Hype, Druck und Geld: Die deutsche Sportwelt blickt gespannt auf Leon Draisaitl. Der Kölner geht als 3. Pick mit großen Vorschusslorbeeren in seine erste NHL-Saison. Wie fühlt sich das an? Gegenüber SPOX spricht der 18-Jährige über seine Gefühlslage, die Stimmung im Team, die harte Vorbereitung und den ersten Vertrag.
SPOX: Leon, nur noch wenige Tage bis zum NHL-Start. Wie fühlt man sich so kurz vor der Erfüllung eines Lebenstraums?
Leon Draisaitl: Keine Frage: Es ist etwas ganz besonderes, was ich gerade erleben darf. Ich bin einfach glücklich, dass ich es vorerst ins Team geschafft habe und freue mich jetzt unglaublich auf die ersten Spiele.
SPOX: Die Vorbereitungsspiele verliefen insgesamt recht ordentlich. Wie war Ihr Eindruck von den Spielen?
Draisaitl: Insgesamt war es in Ordnung. Natürlich brauche ich ein wenig Zeit, um mich an alles zu gewöhnen, aber gerade zum Schluss hin habe ich mich immer besser gefühlt und auch mit den Mitspielern gut harmoniert. Jetzt bin ich bereit für den Saisonstart.
SPOX: Im letzten SPOX-Interview haben Sie von "übertriebenen Erwartungen" einiger Medien gesprochen. Wie hat sich das in den letzten Wochen entwickelt, ist das Interesse deutscher Medien weiter gestiegen?
Draisaitl: Damit komme ich ganz gut klar. Ich habe mich seit dem Draft soweit es ging nur mit Eishockey beschäftigt und konnte unglaublich viel an mir arbeiten. Das war sehr wichtig. Natürlich ist das Interesse der deutschen Medien zuletzt mehr und mehr gestiegen. Ich verfolge natürlich auch was in Deutschland über Eishockey geschrieben wird. Aber meine Aufgabe liegt auf dem Eis.
SPOX: Am 12. August haben Sie einen Dreijahresvertrag unterschrieben. Wie war das Gefühl mit dem Füller den ersten NHL-Vertrag zu signen?
Draisaitl: Ganz einfach: In diesem Moment ist ein Traum Wirklichkeit geworden. Ich denke, dass jeder Eishockeyspieler davon träumt. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich diese Chance bekomme. Allerdings weiß ich auch sehr genau, dass die Arbeit jetzt erst vor mir liegt und dass das erst ein Teil von meinem Ziel ist.
SPOX: Natürlich müssen wir auch über Geld sprechen. Im ersten SPOX-Interview meinten Sie "Geld und Pick interessieren mich nicht". Jetzt sind es der 3. Pick und etwa 900 000 Dollar im Jahr geworden. Hätte schlechter laufen können, oder?
Draisaitl: Ich sage immer noch das gleiche: Geld ist für mich zurzeit nicht das Wichtige. Es interessiert mich nicht, weil ich wegen dem Sport in diese Liga wollte. Ich möchte besser werden und hier in Edmonton erfolgreich sein.
SPOX: Trotzdem: Mit 18 Jahren im Ausland sind die behördlichen Abläufe durchaus zeitaufwändig. Wer hält Ihnen hinsichtlich Versicherungen, Steuern und Anlagen den Rücken frei?
Draisaitl: Das stimmt. Es ist absolut wichtig für mich, dass ich mich total auf den Sport konzentrieren kann. Ich habe mehrere Personen um mich herum, denen ich total vertraue. Und natürlich unterstützt mich meine Familie immens. Darüber bin ich wirklich froh.
SPOX: Coach und GM haben Sie öffentlich gelobt und auch um Geduld gebeten. Wie sehen Sie Ihr Standing im Team kurz vor dem Start? Zuletzt hatte man den Eindruck, Ihr Selbstvertrauen sei nochmals deutlich gewachsen...
Draisaitl: Ich denke schon, dass ich bis jetzt einen guten Eindruck hinterlassen habe. Jetzt ist die Aufgabe des Coaches zu entscheiden, was mit mir passiert. Und natürlich sind die ordentlichen Spiele in der Preseason wichtig gewesen. Trotzdem muss ich weiter hart an mir arbeiten, ich bin erst 18 Jahre alt und muss mir alles erarbeiten.
SPOX: Zuletzt deutete einiges darauf hin, dass Sie in der zweiten Reihe als Center in die Saison gehen. Das wäre ein großer Vertrauensbeweis, oder?
Draisaitl: Ja natürlich! Aber soweit ist es noch nicht. Sollte es so kommen, wäre ich froh und sehr stolz. Und wenn nicht, dann finde ich woanders einen Platz.
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SPOX: Mit Blick auf die Oilers scheint die Stimmung im Umfeld deutlich positiver als noch im letzten Jahr. Spürt man eine Aufbruchsstimmung?
Draisaitl: Ja, auf jeden Fall. Wir haben neue und sehr gute Spieler bekommen. Man merkt das wirklich: Jeder möchte gewinnen hier in Edmonton und die Stimmung ist gut. Mittlerweile werde ich auch öfter in der Stadt erkannt. Mir gefällt es hier wirklich sehr gut und ich habe mich schnell eingelebt.
SPOX: Die Oilers waren in den letzten Jahren weit weg von den großen Erfolgen der Vergangenheit. Was ist in diesem Jahr drin?
Draisaitl: Ich werde mich nicht zu sehr unter Druck setzen, sondern einfach probieren Tag für Tag besser zu werden und meinen Job zu machen. Und was die Liga betrifft: Hier spielen die besten Spieler der Welt, jedes Team hat absolute Top-Stars. Deshalb sind Vorhersagen schwierig. Wir werden sehen, was mit dem neuen Team drin ist. Wir können auf jeden Fall mithalten.
SPOX: Logischerweise tobt so kurz vor dem Start der Konkurrenzkampf im Team. Wie hart ist der wirklich und wie viel Härte ist da im Training erlaubt?
Draisaitl: Natürlich:Der Konkurrenzkampf ist sehr groß. Jeder kämpft um seine Einsatzzeit, aber trotzdem sind wir ein Team. Von daher werden da keine dreckigen Sachen im Training gemacht. Der Konkurrenzkampf hilft schließlich jedem dabei besser zu werden.
SPOX: Als Rookie muss man sich zunächst einmal in ein Team-Gefüge einfinden. Wie haben Sie das erlebt?
Draisaitl: Man hört ja die wildesten Geschichten, was Rookies alles machen müssen. Bisher musste ich hier eigentlich nichts Besonderes machen. Und das Team hat mich gleich sehr gut aufgenommen. Ich habe mich sofort wohl gefühlt und will mit den Jungs eine gute Saison spielen.
SPOX: Ein erstes Camp lief im Nationalpark Jasper. Der gilt als Weltwunder der Natur. Dafür hatten Sie aber wenig Zeit, oder?
Draisaitl: Naja, ein bisschen schon. Das war mit der härteste Teil der Vorbereitung. In den Fitness-Tests kommt man da schon an seine Grenzen. Aber das gehört dazu, und ich habe körperlich nochmal viel verbessern können. Gerade an Muskelmasse und auch im Ausdauer-Bereich. Bei der langen und intensiven Saison ist das auch unbedingt nötig.
SPOX: Bis zum Finale sind es fast 100 Spiele, die NHL ist ein großer Reisezirkus. Eine große Umstellung?
Draisaitl: Natürlich ist der Spielplan jetzt deutlich dichter. Das macht die Liga ja aus. Dafür ist die Organisation hier wirklich perfekt. Wir haben ein großes Team, das sich um uns kümmert. Man kann sich total auf das Spiel konzentrieren.
SPOX: Inwieweit hilft es Ihnen da, dass Sie mit Ihrem Vater einen ehemaligen Eishockey-Profi als ehrlichen Ratgeber haben?
Draisaitl: Das ist sehr wichtig. Tipps bekomme ich immer, wenn ich danach frage. Er baut aber überhaupt keinen Druck auf und äußert sich nur, wenn ich frage. Er hat unglaublich viel Erfahrung und weiß was er sagt. Wenn ich etwas brauche, ist er da. Egal wann, egal wo.
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Leon Draisaitl im Steckbrief