"So viel Blödheit auf einem Haufen"

SPOX
20. März 201114:27
Patrik Sinkewitz im T-Mobile-Trikot: Ein Foto vergangener Tage - jetzt droht das KarriereendeGetty
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Der Dopingfall Patrik Sinkewitz hat den Radsport einmal mehr erschüttert. Der einstige Kronzeuge, dem eine lebenslange Sperre droht, muss sich reihenweise Kritik gefallen lassen.

Patrik Sinkewitz ist am Wochenende auf Tauchstation gegangen. Hatte sich der Doping-Kronzeuge einst öffentlichkeitswirksam als geläuterter Athlet ins rechte Licht gerückt, herrschte nach der neuerlichen positiven Dopingprobe Funkstille.

Auch auf seiner Homepage war der frühere Hoffnungsträger des deutschen Radsports noch in Jubelpose zu sehen, während sich in seinem "Gästebuch" die Schimpftiraden häuften. "Schon wieder einer, dem man eine Luftpumpe in die Speichen stecken muss", schrieb da etwa ein enttäuschter Radsport-Fan, ein anderer merkte an: "Dafür sollst du in deinem Leben kein Glück mehr haben."

"Es gibt Leute, die verstehen es nie"

Auch in der Radsport-Szene ist das Kopfschütteln groß. "Ich war nicht sein Freund und habe ihm alle Schandtaten der Welt zugetraut, aber so viel Blödheit auf einem Haufen nicht", so der frühere Gerolsteiner-Teamchef Hans Michael Holczer.

Holczer hatte einst selbst in einem Fernseh-Streitgespräch Bekanntschaft mit Sinkewitz gemacht, ähnlich erging es Rolf Aldag als Sportlicher Leiter von T-Mobile. "Es gibt Leute, die verstehen es nie. Ein Patrik Sinkewitz würde in unserem Team nie einen Platz bekommen, genauso wie Riccardo Ricco."

NADA erstmals federführend

Im Dopingfall Patrik Sinkewitz wird erstmals die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) federführend bei einem Sanktionsverfahren im Radsport sein. "Im Endeffekt wird es die NADA machen. Wir haben ein Abkommen mit der NADA beschlossen, dass das Ergebnismanagement rückwirkend zum 1. Januar 2011 an die NADA übertragen wird", sagte Udo Sprenger als Vizepräsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR).

Aktuell liegt der Fall beim Radsport-Weltverband UCI. Sinkewitz hat nun die Möglichkeit, die Öffnung der B-Probe zu beantragen. Danach wird der Fall an den BDR als zuständigem Verband und schließlich an die NADA weitergeleitet.

Sinkewitz vor Karriereende

"Wir stehen in Kontakt mit dem BDR und werden zu gegebener Zeit das Ergebnismanagement übernehmen", ergänzte NADA-Sprecher Berthold Mertes. Die NADA wäre dann auch die Institution, die eine Strafe beantragen müsste. Das Urteil würde dann die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) treffen.

Sinkewitz war am 27. Februar beim GP di Lugano als erster Radprofi überhaupt positiv auf das Wachstumshormon HGH getestet worden. Als Wiederholungstäter droht ihm nun eine lebenslange Sperre. Der frühere T-Mobile-Profi war 2007 positiv auf Testosteron getestet worden, hatte aber dank der Kronzeugenregelung nur eine Ein-Jahres-Sperre erhalten.

Sinkewitz' aktuelles Team Farnese Vini-Neri schloss sich der vorläufigen Suspendierung durch die UCI an. "Wir warten auf die Analyse der B-Probe, um den Athleten im Falle einer Bestätigung zu entlassen", teilte der Rennstall mit.

Schlechtes Signal für Radsport

Ob Sinkewitz die Öffnung der B-Probe beantragt, ist noch nicht bekannt. Anwalt Michael Lehner, der den 30-Jährigen im letzten Verfahren vertreten hatte, wurde vom früheren Deutschland-Toursieger noch nicht kontaktiert. "Ich weiß auch nicht, ob ich den Fall übernehmen würde. Ich will den Athleten nicht vorverurteilen. Wenn es so wäre, wäre ich auch ziemlich enttäuscht. Schließlich habe ich ihn damals durch die Kronzeugenregelung gepaukt und mich persönlich sehr engagiert", sagte Lehner.

Im Falle eines endgültig positiven Befundes für einen Doping-Kronzeugen wäre es laut Lehner "ein ganz schlechtes Signal" für den Radsport. Es blieben die Spekulationen, ob es ohne Doping nicht geht oder ob es die Mentalität ist.

Der Radsport-Kalender 2011 - Alle Termine und Ergebnisse