München - Vielleicht hat Pete Sampras jetzt auch Andy Roddick überzeugt. Dieser hatte auf Sampras' Behauptung, in Wimbledon sofort wieder eine Chance zu haben, gelächelt und vielsagend gemeint: "Es gibt keinen Weg, wie ich das diplomatisch beantworten kann."
Na ja, Herr Roddick. Einfach mal bei Roger Federer nachfragen, der nach seinem hart umkämpften 7:6 (8:6), 7:6 (7:5)-Erfolg über den Amerikaner beim Schaukampf in Kuala Lumpur klar gemacht hatte, dass Sampras in den Top 5 stehen würde, wenn er noch aktiv wäre.
Federer ermuntert damit Sampras klar zum Comeback. Federer war es aber schließlich auch, der das Karriere-Ende von Sampras einläutete.
Es war 2001 ohne Zweifel eines der besten Matches, das die Tennis-Welt im Achtelfinale von Wimbledon zu sehen bekam. Pete Sampras vs. Roger Federer. Der King of Swing gegen den Meister.
2001: Federer entzaubert Sampras
Der damals 19-jährige Schweizer entzauberte Sampras auf dessen geliebten Rasen in fünf atemberaubenden Sätzen 7:6, 5:7, 6:4, 6:7, 7:5.
Danach standen zwei Sachen fest: Zum einen, dass es dieses junge noch etwas aufbrausende Tennis-Genie mit dem Pferdeschwanz drauf hat. Und zwar gewaltig.
Zum anderen, dass man von diesem Duell gar nicht genug bekommen kann. Der Tennis-Fan lächzte nach den nächsten Begegnungen. Der Aufschläger und Serve-and-Volley-Künstler gegen den eleganten Alleskönner, der nach Belieben variiert. Kurzum: Die Tennis-Götter gegeneinander. Doch es sollte keine Partie mehr folgen.
Sampras verliert 2002 etwas an Motivation und scheidet an der Church Road diesmal schon in Runde zwei gegen Lucky Loser George Bastl aus. Wiederum einen Schweizer.
Gibt Sampras innerem Trieb nach?
Pistol Pete steckt in der Krise, nimmt aber noch einmal alle Energie zusammen und verabschiedet sich mit einem unvergessenen fast wundersamen Triumph bei den US Open.
Dann macht er die Bühne frei für Federer. Während Sampras nun seine Aggressivität mit 300-Yard-Drives am Golfball auslässt, nimmt der Fed-Express Fahrt auf und schickt sich an, Sampras den Titel „Bester Spieler aller Zeiten" streitig zu machen.
Noch fehlen Federer (12) zwei Grand-Slam-Erfolge, um den Rekord (14) von Sampras einzustellen.
Es ist nur eine Frage der Zeit. Außer, ja außer jemand mit dem Namen Sampras entscheidet sich dazu, seinem inneren Trieb nachzugeben.
Sampras gibt Neugier zu
Vordergründig schiebt der 36-Jährige alle Comeback-Pläne von sich: "Ich habe ein tolles Leben mit Frau und Kindern in Los Angeles. Es muss einen Grund für ein Comeback geben, und den gibt es nicht".
Dann kommt aber die eigentlich interessante Aussage: "Mit dem größeren Schläger treffe ich den Ball jetzt besser als zu meiner besten Zeit. Ich wäre sehr gespannt, wie ich abschneiden würde in Wimbledon. Vor allem mit den ganzen Grundlinienspielern. Wenn ich die gesehen habe, habe ich mir immer die Finger geleckt."
Hören wir da doch so etwas wie eine (noch) unterdrückte Lust heraus? Eines ist klar: Sampras würde nicht zurückkommen, um mitzuspielen. Wenn er auf den Center Court laufen würde, dann nur, wenn er weiß, dass er das Turnier gewinnen kann.
Allein wegen des Aufschlages
Eine Erkenntnis, die so langsam reifen könnte. Nach dem Abschluss der 3-Matches-Exhibition gegen Federer am Samstag in Macao wird in Sampras' Kopf so einiges los sein.
Er wird noch härter trainieren, um Federer beim nächsten Showduell im März im New Yorker Madison Square Garden erneut zu fordern.
Fakt ist: Wäre morgen Wimbledon und Sampras würde antreten, man könnte ihn bei den Favoriten hinter Federer locker auf Rang zwei platzieren. Allein wegen seines Aufschlages.
"Es war sehr schwer sein Service zu lesen," so Federer nach der gestrigen Partie beeindruckt. Sampras war bekannt für seine unnachahmliche Vorhand aus dem Lauf, für seinen eingesprungenen Smash, aber vor allem sein Service wird als das dominanteste in die Geschichte des Sports eingehen.
Brutale Monotonie
Noch immer schafft es Sampras, dass ein Ball nach dem anderen mit einer brutalen Monotonie sein Racquet verlässt und im gegnerischen T-Feld einschlägt.
Es ist sein Signature-Shot. Unvermeidbar, unbezwingbar, unlesbar.
Nicht umsonst gibt es einige Anekdoten, die dies unterstreichen. James Blake berichtete von Wetten, die Sampras im Training anbot. 10 Dollar (plus die Ehre) war der Einsatz. Sampras wettete, dass er jedem einen 0:40-Vorsprung geben und sein Aufschlagspiel trotzdem durchbringen würde. Blake, ehrlich wie er ist, gibt offen zu, niemals auf Sampras' Angebot eingegangen zu sein. Wieso auch, er ist doch nicht blöd.
Genauso wenig ratsam war es, sich auf ein Aufschlag-Ziel-Schießen einzulassen. Er würde dir dein Geld, dein Ego jedes Mal abnehmen, so Blake. Sampras kann den Ball buchstäblich auf eine 10-Cent-Münze servieren.
So mancher Kontrahent flüchtete sich da nach einer Niederlage in Sarkasmus. Wie etwa Boris Becker: "Ich glaube, manchmal vergisst Pete, dass es einen Unterschied zwischen erstem und zweitem Aufschlag gibt."
Tennis braucht einen Straßenfeger
Oder Marcelo Rios: "Er schlägt halt auf und das war's." Und noch besser das "Erfolgsrezept" des Schweden Magnus Larsson: "Hab Glück, entscheide dich für eine Ecke. Schließe die Augen und hoffe, dass es einen Gott gibt. Du muss ein bisschen religiös sein, um ihn zu breaken."
Fazit: Sampras hätte bei einem Comeback nichts zu verlieren. Schlimmer als gegen Bastl zu verlieren, kann es nicht kommen. Außer Bastl qualifiziert sich und schlägt Sampras erneut. Aber die Wahrscheinlichkeits-Rechnung lehrt, dass dies nicht passieren wird.
Auch wenn es nur für ein Turnier wäre, ein Sampras-Comeback wäre die Sache wert. Das Tennis braucht endlich mal wieder einen Straßenfeger. Das Tennis braucht kein fünftes Showkampf-Duell, sondern Federer vs. Sampras im Wimbledon-Finale 2008. Ach ja, und falls Sampras vorher auf Roddick treffen würde, es dürfte klar sein, auf wen zu wetten ist.
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