spiele, in denen das Run Game dominierte und es "reichte", wenn das Passspiel seine Arbeit als Komplementär-Element leistete. Das Giants-Spiel fühlte sich zumindest in der ersten Hälfte so an, das Bears-Spiel ging in die Richtung, das Patriots-Spiel ebenfalls.

Green Bay: So wenig Spielraum für Fehler

Doch um auf diese Art und Weise zu gewinnen, muss das Run Game nicht nur Woche für Woche auf einem hohen Level agieren - und hier würde ich den Hinweis unterbringen wollen, dass Green Bay Aaron Jones deutlich mehr featuren sollte als A.J. Dillon -, sondern das Passspiel muss mit entsprechend hoher Effizienz das Run Game ergänzen und die Defense muss auf ihrer Seite dominieren, und zumindest verhindern, dass die eigene Offense konstant antworten muss. Mit einer derart passiven Defense, die gegen den Run regelmäßig zerlegt wird, ist das ebenfalls ein schwieriges Unterfangen.

Wenn wir also guten Willen anwenden, und den Packers attestieren, dass sie in ihrer Kader-Konstruktion einen langsamen Saisonstart einkalkuliert haben, mit der Idee, dass das Passspiel im Laufe der Saison einen schrittweise besseren Rhythmus findet, kann man die Idee für die Zeit auf dem Weg dahin so zusammenfassen:

  1. Mit der Defense Shootouts und Spiele, in denen die eigene Offense regelmäßig antworten muss, verhindern.
  2. Den Ball hinter einer guten Line mit den beiden Backs konstant auf einem hohen Level laufen.
  3. Das Passspiel als Komplementärstück nutzen und Rodgers' Extraklasse in kritischen Momenten ausspielen, um ihn ansonsten als High-Level-Game-Manager Spiele dirigieren zu lassen.

Wenn wir dann Haken hinter diese Ziele setzen? Ich würde sagen, den zweiten Punkt kann man mit etwas gutem Willen mit Ja beantworten. Aber das reicht dann nicht, wenn der Spielraum für Fehler so klein ist, weil man selbst keine explosive Offense hat.

Packers: Kommt jetzt ein teurer Trade?

Gegen die Jets war die Line zum ersten Mal in dieser Saison ein elementares Problem, und ich bin gespannt, ob die Packers hier nochmals umbauen werden; vielleicht geht Elgton Jenkins wieder neben Bakhtiari auf die linke Seite? Ich hatte gegen New York den Eindruck, dass Green Bay hier physisch dominiert wurde, und das sollte dieser Line nicht passieren. Rodgers sollte nicht diese Anzahl an Hits - vier Sacks, neun Hits am Sonntag - einstecken.

Die logische Folgefrage jetzt ist: Wenn wir sagen, dass Green Bays vermeintlicher Plan ohnehin schon auf sehr wackeligen Füßen stand, und die bisherige Saison eindrucksvoll untermauert hat, dass es extrem schwierig ist, auf diesem Wege allein den Kopf über Wasser zu halten, bis vielleicht die Passing-Offense im Laufe der zweiten Saisonhälfte merkliche Fortschritte macht, weil sich vielleicht zumindest einer der jungen Receiver entwickelt - wäre dann nicht jetzt die Zeit gekommen, um die vermeintliche Fehleinschätzung der Offseason zu korrigieren?

Ich sage gleich vorweg: Ich denke nicht, dass etwas in der Hinsicht passiert. So "ticken" die Packers in meinen Augen nicht, sie haben jetzt die beiden jungen Receiver, die sie entwickeln wollen. Man könnte zudem ein Argument dahingehend machen, dass jeder neue Receiver, der die Offense erst lernen muss und dann eine Chemie mit Rodgers entwickeln sowie dessen Vertrauen verdienen muss, Zeit brauchen wird. Und Zeit wird langsam zum Luxusgut in Lambeau.

Ich würde trotzdem argumentieren, dass die Zeit gekommen ist, um zumindest etwas zu versuchen. Das muss nicht gleich der Trade für D.J. Moore sein, der vermutlich der teuerste Receiver auf dem potenziellen Trade-Markt sein dürfte. Das könnte auch ein Spieler wie Robbie Anderson sein, der deutlich weniger kosten wird.

Denn selbst wenn wir Fortschritte erwarten - diese Fortschritte werden in Maßen kommen -, einkalkulieren sollte man sie in dem kurzen Zeitfenster einer Saison nicht. Erst recht nicht, wenn man jetzt noch ein Titelfenster hat, das man gerade Gefahr läuft, zu verlieren.

Jets: Ein junges Team auf dem richtigen Weg

Die Jets sollten hier nicht unerwähnt bleiben. Das war das Spiel dieser Defense, auf das ich gewartet hatte. Der dominante Pass-Rush, die Lockdown-Secondary, die Physis und Power an der Line of Scrimmage, wie man es in besten Robert-Saleh-49ers-Tagen kannte. Das ist eine junge Defense, und solche Spiele können auf dem Weg einer solchen Defense kleine Meilensteine sein.

Ich habe immer noch einige größere Fragezeichen was die Offense angeht, und ganz konkret was Zach Wilson angeht. Wilson hatte gegen die Packers wieder einige fragwürdige Momente im Pocket-Verhalten und bei seinen Entscheidungen. Und das ist letztlich die weichenstellende Entscheidung, welche in New York mit jeder Woche ein bisschen gewichtiger über der Franchise hängt.

Aber mit der Art und Weise, wie die Defense sich zunehmend präsentiert, gibt es generell Hoffnung für die Zukunft des Saleh-Joe-Douglas-Duos.

3. Trade Deadline: Wer könnte jetzt wechseln? Und wohin?

Mit Woche 6 (beinahe) komplett hinter uns rückt ein jährliches Thema langsam aber sicher in den Vordergrund: Die Trade-Deadline kündigt sich am Horizont an! Nur noch bis zum 1. November können Teams Spieler traden, danach ist das Fenster für die laufende Saison geschlossen - wir reden also von noch maximal zwei Spielen für die 32 Teams, um eine potenziell kritische Weichenstellung vorzunehmen.

Denn zu einem Trade gehören, wenig überraschend, zwei Teams, und für beide muss die Perspektive passen: Wer sieht sich jetzt, oder vielleicht nach einem weiteren Spiel, gut genug, um aggressiv zu sein und seinen Kader für einen antizipierten Playoff-Run zu rüsten? Und auf der anderen Seite, wer ist gewillt, einen Umbruch in die Wege zu leiten, wenn es darum geht, mehr als nur Spieler aus der Tiefe des Kaders abzugeben?

Ersteres kann Teams deutlich leichter fallen, für Letzteres müssen mehrere Faktoren stimmen. Der aktuelle Record in Kombination mit den bisher gezeigten Leistungen, aber auch die Job-Sicherheit für zumindest den GM - und idealerweise auch den Head Coach -, um sich von einem verbliebenen guten Spieler, vielleicht sogar einem Leistungsträger oder einem Fan-Liebling, zu trennen.

Das spült die Panthers an die Spitze dieser Liste, was mögliche Verkäufer-Teams angeht. Hier wurde der Umbruch mit der Entlassung von Matt Rhule bereits eingeleitet, in der Theorie sollte hier jeder Spieler, für den richtigen Preis natürlich, auf dem Markt sein.

Aber auch ein Team wie Chicago sollte spätestens nach der Niederlage gegen Washington am vergangenen Donnerstag weit oben in diesen Gesprächen stehen. Die Bears hatten schon vor der Saison ganz klar die Weichen auf Neustart gestellt, und dieser Weg sollte jetzt eher noch konsequenter verfolgt werden.

NFL: Trade-Kandidaten bis zur Deadline

Brian Burns, Edge, Carolina Panthers (Alter: 24)

Restvertrag nach dieser Saison: 1 Jahr (5th Year Option)

Dead Cap im Falle eines Trades: 1,9 Mio. Dollar

Warum ein Trade Sinn ergibt: Wenn wir die Panthers-Situation strikt aus dem Blickwinkel sehen, dass sich hier ein Team im Rebuild befindet, dann ist Burns der attraktivste Trade-Chip. Ich würde Burns nicht in das ligaweite Elite-Edge-Tier einsortieren, aber in die Gruppe dahinter und diese Spieler haben jede Menge Wert. Burns könnte einem Team mit Playoff-Ambitionen sofort einen High-End-Pass-Rusher geben und einen echten Unterschied machen, für 2023 steht er mit der 5th Year Option für 16 Millionen Dollar unter Vertrag.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: Selbst in einem Rebuild sollte man es sich doppelt und dreifach überlegen, ob man einen jungen Leistungsträger auf einer Premiumposition abgeben sollte. Falls die Panthers Burns traden, wäre es ein klares Signal nach außen - und auch nach innen -, dass sie hier mit einem gravierenden, auf mehrere Jahre ausgelegten Rebuild planen. Und vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass Burns selbst seine Zukunft nicht in Charlotte sieht.

D.J. Moore, WR, Carolina Panthers (Alter: 25)

Restvertrag nach dieser Saison: 3 Jahre

Dead Cap im Falle eines Trades: 19,5 Mio. Dollar

Warum ein Trade Sinn ergibt: Moore ist ein guter Receiver nach dem Catch, ein sehr guter Allrounder auf der Position. Ich würde ihn gerne in einer guten Offense als High-End-1B sehen und es gibt sehr, sehr viele Offenses ligaweit, die eine solche Waffe gebrauchen könnten. Sowohl Teams, die jetzt angreifen wollen - Green Bay beispielsweise -, als auch ein Team wie Chicago, das zwar seinerseits ebenfalls einen Umbruch eingeleitet hat, aber vielleicht in Fields seinen langfristigen Quarterback sieht und möglichst schnell um ihn herum etwas aufbauen muss.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: D.J. Moore ist kein Elite-Receiver, aber er ist seit Jahren in den unruhigen Panthers-Umständen unheimlich konstant. Über die letzten drei Jahre hatte er in jeder Saison mindestens 110 Targets, mindestens 65 Catches, mindestens 1.100 Yards und jeweils exakt vier Touchdowns pro Saison. Moore mag nicht die Art Receiver sein, um den man eine ganze Passing-Offense aufbaut, aber insbesondere falls hier bald ein Rookie-Quarterback reingeworfen wird, ist Moore ein Playmaker, der diesem Quarterback nicht nur kurz-, sondern auch langfristig helfen kann und der gerade einen neuen Vertrag erhalten hat.

Robbie Anderson, WR, Carolina Panthers (Alter: 29)*

*Montagabend deutscher Zeit wurde bekannt, dass Anderson gegen Draft Compensation nach Arizona geht

Restvertrag nach dieser Saison: 1 Jahr

Dead Cap im Falle eines Trades: 19,4 Mio. Dollar

Warum ein Trade Sinn ergibt: Selbst falls die Panthers für sich entscheiden, dass sie Stars wie Burns nicht abgeben sollen - Spieler wie Anderson, Terrace Marshall oder auch C.J. Henderson sollten absolut zu haben sein, um sich zumindest mit Tag-3-Draft-Munition einzudecken. Anderson hat selbst in einer massiv limitierten Panthers-Offense noch ein paar Plays gemacht. Er könnte einem Team wie den Chargers einen Field-Stretcher geben, der die ganze Dynamik der Offense verändern könnte.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: Anderson spielt realistischerweise in den Zukunftsplänen der Panthers keine übergeordnete Rolle, das wurde spätestens während der hitzigen Diskussionen an der Seitenlinie im Rams-Spiel deutlich, welche damit endeten, dass Interimscoach Steve Wilks Anderson vorzeitig duschen schickte. Er selbst dürfte daran interessiert sein, seine sportliche Situation zu verbessern und die Panthers können zusätzliches Draft-Kapital jetzt gut gebrauchen. Einzig der Vertrag wäre aus Panthers-Sicht eine bittere Pille, gleichzeitig könnte man aber dementsprechend mehr auf dem Trade-Markt verlangen. Andersons Cap Hit im Falle eines Trades würde 2023 knapp über elf Millionen Dollar betragen.

Christian McCaffrey, RB, Carolina Panthers (Alter: 26)

Restvertrag nach dieser Saison: 3 Jahre

Dead Cap im Falle eines Trades: 25,9 Mio. Dollar

Warum ein Trade Sinn ergibt: Wenn wir davon ausgehen, dass die Panthers einen größeren Umbruch anpeilen, ist McCaffrey rein vom Spielertyp her im Vakuum betrachtet genau die Art Spieler, die man abgibt: Ein 26-jähriger Running Back mit einer Vorgeschichte an Verletzungen und einem teuren Vertrag über die nächsten Jahre. Und wenn McCaffrey auf dem Platz steht, ist er noch immer einer der spannendsten Backs in der NFL und wird fraglos einen Markt haben. Für mögliche Interessenten ist der Vertrag überaus attraktiv: McCaffreys Cap Hit in diesem Jahr würde für ein aufnehmendes Team weniger als eine Million Dollar betragen. Diese Summe geht 2023 zwar auf 12 Millionen Dollar hoch - nichts davon ist allerdings garantiert.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: Der Vertrag ist durch den Dead-Cap-Hit maximal unangenehm zu traden. Die Panthers müssten gewillt sein, sehr viel Dead Cap zu schlucken - was wiederum den Preis in die Höhe treiben dürfte, den Carolina sehen will, um nicht nur eine seiner Identifikationsfiguren abzugeben, sondern auch noch finanziell derartige Zugeständnisse zu machen.

Sollten die Berichte stimmen, wonach Carolina einen Trade nur für mehrere Erstrunden-Picks - was natürlich ein komplett absurder Preis wäre - in Erwägung zieht, dann können wir uns hier alle Gedankenspiele sparen. Aber hier ist es, genau wie bei Brian Burns, bei dem Ian Rapoport und Adam Schefter berichtet haben, dass die Panthers ihn nicht traden wollen, wichtig, über die Rolle von Medien-Insidern in solchen Dingen zu sprechen. Derartige Infos an Rapoport, Schefter und Co. zu leaken, kann ganz kühl kalkulierte Taktik vonseiten der Teams sein, um über diese sehr öffentlichen Kommunikationskanäle Konversationen mit anderen Teams zu starten oder neu anzuheizen. Das kann für den Hinterkopf wichtig sein, bei allen Trade-Insider-Reports, die über die nächsten zwei Wochen auftauchen.

Robert Quinn, Edge, Chicago Bears (Alter: 32)

Restvertrag nach dieser Saison: 2 Jahre

Dead Cap im Falle eines Trades: 12,7 Mio. Dollar

Warum ein Trade Sinn ergibt: Ich hatte Quinn bereits vor Saisonstart als Trade-Kandidaten auf dem Zettel. Die Kombination aus seinem Alter, einem Vertrag, der relativ gut für einen Trade ist sowie der Richtung, welche Chicago in seinem generellen Roster-Management eingeschlagen hat, schien das nahezulegen. Und ein klein wenig frage ich mich, ob die Bears es bereuen, diesen Move nicht schon gemacht zu haben. Denn nach 18,5 Sacks im Vorjahr ist Quinn in dieser Saison bislang überschaubar als Pass-Rusher. Und dennoch: Ein Tapetenwechsel könnte ihn für einen möglichen Contender interessant machen (Hallo, Rams?), während klar sein sollte, dass er in Chicagos mittel- und langfristiger Planung keine Rolle spielt.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: Hier fällt es mir schwer, ein Argument zu finden. Die aktuelle Saison wird nirgendwo hinführen, und das ist in Chicago mit der Art und Weise, wie man die vergangene Offseason angegangen ist, einkalkuliert. Und Quinn ist bislang auch nicht gerade ein elementarer Bestandteil einer unerwartet guten Bears-Defense. Die Defense ist Durchschnitt, genau wie Quinns bisherige Saison und Teil des Neustarts wird der 32-Jährige in Chicago nicht sein.

Roquan Smith, LB, Chicago Bears (Alter: 25)

Restvertrag nach dieser Saison: Auslaufender Vertrag

Dead Cap im Falle eines Trades: Kein Dead Cap

Warum ein Trade Sinn ergibt: Smith war bereits in der Offseason ausgesprochen unzufrieden mit seiner vertraglichen Situation, bis zu dem Punkt, dass er nicht am Training teilnahm, weil er einen neuen Vertrag wollte. Letztlich rauften sich beide Seiten zusammen, aber das wirkt nicht nach einer Situation, in welcher Chicago ihm nach der Saison den Vertrag auf den Tisch legt, den er sich erhofft. Und wenn die Bears auf dem Free-Agent-Markt aggressiv sein wollen, wird man auch keinen Compensatory Pick kassieren, wenn Smith als Free Agent woanders einen teuren Vertrag unterzeichnet. Hier scheint ein Trade für alle Beteiligten viel Sinn zu ergeben.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: Die Bears könnten bei Smith zu dem Schluss gekommen sein, dass er (doch?) einer der jungen Spieler ist, um den sie etwas aufbauen wollen - und vielleicht ist sein Value auf dem Markt auch einfach nicht so groß wie gedacht. Das aber ist rein spekulativ, und falls die Bears für ihn relevante Draft-Ressourcen bekommen könnten, sollte er absolut zu haben sein.

David Montgomery, RB, Chicago Bears (Alter: 25)

Restvertrag nach dieser Saison: Auslaufender Vertrag

Dead Cap im Falle eines Trades: 261.545 Dollar

Warum ein Trade Sinn ergibt: Chicago musste mit Blick auf den Kader den Reset-Knopf drücken, und auch wenn die Bears jetzt jede Menge Cap Space in der kommenden Offseason haben werden: Chicago ist noch ein gutes Stück davon entfernt, oben anzugreifen - und Montgomerys Vertrag läuft nach dieser Saison aus. Einen Running Back an diesem Punkt des Rebuilds zu verlängern ergibt wenig Sinn - umso weniger, weil Khalil Herbert gezeigt hat, dass er Montgomery durchaus vertreten kann.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: Ein Argument hier könnte sein, dass man Justin Fields nicht noch eine offensive Waffe nehmen will. Montgomery ist ein guter Runner und ein guter Scheme-Fit - aber sehen die Bears ihn, sportlich und innerhalb des Locker Rooms, als so relevant, dass sie mit ihm in der kommenden Offseason verlängern?

Mike Gesicki, TE, Miami Dolphins (Alter: 27)

Restvertrag nach dieser Saison: Auslaufender Vertrag (Franchise Tag)

Dead Cap im Falle eines Trades: Kein Dead Cap

Warum ein Trade Sinn ergibt: Gesicki ist ein sehr guter Receiving-Tight-End - aber eben auch nicht mehr als das. Er ist mehr ein großer Receiver als ein "echter" Tight End, was die Entscheidung, ihn via Franchise Tag zu halten, in Mike McDaniels Offense immer etwas kurios gemacht hat. Über die ersten fünf Spiele hatte Durham Smythe 28 Snaps mehr gespielt als Mike Gesicki - was Sinn ergibt, wenn man bedenkt, welche Rolle der Tight End in dieser Offense hat. Es unterstreicht, dass Gesicki in dieser Offense ein reiner Luxus-Spieler ist, und Miami sollte überlegen, ob man sich diesen Luxus weiter gönnen möchte, oder ob man etwas Draft-Kapital zurückholen will.

Warum ein Trade keinen Sinn ergibt: Falls die Dolphins nach einem durchaus ermutigenden Saisonstart zu dem Schluss kommen, dass sie keinerlei Qualität abgeben wollen, auch wenn es sich um einen teuren Role Player handelt. Sollten die Dolphins jedoch das Fazit ziehen, dass Gesickis Value innerhalb der Offense nicht größer ist als das, was er Miami in einem Trade einbringen könnte, dann würde es ohne Frage Teams geben, die einen solchen Spielertyp gebrauchen können.

NFL Trade-Deadline: Wer könnte sonst noch wechseln?

Neben den potenziellen Blockbuster-Trades gibt es in jeder Saison um diese Zeit auch die kleineren Moves. Die Browns etwa haben bereits über einen 2024er Late-Round-Pick-Tausch mit den Atlanta Falcons Linebacker Deion Jones verpflichtet, letztes Jahr gab es Ende Oktober Trades wie den von Running Back Mark Ingram für einen 2024er Siebtrunden-Pick zu den Saints, oder den von Edge-Rusher Charles Omenihu für einen 2023er Sechstrunden-Pick nach San Francisco.

Diese Art Trade wird es auch in diesem Jahr geben. Die Rotationsspieler, in denen ein anderes Team mehr Potenzial sieht, oder auch Spieler, die bei ihrem aktuellen Team, aus welchen Gründen auch immer, auf dem Abstellgleis gelandet sind.

Jets-Receiver Denzel Mims wäre so ein Kandidat. Der 25-Jährige hatte seinen Trade-Wunsch bereits im Sommer klargemacht, letztlich blieb er in New York - und war regelmäßig inactive, obwohl er nicht verletzt ist. Cam Akers gehört seit einigen Tagen fest in diese Gruppe: Akers wurde am Sonntag gegen Carolina rausgehalten, und übereinstimmenden Berichten zufolge suchen die Rams aktiv nach einem Trade-Partner. Alternativ scheint hier auch eine Entlassung nicht ausgeschlossen.

Auch die Patriots könnten einen Receiver abgeben, Kendrick Bourne etwa, oder Nelson Agholor. Beide sind Role Player, und mit Tyquan Thornton zurück werden Snaps neben Jakobi Meyers und DeVante Parker noch umkämpfter. Tackle Riley Reiff schien derweil ein Starter-Kandidat in Chicago zu sein, bislang aber ist er nur Backup. Könnte er den Bears auf dem Markt, auf dem Tackles immer gesucht werden, noch einen Tag-3-Pick einbringen?

D'Ernest Johnson ist indes der vergessene Mann in Clevelands Backfield. Um ihn hatte es bereits vor der Saison Trade-Gerüchte gegeben. Dass die Giants Kenny Golladay abgeben wollen, ist kein Geheimnis - doch dieser Vertrag ist ein Albtraum für einen Trade, gut denkbar, dass die Giants hier sogar etwas drauflegen müssten, etwa in einem Pick-Tausch.

Auch der einstige Nummer-4-Pick Clelin Ferrell, dessen Vertrag ausläuft, wird keinen stolzen Preis mehr erzielen. Aber Ferrell ist bei den Raiders nur noch ein Rotations-Rusher, und er hat sich längst stabilisiert. Er könnte ein nettes Reclamation-Projekt für ein anderes Team sein. Cornerback William Jackson ist in Washington offiziell auf dem Trade-Block gelandet. Jackson war einst in Cincinnati ein überaus vielversprechender Corner, in der Hauptstadt fiel er dann in ein Loch. Jackson braucht eine Defense, in der er viel Man Coverage spielen darf - in Zone scheint er buchstäblich verloren.

Es wird noch viel passieren über die kommenden Wochen. Vielleicht kündigt sich irgendwo noch ein Rebuild an, vielleicht überrascht ein Team mit einem aggressiven Trade. Jetzt ist die Zeit in der Saison dafür gekommen.

4. Quick Notes: Bengals treiben Identitätssuche voran

Einige kurze Notizen aus Woche 6, zu Themen und Teams, über die ich zuletzt bereits ausführlicher geschrieben hatte:

  • Bengals treiben Identitätssuche voran: Das war absolut auffällig, als ich das Saints-Bengals-Spiel nachgeschaut habe - Joe Burrow war so gut wie nie Under Center! 54 Plays hatte Cincinnati, ganze zwei (!) war Burrow nicht in der Shotgun: Bei einem QB-Sneak und beim Kneeldown ganz am Ende. Das war insofern bemerkenswert, als dass ein Problem der Bengals in dieser Saison darin bestand, dass die Offense zu eindimensional war - inklusive mit Blick auf die Formationen: Under Center kam fast immer der Run, in der Shotgun der Pass. Und gegen die Saints hatte die Offense plötzlich einen deutlich runderen Auftritt, Cincinnati lief den Ball sehr gut und Burrow, der sich ohne Frage in der Shotgun wohler fühlt, konnte seine Playmaker mal wieder etwas besser in Szene setzen. Das ist weit davon entfernt, eine Patentlösung darzustellen. Teams werden diese neuen Tendenzen scouten, und Burrow stand auch gegen die Saints unter Druck und kassierte einige bittere Sacks. Mehr Diversifizierung wäre hier weiterhin wünschenswert, auch dahingehend, in welche Fronts man läuft, wie man noch mehr Matchups für Chase kreieren kann, und so weiter. Aber es war positiv, zu sehen, dass zumindest Schritte unternommen werden, um sich weiterzuentwickeln und offensive Antworten zu finden.
  • Arizona schlittert weiter in die Krise: Diese Aussage über die Bengals lässt sich über die Cardinals nicht gerade treffen. Arizona ging in das Spiel gegen die bis dato schlechteste Defense der Liga - und kam gerade so auf magere drei Punkte. Es hätten drei, oder auch sechs, mehr sein können, doch mit Backup-Kicker waren die Cardinals bei Fourth Down sehr aggressiv. Doch einmal mehr war es die Defense, die Arizona im Spiel hielt, und einmal mehr hatte man nicht den Eindruck, dass es einen offensiven Plan gab. Die angeschlagene Offensive Line wackelte, doch statt beim Option Run Game zu bleiben, welches früh im Spiel funktionierte, wurde das nur vereinzelt eingesetzt. Statt sich Pläne zurechtzulegen, wie man den Ball kontinuierlich bewegen kann, war man wieder davon abhängig, dass Murray individuelle Plays macht. Ich sehe Arizona an einem Punkt, an dem man sich eingestehen muss, dass mit Kingsbury keine nachhaltige offensive Kehrtwende mehr kommen wird. Und wenn man zu diesem Schluss kommt, dann kann die Folge nur sein, dass man sich, trotz der neuen Verträge, von Kingsbury trennt, von GM Steve Keim trennt und einen echten Neustart wagt.
  • Die Bucs-Line ist ein echtes Problem: Tampa Bays Offense über die letzten beiden Jahre funktionierte trotz einiger Mängel im Play-Calling - die Early-Down-Runs waren ein Musterbeispiel dafür. Die Bucs liefen den Ball viel bei Early Down, und das ging soweit auf, weil die Offensive Line auf sehr hohem Level spielte und Brady gleichzeitig bei Second und Third Down konstant Plays machte. Die Line ist weit weg von diesem Level, insbesondere die ersatzgeschwächte Interior Line kann mit dieser Spielweise nicht funktionieren und Leonard Fournette ist kein Back, der regelmäßig viel selbst kreiert. Brady derweil spielt noch immer gut - aber nicht auf Elite-Level, und dann werden die langen Down-and-Distance-Situationen plötzlich immer schwieriger. Die Bucs in der Brady-Ära waren noch nie eine Offense, die durch ihr überlegenes Scheme auffiel. Das merkt man in dieser Saison mit dem individuellen Aderlass deutlich, und ich bin gespannt, inwieweit Tampa Bay Antworten findet. Bisher haben sie nicht gezeigt, dass sie das können.

5. Die Patriots-Offense ist eine Positiv-Überraschung

Das Duell der Cleveland Browns und der New England Patriots war für mich persönlich ein mehrfaches "wo lag ich falsch?"-Erlebnis.

Ich dachte vor Saisonstart nicht, dass sich die Patriots-Offense unter Matt Patricia signifikant weiterentwickeln würde. Und ich dachte, dass die Browns eine Top-10-Defense stellen würden.

Mit dem zweiten Punkt kann man direkt in diese Partie einsteigen. Cleveland ging in diesen Spieltag mit der mit weitem Abstand schlechtesten Run-Defense in der NFL. Cleveland lag nach fünf Spielen abgeschlagen auf dem letzten Platz was Expected Points Added pro Run angeht, sowie auf Platz 29 in defensiver Success Rate gegen den Run.

Die Chargers liefen letzte Woche für 238 Yards, bei absurden 7,7 Yards pro Run gegen diese Defense. Und das, nachdem Atlanta in Week 4 202 Rushing-Yards (5,8 Yards pro Run) gegen die Browns aufgelegt hatte. Selbst das chronisch schwache Steelers-Run-Game kam auf 4,7 Yards pro Run (104 Rushing-Yards insgesamt) gegen Cleveland.

Chargers vs. Browns wie das Spider-Man-Meme

In gewisser Weise war das Browns-Chargers-Spiel das Spider-Man-Meme. Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor hatte Cleveland mit 42:47 bei den Chargers verloren, nachdem Cleveland für 230 Yards und drei Touchdowns, bei 6,6 Yards pro Run, gelaufen war. Die Run-Defense der Chargers würde die ganze weitere Saison über ein Thema bleiben, weil sie so desolat war, dass sie Los Angeles Spiele, und ultimativ auch ein Playoff-Ticket, kosten würde.

Diese Rolle haben bislang die Browns eingenommen. Und das liegt nicht mal daran, dass die Browns ausschließlich leichte Boxes spielen würden, denn das ist weniger der Fall, als man es schematisch von dieser Defense erwarten würde. Clevelands Interior Defensive Line ist schlichtweg absolut desolat.

Jordan Elliott, Taven Bryan, Tommy Togiai, Perrion Winfrey - das ist eine massive Schwachstelle mit Ansage. Winfrey war schon als Prospect in erster Linie ein Interior Pass-Rusher, Bryan war in Jacksonville ein First-Round-Bust und Elliott hatte ein vielversprechendes Pre-Draft-Profil, auch er aber war als Drittrunden-Pick bislang eine Enttäuschung.

Und gerade Cleveland, das Linebacker eher mit Reichweite als mit Physis hat und das in der Theorie vermutlich gerne viel mehr noch aus leichten Boxes agieren würde, ist hier sehenden Auges in ein Problem gelaufen. Auch wenn das Problem nochmal um mehrere Stufen gravierender ist als gedacht, und ich sehe zunehmend nicht, wie Defensive Coordinator Joe Woods seinen Job behalten soll. Mit diesem Personal, selbst mit der Schwachstelle der Interior-D-Line, darf diese Defense nicht Woche für Woche so desolat auftreten.

Rhamondre Stevenson als perfekter Fit

Das konnten auch die Patriots attackieren, und Rhamondre Stevenson könnte man zusätzlich noch in die "hier lag ich falsch"-Kategorie zu diesem Spiel hinzufügen. Das war kein Running Back, den ich als Prospect sonderlich mochte oder hoch gerankt habe - nicht zuletzt, weil er auf mich zu wenig physisch stark für seine Größe und nicht agil und explosiv genug, um das zu kompensieren, wirkte.

Doch über die ersten fünf Spiele führte er alle Running Backs mit mindestens 50 Runs in Yards nach Kontakt pro Run an, er war laut PFF auf Platz 9 in puncto Forced Missed Tackles und auf Platz 6 in Runs über mindestens zehn Yards. Gegen die Browns legte er 76 Yards und zwei Touchdowns nach, darunter wieder ein Big Play.

Die Patriots laufen immer noch einiges an Gap-Scheme-Runs, das Verhältnis aber ist deutlich ausgeglichener, nachdem die Patriots-Teams der vergangenen Jahre vergleichsweise kaum Zone-Runs gelaufen sind. Diese Umstellung macht Stevenson auch im Vergleich zu Damien Harris, der letztes Jahr deutlich besser gepasst hat, plötzlich interessanter.

Patriots-Offense eine positive Überraschung

Stevenson und das Run Game sind die klaren Headlines, aber dass New England es schafft, mit Nummer-3-Quarterback Bailey Zappe ein gutes Quick Game aufzuziehen, ihm so eine saubere Pocket zu kreieren und ihm mit Play Action merklich zu helfen, spricht für gute Game Plans und gutes Play-Calling.

Und das läuft zumindest in Teilen auch mit der schematischen Umstellung im Run Game zusammen, über die wir auch während des Training Camps einiges gelesen haben. Deshalb würde ich auch die Auftritte von Bailey Zappe im Verhältnis zu Mac Jones nicht überbewerten. Zappe macht seine Sache sehr, sehr ordentlich und übertrifft alle realistischen Erwartungen, die man an ihn haben konnte. Ich erwarte aber auch, dass Jones von diesen Strukturen profitieren und wieder konstanter spielen wird.

Ich denke, niemand hatte erwartet, dass die Patriots eine Top-10-Offense stellen, und das ist auch nicht der Fall. Doch die Chance schien klar höher, dass dieses Offense-Konstrukt mit Matt Patricia, Joe Judge, und einem Second-Year-Quarterback - ganz zu schweigen vom Nummer-3-Rookie-Backup-Quarterback - in einem neuen offensiven Grundsystem ein Desaster werden würde.

Davon sind die Patriots aktuell weit entfernt, und das muss man nach sechs Wochen auch mal klar anerkennen.