Die Wettaffäre im Tennis hat nun auch das deutsche Davis-Cup-Team erreicht. Der Name Philipp Kohlschreiber steht angeblich auf der Schwarzen Liste der unter dem Verdacht der Wettmanipulation stehenden 140 Matches der letzten fünf Jahre.
Das berichtet die "Welt am Sonntag". "Ich bin völlig schockiert", sagte Kohlschreiber am Sonntag: "Ich finde es extrem unfair und skandalös, wie mein Name und Ruf als Tennisprofi durch so eine Geschichte beschädigt wird." Niemals sei er wegen möglicher Spielmanipulationen angesprochen worden: "Das ginge auch mit mir nicht. Ich bin Sportler und will jedes Match gewinnen."
Die "Welt am Sonntag" hatte einen "Buchmacher und intimen Kenner der Tennisszene, der nicht genannt werden will", zitiert: "Etwa 30 Profis gehören zum harten Kern der Wettmafia. Es sind immer dieselben, die zocken. Die meisten kommen aus Russland, Italien und Argentinien. Aber auch deutsche Spieler gehören dazu, Philipp Kohlschreiber ist der Schlimmste von ihnen.
Kohlschreiber will zur Aufklärung beitragen
Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben: "Ich möchte dazu erstmal nichts sagen." Dafür möchte der Deutsche Tennis Bund (DTB) etwas hören. DTB-Präsident Georg von Waldenfels kündigte so schnell wie möglich ein Gespräch mit Philipp Kohlschreiber an. "Wir werden umgehend Kontakt mit ihm aufnehmen und Patrik Kühnen dabei um Unterstützung bitten", sagte von Waldenfels.
Kohlschreiber steht dem Verband uneingeschränkt zur Verfügung und würde dafür auch seinen Urlaub unterbrechen. "Ich habe absolut nichts zu verbergen und selbst das größte Interesse daran, dass die Sache so schnell wie möglich geklärt wird", sagte er.
Die zuletzt viel diskutierte "Watch List" der ATP liegt dem DTB laut Waldenfels nicht vor: "Ansonsten hätten wir längst alle deutschen Spieler angeschrieben, die darin genannt werden." Der ATP hat der deutsche Verband laut von Waldenfels in einem Brief Schützenhilfe bei der Aufklärung der Angelegenheit angeboten.
154 Spieler auf der "Watch List"
Die Namen von 154 Spielern und elf Spielerinnen stehen auf der ominösen Liste, die den Zeitraum von Juli 2002 bis September 2007 umfasst. Elfmal ist der Italiener Filippo Volandri dabei, es folgen die Argentinier Martin Vasallo Arguello (9), Sergio Roitman (8) und Mariano Puerta (7). Unter anderem wurden auch bei zwei Spielen mit Kohlschreibers Beteiligung auffällige Wettverläufe registriert.
Bei seiner Niederlage gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga am 4. Oktober in Metz notierte die Wettbörse laut "Welt am Sonntag" Umsätze von 1,5 Millionen Euro. Der Deutsche war als 1,2-Favorit in die Partie gegangen. Obwohl er den ersten Satz gewann, wurde er im weiteren Spielverlauf zum 3,7-Außenseiter zurückgestuft, während sein Gegner hochgewettet wurde. "Ich habe mich dort bis tief in die Nacht gegen die Niederlage gestemmt und denkbar knapp in drei Sätzen verloren", sagte Kohlschreiber: "Daraus einen Wettbetrug zu konstruieren, ist unglaublich."
Kohlschreiber rechtfertigt verdächtige Spielaufgaben
Bei Kohlschreibers Erstrunden-Aus gegen den Argentinier Sergio Roitman im Juni in ´s-Hertogenbosch war eine knappe Million Euro auf seine Niederlage gesetzt worden. Kohlschreiber gab beim Stand von 6:2 für Roitman wegen einer Sehnenreizung auf. Zwei weitere Male stieg der Deutsche in diesem Jahr verletzungsbedingt vorzeitig aus: Nach dem mit 4:6 verlorenen ersten Satz gegen den Russen Michail Juschni im Viertelfinale von St. Petersburg und beim Stand von 3:6 gegen den Stuttgarter Michael Berrer im Viertelfinale von Moskau.
"In Moskau hatte ich mir am Tag vorher einen Wirbel ausgerenkt und war deshalb mehrere Male beim ATP-Physiotherapeuten", sagte Kohlschreiber: "In St. Petersburg war ich erkältet und musste Antibiotika nehmen." Er selber sei über die Niederlagen "sehr enttäuscht, da ich beide Male nicht fit war und dadurch die gesteckten Ziele für das Jahresende knapp verfehlt habe".
Di Mauro gesperrt
Als erster Spieler wurde am Samstag der Italiener Alessio di Mauro wegen möglicher Ergebnis-Absprachen bestraft. Der italienische Verband sperrte den 31-Jährigen für neun Monate. Zudem muss die Mauro, der über ein persönliches Konto im Internet Wetten auf Spiele der ATP Tour, allerdings nicht auf eigene Matches platziert haben soll, 40.000 Euro Strafe zahlen.
Die Sperre beginnt am 12. November und endet am 12. August 2008. Di Mauros Manager Corrado Tchabusnich kündigte im Gespräch mit der Gazzetta dello Sport den Gang vor den Obersten Sportgerichtshof CAS in Lausanne an. "Wir werden nicht tolerieren, dass Spieler oder auch Offizielle auf Matches wetten", sagte Gayle David Bradshaw, bei der ATP zuständig für die Einhaltung der strengen Vorschriften.
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