"Fußball wird die NFL angreifen"

Florian Regelmann
09. Juni 201511:13
Dan Hunt sieht die USA als kommenden Fußball-Weltmeistergetty
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Dan Hunt ist der Enkel des ersten Ölmilliardärs der Geschichte und der Sohn der wohl einflussreichsten Persönlichkeit im US-Sport. SPOX traf den 38-Jährigen in Texas zum großen Interview. Dan Hunt über die sportverrückteste Familie der Welt, die Erfindung des Namens Super Bowl und den Michael-Jordan-Moment. Außerdem: Warum Fußball in den USA die NFL angreifen kann und ein WM-Titel nur eine Frage der Zeit ist.

SPOX: Dan, Ihr Vater Lamar war bekanntlich eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der (US-)Sportgeschichte. Können Sie uns beschreiben, was Sport in Ihrer Familie für einen Stellenwert hat?

Dan Hunt: Es ist ganz einfach: Sport ist unser Leben. Mein Großvater H.L. Hunt verdiente, wie die meisten wissen, sehr sehr viel Geld im Ölgeschäft. Mein Vater war dann derjenige in der Familie, bei dem die Liebe zum Sport entflammte. Sein Spitzname in der Jugend war "Games", weil er bekannt dafür war, sich die ganze Zeit für die Kinder in der Nachbarschaft Spiele auszudenken. Dank meines Dads und seiner Karriere im Sport-Business darf ich das jetzt alles zusammen mit meinem Bruder weiterführen und habe den tollsten Job der Welt. Wir sitzen hier im Toyota Stadium - es war das letzte Stadionprojekt, das ich mit meinem Vater umsetzen durfte, während er noch lebte. Die Leute lachen immer, aber wir sind jetzt schon fast 50 Jahre im Fußball-Geschäft dabei, dazu kommt die NFL mit den Kansas City Chiefs. Und die Chicago Bulls und der Tennissport haben auch nach wie vor einen großen Platz in unseren Herzen. Durch unser Engagement im Sport durfte ich schon so viele großartige Erfahrungen sammeln, ganz vorne stehen dabei die Reisen zu den Fußball-Weltmeisterschaften. Im vergangenen Jahr war ich zum achten Mal bei einer WM vor Ort, für meinen Bruder war es sogar schon die zehnte WM. Wir haben unglaubliche Spiele gesehen über die Zeit.

SPOX: Was war das beste Spiel, das Sie jemals live gesehen haben?

Hunt: Das Viertelfinale zwischen Brasilien und Frankreich 1986 in Mexiko war ein atemberaubendes Spiel. Dass die Franzosen im Elfmeterschießen gewannen, brach mein Herz, weil wir alle in der Familie große Brasilien-Fans waren. Und als Deutschland dann das Finale verlor, wurden unsere Herzen gleich wieder gebrochen. Brasilien und Deutschland - das waren neben den USA unsere Teams. (lacht) Das hat natürlich mit den persönlichen Beziehungen meines Vaters zu Pele und Franz Beckenbauer zu tun. Ich hatte die große Ehre, den Kaiser im letzten Jahr während der Bayern-Tour in Portland zu treffen, da wurde wirklich ein Kleiner-Jungen-Traum für mich wahr.

SPOX: Und wie war es mit Pele?

Hunt: Ich erinnere mich vor allem an die Momente, als ich noch sehr jung war und hautnah miterleben durfte, wie diese Superstars mit meinem Vater umgingen. Ich wusste damals zwar schon, dass mein Vater eine einigermaßen wichtige Persönlichkeit war. Aber wenn du dann siehst, wie Pele auf deinen Dad zustürmt, ihn freundschaftlich umarmt und ganz private Momente mit ihm teilt, ist das sehr besonders. Zu sehen, dass dein Dad so eine herzliche Beziehung zum besten Spieler aller Zeiten hat, war ziemlich cool zu sehen.

SPOX: Wenn wir gerade bei Deutschland und Brasilien sind...

Hunt: (lacht) 7:1. Ich war im Stadion. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Was soll ich sagen? Der WM-Titel war so verdient für das deutsche Team. Es war so ein komplettes Team mit so vielen talentierten Spielern. Es war eine Mannschaft, die nicht nur unglaublich diszipliniert aufgetreten ist, was für ein Schocker bei einer deutschen Mannschaft, sondern auch eine Mannschaft der Kreativität und des Genies. Dieses deutsche Team ist ganz sicher einer der größten Champions aller Zeiten. Da müssen wir schon zu einigen der brasilianischen Weltmeister-Teams zurückgehen, um vielleicht Vergleichbares zu finden.

SPOX: Angesichts Ihrer Schwärmerei: Haben Sie einen deutschen Lieblingsspieler?

Hunt: Also Manuel Neuer oder Thomas Müller würde ich sofort nehmen. (lacht) Neuer nicht nur aufgrund seiner fantastischen Paraden, sondern weil es vielleicht noch nie so einen dominanten Torwart gab. Neuer hat diese Präsenz, diesen Einschüchterungsfaktor - das macht ihn so speziell. Müller liebe ich einfach, weil ich es liebe, wie er Fußball spielt. Er spielt mit so einer Leidenschaft. Er treibt sich überall auf dem Platz herum und ist ständig in Bewegung - und er hat die unglaubliche Fähigkeit, Tore zu machen. Aber es gibt so viele fantastische Spieler auf der Welt. Cristiano Ronaldo ist von der Athletik her einzigartig, Lionel Messi schießt Tore, die einen sprachlos machen. Aber ich liebe auch Andrea Pirlo. Was er in seinem Alter noch leistet, ist beeindruckend. Und wenn wir bei Juve sind: Paul Pogba ist jetzt schon so gut, aber er hat vor allem noch so viel Luft nach oben, er wird einer der ganz Großen in meinen Augen. Er wird besser und besser. Oder Arjen Robben, er ist auch einer meiner Lieblinge. Da mein Vater auch zu Johan Cruyff eine enge Beziehung pflegte, haben wir auch den Holländern immer ein bisschen die Daumen gedrückt.

SPOX-Sports-Chef Florian Regelmann (r.) traf Dan Hunt im Toyota Stadium in Friscospox

SPOX: Wenn wir zum FC Dallas kommen, bei dem Sie als Präsident die Fäden in der Hand halten. Gibt es Bestrebungen, mal einen deutschen Spieler zu verpflichten? Deutsche Spieler in der MLS haben ja eine gewisse Tradition.

Hunt: Ich würde sehr gerne einen Deutschen nach Dallas holen. Deutsche Spieler sind wie gemacht für die MLS. In unserer Liga musst du sowohl verteidigen als auch angreifen können, es wird schnell und physisch gespielt - da ist die MLS ähnlich wie die Bundesliga. Ich würde sagen, dass die MLS aufgrund des Salary Caps die ausgeglichenste Liga überhaupt ist, aber die Bundesliga ist sicher die kompletteste Liga auf der Welt. Als wir bei der WM waren, haben mein Bruder und ich gescherzt, welche deutschen Spieler wir gerne kaufen würden. Die Diskussion ging hin und her. Am Ende haben wir gesagt: Wir könnten alle Namen in einen Hut schmeißen und einen ziehen. Egal wer kommt, wir würden ihn mit Kusshand nehmen. (lacht) Im Laufe der Zeit wird sich eine Möglichkeit ergeben, um einen Deutschen zu holen. Je mehr gute junge Spieler die MLS produziert, umso mehr wird sich Deutschland für den US-Markt interessieren. Es wird immer mehr US-Talente geben, die für Probetrainings nach Deutschland kommen. US-Spieler werden für größere Summen verkauft werden. Der europäische Markt wird sich so ganz automatisch für die MLS-Teams öffnen. Wir haben jetzt schon viele Talente, die interessant sind für Europa. Unser U-18-Kapitän Coy Craft war schon in Deutschland zum Probetraining, Dortmund hat nicht umsonst Christian Pulisic geholt. Hier in Dallas haben wir dazu noch Alex Zendejas, er ist mit 17 Jahren unser jüngster Profi und ein riesengroßes Mittelfeld-Talent. Merkt Euch den Namen, Alex Zendejas! Die U-Nationalmannschaften der USA werden von Turnier zu Turnier stärker, auch das ist ein Zeichen, was sich hier entwickelt.

SPOX: Wie gut ist die MLS im Moment sportlich gesehen? Wo würden Sie die Liga im Vergleich einordnen?

Hunt: Die niederländische Eredivisie ist eine Liga, die vom Niveau vielleicht vergleichbar ist und die auch viele gute Spieler produziert, die dann in die großen Ligen wechseln. Für uns war eigentlich immer Mexiko der Maßstab, aber dazu muss man sagen, dass ein mexikanischer Top-Klub durch die hohen TV-Gelder in einer Transferperiode mehr ausgeben kann als die gesamte MLS. Ich bin sicher, dass ein MLS-Team auch in den großen europäischen Ligen mithalten könnte. Nicht an der Spitze, so naiv bin ich nicht, aber konkurrenzfähig wäre ein gutes MLS-Team durchaus. Unser Problem ist, dass wir noch nicht die tief besetzten Kader haben wie in Europa und dass unsere Saison einfach zu kurz ist. Wir sind in den USA noch nicht bereit für eine elfmonatige Fußball-Saison. Teilweise hat das auch mit dem Klima zu tun. Das ist in Deutschland zwar ähnlich, aber da ist es Teil der Fußball-Kultur. Wir müssen es schaffen, die Saison zu verlängern, auch zum Wohle der Nationalmannschaft.

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Seite 2: Hunt über einen Angriff des Fußballs auf die NFL und die USA als Weltmeister

Seite 3: Hunt über die Erfindung des Namens Super Bowl und das Schnäppchen Bulls

SPOX: Sie sprechen die Nationalmannschaft an. Was halten Sie von der Arbeit von Jürgen Klinsmann?

Hunt: Jürgen macht einen guten Job. Er versucht, immer mehr Spiele gegen Top-Gegner aus Europa anzusetzen, das ist genau der richtige Weg. Wir müssen aufhören, uns mit den CONCACAF-Teams zu messen. Wenn du an die Spitze willst, musst du gegen die Besten spielen und sie schlagen. Jürgen geht seinen Job mit sehr viel Enthusiasmus an, so war er ja schon als Spieler. Ich habe es geliebt, ihn, Rudi Völler, oder Lothar Matthäus spielen zu sehen. Sie merken, dass ich wirklich ein Fan des deutschen Fußballs bin. (lacht) Jürgen ist mit dem Team auf einem guten Weg, jetzt geht es darum, eine eigene Identität zu entwickeln. Im Moment gibt es noch keinen amerikanischen Stil. Die Leute sagen nicht: Dafür steht die USA, so spielen sie Fußball. Das fehlt uns noch.

SPOX: In den USA wird immer Football, Baseball und Basketball dominieren. Wie sehr kann Fußball in den USA überhaupt noch wachsen?

Hunt: Wir haben noch viel Luft nach oben. Fußball kann und wird in den USA noch viel viel größer werden. Es zeigt sich jetzt schon, dass Fußball in der jüngeren Zielgruppe einen großen Zulauf erfährt. Immer mehr US-Kids verlieben sich in Fußball. Dazu kommt, dass es inzwischen vernünftige Karriereaussichten gibt, um professionell Fußball zu spielen. Fußball wird wachsen. Wissen Sie, was mir mein Vater einmal sagte? Er sagte: Ich werde schon lange nicht mehr unter Euch sein, aber eines Tages wird Fußball in den USA die NFL angreifen und ihr Rivale werden. Ich sage nicht, dass Fußball die NFL überholen wird, aber an einigen Sportarten ist der Fußball schon vorbei. Der wichtigste Tag in der amerikanischen Fußball-Geschichte wird der Tag sein, an dem die USA Weltmeister wird. An diesem Tag wird sich Fußball als Nummer zwei in den USA zementieren.

SPOX: Die USA als Fußball-Weltmeister: Kann dieser Tag tatsächlich kommen?

Hunt: Der US-Fußball-Verband würde mich jetzt sicher gerne als Prophet einstellen, aber ich sage: Ja, ich sehe diesen Tag wirklich kommen. Ich bin jetzt 38 Jahre alt. Wenn Sie mich fragen, ob die USA in meiner Lebenszeit Weltmeister wird, ist meine Antwort: Ja! Daran glaube ich wirklich. Wir fangen gerade an, die Spieler dafür zu entwickeln. Eines Tages werden wir unseren Michael-Jordan-Moment haben. Eines Tages wird der beste Fußballer auf dem Planeten nicht aus Argentinien oder Portugal kommen, er wird aus den USA sein. Wir werden den Jordan des Fußballs finden. Wenn wir um ihn herum dann noch genügend gute Spieler produzieren können, haben wir große Chancen. Wir werden sehen, wie sehr sich das Investment in die Fußball-Akademien auszahlt.

SPOX: Weil sich auch viele Talente vom Football abwenden werden?

Hunt: Genau, wir sehen jetzt schon, wie sich viele unserer besten Athleten des Landes für Fußball entscheiden und eben nicht für Football. Alle Eltern machen sich aufgrund der gesundheitlichen Diskussionen Gedanken, ob sie ihren Sohn wirklich Football spielen lassen sollen, davon wird der Fußball profitieren. Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem die US-Fußball-Nationalmannschaft wie ein Ensemble von 23 NFL-Cornerbacks aussehen wird. Alle 1,90 Meter groß, alle laufen den 40-Yard-Dash in 4,3 oder 4,4 Sekunden, alle können springen - wenn wir an diesem Punkt sind, werden wir zur Elite in der Welt gehören. Dem Fußball in den USA steht eine aufregende Zukunft bevor. Ich wünschte, mein Vater wäre noch unter uns und könnte es erleben.

SPOX: Dass die USA ein interessanter Markt sind, weiß jeder. Der FC Bayern hat nicht umsonst in New York ein Büro eröffnet und will auf dem US-Markt punkten. Wie groß ist der FC Bayern aktuell in den USA?

Hunt: Der FC Bayern ist für mich einer der größten Klubs der Welt. Wenn du in den USA nach einem deutschen Klub fragst, wird jeder antworten: FC Bayern. Man muss allerdings auch sagen, dass der FC Bayern nach wie vor kein allgemein bekannter Name ist. Nicht jeder kennt den FC Bayern. Ich denke aber, dass sich das mit der Zeit ändern wird. Es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis eine der großen TV-Stationen die Bundesliga in den USA übertragen wird, dadurch wird sich dann schon viel ändern.

SPOX: Haben Sie eigentlich selbst Fußball gespielt?

Hunt: Ja, ich habe bis zum College selbst gegen den Ball getreten. Ich war Innenverteidiger oder rechter Außenverteidiger, das waren meine Positionen. Ich spiele auch heute noch ab und zu in unseren Betriebskicks mit, aber ich muss aufpassen. Eine dumme Bewegung und schon verletze ich mich. (lacht) Aber ich kann nicht genug von Fußball bekommen. Es ist so ein toller Sport für Kinder. Das war auch einer der Gründe, warum mein Vater so ein großer Fußball-Fan wurde. Du brauchst nur einen Ball und schon kann jeder kicken gehen, jeder kann es sich leisten. Pele ist der beste Beweis, ein Ball, ein Strand in Sao Paulo, mehr braucht man nicht. Jeder kann es spielen und jeder soll auch zu den Spielen gehen können, deshalb verlangen wir hier in Dallas auch keine völlig überteuerten Ticket-Preise.

SPOX: Wenn wir konkret über den FC Dallas sprechen, der hier im Toyota Stadium seine Spiele bestreitet. Wie ist Ihre Vision für den Klub?

Hunt: Das kann ich Ihnen ganz einfach beantworten: Ich will Championships gewinnen. Der Klub verdient das, unsere Fans verdienen das, die ganze Community hier verdient das. Natürlich ist es leichter gesagt als getan, aber ich bin davon überzeugt, dass wir das Potenzial dafür haben. Wir wollen Titel gewinnen und einen attraktiven Fußball spielen, das ist mir sehr wichtig. Wir sind hier auch eine Art Melting Pot mit Spielern und Fans aus der ganzen Welt, das soll sich auch in einer attraktiven Spielweise widerspiegeln. Fußball ist nicht umsonst das wunderschönste Spiel der Welt, das wollen wir zeigen. Dann bin ich auch sicher, dass wir das Ziel erreichen, unser Stadion voll zu bekommen. Im vergangenen Jahr hatten wir einen Schnitt von 16.000 Fans, das ist okay, aber ich will hier die Hütte bei jedem Spiel mit 20.000 Fans voll bekommen. Das ist meine Vision.

SPOX: Eigentlich müsste Football ja noch einen Tick über Fußball stehen bei Ihnen, den Eindruck bekommt man aber gar nicht. Was ist Ihre Nummer eins? SPOX

Hunt: Ich liebe Football und ich liebe Fußball - und zwar genau gleich. Ich weiß, das ist eine feige Antwort, aber es ist mein ehrliches Gefühl. Wenn Fußball richtig gespielt wird, dann ist es das wunderschönste Spiel der Welt. Dann ist es Kunst. Wenn du live vor deinen Augen sehen kannst, wie die Trainer als Strippenzieher fungieren und sich gegenseitig versuchen, taktisch schachmatt zu setzen, ist es für mich ein Genuss. Da sind pure Genies am Werk.

SPOX: Aber Football ist meiner Meinung nach doch noch mehr ein Strategiespiel als Fußball.

Hunt: Das stimmt in gewisser Weise, ja. Aber American Football steht für mich in erster Linie für den ultimativen Teamsport. Sobald auch nur eine Person etwas falsch macht und nicht mitzieht, hast du keine Chance mehr. Football ist Teamwork. Jede Mannschaft, die den Super Bowl gewinnt, muss 53 Männer haben, die sich diesem Ziel unterordnen. Meine Mutter ist übrigens die einzige Frau auf der Welt, die alle 49 Super Bowls live gesehen hat. Insgesamt sind es mittlerweile nur noch drei Medienvertreter, noch ein paar Leute - und meine Mom. Das ist schon unglaublich. (lacht)

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SPOX: Ihrer Familie gehören die Kansas City Chiefs. Wann sehen wir Sie denn mit der Championship?

Hunt: Wir haben auf jeden Fall die richtigen Puzzleteile, um den Super Bowl anzugreifen. Wir haben mit Andy Reid vor allem den richtigen Coach dafür. Andy ist unglaublich. Während der Saison arbeitet er meistens den ganzen Tag, schläft dann ein paar Stunden auf der Couch im Büro und dann geht es am Morgen schon wieder weiter. Das ist das Leben eines Coaches in der NFL. Er ist auch so ein überragender Taktiker. Für mich ist es immer das Schönste, wenn er uns im Meeting vor dem Spiel aufzeigt, mit welchem Game Plan er unseren Gegner heute schlagen will. Wir haben den richtigen Coach, wir haben mit Jamaal Charles einen Superstar-Running-Back, wir haben mit Alex Smith einen sehr guten Quarterback und mit Justin Houston den Sack-Leader aus der letzten Saison - ich bin wirklich heiß auf die neue Saison und kann es kaum erwarten, bis wir endlich den Super Bowl gewinnen. Wir haben im Arrowhead Stadium sogar ein eigenes Apartment, in dem wir wohnen können. Sonntagmorgens im Stadion aufwachen, dann aufs Feld gehen und sein eigenes kleines Spiel machen, bevor ein paar Stunden später die Profis da spielen - das war für mich als kleiner Junge immer ein Traum.

SPOX: Die AFC Championship Trophy trägt den Namen Ihres Vaters, aber es war für ihn ein langer und steiniger Weg im Football-Business. Erst die Gründung der AFL als Konkurrenzliga, später dann die Fusion mit der NFL.

Hunt: Was wir vor allem bedenken müssen: Mein Vater war zu dem Zeitpunkt, als das alles begann, 26 Jahre alt. In diesem Alter die mentale Stärke, die Kraft und den Mut zu haben, um das durchzuziehen und sich im Endeffekt mit den viel älteren Gentlemen anzulegen - das war schon bewundernswert. Er war unglaublich beharrlich und hat an den Erfolg geglaubt. Auch wenn es nicht einfach ist, wenn du eine eigene Liga gründest und du schwierige Zeiten überstehen musst, gerade am Anfang. Er hat gegen die NFL gekämpft und einige Herren ließen nichts unversucht und kämpften mit allen Mitteln, um ihn fertig zu machen. Es war wirklich krass, was da vorgefallen ist. Die NFL bot jedem Business-Partner meines Vaters eine Franchise an, wenn sie ihn verlassen. Aber bis auf Minnesota standen alle zu ihm. Der Rest ist Geschichte.

SPOX: Ihr Vater hat sogar den Namen Super Bowl erfunden. Wie kam das eigentlich zustande?

Hunt: Ich habe mir die Geschichte von meinem Vater nochmal erzählen lassen, bevor er gestorben ist. Es war vor einem AFL Championship Game, als meine Mutter ein paar Super Balls kaufte. Es waren hüpfende Gummibälle, die in den 1960ern zu den beliebtesten Kinderspielzeugen gehörten. Einige Jahre später nach dem AFL-NFL-Zusammenschluss gab es 1966 ein Meeting, bei dem diskutiert wurde, wie denn nun das Championship Game heißen sollte. Final Game? Championship Game? Irgendwann rief mein Dad, inspiriert von dem Super Ball: Super Bowl! Wir nennen es Super Bowl! Es schoss einfach so aus ihm heraus. Er war es dann auch, der die römischen Zahlen vorschlug. Der Commissioner war damals gegen den Namen und gegen die Nummern. Jetzt ist es einer der berühmtesten Namen in der Sportwelt. Ich wünschte, uns würden die Rechte an der Marke gehören. (lacht)

SPOX: Jetzt haben wir über Fußball und Football gesprochen, Basketball hat aber auch eine große Rolle gespielt in Ihrer Familie. Ihr Vater kaufte Anteile an den Chicago Bulls, dabei wollte er erst gar nicht so wirklich. Erzählen Sie.

Hunt: Die Bulls waren im Prinzip die Schuld meiner Mom. Sie war selbst eine ziemlich gute Basketballspielerin und generell hätte mein Vater nie diesen Erfolg haben können, wenn er nicht diese Frau an seiner Seite gehabt hätte, die ihn immer unterstützte. Es war 1966, als ein Mann zu meinem Vater kam und ihm erzählte, dass er in Chicago ein professionelles Team gründen will. Mein Vater hatte kein Interesse daran, aber meine Mutter drängte ihn schließlich dazu, es doch zu machen. So wie Frauen das eben mit einem machen. Also kaufte er 11,625 Prozent an den Bulls. Für 67.000 Dollar.

SPOX: 67.000 Dollar? Kein schlechtes Geschäft...

Hunt: So können sich die Zeiten ändern. Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass die Franchise jetzt bei Forbes auf 2 Milliarden Dollar geschätzt wird. Über die Jahre sprang dann ein Investor nach dem anderen ab. Als die Bulls 1984 Michael Jordan drafteten, war von den ursprünglichen Eigentümern nur noch mein Dad übrig. Das ist typisch für ihn. Er war nie jemand, der früh aufgegeben hat. Er ist immer dran geblieben und hat die schweren Zeiten überstanden, weil er an die Projekte glaubte. Das ist im Allgemeinen ein Credo unserer Familie.

SPOX: Haben Sie ein Beispiel für einen schwierigen Moment?

Hunt: Als ich 2001 anfing, für die Familie zu arbeiten, war mein erstes Telefonat überhaupt ein ganz verheerendes. Im Endeffekt wurde mir mitgeteilt, dass die MLS zu Ende geht. Mein Bruder sagte mir: Glückwunsch, du bist an einem Tag eingestellt und schon wieder gefeuert worden. Es sah nicht gut aus, aber auch da kämpfte mein Vater und schaffte zusammen mit anderen Gründungsvätern der Liga wie Robert Kraft (Eigentümer der New England Patriots und New England Revolution, Anm. d Red.) die Wende. Wenn wir nochmal zu den Bulls zurückgehen: Nachdem Jordan aufhörte, hatten die Bulls die mieseste Sechs-Jahre-Periode in der Geschichte der NBA. Aber wer führte in diesen sechs Jahren die Liga in puncto tatsächlich verkaufter Tickets an? Die Bulls. Das ist für mich eine der unglaublichsten Statistiken und zeigt, was du erreichen kannst, wenn du beharrlich an einer Sache arbeitest. SPOX

SPOX: Fußball, Football und Basketball war aber immer noch nicht genug: Auch im Tennis verdiente sich Ihr Vater einen großen Namen, indem er den World Championship Tennis Circuit kreierte.

Hunt: John McEnroe hat in seiner Biographie geschrieben, dass es ohne meinen Vater und seine Unternehmerschaft die sogenannte "Modern Era", wie wir sie heute im Tennis kennen, nicht gegeben hätte. Die Zeit war damals noch nicht reif dafür und mein Vater konzentrierte sich dann auf Football, Fußball und Basketball, aber es war sein Input, der die Professionalisierung im Tennis einleitete. Er hat auch in der Tennis Hall of Fame in Rhode Island seinen Platz bekommen und für uns Kinder war es auch im Tennis natürlich großartig, die Stars wie Boris Becker, Ivan Lendl, Martina Navratilova oder Chrissy Evert zu treffen. Mein Vater hat Tennis geliebt, so wie er alle Spiele liebte. Es ist ganz witzig, weil er das von seinem Vater nicht in dem Maße mitbekommen hat. Nach Super Bowl IV schrieb mein Großvater ein Glückwunsch-Telegramm, darin stand sinngemäß: Glückwunsch zum Sieg in deinem Football-Spiel. Es war irgendwie seltsam, es zu lesen. Es drückte einen Enthusiasmus für den Erfolg seines Sohnes aus, aber auch irgendwie das total mangelnde Interesse am Sport selbst. Dafür war mein Großvater ein berühmter Gambler und Kartenspieler. (lacht)

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